Wenn ein "sozialistischer" Parlamentspräsident einen faschistischen Putsch nicht verurteilt

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Ausgerechnet der "sozialistische" spanische Parlamentspräsident empört die Franco-Opfer. In seiner Rede zum 75. Jahrestag des Militärputschs schaffte es Jose Bono nicht einmal den Putsch gegen die spanische Republik und die Diktatur zu verurteilen. Er setzte Täter und Opfer gleich.

 

Die Opfer der Franco-Diktatur haben den spanischen Parlamentspräsident heftig angegriffen. Die "Vereinigung für die Rückgewinnung zur historischen Erinnerung" (ARMH) hat in einer Erklärung dem "Sozialisten" (PSOE) José Bono vorgeworfen, dass "einer der höchsten Amtsträger im Staat" die Opfer der Diktatur "verachtet". Konkret geht es um dessen Rede zum 75. Jahrestag des Militärputschs, als sich Bono zu den Vorgängen äußerte, die Spanien in einen blutigen Bürgerkrieg stürzten und dem Land eine fast vier Jahrzehnte andauernde Diktatur bescherte. 


Der Parlamentspräsident hielt es nicht einmal für nötig, den Militärputsch zu verurteilen. Die Franco-Opfer empören sich zudem darüber, dass auch die Opfer des Putschs und der Diktatur nicht erwähnt wurden und weiter "nicht tolerierbar an den Rand gedrängt werden". Zudem fühlt sich die Opfervereinigung betrogen. "Der Betrug des Parlamentspräsidenten ist unverständlich, denn er hatte versichert, einen Text vorzubereiten, um den Staatsstreich von General Franco am 18. Julie 1936 zu verurteilen."


Das hatte Bono versprochen, nachdem die Vereinte Linke (IU) im Parlament gefordert hatte, diesen Jahrestag nicht erneut verstreichen zu lassen. Auch die ARMH hatte sich in einem Brief an Bono gewandt, damit endlich das Parlament Putsch und Diktatur verurteilt. Denn das ist auch 36 Jahre nach dem Tod des Diktators im Plenum noch nicht geschehen. 2002 kam es lediglich in der Verfassungskommission zu einer Verurteilung.

 

Die Opfer in Spanien sind einiges gewohnt, denn noch heute liegen mehr als 100.000 Opfer in Massengräbern. Eine historische Anerkennung oder Entschädigungen hat es nie gegeben, während die Täter straffrei blieben. Ein von den Sozialisten geplantes Gesetz zur "Wiederherstellung der historischen Erinnerung" wurde auf Druck der oppositionellen Volkspartei (PP) zu einem "Gesetz zur Anerkennung und Ausweitung der Rechte der Opfer des Bürgerkriegs und der Diktatur" verwässert. Es stellt nicht einmal die Öffnung der Massengräber sicher.

 
Unklar ist auch, ob die PP sich einer Verurteilung angeschlossen hätte. Die von Manuel Fraga gegründete Partei, Minister der Franco-Diktatur und bis heute Ehrenmitglied, hat sich bisher nicht vom Putsch und der Diktatur distanziert. In guter Erinnerung sind auch die Äußerungen des Ex-Innenministers Jaime Mayor Oreja. Der Europaparlamentarier wollte in einem Interview den Franquismus nicht verurteilen, "weil er einen breiten Sektor der Spanier repräsentierte" und viele Familien die Diktatur "natürlich und normal erlebt haben". Weit davon entfernt sind die rechten Nationalisten in der Partei auch nicht, die sich "Sozialistische Arbeiterpartei" nennt. Dass Bono ein Freund der folternden Guardia Civil ist, daraus hat er nie einen Hehl gemacht, die noch heute für ihre Folter berüchtigt ist und nach dem Putsch mit der Falange besonders gewütet hatte.


Die Opfervereinigung wirft auch Bono vor, wie im Opfergesetz erneut nicht zwischen Putschisten und denen unterschieden zu haben, die eine gewählte Regierung verteidigten. Der Parlamentspräsident sprach von all denen, "die in Verteidigung ihrer Ideale gestorben sind" und forderte zur "Versöhnung" auf. "Man kann es nicht Versöhnung nennen, wenn die Franquisten alle ihre Privilegien in der Demokratie bewahren konnten und die, welche die Repression der Putschisten verschwinden ließ, noch in Massengräber und Straßengräben liegen", schreiben die Opfer. 
Sie haben inzwischen alle Hoffnungen in eine Regierung verloren, von der sie sich eine Aufarbeitung der traurigen Geschichte erwartet haben. Sie erinnern daran, dass Bono auch schon vor einem Jahr verhinderte, dass die Angehörigen der Verschwundenen im Parlament eine Kampagne vorstellen konnten. Aussagekräftig sei auch, dass im Parlament weiter die Bilder von drei faschistischen Parlamentspräsidenten neben den Präsidentenbildern hingen, die demokratisch gewählt wurden. Die ARMH weist erneut darauf hin, dass in Spanien noch immer mit Straßen, Plätzen und Denkmälern Verantwortliche der faschistischen Verbrechen geehrt werden.


© Ralf Streck, den 21.07.2011

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es sollte mal erwähnt werden, dasz sich die sozialdemokratischen parteien im ausland meistens als sozialistisch bezeichnen (bzw. dort nicht genau differneziert wird) und gerne von den antikommunistisch geprägten deutschen medien der begriff "sozialistische" partei im negativ kontext benutzt. mit sozialismus hat das allerdings wenig zu tun. das heißt einfach, die sozialistischen parteien im ausland, egal ob in spanien, griechenland, frankreich usw., sind in etwa mit der spd gleichzusetzen.

deswegen auch die revisionistische rede eines einfachen sozialdemokraten...  widerlich!