28.6. Bibliser Nazi verurteilt//Grußkarte "Wir haben dich nicht vergessen!" von Linksradikalen bekommen ... Richter sprach von "Ironie"
Der von AntifaschistInnen in der Nacht zum 24.12.2010 bereits geoutete Nazi Florian Weißbarth wurde vom Amtsgericht Bensheim erneut zu Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Es handelt sich bereits um die zweite Verurteilung innerhalb eines Jahres. Diesmal ging es u.a. um rechten Schmierereien in seiner Heimatstadt. Am 29.6. erschien im Starkenburger Echo folgenderArtikel:
BENSHEIM.
Der Angeklagte räumte gestern alle Vorwürfe der Staatsanwaltschaft ein,
zu denen Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und versuchte Nötigung
gehörten. Zwischen Januar 2010 und September 2011 hatte der Bibliser
Parolen der rechtsextremen Gruppierung „Nationale Sozialisten Ried“ an
eine Bahnunterführung, die Friedhofsmauer und eine Lärmschutzwand in
Biblis gepinselt. Richter Rainer Brakonier glaubt, die Gemeinde werde
sich nun an den Täter wenden, der den Schaden ersetzen muss.
Auf dem
Weg zu einer Demonstration in Frankfurt stellte die Polizei bei dem
Bibliser außerdem Pfefferspray sicher. Kurz zuvor hatte er gemeinsam mit
einem anderen jungen Mann Aufkleber gegen „Fremdarbeiter“ an einer
Schule verteilt.
Der Mittäter sagte später gegenüber der Polizei aus,
worauf sich der Bibliser via Internet-Chat mit der Forderung an ihn
wandte, dies zu lassen – „sonst setzt es was“. Was der Beschuldigte vor
Gericht als „rauen Umgangston“ abtat, geschah bei laufender Bewährung in
einem Fall, der die Bedrohung als durchaus buchstäblich erscheinen
ließ.
Vor knapp einem Jahr wurde er vom Landgericht Darmstadt zu
sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, weil er einem Mann mit
zwei Faustschlägen Nasenbein und Orbitalboden, einen Gesichtsknochen,
gebrochen hatte. Deshalb musste er bis Januar 2012 eine elektronische
Fußfessel tragen.
Das Bensheimer Urteil erfolgte nun separat von dem
des Landgerichts, vor allem um die zivilrechtlichen Ansprüche des Opfers
in Höhe von 7000 Euro zu wahren. „Da wird er noch jahrelang bezahlen
müssen“, sagte Richter Brakonier über den Bibliser, der gerade eine
Ausbildung macht. „Noch eine Chance kriegen Sie nicht“, erklärte
Brakonier zur Mindeststrafe auf Bewährung. Wenn er erneut etwas
anstelle, müsse er mindestens sieben plus sechs Monate in Haft.
Noch
jemanden hatte der Bibliser bedroht: indem er ihn als „Volksfeind“ auf
der Internet-Seite der „Nationalen Sozialisten Ried“ unter Angabe
persönlicher Daten anprangerte. „Es war ein Riesenfehler“, sagte er vor
Gericht. Er selbst sei zwischenzeitlich selbst Opfer Linksradikaler
geworden, die ihm eine Grußkarte mit der Aufschrift „Wir haben Dich
nicht vergessen“ geschickt hätten. Richter Brakonier sprach von
„Ironie“.
Rechtsanwalt Christian Kunath sagte über seinen
Mandanten: „Er ist geläutert.“ Lob gab es vom Verteidiger für die
Staatsanwaltschaft, weil diese „die Delikte nicht politisiert“.
Tatsächlich betonte auch der Richter in der Urteilsbegründung: „Wir sind
hier nicht im Gesinnungsstrafrecht.“ Alles müsse aber im Rahmen von
Grundgesetz und Strafgesetzbuch bleiben. Die Taten des Biblisers seien
„mehr oder weniger jugendliche Dummheiten“. Ob „I love you“ oder
„Rotfront verrecke“ – „Sachbeschädigung ist Sachbeschädigung“.
Nun
hatte der Angeklagte selbst von seinem „Umfeld“ gesprochen, von dem er
sich nur teilweise distanziert habe. Der Bibliser nannte in diesem
Zusammenhang gewalttätige Skinheads, sagte aber: „Meine Weltanschauung
möchte ich weiter zum Ausdruck bringen.“ Aber nicht um
Ausländerfeindlichkeit gehe es, sondern um soziale Themen, etwa
„Nahverkehr“.
Experten verfolgen mit Sorge die Tendenz, bei Taten
junger Menschen mit rechtsradikaler Unterfütterung den politischen
Akzent zu ignorieren. Für sie ist es zweifelhaft, ob das der Brisanz der
Fälle gerecht wird, die in ihrer Gesamtschau das Bild einer stabilen
rechten Szene ergeben.
Florians Outing:
Zeitungsartikel
Liebe AutorInnen,
Wir haben den Text ins Pressearchiv verschoben, da er fast nur aus einem Presseartikel besteht. Wenn ihr einen eigenen Artikel dazu schreibt, kommt der natürlich auch (wenn er lang genug ist) in die Mittelspalte.