Landgericht Karlsruhe: Demonstrationen gehören den Demonstranten

Kampagne 19.Mai

Mit einem Freispruch endete der Berufungsprozess gegen den Anmelder einer Demonstration am 19. Mai 2007 in Karlsruhe. Das Urteil des Landgerichts Karlsruhe hob damit die erstinstanzliche Verurteilung von 60 Tagessätzen beim Amtsgericht auf.

 

Der Angeklagte sollte für Auflagenverstöße der DemonstrationsteilnehmerInnen verantwortlich gemacht werden, obwohl er sich für die Einhaltung der Auflagen einsetzte. Letztlich betonte auch der Richter, dass nicht zu beurteilen ist, wie sehr sich ein Versammlungsleiter bemühen muss oder wie erfolgsversprechend diese Bemühungen sind, um seinen Verpflichtungen der Erfüllung der Auflagen nachzukommen. Richter Kleinheinz stellte in der mündlichen Urteilsbegründung fest: "Eine Strafbarkeit kann nicht davon abhängig gemacht werden, ob er sich durchsetzen kann." Auch das Grundrecht hatte er im Blick: "Eine Verantwortlichmachung würde dem Grundgedanken der Demonstrationsfreiheit widersprechen."

 

Rechtsanwalt Martin Heiming zeigte sich erfreut: "Ich bin sehr zufrieden mit dem Urteil und recht zufrieden mit der mündlichen Urteilsbegründung, da der Richter sehr schön deutlich gemacht hat, dass die Bestrafung des Versammlungsleiters für Auflagenverstöße der Teilnehmer nach den Regeln der juristischen Kunst doch recht schwierig zu begründen ist. Die logische Konsequenz, dass genau deswegen das Versammlungsgesetz dies auch auch gar nicht vorsieht, wollte er aber nicht ziehen." In seinem Plädoyer betonte er auch den hohen Stellenwert des Versammlungsrechts als konstituierendes Merkmal der Demokratie. Dabei kritisierte er dessen laufende Einschränkung durch meist unbegründete Auflagen und die oft massive Polizeipräsenz: Mit "Demonstrationen gehören den Demonstranten" brachte er die Aussage auf den Punkt.

 

Die Beweisaufnahme brachte zwei gegensätzliche Wahrnehmungen der Demonstration und des Verhaltens des Anmelders zu Tage. Auf der einen Seite berichteten die Zeugen der Polizei von einem wenig erfolgsversprechenden Bemühen des Anmelders um einen friedlichen Verlauf der Demonstration. Teilnehmer und eingesetzte Ordner der Demonstration sprachen dagegen von einem kontinuierlichen Einwirken auf die Demonstration und hohem Einsatz des Anmelders, um die Auflagen einzuhalten. Staatsanwalt Walter begründete seinen Antrag auf Verurteilung zu 90 Tagessätzen mit den Aussagen der Polizeizeugen, der Angeklagte hätte sich zu wenig bemüht. Damit machte er eine straffreie Ausübung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit von der subjektiven Einschätzung der polizeilichen Einsatzleitung abhängig.

 

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SWR-Studio Karlsruhe Regionalnachrichten

Redaktion: Rebecca Müller

Letzte Aktualisierung: 06.07.2012, 09.30 Uhr

Karlsruhe Freispruch für Demonstrations-Anmelder

Der Berufungsprozess gegen den Anmelder einer Demonstration im Mai 2007 in Karlsruhe ist mit einem Freispruch zu Ende gegangen. Das Landgericht hat die Verurteilung durch das Karlsruher Amtsgericht aufgehoben. Der 30-jährige Mann war zu 60 Tagessätzen verurteilt worden, weil es bei einem Protestmarsch durch Karlsruhe, den er angemeldet hatte, zu Ausschreitungen gekommen war. Der Richter am Landgericht hat dem Kläger jetzt recht gegeben: Ein Anmelder einer Demonstration könne nicht für die Vergehen der Teilnehmer verantwortlich gemacht werden. Das widerspreche dem Grundgedanken der Demonstrationsfreiheit.

Unter dem Titel "Na endlich! Freispruch für einen Versammlungsleiter" hat Elke Steven vom Kommittee für Grundrechte einen sehr guten Kommentar zum Prozessausgang geschrieben.