Banner bei Aktionstag in Göppingen - Neonazis mobilisieren weiter

Vor der angekündigten Neonazi-Demonstration waren die Rechten in Göppingen wieder aktiv. Noch ist die Demo verboten - am Donnerstag will der VGH entscheiden.

 

Am Wochenende war die Szene der sich selber "Autonome Nationalisten" nennenden Neonazis in Göppingen an einem "Aktionstag" wieder aktiv - eine Woche vor der für Samstag geplanten Demonstration in Göppingen, die einstweilen aber verboten bleibt. Flugblätter, ohne Genehmigung angebrachte Banner, mindestens drei lebensgroße schwarze Puppen mit weißen Masken, die kleine Plakate vor der Brust hatten - auffallen um jeden Preis schien das Motto der Rechtsextremen zu sein. Während die Pressestellen von Polizei und Stadtverwaltung am Dienstag ratlos waren und von nichts wussten, hatten viele Bürger vor allem die Banner an den Überführungen bei der Öde und Möbel Rieger gesehen. Die Urheber waren offensichtlich - prangte doch die Internetadresse der Demo-Seite auf den Transparenten. Wo das Ordnungsamt untätig blieb, wurden am Montagabend linke Aktivisten aktiv: Nach eigenen Angaben entfernten sie die Banner.

Der Sprecher des Bündnisses "Kreis Göppingen nazifrei", Alex Maier, hat die Banner zwar nicht gesehen, meint aber: "Die machen, was ihnen gefällt." Zwar sei die Nazi-Demo momentan verboten, "doch die mobilisieren weiter". Und das sei strafbar. "Wir erwägen, zu klagen", sagt Maier, momentan würden die Erfolgsaussichten abgeklärt. So oder so: "Unsere große zentrale Kundgebung wird auf jeden Fall stattfinden", betont der Bündnissprecher. "Denn selbst wenn das Verbot Bestand hätte, würden die Nazis trotzdem kommen und eine Spontandemonstration machen", zeigt sich Maier überzeugt.

 

Doch noch liegt die Entscheidung über das Verbot in Mannheim beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH). Dessen Sprecher Karsten Harms geht davon aus, dass noch heute eine Entscheidung getroffen wird, "die Wahrscheinlichkeit ist groß". Spätestens morgen würden die Richter aber einen Beschluss fassen. Doch falls auch der VGH wie schon die Stuttgarter Vorinstanz das Verbot der Stadt Göppingen bestätigt, hätten die Beschwerdeführer immer noch die Möglichkeit, mit einer Verfassungsbeschwerde vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, unterstreicht Harms. Und in versammlungsrechtlichen Angelegenheiten entscheide Karlsruhe durchaus schnell - das könnte also durchaus noch vor Samstag, 10 Uhr sein. Um diese Uhrzeit sollte die Demonstration beginnen.

Vorträge von OB und Stadträten

Gegen rechte Umtriebe ist auch die Stadt Göppingen, deshalb gibt es - falls das Demo-Verbot vom VGH gekippt wird - am Samstag, 6. Oktober, ab 9 Uhr eine offizielle Veranstaltung vor dem Rathaus, auf der neben OB Guido Till auch Fraktionsvorsitzende und der evangelische Dekan sprechen werden.

Nicht sprechen durfte nach Tills Willen Linke-Stadtrat und OB-Kandidat Christian Stähle. Der sah sich benachteiligt und setzte Till ein Ultimatum bis gestern, 14 Uhr. Ansonsten werde er eine einstweilige Verfügung erwirken, drohte der Stadtrat. Am Dienstag die Wende: "Ich darf jetzt auch reden", sagte Stähle. Till habe nun auch ihm zugestanden, sich auf der Veranstaltung zu äußern.

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KOMMENTAR: Flagge zeigen beim Protest gegen Nazis

 

Es ist gut, dass viele Organisationen, Vereine und Initiativen am Samstag Flagge zeigen wollen. Und dem braunen Mob unmissverständlich klar machen, dass Nazis in dieser Stadt - und anderswo - nicht erwünscht sind.

Autor: DIRK HÜLSER | 04.10.2012 

Wie wichtig dies ist, hat sich jetzt wieder gezeigt: Unverfroren veranstalten die Nationalisten einen Aktionstag in Göppingen, hängen Banner auf, verteilen Flugblätter und platzieren Puppen in der Fußgängerzone. Und es passiert - nichts. Bis sich am Montagabend Göppinger bemüßigt fühlten, die weithin sichtbaren Transparente nach zwei Tagen in Eigeninitiative zu entfernen.

Ganz egal, wie der Verwaltungsgerichtshof am Donnerstag oder womöglich erst morgen entscheidet, ob die Demo verboten bleibt oder nicht: Die Neonazis werden, teils von weit her, kommen. Und sich im Zweifelsfall auf eine im Prinzip legale "Spontan-Demonstration" berufen. Deshalb ist es wichtig, dass die Gegenveranstaltungen auf jeden Fall stattfinden und die Rechtsextremen nicht glauben, sie könnten hier den Boden für ihre ewiggestrige Brut bereiten.

Seltsam allerdings die Herangehensweise der Stadtverwaltung. Die will ihre Veranstaltung - elf Redner in 60 Minuten - nämlich nur dann abhalten, wenn das Gericht das Demo-Verbot kippt. Und wenn das Verbot bestehen bleibt und die Nationalisten aus ganz Deutschland trotzdem anreisen? Ist dann vom OB und den meisten Stadträten nichts zu sehen? Das wäre peinlich, ärgerlich und ein Armutszeugnis.