9. März 2012: Aktionstag gegen Naziklamotten in Berlin. Rocker- und Nazi-Konflikt eskaliert / Bekleidungsmarke „Label 23“ in
Weißensee gekündigt /„Label 23“ betreibt Schadensbegrenzung
Für den 9. März 2013 ruft ein breites gesellschaftliches Bündnis aus
Antifa-Gruppen, Nachbarschaftsinitiativen und Parteien zu einem
Aktionstag gegen rechte Bekleidungsmarken und deren Verkauf auf. Die
Demonstrationen und Kundgebungen richten sich gegen den Verkauf, der bei
Neonazis beliebten, Marke „Thor Steinar“. Ein weiterer Schwerpunkt ist
die Thematisierung der Marke „Label 23“ – „Boxing Connection“.
„Label 23 vermeidet gezielt offensichtliche Bezüge zum
Nationalsozialismus, bedient aber eben jenes rechte Klientel. In
Südbrandenburg ist die Marke auf Neonaziveranstaltungen und in den
Fanblöcken rechter Fußballfans ein weitverbreitetes Bekenntnistextil.“ , so Martin Sonnenburg vom Bündnis Kein Kiez für Nazis.
„Labe 23“ in Weißensee gekündigt
Im
Weißenseer Bekleidungsgeschäft „7 Guns“ konnte die Marke auf Grund
ihrer Vermarktungsstrategie rund zwei Jahre lang problemlos verkauft
werden. Damit ist jetzt Schluss. Nach der Auseinandersetzung mit der
Marke [1] sicherte der Betreiber des Geschäftes zu, dass „Label 23“ ab
dem 1. März nicht mehr verkauft wird.
Laut Aussagen des „7
Guns“-Betreibers war Markus Walzuck, Markengründer, Kampfsportler und
bekennender Neonazi zur Promotion der Marke 2010 persönlich im „7 Guns“.
Er versicherte, es handle sich dabei um ein unpolitisches Modelabel.
Kein Rauswurf sondern Rückzug
Die
Verbindungen zur Neonaziszene sind mittlerweile bekannt. „Label 23“
überzieht Zeitungen und Internetportale, die auf diese Zusammenhänge
hinweisen, mit Klagen. Die Begründung: „Label 23“ wolle nicht mehr mit
Walzuck in Verbindung gebracht werden. Dabei ist Markus Walzuck nicht
das einzige Problem, denn die Marke wurde von einem weitaus größeren
Kreis entwickelt und aufgebaut.
Walzuck wurde auf Grund eines
Volksverhetzungsdeliktes im Jahr 2011 Anfang 2012 verurteilt [2]. Erst
nach dem Gerichtsurteil trat er als Geschäftsführer von seinem Laden
„Blickfang Store“ und seiner Bekleidungsmarke „Label 23“ zurück. Als
Geschäftsführer des „Blickfang Store“ tritt seitdem Toni Lempke auf. Als
Inhaber des Markennamens „Label 23“ trat Walzuck jedoch erst im Februar
2012 ab. Vermutlich wurde er im Zuge der Verleumdungsklagen vom „Label
23“-Anwalt darauf hingewiesen, dass ein weiterer Verbleib als
Markeninhaber unglaubwürdig wirke.
Von einem Rauswurf kann darum nicht die Rede sein, wohl eher von einem geordneten Rückzug.
Schadensbegrenzung so gut es geht
In
Cottbus ist mittlerweile ein brutaler Konflikt zwischen den Hells
Angels und dem Umfeld von Markus Walzuck entbrannt, nach dem dieser
Anfang Februar den Schriftführer der örtlichen Hells Angels angestochen
hatte. Laut bild.de wurde auch der „Blickfang Store“ von den Angels
angegriffen.
