Die sozialen Proteste erreichen die palästinensischen Autonomiegebiete

Die sozialen Proteste erreichen die palästinensischen Autonomiegebiete

Seit Tagen gehen tausende PalästinenserInnen in mehreren Städten, u.a. in Ramallah, Hebron, Jenin, Nablus und Bethlehem auf die Strasse. In Anspielung auf den Beginn des Aufstandes in Tunesien und Ägypten riefen sie: „Das Volk will die hohen Lebenskosten stürzen“. In den letzten Wochen hatten sich mehrere Palästinenser aus Verzweiflung über ihre soziale Situation selbst in Brand gesetzt.

 

Am Sonntag war 18-Jährige Junge Ehab Abu Nada gestorben, nachdem er sich drei Tagen zuvor in einem Krankenhaus in Gaza mit Benzin übergossen und angezündet hatte. Sein Vater erzählte in einem Interview, sein Sohn habe keine Arbeit finden können und die Familie habe nicht mehr gewusst, wie sie die Miete habe zahlen sollen.

In Ramalah hatten anderen Demonstranten einen Mann daran hindern können, sich selbst und seine kleine Tochter aus Verzweifelung auf einer Protestkundgebung anzuzünden. Er gab später an, er habe sich an das Büro des Ministerpräsidenten gewandt, weil er nicht gewusst habe, wie er die medizinische Behandlung seiner Tochter habe bezahlen sollen, dieses habe  ihn jedoch ignoriert.

Die Arbeitslosigkeit im Westjordanland liegt bei weit über 20 Prozent, im Gazastreifen sogar bei über 30 Prozent.

Alle Lebenshaltungskosten explodieren derzeit, vor wenigen Tagen waren die Preise für Kochgas um 12 Prozent, für Benzin um 6 Prozent erhöht worden, die Bustickets kosteteten über Nacht ein Drittel mehr.
Viele Angestellte der Autonomiebehörde von Präsident Abbas erhalten seit längerem kein Gehalt mehr, weil ein Staatsbankrott droht und allein im letzten Jahr über eine Milliarde Dollar geliehen werden mussten, um ausstehende Löhne zu zahlen. Zahlreiche arabische Staaten haben ihre Zuwendungen an die palästinensischen Autonomiegebiete radikal reduziert.

Aufgerufen zu den Protesten hatten jugendliche palästinensische AktivistInnen, mobilisiert wurde u.a. über soziale Netzwerke, so z.b. über den Facebook account "Palästinensische Jugend gegen Preiserhöhungen".

In Hebron verbrannten Demonstranten Puppen des Ministerpräsidenten Salam Fayyad und forderten seinen Rücktritt.

Auf Transparenten stand: "Nein zum Hunger" und "Nieder mit der Regierung der Schande".
Taxi- und Lastwagenfahrer blockierten in den letzten Tagen mehrmals wichtige Überlandsstrassen und die Zufahrten zu Regierungsgebäuden, die Busfahrer traten in einen kurzen, symbolischen Solidaritätstreik.

Abbas, der sich zur Zeit beim Treffen der arabischen Liga in Kairo aufhält, scheint die aufbrechenden sozialen Proteste sehr ernst zu nehmen. Er sprach in einer Erklärung selber "vom palästinensischen Frühling, der nun begonnen habe" und kündigte (natürlich) die Gründung einer Kommision an.

Die bisherige Strategie von Hamas und Fatah, alle gesellschaftlichen Widersprüche in Richtung Israel lenken zu können, scheint nicht mehr zu verfangen. Nach "Fuck Hamas. Fuck Israel. Fuck Fatah. Fuck USA“, scheint die Unzufriedenheit mit den etablierten Figuren nun breitere Teile der palästinensischen Gesellschaft erreicht zu haben.

Video:  http://youtu.be/HjElA_httEE

recherchegruppe aufstand

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danke für diesen bericht und eure tolle arbeit insgesamt!

gerne...!

al jazeera hat eine 25 minütige Reportage dazu im Programm, "Waiting for a Palastinian Spring? "

http://aje.me/Q8Ukje