Colmnitz und die Wehrmacht

Im Örtchen Colmitz nahe dem unsäglich bekannten Freital in Sachsen hat man ganz besondere Vorstellungen von der Darstellung der eigenen Geschichte im Rahmen eines sog. Heimatfestes. Teil des Aufzuges war der Auftritt einer "Live - Act" - Truppe in Wermachtsuniform. Gänzlich ohne Reflektion der Geschichte.

 

Vielleicht sollte es auch zur Erinnerung an den Colmitzer Bürger Horst Böhme, "(1945 gest.), war in der Nazizeit einer von gerade einmal 276 in diesen hohen Rang gelangten SS-Oberführern. Unter anderem so auch Befehlshaber der Sicherheitspolizei in Prag und bereits zuvor 1935 im Hauptamt des Nachrichtendienstes der SS in Berlin tätig, wo er als einer der engsten Mitarbeiter des SS-Nachrichtendienst-Chefs Reinhard Heydrich galt. Wikipedia vermerkt Böhme als die einzige bekannte Persönlichkeit des Ortes Colmnitz, kein Wunder angesichts seiner steilen Karriere im dritten Reich.

 

Im „Reichsprotektorat Böhmen und Mähren“ hatte er in seiner Prager Zeit immerhin nahezu uneingeschränkte Befehlsgewalt, plante Deportationen von Juden und beteiligte sich eifrig an den Vorbereitungen und Durchführungen unzähliger Säuberungs- und Erschießungskommandos. In der Nachkriegszeit stand er einige Jahre lang als Kriegsverbrecher auf der internationalen Fahndungsliste, man nahm jedoch an, dass er bei Kampfhandlungen bei Königsberg gefallen ist oder sich selbst getötet hat."(LIZ).

 

http://www.derwesten.de/panorama/nazi-symbole-beim-heimatfest-in-einem-s...

 

http://www.l-iz.de/leben/faelle-unfaelle/2016/05/irritierende-bilder-in-...

 

Die "Facebook - Seite" wurde inzwischen gesperrt!

 

Gefeiert wurde u.a. "110 Jahre Rassegeflügelzuchtverein Colmnitz, 110 Jahre Rassekaninchenzüchterverein". Und manch Bauern fällt zu Rasse halt nur Wehrmacht ein...

 

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-05/sachsen-colmnitz-f...

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Colmnitz heißt das Nest.

Auf der Wiki - Seite ist der unter "Persönlichleiten" des Dorfes aufgeführt:

 

Persönlichkeiten
  • Horst Böhme (* 24. August 1909 in Colmnitz; † 10. April 1945 in Königsberg), SS-Oberführer und Befehlshaber der Sicherheitspolizei in Prag
  • Herbert Beckert (* 12. Oktober 1920 in Colmnitz; † 24. März 2004 in Leipzig) - Mathematiker
  • Hans Jäckel (* 31. Mai 1923 in Colmnitz; † 1994) - Mathematiker, Rektor der TH Karl-Marx-Stadt
  • Wolfgang Ullmann (1929–2004), Theologe, Bürgerrechtler und Politiker war 1954 bis 1963 evangelischer Pfarrer in Colmnitz

Naja, schliesslich hatte er ja auch den SS - Totenkopfring, den SS - Ehrendegen , das Eiserne Kreuz II. Klasse und das Kriegsverdienstkeuz  mit Schwertern.

 

Und so setzt man sich dort mit Geschichte auseinander:

 

http://www.grundschule-pretzschendorf.de/Unser_Dorf/Colmnitz/geschichtec...

 

1906 Gründung der Feuerwehr Colmnitz, des Kaninchenzüchtervereins und des Geflügelvereins.
1908 Am 6. April wird der Beschluss zum Bau eines Elektrizitätswerks gefasst. Das erste elektrische Licht brennt in Colmnitz am 22. Februar 1909.
1909 Gründung der Landwirtschaftlichen Genossenschaft (Spar- und Darlehenskasse).
1918 Das Elektrizitätswerk wird nach Lichtenberg verkauft.
1921 Die Kleinbahnstrecke von Klingenberg-Colmnitz nach Naundorf (später erweitert bis Mohorn) wird eröffnet (Stilllegung 1971).
1999 Am 1. Januar vereinigen sich die Gemeinden Pretzschendorf, Colmnitz und Klingenberg zur Gemeinde Pretzschendorf.
2002 12./ 13. August: Hochwasser in Colmnitz.
2012 Ab 31. Dezember gehört Colmnitz zur „Gemeinde Klingenberg“, die durch den Zusammenschluss der Gemeinden Pretzschendorf und Höckendorf entsteht.

Diese Seite ist auf Colmnitz - Facebook verlinkt:

colmnitz.de.rs/guestbook

Es betrübt mich immer wieder zu sehen, wie scheins aufgeklärte linke Gruppierungen derart den kapitalistischen Konsummedien auf den Leim gehen. Noch dazu mit so billigen Mitteln. Als würde bereits eine Kombination aus den Worten "Nazi", "Symbol", "Sachsen"," Dorf" ausreichen um Menschen in einen ekstatischen Wahn, ja tollwütigen Rausch zu versetzen, etwas, was man häufig Lesern der "BILD-Zeitung" vorwirft.

