Am 17. April gab es in Freiburg linke Aktionen gegen eine AbtreibungsgegnerInnendemo und gegen die Räumung des besetzten Hauses in Erfurt. Nachmittags wurde ab 17 Uhr der Aufmarsch der Piusbrüderschaft von etwa 50 Linken behindert. Dennoch konnten die erzkonservativen mit über 100 Leuten durch die Innenstadt demonstrierten. Gestört wurden sie durch Sprechchöre, Kondomwürfe und Transparente wie "fickt euch lieber" und "Kein Gott - Kein Staat - Kein Vaterland". Nach einigen Rangeleien nahm die Polizei die Personalien von einigen AktivistInnen auf.
Am frühen Abend demonstrierten etwa 70 Autonome in Solidarität mit dem geräumten Topf Squat in Erfurt. Die kleine kraftvolle unangemeldete Spontandemo zog ab kurz vor Acht eine Stunde lang kreuz und quer mit Musik, Redebeiträgen und Transpi durch die Innenstadt, begleitet von etwa 30 angespannten Bullen. Zum Ende der Demo gab es noch einen "Banner drop" von der Brücke der leerstehenden Unibibliothek und ein paar Pyros.
Piusbruderschaft | Flugblatt | Spontandemo für Erfurt | Ticker | Presse | Ergænzungen
Piusbruderschaft zur Hölle
Ab 17 Uhr versammelten sich über 100 AnhängerInnen der rechten KatholikInnen-Gruppierung Piusbruderschaft vor der Pro-Familia Stelle nahe des Freiburger Martinstors.
Die Route wurde relativ schnell von etwa 40 Linken mit Transparenten blockiert. Während die Piusbrüder immer wieder sangen und Schweigeminuten durchzuführen probierten, gab es lautstarken Protest gegen die antisemitischen Christen. Nach einigen Rangeleien und sukzessiven Blockaden des Aufmarsches auf der KaJo griff die Polizei auf dem Rathausplatz hart durch, erteilte Platzverweise und kontrollierte "StörerInnen". Die Piusbrüder hielten noch eine Abschlusskundgebung auf dem Kartoffelmarkt, unter verstärktem Schutz von Polizeieinheiten.
Flugblatt gegen die Piusbruderschaft
Piusbrüder zur Hölle!
Heute, am 17. April 2009, plant die erzkonservative und rechtsradikale Piusbruderschaft unter dem Motto „Wider den Mord an den Ungeborenen“
durch die Freiburger Innenstadt zu marschieren.
Die Piusbruderschaft möchte heute den „Kreuzweg der Ungeborenen“ abschreiten, um Frauen ihr Recht auf Abtreibung abzusprechen.
Zudem bieten die selbsternannten „Lebensschützer“ der Piusbruderschaft Raum für Antisemitismus und Holocaustleugnung, Sexismus und Homophobie. Kurz gesagt, es handelt sich um einen reaktionären, antiemanzipatorischen Haufen.
Die Bruderschaft meldet sich regelmäßig in einschlägig rechtsradikalen Medien zu Wort, lobte faschistische Diktatoren, wie Pinochet in Chile und Franco in Spanien, sowie den französischen Nazikollaborateur Pétain.
Erst Anfang des Jahres war der Piusbruder Williamson, der seit Jahrzehnten den Holocaust leugnet, in den deutschen Medien präsent. Williamson bestreitet die Vergasung von Juden in Auschwitz und ist der Meinung, der Holocaust sei eine Erfindung der Juden, um die Anerkennung des Staates Israels zu erpressen.
Treffend für die frauenfeindlichen und antiemanzipatorischen Ansichten der Bruderschaft ist folgendes Zitat des Piusbruders Schmidberger:
“Wir brauchen heute Männer, die Männer sein wollen, Frauen die Frauen sind und Frau sein wollen, das heißt Gehilfin des Mannes und Mutter der Kinder.”
Homosexualität gilt bei den Brüdern und bei der katholischen Kirche generell als “Perversion” und Sünde. Die Piusbruderschaft organisiert Gegenproteste zum Christopher Street Day und erklärt:
“Der Umzug und seine Teilnehmer zeigen ein Verhalten, das dem Menschen nicht angemessen ist, eine moralische Umweltverschmutzung”
Am Schwangerschaftsabbruch manifestiert sich auf besonders deutliche Weise das patriarchale (männerdominierte) Gesellschaftssystem, in dem wir leben. Dieses versucht immer noch, Frauen ihr Selbstbestimmungsrecht zu entziehen und sie in die gewünschten “frauentypischen” Rollen zu drängen. Hinter dem Versuch, Abtreibung mit Mord gleichzusetzen, steckt der Wunsch, ganz konkret über die Körper und das Leben von Frauen entscheiden zu können.
Wir sind der Meinung, dass jede Person
das Recht hat, selbst zu bestimmen, was mit ihrem Körper passiert. Nur
eine schwangere Frau kann beschließen, ob sie die Schwangerschaft
abbricht oder nicht. Sie allein hat das Recht über ihren Körper und ihr
Leben zu entscheiden.
