Heidenheimer Piraten-Kandidat für die Bundestagswahl schmeißt hin

Erstveröffentlicht: 
04.10.2012

Marco Geupert hat nach einem Streit bei den Heidenheimer Piraten hingeschmissen. Damit ist auch seine Kandidatur im Wahlkreis Aalen-Heidenheim für die Bundestagswahl hinfällig.

 

Eine Meuterei konnte der einzelne Meuterer nicht anzetteln, dafür allerdings hat er die Heidenheimer Piraten mal wieder in stürmisches Fahrwasser getrieben. Vom Austritt Geuperts erfuhr der Kreisvorstand – wie könnte es bei der für Netzfreiheit einstehenden Partei anders sein – via Internet. In seinem Blog „dak1lla“ (gesprochen: Da Killer, Anmerkung der Redaktion) schreibt Geupert: „Ich mache es kurz: der Kreisverband braucht einen neuen Direktkandidaten und ich bin raus aus der Sache mit Heidenheim“. Als Grund gibt Geupert an, dass er für rassistische Äußerungen von Parteikollegen nicht den Kopf hinhalten wolle. „Da der Vorstand es versäumt hat zu reagieren, sehe ich mich gezwungen, als Konsequenz diesen letzten Schritt zu gehen“, schreibt Geupert in einer Stellungnahme. Er könne seine Kandidatur nicht guten Gewissens aufrecht erhalten, da er sich aufgrund der aktuellen Streitigkeiten nicht in der Lage sehe, im Wahlkreis auch in den Wahlkampf zu ziehen. Die Entscheidung sei nicht einfach gewesen, „da ich meine Partei, zu der ich nach wie vor stehe, belaste.“

 

Geupert hat seinen Wechsel zum Nachbar-Kreisverband Ulm/ Alb-Donau-Kreis beantragt. Seine Tätigkeit als Beisitzer im Piraten-Landesvorstand bleibt vom Heidenheimer Austritt unberührt.

 

Marco Geupert ist seit August 2009 Mitglied der Piratenpartei. Er kandidierte für sie bereits bei den Landtagswahlen 2011 und erhielt im Wahlkreis Heidenheim 2,6 Prozent der Stimmen. Im Juli schließlich kürten die Kreisverbände Heidenheim und Aalen den 30-Jährigen Steinheimer erneut zum Kandidaten, diesmal für die Bundestagswahl.

 

Der eigentliche Auslöser des Streits liegt bereits vier Wochen zurück. Nach der tödlichen Messerattacke auf einen 22-jährigen Heidenheimer hatten zwei Mitglieder der Piratenpartei im Internet-Netzwerk „Facebook“ ausländerfeindliche Äußerungen gepostet. Darauf sei er angesprochen worden, so Geupert. Daraufhin habe er den Vorstand aufgefordert, entsprechend zu reagieren. Einen Parteiausschluss hatte sich Geupert vorgestellt. Schließlich sei die Partei vorbelastet. Im Februar dieses Jahres hatte der Piraten-Kreisverband schon einmal die Blicke auf sich gelenkt, nachdem der frisch gewählt Kreisvorsitzende Kevin Barth antisemitischen Äußerungen geschrieben hatte. Die Beiträge waren zwar schnell wieder aus dem Internet gelöscht, der Empörungssturm hielt jedoch einige Zeit an.

 

Geupert hatte Barth erst kürzlich ausdrücklich in Schutz genommen, als er ihn in sein Wahlkampfteam berufen hatte: Der neue Pressesprecher genieße sein vollstes Vertrauen. Das gegenseitige Vertrauen hielt jedoch nicht lang: Barth hatte schon vor Geuperts Austritt die Zusammenarbeit gekündigt und ist laut Informationen unserer Zeitung aus der Piratenpartei ausgetreten. Mit den jüngsten Äußerungen hat er direkt nichts zu tun.

 

Eskaliert ist der Streit am Sonntag beim turnusgemäßen Stammtisch der Heidenheimer Piratenpartei in der „Radio Bar“, wobei Geupert nach einem heftigen Wortwechsel das Lokal verlassen haben soll. Kreisvorsitzende Gerda Schlaiss weist es zurück, nichts unternommen zu haben: Zum einen sei eine der beschuldigten Personen bereits aus der Piratenpartei ausgetreten, zum anderen habe sie vor einer Reaktion wissen wollen, unter welchen Umständen die ausländerfeindlichen Worte formuliert worden seien, die aus Facebook übrigens wieder gelöscht worden waren. „Es ist eine blöde Sache“, sagt Schlaiss. „Wir wollen für Inhalte stehen, nicht für Streitigkeiten.“

 

Ob die beiden Kreisverbände nach dem Rückzug Geuperts erneut einen Direktkandidaten stellen werden, ist laut Auskunft der Kreisvorsitzenden Gerda Schlaiss ungewiss. „Wünschenswert wäre es schon.“

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

"zum anderen habe sie vor einer Reaktion wissen wollen, unter welchen Umständen die ausländerfeindlichen Worte formuliert worden seien" Und was hätte das für einen Unterschied gemacht?! Für ausländerfeindliche Sprüche gibts keine Rechtfertigung, solange die Piraten das nicht kapieren sind sie unwählbar. So wird das nichts mir der Wahlalternative...

Gefallen sind die rassistischen Sprüche, wie der Artikel ja nahegelgt, im Kontext der tödlichen Messerstecherei in HDH vor einigen Wochen. Den Trauermarsch hatte übrigens auch (Ex?)-Pirat Kevin Barth angemeldet, nach eigenen Angaben guter Freund des Opfers Stefan E., der auch u.a. an diesem Angriff hier beteiligt war: https://linksunten.indymedia.org/de/node/62683.