Nacktheit war für uns Befreiung

1969 kommune 1

Wenn dieser Tage Frauen mit Parolen auf ihren nackten Oberkörpern gegen NPD-Treffen in Deutschland oder Berlusconis Stimmabgabe in Italien demonstrieren, kommt Kritik aus der radikalen Linken, obwohl die Protestform Teil unserer Geschichte ist.

 

 

 

 

 

Nackt zu sein war für uns vor 30 Jahren ein Symbol für eine befreite Gesellschaft, in der keine und keiner mehr aus ihrer und seiner Bude geschmissen wird, weil es für alle schöne Wohnungen gibt. Als der Westberliner Senat 1981 die Räumung unserer Häuser ankündigte, lag es an uns, Wege und Mittel zu finden, den Verantwortlichen die nackte Furcht zu lehren, um sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Im Frühsommer luden wir zu TUWAT:

tuwat westberlin 1981

Kurz nach den Aktionstagen demonstrierten wir im September auf einer Hausbesetzerdemo:

hausbesetzerdemo westberlin

Bilder wie diese waren damals keine Seltenheit. Uns hat das Freude bereitet. Unsere Praxis wurde auch von anderen aufgegriffen, allerdings mit einer Intension, die wir niemals beabsichtigt hatten: Zu zeigen, wir sind nicht bewaffnet, wir sind friedlich. Der Halbnacktensamstag im November 1981 an der Startbahn 18 West war (uns) dann nur noch peinlich. So wie ich mich erinnere, gab es erst danach Kritik und viele haben nicht mehr an nackten Aktionen teilgenommen. Die Idee ließ sich aber nicht totbekommen. 10 Jahre später demonstrierten es die Genossinnen und Genossen in der Mainzer Straße:

mainzerstrasse, tisch, kommune 1

Bilder mit Mösen und Schwänzen sind aus der Linken verschwunden. Wir hatten das Glück, noch einen Hauch des antiautoritären Wirbelwinds zu spüren. Wir waren nicht die Erfinderinnen und Erfinder der Nacktdemos. 1968 zeigten neun "Seeräuber-Jennys" in Hamburg während einer Antirepressionsaktion im Gericht ihre Busen:

hh amtsgericht

Und 1969 drei junge Frauen während einer antisexistischen Aktion in einem Frankfurter Hörsaal, um gegen einen Professor zu demonstrieren, der - so eine Teilnehmerin - "während der Vorlesung immer seine braunen Augen die erste Reihe entlangwandern ließ, von einer blonden langhaarigen Studentin zur nächsten":

adorno

Wir hatten noch lange das Foto aus einer illustrierten Wochenzeitung in unserer Küche hängen:

1969 kommune 1

Wir dachten damals, das einengende, repressive Zeitalter sei überwunden. Im Nachhinein muss ich jedoch feststellen, dass wir nur in einer zeitlichen Ausnahmephase gelebt haben. Viele nachgeborenen Genossinnen und Genossen nehme ich als im Verhalten ähnlich wie unsere Eltern wahr. Deshalb muss ich schmulzen, wenn ich Kritik an den aktuellen feministischen und antirassistischen Aktionen halbnackter Frauen höre.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Das Attentat
oder
Die nackten Fakten
oder
Ein Streich von Pat und Doris

Ach, was muß man oft von bösen
Mädchen hören oder lesen!
So zum Beispiel hier von diesen,
Welche Pat und Doris hießen.
Die, anstatt durch weise Lehren
Sich zum Guten zu bekehren,
Oftmals noch darüber lachten
Und sich heimlich lustig machten.

Aber wehe, wehe, wehe,
Wenn ich auf das Ende sehe! !
Drum ist hier, was sie getrieben,
Auszugsweise aufgeschrieben:
Also lautet der Beschluß.
Daß der Mensch was lernen muß.
Nicht allein das Abc
Bringt das Mädchen in die Höh',
Sondern auch der Weisheit Lehren
Muß man mit Vergnügen hören.
Daß dies mit Verstand geschah,
War Professor Teddie da.

