Partei der Verschwörungsideologen

pdv

Da der PdV-Parteivorsitzende Oliver Janich in einem Offenen Brief an Journalisten vor dem Erstarken rechtsextremer und rechtspopulistischer Bewegungen warnt und dabei die Totalitarismus-Theorie heranzieht, will ich diesem kurz nachkommen. Die verschwörungsideologische und marktradikale „Partei der Vernunft“ bezeichnet sich selbst als libertär, ist aber eigentlich zwischen einem minimalstaatlichen Anarcho-Kapitalismus und den Reichsbürgern einzuordnen.

 

Als Journalist bei Focus Money verbreitete Oliver Janich in mehreren Kolumnen Verschwörungstheorien der selbsternannten „Klimawandel-Skeptiker“ und zu 9/11. Ebenfalls schlug er in einer Kolumne eine „Partei der Vernunft“ vor, welche er 2009 mitgründete. Als der Wirtschaftsjournalist in den Fokus von Ermittlungen wegen des Verdachts der Aktienkurs-Manipulation kam, wurde seine Kolumne bei Focus Money eingestellt. Seitdem publiziert Janich in dem rechtsoffenen und verschwörungsideologischen Kopp-Verlag und dessen Medien.

 

Am 6. Dezember 2010 stellte Janich zusammen mit dem Querfrontler Jürgen Elsässer, dem Herausgeber der neurechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“, Dieter Stein und der rassistischen Rapperin Dee Ex die erste Ausgabe des neurechten Politikmagazins Compact mit Sarrazin auf der Titelseite vor, Thema der Veranstaltung: „Sarrazin als Volksvertreter“.

 

Die PdV propagiert die Abschaffung des „Geldmonopols“ durch Zentralbanken und verlautbart in ihrem Grundsatzprogramm: „Bürger und Institutionen haben das Recht, aber nicht die Pflicht, sich zu sozialen Zwecken zusammenzuschließen. Niemand darf also gezwungen werden, einer solchen Sozialgemeinschaft beizutreten oder sie zu finanzieren.“ […] „Jegliche direkte Eingriffe in das Eigentum, wie direkte Steuern (zum Beispiel Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer, Abgeltungsteuer) sind verboten. Der Staatshaushalt ist ohne Neuverschuldung zu finanzieren. Hoheitliche Aufgaben dienen allein dem Schutz des Lebens, der Freiheit und des Eigentums und werden durch indirekte Steuern finanziert.“ Dies würde in der Umsetzung wohl die Abschaffung der Sozialversicherungen, des öffentlichen Bildungs- und Gesundheitswesens sowie des gesamten Sozialstaates bedeuten.

 

In München demonstrierte die PdV zusammen mit der NPD und den Freien Wählern gegen den ESM. Inzwischen ermahnt die Bayerische SPD die Freien Wähler ihren Kurs zu ändern, da diese sonst wegen ihrem Rechtspopulismus nicht mehr als Koalitionspartner in Frage komme. Wie mit dem Problem umgegangen wird, dass die PdV die Demo gegen INDECT am 28. Juli in München mitorganisiert, wird dort gerade diskutiert. Nachdem „Echte Demokratie Jetzt“ Berlin sich ausdrücklich von der PdV distanzierte, läuft diese Diskussion aktuell bei EDJ München. In Mannheim wurden Mitglieder der Partei der Vernunft erst gar nicht in die Demo-Orga gelassen. Attac, Die Linke und die Piraten haben sich wiederholt von der PdV distanziert und lehnen jede Zusammenarbeit ab. Allerdings waren die Piraten damit einverstanden, dass die Anti-INDECT-Demo am Samstag in Dormund von der PdV-Werbefigur Igor Ryvkin alias Igor Riffking angemeldet wurde.

 

Aus der PdV heraus wurde das „Aktionsbündnis Direkte Demokratie“ (ADD) initiiert, dass in Baden-Württemberg eine Sammelbewegung aus markliberalen und nationalchauvinistischen Initiativen, Gruppen und Parteien darstellt und zur bürgerlichen „Revolution“ aufruft.

