Berlin: Bis zu 15.000 Teilnehmer*innen auf der Revolutionären 1. Mai-Demo 2017

Erstveröffentlicht: 
01.05.2017

40 Festnahmen - 1. Mai in Berlin: Die Polizei lässt Demo durchs Myfest laufen

 

Bis zu 15.000 Teilnehmer liefen bei der nicht angemeldeten Linken-Demo durch Kreuzberg und Neukölln. Am Ende gab es vereinzelte Flaschenwürfe und Rangeleien. Es gab Festnahmen.

 

Die nicht angemeldete „Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration“ setzte sich gegen 18.45 Uhr am Kreuzberger Oranienplatz mit etwa 3000 Teilnehmern in Bewegung. Die Strecke führte, wie angekündigt, über Oranienstraße, Adalbertstraße, Naunynstraße, Manteuffelstraße mitten durch das Myfest. Die Polizei ließ sie ziehen, um zu deeskalieren.

 

Bereits am Startplatz wurden Rauchbomben und Pyrotechnik gezündet. Da sich dem Zug viele Festbesucher anschlossen, wuchs die Zahl der Demonstranten von zwischenzeitlich 8000 nach Schätzungen der Polizei auf bis zu 15.000 Personen an.

 

Internen Einschätzungen zufolge befanden sich darunter bis zu 2000 gewaltbereite Protestler. 250 von ihnen in der Spitze des Demozuges galten laut Ermittlern als extrem gewaltbereit, sie waren großteils vermummt und verbal aggressiv, vereinzelt flogen dort bereits Flaschen. Sodass die Einsatzführung entschied, den Demozug ab der Reichenberger Straße und durch Neukölln seitlich zu begleiten.

 

Bis zum Endpunkt am Spreewaldplatz blieb die Veranstaltung weitestgehend friedlich. Dort gab es nach Rangeleien und Flaschenwürfen jedoch rund 40 Festnahmen und auch verletzte Polizisten.

 

Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt sagte im RBB, das Konzept der Polizei sei voll aufgegangen. Am Abend wandte er sich per Twitter-Video mit einem Lob an seine Einsatzkräfte.

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Berlin. Nach der »Revolutionären 1. Mai-Demonstration« in Berlin-Kreuzberg haben die Organisatoren angekündigt, auch gegen den G20-Gipfel im Juli zu protestieren. »Entschlossen werden wir nun nach Hamburg fahren«, teilte der Sprecher der Demonstration, Marko Lorenz, am Dienstag mit. Zunehmend seien Menschen bereit, ihre Wut auf die Straße zu tragen. Lorenz sprach von 20 000 Demonstranten, die am Abend des Mai-Feiertages mit einem erstmals nicht angemeldeten Protestzug durch Kreuzberg liefen.


Die Polizei gab hingegen die Zahl der Teilnehmer mit rund 8000 an [anderen Quellen zufolge: 15.000]. Immer wieder waren Beamte von Vermummten attackiert, Böller gezündet und Flaschen geworfen worden. Am Dienstagmittag (13.00 Uhr) wollten Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsident Klaus Kandt ihre Bilanz des Mai-Feiertages vorstellen.


Demo-Sprecher Lorenz warf der Polizei »gezielte Angriffe« und Eskalation vor. Dafür trage der rot-rot-grüne Senat Verantwortung. Der Protest habe sich gegen Wohnungsnot, Mieterhöhungen und Verdrängung gerichtet.


Die Berliner CDU forderte Konsequenzen. Es sei strafbar gewesen, den Protest nicht anzumelden, sagte der verfassungspolitische Sprecher der CDU, Stephan Lenz, im RBB-Inforadio.

G20-Gipfel sorgt nicht für zusätzliche Mobilisierung
Vor wenigen Minuten ist die »Revolutionäre 1. Mai Demonstration« linksradikaler Gruppen in Berlin-Kreuzberg offiziell für beendet erklärt worden. Festzuhalten bleibt: Obwohl der Protest nicht angemeldet wurde, trafen die auch von der Polizei im Vorfeld verbreiteten Horroszenarien von möglichen ausufernden Krawallen nicht zu. Die Polizei war am 1. Mai in Berlin mit bis zu 5400 Kräften im Einsatz. Vereinzelt kam es auch zu Festnahmen, auch wenn bisher noch keine abschließenden Zahlen vorliegen.