Pat und Doris, diese beiden,
Mochten ihn darum nicht leiden.
War's, weil sie in Seminaren
Nicht die allerbravsten waren,
War's, weil sie zu wissen wähnten,
Wonach sich die Massen sehnten-:
Was der Prof da von sich gab
Klang in ihren Ohren schlapp.
Abgefuckt und inhaltsleer,
Konterrevolutionär,
Bourgeois und theoretisch,
Stetes Kreisen um den Fetisch
Ratio - und so was rächt sich,
Denn noch schrieb man Neunundsechzig
Und da sann man unverdrossen
Mal auf Go-ins, mal auf Possen,
Um die Profs. zu demaskieren
Und der Welt zu demonstrieren,
daß sie unter den Talaren
Machtgeil, stur und muffig waren.
Grade dann, wenn sie in Worten
Jederzeit und allerorten
Das Bestehende verdammten
Und der Schicht, aus der sie stammten,
Feurig die Leviten lasen:
Haltet ein! Bald deckt der Rasen
Euch und eure schwarzen Taten.
Die tagtäglich das verraten,
Was ihr sonst an Werten predigt -:
Glaubt Karl Marx! Ihr seid erledigt!
Denn es kann im falschen Leben
Niemals nie kein richtigs geben!

Meister im Levitenlesen
Aber war der Prof. an dessen
Widersprüchen sich die »lieben«
Mädchen Pat und Doris rieben.
Darum sei sogleich verraten.
Was sie mit Adorno taten.

Nun war dieser große Lehrer
Von den Damen ein Verehrer,
Was man ohne alle Frage
Nach des Denkens Müh' und Plage
Einem guten, alten Mann
Auch von Herzen gönnen kann.
Nicht so unsre beiden Kinder,
Die im Weiberrat und in der
Wohngemeinschaft voll einbrachten,
Was sie von dem Denker dachten:
Macho, liberaler Scheißer,
Sprücheklopfer, Fraunaufreißer,
Ein im Widerspruch verstrickter
Objektiv dem Volk entrückter
Tui, der subjektiv nicht raffe,
Daß er nichts als eine Waffe
Sei der Scheiß-Reaktion –
Das genügte, Denn bald schon
Riet der ganze Weiberrat
Dergestalt zur raschen Tat,
Daß die beiden lachend schrien:
»Schwestern, stimmt: Da pack'n mer ihn!«

Tags darauf in Unifluren
Treffen wir die zwei Figuren,
Die, das sei nicht übersehen,
Aus sehr viel Figur bestehen,
Da Sie nackt, ohn alle Stützen,
Unterm Hemde das besitzen,
Was die jungen wie die reifen
Herren liebend gern begreifen.

Eben strebt in sanfter Ruh
Adorno seinem Hörsaal zu,
Und mit Buch und Lesungsheften
Zu gewohnten Denkgeschäften
Lenkt er freudig seine Schritte
In der jungen Menschen Mitte,
Und voll Dankbarkeit sodann
Schaut er Pat und Doris an,
Die, wie ihm zu applaudieren,
Vollreif seinen Weg spalieren.

»Ach!« denkt er, »Die größte Freud
Ist doch die Begrifflichkeit!«

Rums! Da ziehn die beiden los,
Und vier Brüste schrecklich groß,
Jäh befreit von allen Stoffen,
Herrlich bloß und gänzlich offen,
Nackig, unbeschreiblich weiblich,
Knackig, unbegreiflich leiblich,
Lockend, drängend, wogend, prangend
Einen ganzen Mann verlangend,
Ragend, dräuend, drohend, schwellend,
Allen Geist in Frage stellend,
Recken sich dem Prof. entgegen,
Welcher stumm erst, dann verlegen,
Dann erschreckt das Weite sucht
Und bei sich den Tag verflucht,
Da er dieser Busen Licht –
Doch so weit sind wir noch nicht.

Bleiben wir bei unsern Rangen.
Die sich eiligst wieder fangen,
So geschwind, daß niemand klar ist,
Was hier Einbildung, was wahr ist,
Wer hier was warum entblößte-
Fest steht nur: 's kann auch der größte
Denker nicht in Frieden leben,
Wenn Mädchen ihre Hemdchen heben.