Abtreibung verteufeln und gleichzeitig
den Holocaust relativieren? “Leben schützen” und zugleich Massenmord
verharmlosen? Ein markantes
Beispiel dafür, wie diese scheinbare Menschenfreundlichkeit in diesem Widerspruch ihr eigentliches Gesicht zu erkennen gibt.
Gegen jeden Antisemitismus und Sexismus!
Gegen selbsternannte “LebensschützerInnen” und Fundamentalismus!
Für eine emanzipatorische Gesellschaft!
Für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen!
Flyer zum Download als PDF (567kb)
Spontandemo fürs besetzte Haus in Erfurt!
Ab halb acht versammelten sich nun etwa 40 Autonome im Grün um gegen die Räumung des besetzten Hauses in Erfurt zu protestieren. Gegen 20 Uhr startete die Demo über die Belfortstraße und den Rotteckring in Richtung Innenstadt. Lest den Ticker weiter unten...
Flugblatt: Solidarität mit dem geräumten Topf-Squat in Erfurt
Besetztes Haus Erfurt geräumt! Solidemo jetze!
Am Donnerstag, dem 16. April 2009, wurde das besetzte Haus auf dem ehemaligen Topf&Soehne Gelände in Erfurt ab 5:50 Uhr morgens von Hundertschaften der Polizei geräumt.
Schwerbewaffnete Sondereinheiten der Polizei stürmten aus zwei "zivilen" Transportern, um das Gelände von verschiedenen Stellen einzunehmen und die friedliche Sitzblockade vor dem Eingang aufzulösen. Bereitschaftspolizei umstellte das Areal, während auf der Hauptverkehrsstraße die erste Barrikade brannte. Von zwei Hubschraubern seilten sich Spezialkräfte auf die Dächer mehrerer Gebäude ab. Auf dem Giebeldach eines besetzten Hauses hatten sich zwei BesetzerInnen angekettet. Auch im oberen Stockwerk befanden sich mehrere AktivistInnen, die in einem Betonklotz befestigt waren. Die Räumung, bei der die BeamtInnen auch Tränengas einsetzten, dauerte bis zum späten Vormittag. Die Presse berichtet von 60 Festnahmen im Laufe des Vormittags. Auf Nachfrage wurden die BesetzerInnen bis zum Abend nicht freigelassen.
Seit der Räumung wurde mit dem Abriss der verbleibenden Gebäude begonnen. Am Abend des 16. April demonstrierten über 600 Autonome in Erfurt. In verschiedenen Städten kam es zu solidarischen Aktionen und Krawall. Am heutigen Freitag, dem 17. April, gibt es unter anderem in Köln, Leipzig und Freiburg Solidaritätsdemos für die Erfurter BesetzerInnen.
Seit 2001 Jahren bot das Projekt "Topf-Squat" Raum für emanzipatorische Kultur und Politik in Selbstverwaltung. Zudem wohnten hier 30 überwiegend junge Leute, die den Leerstand umfunktionierten und in Gebäuden und Bauwägen auf dem Areal lebten.
Auch nahmen die BesetzerInnen die Aufarbeitung der Geschichte des ehemaligen Areals der Firma "Topf&Soehne", auf dem im Nationalsozialismus Krematorien der Nazis gefertigt wurden, selbst in die Hand. So fanden öffentliche Führungen mit Informationen zum geschichtlichen Hintergrund der Örtlichkeit statt.
Über eine Ewigkeit streckte sich der Konflikt um den linken Treffpunkt für Subkultur und linksradikale Politik. Mangels annehmbarem Ersatz und unkooperativer Behörden weigerten sich die BewohnerInnen, einem Räumungsbescheid nachzukommen. Nun wird das "aufzuwertende" Areal, auf dem kapitalistische Verwertung etabliert werden soll, dem Erdboden gleich gemacht.
Der Kampf geht weiter! Für mehr Freiräume in Erfurt und überall! Geschichtsschreibung nicht den KapitalistInnen überlassen!
Solidarisch in die Zukunft!
Mehr Infos:
http://linksunten.indymedia.org/node/4825
http://riotdefendtopfsquat.blogsport.de/
http://wirbleibenalle.blogsport.de/
http://haendeweg.blogsport.de/
http://www.topf.squat.net/
Solisponti in Freiburg: Freitag, den 17. April, 19 Uhr, Adlerstraße
Flyer zum Download als PDF (595kb)
Ticker der Solidemo für die Erfurter BesetzerInnen
18:45
[Freiburg] Von mehreren Personen (ca. 10) wurden die Personalien aufgenommen und zum Teil wurden Innenstadtverbote verhängt. Die Platzverweise gelten bis zum Ende der Veranstaltung der Piusbrüder
19:13
[Freiburg] Nach Informationen des EA ist eine Person noch im Revier Nord, Zweck Feststellung der Personalien.