 

Ehemalige Mitglieder der „Partei der Vernunft“ sind inzwischen bei den Reichsbürgern gelandet. Bekennende Mitglieder der PdV fielen in einem Thread über Verschwörungstheorien auf der Facebookseite von „Netz gegen Nazis“ wegen beleidigenden und abwertenden Äußerungen gegenüber arbeitslosen Menschen auf sowie wurde der Holocaust relativiert. Kritik wird pauschalisiert als „Nazikeule“ abgewehrt und Kritiker verschwörungsideologisch als Helfer der „Blockparteien“ oder der „Bilderberger“ bezeichnet.

 

Im ersten PdV-Parteiprogramm standen die Forderungen nach der Abschaffung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (Antidiskriminierungsgesetz) und nach restriktiveren Einbürgerungsregelungen. Angesichts der Debatte um Tilo Sarrazin gab die Splitterpartei eine Pressemitteilung voller rechtspopulistischer Formulierungen heraus. Auf der PdV-Homepage ist ein Text mit einem rassistischen Absatz aus dem neurechten Monatsmagazin „eigentümlich frei“ (ef) übernommen.

 

Weitere Infos:

 

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Zensur, Beleidigungen und ein versuchter Hackerangriff: Eine Demo-Anmeldung der “Partei der Vernunft” hat in Dortmund zu einem heftigen Streit innerhalb der Piratenpartei und dem Hackernetzwerk Anonymous geführt. Die verschwörungsideologische und marktradikale Splitterpartei PdV versucht in mehreren Städten, beim Protesttag gegen das Überwachungsprogramm INDECT am 28. Juli mitzumischen.

 

Von Roland Sieber

 

Als die Antifaschistische Informationsstelle München (a.i.d.a.) am Samstag davor warnte, dass Rechtspopulisten bei den Münchener Protesten federführend sind, löste dies Diskussionen innerhalb von „Occupy/EDJ München“ aus. Dort meldete der bayerische PdV-Landesgeschäftsführer Dominic Titus den Protestzug gegen das EU-Überwachungsforschungsprojekt an. Damit hat die Anonymous-Zelle München laut einem Statement auf Facebook keine Probleme. Allerdings ist das Hackernetzwerk sehr uneins in dieser Frage. Der Protesttagsamstag ist eine Initiative von europäischen Piratenparteien und wird vor Ort von vermeintlichen Anonymus-Gruppen unterstützt, doch so genau weiß das niemand bei dem eigentlich anonymen Zusammenschluss.

 

In Dortmund ist Igor Ryvkin der Demoanmelder. In einem Werbevideo wird er als einer der „Köpfe der pdv“ vorgestellt. Auf seinen Facebookprofil verbreitet er Verschwörungsideologien von Infokrieg.tv und Artikel aus dem neurechten Monatsmagazin „eigentümlich frei“ (ef). Aber auch, dass der Nationalsozialismus eine linke Bewegung war und die Nazis in der heutigen Form als „Antifa“ wieder da seien, propagiert er. So wundert es nicht, dass er ein Video mit Marc Doll, dem stellvertretenden Parteivorsitzendem der „Freiheit“ bei der „Reaktivierung“ der „Weißen Rose“ gegen den „Linksextremismus“ bewirbt.

 

Nachdem am Dienstag von den Gruppengründern Dutzende kritische Kommentare in der Orgagruppe Dortmund auf Facebook gelöscht und zu Hackerangriffen gegen den Blog Politblogger.eu aufgerufen wurde, ging die Diskussion auf dem Piratenpad und Twitter erst richtig los. Am Mittwoch mischten sich auch die „Antifaschistischen Piraten“ und der NRW-Landtagsabgeordnete Robert Stein in die Diskussion ein.

 

In Mannheim hingegen haben die Demoorganisatoren die Partei des Verschwörungsideologen von vorneherein aus dem Vorbereitungsteam herausgehalten. Dort wollte eigentlich der PdV-Regionalverbandsleiter Rhein-Neckar mitmischen, die Grüne Jugend und der Piratenkreisverband waren allerdings vorgewarnt.

 

In München gehen die Auseinandersetzungen derweil weiter: @pirantifa meldete am Mittwochnachmittag, dass es jetzt keine Rechtspopulisten mehr auf der Demovorbereitung in München gäbe. Diese wird unterstützt von der Humanistische Union, der ÖDP, der AK Vorratsdatenspeicherung, der Linkspartei und den Piraten. @AnonBY widerspricht dem, setzt sich für die PdV ein und schimpft auf a.i.d.a und Antifa.