All das geschah vor langer Zeit,
Doch ist es nicht Vergangenheit.
Das Busen-Attentat gab zwar
Dem Prof. den Rest -: Im gleichen Jahr
Verstarb der Philosoph, jedoch
Pat und Doris gibt es noch.

Die eine forscht, die andre lehrt.
Und beide sind gottlob bekehrt
Von den Ideen ihrer Jugend:
Heute decken Halter, Stoff und Tugend
Verläßlich, was den Prof. einst schreckte,
Als es ihm blank entgegenbleckte ...
Mit der Zeit wird alles heil,
Nur der Teddie hat sein Teil.

Meine Herren, heute sehen Sie uns nackt hier stehen,
Und wir zeigen unsere Brüste für jeden.
Ihr, die Ihr voll Verdrängung und Komplexen seid,
Wisst, daß, wer'n Weib sieht, schon verschoben ist.
Ihr haltet Euch bei Tage an die Bibel
Und streichelt lüstern höchstens mal das BGB.
Wir wissen's ein für alle Mal:
Es stinkt in diesem Staat.
Für uns gibt's Knast - für Euch heißt das Moral.

...der nackte Block beim G8-Gipfel:

"Wir sind nackt und wir sind frei! Ihr seid nur die Polizei!"

Offensichtlich unbewaffnet beim Versuch die Polizeisperre zu überwinden. Reaktion der Polizei: Schläge und Pfeffer, später auch Wasserwerfer (nicht im Video. War der 2. Versuch)

http://g8-tv.org/topic.php?clipId=226&play_id=1731

Ergänzend sei auf die grosse NOLYMPIA - Demo (ich denke es war 93) in Berlin hingewiesen. Ob der Anwesenheit der versammelten "Weltpresse" zog die Demospitze die Ärsche blank.

 

Den Vergleich mancher mit der Piefigkeit unserer Eltern kann ich nur zu gut nachvollziehen. Ist in vielen sogenannten "Freiräumen" ein Kuss heute schon wieder so frevelhaft wie ein Lachen in der Kirche (gerne auch Moschee oder Synagoge).

zum g8 gipfel 2007 in heiligendamm gabs doch übrigens auch einen nackten blackblock bei einer demo, siehe dieses bild hier. gibt auch wie zu erwarten bilderstrecken in focus & co.

außerdem finden sich noch allerlei bilderstrecken wie "Die spektakulärsten Nackt-Demos" (hier), denn das bringt klicks und werbeeinnahmen.

 

abgesehen davon denke ich das kritik an den femen auf jeden fall angebracht ist, irgendein ziel abseits von aufmerksamkeit scheint da ja im gegensatz zu den aktionen aus der radikalen linken nicht hinter zu stecken (man kann sich ja mal deren facebookseite anschauen, brüste mit hakenkreuzen zu zensieren haha.., schwarz-rot-goldenes logo, exklusivinterview in der bild (?) die sich natürlich auch freut tittenbilderstrecken en mass zu publizieren uvm.)

...und schöne Bilder. Der Hausbesetzerbewegung gings tatsächlich mal um sexuelle Befreiung. Heute gibt sich die Bewegung so prüde und steif. Körperliche Nähe ist verpönt. Die Zeiten waren also mal besser. 

Schön, dass die Bezüge zu "damals" aufgemacht werden. Die Debatten sind mir auch zu moralin und, wie aufgezeigt, zu ahistorisch.

 

Gut das ich zur Generation des/der Autor/in  gehöre und vieles andere Positive aus der Zeit auch noch mitbekommen habe.

Schön kommentierte Bilde am frühstückstisch - feine Sache:

 

Die Sache in der Mainzer war, so ich erinnere, im Rahmen der Wiederaneignung der Kommune 1 - Tisches von der TAZ. Eine feine gelungene und gut geplante Aktion. Ich erinnere mich nicht nur an die Fotoaufnahmen, sondern auch an breites Grinsen, Gelächter, Ausgelassenheit.