19:42
[Freiburg] Die Piusbrüder sind immer noch bei ihrer Abschlusskundgebung am Kartoffelmarkt
19:45
[Freiburg] Die Solidemo für das geräumte Haus in Erfurt beginnt in etwa 10 Minuten in der Adlerstrasse
19:53
[Freiburg] Die Solidemo für Erfurt läuft jetzt mit etwa 30-40 Personen vom Grün Richtung Innenstadt, begleitet von vielen Bullen
19:59
[Freiburg] Die Demo startete mit runterzählen und wurde in der Bertoldstrasse von Bullen gestoppt, erste Rangelein, unentspanne Atmosphäre, mehr Bullen als DemonstrantInnen
20:06
[Freiburg] Die Demo geht jetzt vom Münsterplatz in die Schusterstrasse, sehr gute Stimmung und sehr viele Bullen
20:08
[Freiburg] Die Demo wird immer größer, es schließen sich auch viele PassantInnen an
20:17
[Freiburg] Die bei der Demo gegen die Piusbrüder in Gewahrsam genommene Person ist inzwischen wieder frei
20:20
[Freiburg] Die auf 70 Personen angewachsene, laute Demo läuft durch das Martinstor in die Rempartstraße. Die Bullen sind mit dem zum NATO-Gipfel neu eingeführten, starken Pfefferspray bewaffnet
20:28
[Freiburg] An der UB-Brücke wurde ein Transpi befestigt: "Der Angriff auf die "KTS" in Erfurt ist ein Angriff auf alle Kulturzentren - Solidarität!!!"
20:31
[Freiburg] Die Demo ist im Grün angekommen, es wurde ein Bengalo gezündet, gute Stimmung, die Bullen ziehen sich zurück
21:10
[Freiburg] Es wurde noch ein weiterer Bengalo gezündet. Die Demo hat sich inzwischen aufgelöst, die Leute gehen nach Hause.
Kein Tag ohne Autonomes Zentrum!
Presse
Badische Zeitung Online am 17.04.2009
Mehrere Festnahmen
Linke Szene stört Demo von Abtreibungsgegnern
Zu Zwischenfällen ist es am Freitagabend bei einer Demonstration in der Freiburger Innenstadt gekommen. Mitglieder der Linken Szene störten einen Protestzug von Abtreibungsgegnern.
An der Demonstration waren auch Patres der umstrittenen Priesterbruderschaft Pius X. teil dabei. Nach Angaben der Polizei ist es im Laufe des Abends zu mehreren Festnahmen von Störern gekommen. Die genaue Zahl konnte die Polizei kurz nach Ende der Demonstration noch nicht nennen. Die Festnahmen von Gegendemonstranten hat es auf der Kaiser-Joseph-Straße im Bereich der Franziskanergasse gegeben. Den etwa 100 Abtreibungsgegnern standen rund 50 Störer entgegen. Die Polizei verstärkte während des Zuges ihre Einsatzkräfte. Ein größere Aufgebot an Beamten begleitete den Zug zum Kartoffelmarkt.
Von Anfang hatte es Schwierigkeiten gegeben. Die laut Polizei angemeldete Demonstration konnte sich zunächst gar nicht in Bewegung setzen, weil nahe dem Martinstor an der Humboldtstraße die Vertreter der linken Szene den Zug blockierten. In den Reihen der Abtreibungsgegner standen - erkennbar an der schwarzen Priesterkleidung - Pater der erzkonservativen und umstrittenen Pius-Brüder, gegen die sich die Proteste der linken Szene offensichtlich richteten. Neben Transparenten mit Botschaften wie "Abtreibung ist Mord" führten die Demonstranten auch ein Kreuz mit sich.
Mehrfach forderte die Polizei die Blockierer per Megafon auf, den Weg freizugeben - lange Zeit ohne Erfolg. Daraufhin holte die Polizei Verstärkung herbei. So konnten die Abtreibungsgegner vom ultrakonservativen katholischen Flügel dann doch noch singend und betend durch die Fußgängerzone. Die Kundgebung endete störungsfrei - mit dem Absingen von Kirchenliedern und der Nationalhymne.
Solidemo in Karlsruhe am 25.4.
In Karlsruhe wird es eine Soli-Demo mit dem gewaltsam geräumten besetzten Haus in Erfurt und autonomen Projekten überall geben:
Samstag, 25.04.09 - 16h - Karlsruhe
http://nextsteffi.myblog.de
Lindenberg: Farbbeutel beschädigen Hauswand
Mit zwei Sachbeschädigungen muss sich die Lindenberger Polizei seit dem Wochenende beschäftigen: In der Nacht zum Sonntag hat ein Unbekannter in Kellershub eine ganze Hauswand mit mehreren Farbbeuteln beworfen. Außerdem wurde in der Nähe eines Schnellimbisses in Lindenberg die Glasscheibe eines Werbefensters eingeschlagen.