 

Ein interessantes Fazit lieferte Grünen-Urgestein Hans-Christian Ströbele. Gegenüber »nd« erklärte er, er glaube nicht, dass der bald anstehende G20-Gipfel in Hamburg mehr Menschen zum 1.Mai auf die Straße gebracht habe. Viele von denen, die am Montagabend durch Kreuzberg und Neukölln demonstrierten, werde man auch in Hamburg wiedersehen. »Die üben heute schon einmal«, so Ströbele.

 

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1049561.mai-in-berlin-bei-revol...

Das Bündnis spricht sogar von 20.000 Teilnehmer*innen: https://1mai.blackblogs.org/?p=402

Laut nd spricht die Polizei von 15.000 Teilnehmer*innen, die Veranstalter von 20.000. Irgendwo dazwischen wird die Wahrheit sein.

 

Hier der nd-Artikel: https://linksunten.indymedia.org/de/node/211282

Dass die Organisatoren dieses Jahr ihre Revolutionäre 1. Mai-Demo nicht anmelden wollten, kümmerte den Innensenator gar nicht.


Zu Beginn ein Blick zurück: Als es im vergangenen Jahr nach der Regierungsbildung an die Verteilung der Senatsposten ging, wurde zumindest in den Medien eins der Ämter als Schwarzer Peter gehandelt – als Innensenator, so hieß es, könne ein roter oder grüner Politiker in Berlin nur verlieren. Am 1. Mai etwa sei die Gefahr groß, entweder vom rechten Teil der Koalition unter Beschuss genommen zu werden oder es sich mit der eigenen Wahlklientel zu verscherzen.

 

Vor diesem Hintergrund muss man sagen: Andreas Geisel (SPD) hat seine Sache gut gemacht. Zuerst ließ er die Ankündigung der Organisatoren der 18-Uhr-Demonstration, jene in diesem Jahr nicht anzumelden, völlig ins Leere laufen: Die Route sei ja bekannt, die Polizei könne sich also wie auch sonst auf diese Revolutionäre 1.-Mai-Demo einstellen, und über das Myfest zu laufen sei, anders als in den letzten Jahren behauptet, eigentlich auch kein Problem. Der provokativ gemeinten Geste der Nichtanmeldung wurde damit der Wind aus den Segeln genommen – gut vorstellbar, dass ein Frank Henkel nur zu gern über dieses Stöckchen gesprungen wäre.

 

Hinterher begegnete Geisel dann mit der gleichen Gelassenheit den aufgeregt-empörten Fragen von Journalisten, ob es denn nun Usus werde, dass Demonstrationen wie die am Montag in Berlin überhaupt nicht mehr angemeldet werden, sich die Chaoten also jederzeit völlig spontan zusammenrotten und die Stadt auseinandernehmen können …?!

 

Geisel verwies auf das im Grundgesetz festgehaltene Recht auf Versammlung, ordnete die Anmeldepflicht richtigerweise als eine dem nachgestellte Vorschrift ein, und versuchte gleichzeitig, die Realitätsferne dieser Fragen herauszustellen, bis auch aus diesem Stürmchen die Luft raus war.

 

Geschickter kann man es kaum machen. Die Organisatoren der Revolutionären 1. Mai-Demonstration sowie ein großer Teil der Hauptstadtjournalisten haben nun eins gemeinsam: Wenn sie im nächsten Jahr nicht erneut auf das als Mobilisierungs- beziehungsweise Verkaufsfaktor so bewährte Vorgeplänkel zwischen linker Szene und Senat zurückgreifen wollen, müssen sie sich etwas einfallen lassen.


https://www.taz.de/Das-war-die-Woche-in-Berlin-I/!5404267/