 

Bei der NOLYMPIA - Demo blickte die Demospitze in hunderte Kameras aus aller Welt - Journalistinnen, die auf nichts warteten, als auf Randalebilder. Genervt vom geifernden Geknipse präsentierte die Demospitze den BildjournalistInnen das blanke Hinterteil, ob der Bullen lautstark untermalt vom Lied der "Volkspolizei".

 

Bilder dazu gab es im Stern mit dem passenden Kommentar: "Sie haben Olympia verhindert!"

 

Sicher gab es damals auch im Rückblick lustige Diskussionen, z.B. ob RevolutionärIn "Händchenhaltend" durch den Kiez läuft. Auch die Versuche offener gemeinsamer Schlafräume scheiterte meist grandios und in Gelächter. (Thema: "Nichts ist privat!")

 

Diskussionen um sexistische patriachale Zurschaustellung wurden geführt. Es gab in Berlin das FEB (FrauenEigener Betrieb),

Frauen- und Lesben - Buchläden, - Kneipen, - Kollektive, eine breite Mobilisierung zum 8. März, Diskussionen und Aktionen zu "Triple Oppression", Paragraf 218 und zum Thema Gender.

 

Ich bin weit entfernt davon zu sagen, alles war besser. Es war anders. Auf jeden Fall offener und gelöster. Dadurch auch in grösserer Breite.

 

Gekoppelt immer auch an praktische Versuche der Umsetzung. Heute oft mehr in abstrakter theoretischer Diskussion kleiner Zirkel.

 

Heute fühlt man sich in manch einem "Freiraum" bei öffentlichen Zärtlichkeitsbekundungen unwohl oder negativ kommentiert.

 

Die Diskussion um "Nacktheit" fehlt heute ebenso wie die um den Umgang mit Kids (letztere fehlte schon damals). Gerade letzteres führt dann oft zum Rückzug aus der Bewegung.

 

Deshalb, danke für den Rückblick.

wenn früher alles besser war wo sind dann jetzt die leute ???

 

so ein identitärer müll ist doch dafür verantwortlich das doch letzlich so wenig bei der stange blieben

 

wenn mal blank ziehen, in wg wohnen und lange haare bei männern die politische theorie ersetzt dann bleibt halt nicht viel

wenn man dann doch mal zu alt für ne wg ist...

 

das jetzt hier einer aktionsform hinter her gedrauert wird die schon lang keine echte provokation mehr ist sondern nur noch ein

gefundenes medien fressen ist echt nicht nachzu vollziehen

dieser flasch mop quatsch war 68 schon ätzend und schädlich

 

und jetzt viel spass beim nächsten

http://www.rp-online.de/panorama/ausland/no-pants-day-2013-ohne-hose-u-b...

 

#man sind die da frei und unverklemmt

Welch ein haarsträubender Unsinn...

 

Zumindest in den grösseren Städten gibt es noch genug Leute, die bei der Sache geblieben sind, allemal länger, als die momentane Halbwertzeit vieler in der radikalen Linken von 3 - 5 Jahren heute.

 

Dein "mal blank ziehen, in WG wohnen und lange Haare bei Männern anstelle politischer Theorie" - Geschwätzt offenbart nur dein mangelndes Interesse an politischer und kultureller Geschichte.

 

Die Bilder von TUWAT und TUNIX stehen für politische Auseinandersetzungen und Praxisansätze. Viele wohnten nicht in heutiger zweier oder dreier WG, sondern in besetzten Häusern, grösseren Wohngruppen oder Kollektiven bis zu 80 Menschen. Die Diskussion und Organisierung darum ist schon etwas anderes als ein WG - Putzplan zu erstellen. Über jeweilige haarstylistische Ausdrucks- und Modeerscheinungen kann man streiten. Ich mokiere mich auch nicht hauptberuflich über Hosen in den Kniekehlen und Hipsterbärte.

 

Wo das wann politische Theorie ersetzt hat, solltest du mal beweisen (Radikal, Wildcat, Arbeiterkampf, dutzende andere Zeitungen zu Teilbereichskampf und politischer Theorie seien hier aus Platzgründen nicht erwähnt. Ein Blick in ein "Archiv der Sozialen Bewegungen" in deiner Nähe würde ausreichen...)