Warum verüben die Hells Angels einen Angriff auf das
Geschäft, wenn der aktuelle Inhaber Toni Lempke und Markus Walzuck
nichts mehr mit einander zu tun haben?Lempke ist Mitbegründer der Marke
und Inhaber des Markennamens „Boxing Connection“. Er ist nicht nur
ehemaliger Spieler des FC Energie Cottbus, sondern wird von Bild.de auch
dem „Hooligan“-Spektrum zugeordnet [3]. Das legt nahe, dass er sich im
Umfeld derselben Cottbusser Fußball-Fanszene bewegt, der auch Walzuck
angehört. Dass gerade Lempke den „Blickfang Store“ übernahm, lässt
vermuten, dass es keinen wirklichen Bruch gab. Der Angriff auf den
„Blickfang Store“, der auch für Händler in Sachen „Label 23“ immer noch
Anlaufpunkt ist, bestärkt diese Vermutung. Es liegt auf der Hand: Dem
Einzelhandel und den Gerichten kann Walzuck zwar einen formalen
Inhaberwechsel vormachen, gegenüber einer Rockergang dürfte dass jedoch
schwierig werden. In diesem Millieu ist mensch über realexistierende
Geschäftsverbindungen schließlich besser informiert.
„Label 23“
veröffentlichte Ende Februar eine Stellungname, in der die Marke sich
von Neonazis distanziert und sich als unpolitisch darstellt. „Im neuen Imagekatalog werden auch "schwarze" Models dabei sein.“,
teilte „Label 23“ dem „7 Guns“-Inhaber per Mail mit. Weiterhin warben
sie für ihr Anliegen mit Shirt-Entwürfen, die Slogans wie „Label 23 against racism“ und „Respect“
tragen. Die Motive wurden mittlerweile wieder offline genommen. Auf
Facebook kam es zu Beschwerden seitens der „Label 23“-Fangemeinde, dass
dies zu politisch sei.
Eine Distanzierung von Neonazis bedeutet
einen Gesichtsverlust gegenüber einem nicht unerheblichen Teil der
„Label 23“-Kundschaft (Naziläden wie „Rascal Versand“, „Strike Back
Shop“ Apolda, „Eastwear“ Zwickau). Andererseits ist es die einzige
Möglichkeit das aufgebaute Firmen- und Vertriebsgeflecht nicht komplett
implodieren zu lassen. Eine Abgrenzung gegen Rechts bleibt somit eine
der wenigen Distanzierungen die sich auch gegenüber den Angels glaubhaft
verkaufen ließen, schließlich gilt der Markengründer in Brandenburg als
überzeugter Nationalsozialist. Am Ende zählen wohl doch nicht mehr die
fragwürdigen „Ideale“, sondern doch nur „das Geld“.
Protest ist notwendig
Die Veranstalter*innen des Aktionstages am 9. März halten auf Grund dieser Einschätzung am Protest gegen „Label 23“ fest.
Der
Aktionstag wird unter anderem getragen von der VVN-BdA , Antifa Gruppen
wie den North East Antifascists, so wie von Bezirksfraktionen der
Linkspartei, den Piraten und den Grünen.
Wir laden alle
Pressevertreter*innen herzlich ein. Ein Presseverantwortlicher wird
ihnen während des Aktionstages zur Verfügung stehen.
Hohenschönhausen: Kundgebung, 12 Uhr, Lindencenter
Weißensee: Demo, 14 Uhr, Antonplatz
Friedrichshain: Demo, 16 Uhr, S-Bhf. Frankfurter Allee
Quellen:
[1] 29.11.2012, Kein Kiez für Nazis, "Verkauf der Neonazi-Marke Label 23 im 7 Guns-Store in Weißensee"
[2] Herbst 2012, Antifainfoblatt Nr. 96, „Leben heißt Kampf“
[3] 27.02.2013, bild.de, "So schlimm tobt der Rockerkrieg"
Pressemitteilung, 08.03.2013, Berlin / Ressort: Berlin, Inland, Politik
Kontakt: Mail: keinkiezfuernazis@riseup.net / Web: www.keinkiezfuernazis.blogsport.eu
AIB Artikel zu Label 23
Hier der Artikel aus dem AIB 96 (3.2012): "»Leben heißt Kampf« - Die Cottbuser Marke »Label 23«"
Online unter:
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%C2%BBleben-hei%C3%9Ft-kampf%C2%A...