 

Die verschwörungsideologische und marktradikale „Partei der Vernunft“ bezeichnet sich selbst als libertär, scheint politisch aber zwischen einem minimalstaatlichen Anarcho-Kapitalismus und den Reichsbürgern zu stehen.

 

Quelle mit Screenshots: publikative.org, 26.07.2012

Ich bin Pirat. Ich bin Antifaschist. Daher wollte ich an der Demo gegen INDECT in Köln teilnehmen. Lisa, die Veranstalterin von den Kölner Piraten beantwortete meine Anfrage, ob ich als Mitveranstalter eingetragen werden kann, mit den Worten: „Nee Antifa geht gar nicht.“ Weiterlesen...

Und wenn du nicht nur den Anfang hierherkopiert hättest, dann stünde jetzt wenigstens noch hier der komplette Name.

Da ist ein Link zum kompletten Blogbeitrag.... oder hier klicken!

 

Daraufhin wurde ich Opfer von Anonymous Dortmund, wurde als Linksfaschist beschimpft und persönliche Daten von mir ins Netz gestellt, so z.B. meine Telefonnummer, die Adresse meiner Schule oder auch Bilder meiner Verwandten.

 

Dieses Vorgehen sei für Anons keineswegs untypisch und treffe so ziemlich jeden, der eine andere Meinung vertritt, versicherte mir Lisa, und stellte Racoon, einen der Täter, der Mitveranstalter der Demo in Dortmund ist, an den Pranger, jedoch wurden ihre Beiträge auf der Dortmunder Veranstaltungsseite leider mehrfach gelöscht.

 

Derweil nutzten einige Anons und PdVler die Situation, um ihr verzerrtes Weltbild offenzulegen, indem sie z.B. Erika Steinbach zitierten („Die NSDAP war eine linke Partei“), Sozialismus mit Faschismus gleichsetzten und, als ich sie daraufhin als rechtsoffene Faschisten bezeichnete (was sie in meinen Augen auch nach wie vor sind), behaupteten, sie seien Anarchisten.

 

Schon echt krass, dass Dortmunder Anons Anti-Antifa-Arbeit machen.

Meine Güte, welche Qualität dieser Beitrag hat, zeigt sich schon daran, dass vom "minimalstaatlichen" Anarchokapitalismus fabuliert wird. Man hätte sich wenigstens mal die "Mühe" machen können, Wikipedia aufzusuchen. Anarchokapitalisten sind jene Libertäre, die gerade keinen "Minimalstaat" wollen, sondern die Überwindung der gewaltsamen Herrschaft von Menschen über Menschen, also vor allem die Überwindung des Staates. Sonst würde das "Anarcho" auch keinen Sinn machen. Und auch "Kapitalismus" definieren die Damen und Herren Anarchokapitalisten ganz anders als beispielsweise Marx und die leider viel verbreiteteren Vulgärmarxisten, die Marx kaum gelesen und noch weniger verstanden haben. Im Unterschied zu Vulgärmarxisten hatte Marx ja nichts gegen einen freien Markt. Den hat er schließlich gar nicht kritisiert, weils den bisher auch noch nicht gegeben hat.

Was die PdV angeht: An der gibt's - wie an jeder Partei - 'ne Menge zu kritisieren. Das wird hier abder gar nicht gemacht, sondern antiaufklärerisch Namedropping betrieben und nach der Strategie "Guilt by association" verfahren. Das ist reaktionär und im schlimmsten Sinne "deutsch". Angewendet auf die Antifa müsste man viele Antifa-Gruppen, die z.B. mit herrschenden Parteien demonstrieren, dann natürlich auch für die Positionen und Politik (Kriege, Umverteilung von unten nach oben, restriktive Migrationspolitik, restriktive Drogenpolitik etc.) dieser Parteien verantwortlich machen.

Also bewegt sich die PdV zwischen den libertären Minimalstaatlern und den Reichsbürgern? Der hessische Landesverband war so freundlich seine Ideologie offen zu legen (auch wenn wegen der "Außenwirkung" noch der bayerische Landesgeschäftsführer sowie der Parteivorsitzende eingriffen):

 

PdV zu Occupy FFM 1PdV zu Occupy FFM 2

 Siehe auch zu Dortmund und Köln: Anti-Antifaschisten bei Anonymous?