 

Zu alt für eine WG oder ein Kollektiv ist man nur in den Köpfen solcher Leute, die deine Denke haben. Schön, dass du deine Zeit schon abgesteckt hast. Wenn man alle ab 30 schon "Alter" (nicht gegendert) nennt, muss das wohl so sein. Dein Problem nennt man neudeutsch "ageismus".

 

Deine Argumentationsweise erinnert doch arg an den Puritanismus meiner Eltern und Grosseltern. Hat so garnichts von Rebellion oder Aufbruch.

 

Auch waren Leute wie Reich, Mühsam und andere ja reichlich für ihre Theoriefeindlichkeit bekannt. Ihre Bücher eine Abhandlung planloser Pfeffersäcke...

 

Nachgetrauert hat hier wohl niemand, sondern Geschichte im aktuellen Kontext vermittelt. Die begleitenden Sätze zu lesen, hast du dir geschenkt.

 

Das ist die armseelige Einstellung einer Boheme - Zeitschrift wie die "Jungle World", die Ankündigungen zu Veranstaltungen zu autonomer, antiautoritärer oder Bewegungsgeschichte gerne mal mit "Opa/Oma erzählt aus dem Krieg" (die Achtziger!!!) kommentiert.

 

Ich halte es da mit Levi, der sinngemäss sagt: "Wer seine Geschichte nicht kennt, hat keine Zukunft"

 

Was an solchen Aktionen gar "schädlich" war - ausser für Macker und PuritanerInnen - solltest du schon historisch und theoretisch (!) belegen können.

 

Dein Link am Ende ist regressiver Kindergarten.

Zitat:

 

"so ein identitärer Müll ist doch dafür verantwortlich, dass doch so wenig bei der Stange blieben"

 

Du schreibst solch eine ahistorische Plattheit und bemängelst dann noch fehlende politische Theorie...

 

Setzt einen Punkt absoluten ahistorischen Nichtwissens unterhalb der Schwarz - Weiss - Theorie und bemängelst andere.

 

Es gibt mannigfaltige Gründe, warum viele nicht dabeibleiben. Dein Punkt rangiert da sicher unter Grund 103 im Off.

 

Bei TUWAT und TUNIX waren es viele Tausend, Startbahn West 100000, Mainzerstrassen - Verteidigung Tausende/Demo Zehntausend, NOLYMPIA 10000, G8 bis zu 80000. Die ob ein wenig Nacktheit "Nie Wieder" schreienden, in tiefsten Angewidert sein, Wegrennenden, habe ich nicht gesehen.

 

Aber der No - Pans - Day ist für dich ja auch dasselbe wie oben bebilderte Aktionen. So wie das Heldengedenken in Dresden ja auch dasselbe ist, wie die Blockaden.

 

Man ist das platt und theoriefeindlich, auch ohne Dreadlocks, WG und blanke Tatsachen.

tut mir leid, aber ich hab selten so einen quark wie deinen gelesen. in den siebzigern hat progressives politisches denken, die gesellschaft weltweit durchdrungen wie vielleicht nie zuvor und ganz sicher nie danach. wer glaubt, dass theoretisch heute mehr geht, sollte schleunigst ein paar bücher in die hand nehmen.

und wo ist diese genaration jetzt ?

wenn sie so von progressivem denken durch drungen waren ?(machen jetzt ideen geschichte oder was?)

versuch doch mal dieses progresive denken an etwas greifbarem fest zu machen 

 

das progressive ist doch nur über den gemeinsamen habitus fest zu machen

und nicht an einer linken politischen postion

das ist erst mal auch nicht so schlimm, nur wenn dann dass fehlen des tabubruchs von gestern

der nebenbei heute niemanden mehr interessiert, zu maßstab der kritik gemacht wird dann

macht man sich halt zum lebenden anachronismus

traue keinem über 30 !

Welch ein sinnfreier Kommentar. Ist das jetzt das Repetieren des Kommentars oben von der "fehlenden Theorie" in der Version "fehlender politischer Position". Antworten darauf gab es schon oben. Tja, hättest du mal erst gelesen, statt ins Blaue zu kommentieren.

 

Auch dir seien Quellen, wie "Autonomie, Autonomie/Neue Folge, Wildcat, Zusammen Kämpfen, Arbeiterkampf, Radikal, AIB + Sondernummern, u.v.m." empfohlen. Bücher von Geronimo und AG Grauwacke. Artikel zur Geschichte mit vielen Quellen auf "Linksunten" und "Indymedia.de". Ein Besuch eines "Archives der Sozialen Bewegungen" in deiner Nähe (Verzeichnis als Buch oder im Netz).

 

In Berlin z.B. gibt es zahlreiche Veranstaltungen zur Geschichte im Mehringhof, Internationalistischer Abend, Interkomms u.a. Entgegen deiner "Theorie" vom "niemanden mehr interessiert" - meist gut besucht.

 

Das und der Spruch von P. Levi sollte dein Anachronismus - Geschwätz widerlegen. Deine "Theorie" vom Anachronismus taucht auch da immer wieder vereinzelt zum Thema Antisexismus/Patriachat (Zitat: "Ein Relikt der Achtziger") und Antifaschismus/Widerstand auf. Meist machen sich die Leute damit recht albern.

 

Gerade auch Veranstaltungen zur HausbesetzerInnen - Bewegung der Achtziger, der Neunziger und in der Jetztzeit sind meist sehr gut besucht. In Berlin gab es 2010/2011  (Mainzer/Berlin Hauptstadt der DDR) und West - Berlin dutzende. Wir wuchsen interessiert mit Veranstaltungen zu Häuserkämpfen der Siebziger in Hamburg, Frankfurt, Berlin auf.

 

Eine Stadtführung z.B. anhand des Berliner "Stressfaktors"  dürfte dich auch betreff Älterer eines Besseren belehren.

 

Was machst du nach deinem 30. Geburtstag? Marsch durch die Institutionen oder Suizid (hoffe ich mal nicht).

 

Für mich ist mangelndes Geschichtsinteresse und -bewusstsein ein Anachronismus, war es doch auch einer der Gründe für 33!

Du hast die Kritik einfach nicht verstanden.

 

Er will wissen was diese theoretischen Durchdringung denn nun greifbares gebracht hat?

 

Wo sind die befreiten Lebensräume? Wo sind die Produktions Konsum und Wohngenossenschaften?

 

Wenn das alles so toll war müsste doch ein wenig materieller Erfolg zu sehen sein, statt dessen feiert die Reaktion seit 1982 Triumph nach Triumph.

Schon früher gab es solche Aktionen in politischem Kontext.

 

Südlich von Berlin gibt es den Motzener See. In den Zwanzigerjahren ein Anlaufpunkt zu politischer Diskussion und "Freikörper Kultur" (siehe Reich, Mühsam und andere). Das Ganze unter Abscheu der ländlichen christlichen Bevölkerung, verhaftet im kolonialistischen reaktionären Denken, wurde das Gebiet um die Nacktbadestelle "Kamerun" genannt. Heute heisst der dort entstandene Ortsteil ebenso.

 

Im Berlin der Achtzigerjahre war ein solcher Treffpunkt der "Flughafensee" am Flughafen Tegel. Damals stacheldrahtumzäuntes militärisches Sperrgebiet. Aber es lockte der Sandstrand mit einer Düne (!). Des nächtens pilgerte  die HausbesetzerInnen - Bewegung u.a. dorthin, durchtrennte vielfach den Zaun, um zum See zu gelangen und nacktzubaden. Die Klamotten immer in Griffnähe zum Bündel geschnürrt, denn oft liesen MP und Bullerei nicht lange auf sich warten. Manch eine Katz und Maus - Jagd wurde am Strand geschlagen. Heute zum Baden offen - immer noch ein guter Tip (aber Naturschutzgebiet, also sauberhalten)...

 

...

Die Kritik, die im Artikel genannt wird, richtet sich aber fast ausschließlich gegen die Gruppe FEMEN (bzw. gegen die Nacktheit im ganz spezifischen Kontext von FEMEN), nicht gegen Nacktheit generell. Wie man überall nachlesen kann, ist diese Gruppe durchaus fragwürdig. Die kritisierten Aspekte reichen von Beliebigkeit ihrer Themen bis hin zu der Vertretung von reaktionären und nationalistischen Positionen.

(Was natürlich nichts daran ändert, dass leider viele in der "Szene" Lustfeindlichkeit mit political correctness verwechseln..)

mal neben der schon in breitem Kontext geäusserten Kritik an FEMEN mal wie in obigem Bilder - Artikel auch einen Ausflug in die Geschichte ähnlicher Aktionen (zumeist in ausgereifteren Kontext) machen?

 

Es scheint ja wohl so zu sein, dass neben der Kritik an der Ausrichtung mancher FEMEN - Aktion auch in vielen Diskussionen ein kräftiger Schuss Lustfeindlichkeit und Puritanismus zu Tage tritt.

 

Alle, auch du, bemerken sie, aber reden tun wa besser mal nicht drüber.

 

Ihr solltet euch mal den Kopf darüber machen, wenn der Eindruck des Puritanismus und der Regression in solch einem Kontext, in Verhalten in "Freiräumen" u.ä. entsteht, welcher teilweise echt an das Tugendwächtertum der Kirche erinnert.

 

Vielleicht auch mal ein wenig mit der Geschichte der annektierten DDR beschäftigen. Dort war das Verhältnis zum eigenen Körper und zum Nacktsein in vielen Bereichen sicher ein anderes.

 

Darum dreht sich nach meiner Auffassung der Artikel. Was nicht heisst, dass eine Kritik an FEMEN negiert werden soll. Die Bilder sind auch nicht von FEMWAT, FEMNIX oder ausem FEMEN - Tower der Mainzer, sondern von TUWAT, TUNIX und ausm Tunten - Tower.

Bin mitte zwanzig, und fühle mich in vielen linken "freiräumen" an kirchlichen Puritanismus errinert.

Da ist einmal das von meinem Vorredner erwähnte Problem das diskriminierungsfreier Umgang miteinander nur allzu häufig mit Puritanismus verwechselt wird.

Für mich persönlich gibt es da aber noch ein Individuelles Problem mit so genannten "Safer Spaces" in dem der anspruch besteht, personen die von Sexueller gewalt oder Diskriminierung betroffen waren oder sind vor "Triggern" zu schützen. Auf die logischen absurditäten dieses Konzepts will ich nicht weiter eingehen, nur auf den emotionalen effekt den diese auf mich haben.

Als ich 13 Jahre alt war wurde ich sexuell Mißbraucht. Ich habe dieses erlerbnis mitlerweile Verarbeitet und als Teil meiner Selbst akzeptiert. Ich leide nicht mehr darunter. Wenn ich mich aber in einen sogenannten "Safer Space" begebe, belastet mich das emotional, da sexuelle Gewalt ununterbrochen Thematisiert wird. Selbst wenn nicht darüber diskutiert wird steht das Thema ununterbrochen im Raum. Und zwar nicht auf eine Weise die einem das Gefühl gibt das die individuelle emotionale Tragweite die so ein erlebnis hat akzeptiert wird. Sondern als abstraktes politisches Konzept, dessen Deutungshoheit bei einigen wenigen liegt und nur allzu oft ist es gegenstand dogmatischer Machtkämpfe.

Das "triggert" mich, und zwar wie die Sau, weil ich das gefühl habe das mir meine sexuelle Selbstbestimmung und Deutungshoheit über mich selbst ein weiteres mal entrissen wird. Wohingegen ich es völlig unproblematisch finde wenn eine*r beschließt oben ohne rumzulaufen, was aber allzu oft der anlass ist ein riesen Fass aufzumachen.

 

Aber naja, für menschen die sich in Theorien und Vergeistigung flüchten ist Körperlichkeit immer eine Bedrohung, egal ob es sich dabei um Religiöse fanatiker, Gender Theoretiker oder Materialisten handelt.

 

Als ergänzung für die sammlung gelungener nackt aktionen: 2005 wurde bei dem G8 Gipfel protesten in Gleneagles, Schottland der Zaun um den Tagungsort eingerissen. Wir wurden von berittener Polizei zurückgedrängt. Vor uns bewaffnete leute auf Pferden um uns herum die Highlands. Da schrie jemand: "You have all seen Braveheart, you know what to do!" und alle haben Blankgezogen.

Hier ist das Foto, das oben nicht mehr angezeigt wird. Vielleicht kann es ein MOD wieder einfügen? https://linksunten.indymedia.org/de/node/79699

Die Schlampendemo vom letzen Jahr und die Abhandlung auf Indymedia.

Siehe:

Schlampendemo in FrankfurtSchlampendemo

Puritanische Vorstellungen herrschten bei den Studentinnen vor, die 1992 im kalifornischen Berkeley einen nackten Mann im Namen des Feminismus in die Kleider zwangen. Der 22jährige Student, der sich selbst lapidar „der Nackte“ nannte, war stets nur mit Sonnenhut und Sandalen bekleidet über das Universitätsgelände gebummelt. Er hatte nackt studiert, sich nackt in Seminare gesetzt und nackt in der Bibliothek gearbeitet. Er legte sich nackt unter die Bäume auf dem Campus, setzte sich nackt in Straßencafés, betrat nackt das Postamt, reihte sich nackt in die Schlange vor dem Kino ein und legte nackt Prüfungen ab. Die hüllenlose Existenz war ein Protest gegen Materialismus und gesellschaftliche Zwänge, für Natur und Freiheit.

 

Mehrere Studentinnen versuchten erfolglos ihn dazu zu bewegen, sich anzuziehen. Schließlich beschwerten sie sich bei der Verwaltung; sie fühlten sich von ihm sexuell belästigt. Die Verwaltung griff ein, und der Student hüllte seine Genitalien in ein grellrotes Tuch.

 

Über diese Episode könnte ich weinen. Der nackte Student war vermutlich der ungefährlichste Mann im Großraum Berkeley, und die Frauen waren in seiner Nähe sicherer als irgendwo sonst. Er trug keine Waffen und war den Blicken aller schutzlos preisgegeben. Mit den Kleidern hatte er die Möglichkeit zu Angriff und Bedrohung abgelegt; seine Nacktheit war für ihn ein äußeres Zeichen der Naturverbundenheit und der Ablehnung einer Welt, die alles verdinglicht. Nackt den Blicken der Frauen ausgesetzt, war er verletzlicher als jede Frau und machte die Erfahrung einer Frau. Wer hätte friedlicher, aufrichtiger und ungefährlicher sein können? Wünschen wir Frauen uns von Männern nicht genau das? Dass sie uns nackt entgegentreten, als Menschen, ohne trügerische Hülle und schützenden Panzer? Wie können Frauen diese Geste im Namen der Empfindsamkeit zurückweisen?

 

Es gibt nicht viele Beispiel für die Harmonie zwischen den Geschlechtern. Wenn ich danach suche, denke ich an Nachmittage, an denen sich eine zusammengewürfelte Gruppe von Männern und Frauen auf dem duftenden Rasen des Campus von Berkeley zum gemeinsamen nackten Sonnenbad versammelte. Ich erinnere mich an diese Nachmittage mit großer Dankbarkeit. Die Sonne wärmte uns, uns es war wie eine lang ersehnte Atempause im täglichen Kleinkrieg der Geschlechter. Wir waren Freunde, nicht Raubtier und Beute.

 

Wenn Frauen fünfzehn Jahre später für einen Mann, der sich auf dem Campus in seiner schönen, starken Männlichkeit schutzlos ihren Blicken preisgibt, keinerlei Sympathie übrig haben und sich über ihn weder amüsieren noch den unverhofft schönen Anblick genießen und wenn sie sich statt dessen bedroht fühlen, dann haben wir einige wichtige Theorien des Feminismus viel zu wörtlich genommen.

Julia Kirschner, Uni Passau:
Nacktprotest als politisches Kommunikationsinstrumen. Zwischen grenzenloser Protestbereitschaft und sexueller Selbstinzenierung

Bachelorarbeit, 2012, 46 Seiten. Leseprobe:

 

http://www.diplomarbeiten24.de/vorschau/202943.html