 

Wollen wir die Situation Betrachten: Auf einem Heimatfest sind Uniformen der Wehrmacht zu sehen. Getragen werden sie von einer Interessengemeinschaft, welche sich auf den zweiten Weltkrieg, genauer die Wehrmacht, bezieht. Begleitet wird dies von detailgetreuen Zugaben wie Jeeps oder eben Waffen, wie sie in einer Armee zu finden sind. Und wo deteiltreue vorherrscht, macht diese nun auch nicht vor solchen Symbolen halt, welche einer Vergangheit entspringen welche von Leid und Zerstörung gekennzeichnet war. Doch diese Symbole auszublenden ist, als würde man die Augen vor der Geschichte verschließen und so tun als gäbe es sie nicht, während man gleichzeitig all jenen Sand in die Augen streut, welche die Geschichte in Augenschein nehmen wollen. 

 

Zumal gilt zu Betrachten, aus was für einer Mücke ein Elefant gemacht wurde:

Anstatt wie aus der Überschrift zu erwarten eine wahre Hakenkreuzflut vorzufinden, bekam ich zunächst das Emblem der 15. Panzerdivision vorgesetzt. Weiterhin vermute ich, dass die Uniformen akkurate Hakenkreuze trugen, wie man es aus Museen und Ausstellungen kennt , für welche man allerdings schon sehr genau hinsehen muss. Doch nach intensiver suche konnte ich schließlich das Hakenkreuz finden, was den Medien zufolge die größe einer Kinoleinwand gehabt haben muss: 

 

Ein gut drei Finger breites Hakenkreuz aus abblätternder Farbe auf einem Verbandskasten.

 

link: http://www.n-tv.de/politik/Colmnitz-feiert-sich-mit-Nazi-Symbolik-article17814166.html

 

Das eine, in meinen Augen nichtigkeit, eine größere Reaktion hervorzurufen scheint als die Nachricht hunderter Toter ... verblüfft mich.

 

Zu guter letzt spreche ich dem Heimatverein für ein durchaus gelungenes Fest meine Glückwünsche aus, welches all die mediale Hetze nicht verdient hat. Daneben natürlich auch den historisch, militärisch Interessierten, welche Epoche sie auch immer abbilden: Egal ob sie Hastings, das Alamo, Market Garden oder das Ia-Drang-Tal zeigen.

Ich wunder mich manchmal wirklich, was für ein Unsinn hier im Namen der Redefreiheit stehen gelassen wird. Ich frage mich ernsthaft, ob das Kriterium inzwischen richtige Grammatik und Interpunktion ist. Inhalt nicht so wichtig.

 

Wollen wir die Situation Betrachten:

 

"Auf einem Heimatfest sind Uniformen der Wehrmacht zu sehen." Auf einem Heimatfest einer Gemeinde, deren im Internet verfügbare Seiten zeigen, dass man sich mit der eigenen Geschichte NICHT beschäftigt. Schon garnicht mit der Geschichte der Wehrmacht, der SS oder einheimischer Nazi - Schlächter. Aber man hat ja eine Life - Act - Truppe, die vielleicht aus Nerdismus, falschverstandener Trachtenkultur oder, was auch nahe liegt, Spass am Faschismus spielen bei Festen durchs dorf zieht.

 

"Getragen werden sie von einer Interessengemeinschaft, welche sich auf den zweiten Weltkrieg, genauer die Wehrmacht, bezieht. Begleitet wird dies von detailgetreuen Zugaben wie Jeeps oder eben Waffen, wie sie in einer Armee zu finden sind. Und wo deteiltreue vorherrscht, macht diese nun auch nicht vor solchen Symbolen halt, welche einer Vergangheit entspringen welche von Leid und Zerstörung gekennzeichnet war."

 

Getragen von Leuten, die sich auf die Wehrmacht beziehen? Und das geht so ganz ohne eine Erklärung dazu? Verbrechen der Wehrmacht nie gehört. Nazi - Fasching im geschichtlich luftleeren Raum?

 

Dieses Symbol ist nur zu Recht verboten. Auch genau für solch einen Fall, wo geschichtslose Wehrmachtverehrer, ihre Freizeit anstelle mit produktiver Auseinandersetzung mit der Geschichte, mit suspekter detailgetreuer Pflege von Wehrmachtsequipment füllen.

 

Die Vergangenheit brachte Leid und Zerstörung? Dir schon bekannt, wer dieses Leid oder Zerstörung brachte? Ich bin mir nicht sicher, ob du dank deiner Unreflektiertheit, die betroffenen von Leid und Zerstörung nicht in heimatlichen Gefilden suchst.

 

Unter anderem die Wehrmacht war es, die Leid und Zerstörung brachte. Wo bitte in dem Life - Act - Karneval kommt das zum Ausdruck? NIRGENDS!

 

Täter und Opfer kommen hier nicht vor. Geschichtsklitterung durch positive Projektion via Wehrmachts - Folklore.

 

"Doch diese Symbole auszublenden ist, als würde man die Augen vor der Geschichte verschließen und so tun als gäbe es sie nicht, während man gleichzeitig all jenen Sand in die Augen streut, welche die Geschichte in Augenschein nehmen wollen."

 

Wo bitte wird durch diesen Verein die Geschichte in Augenschein genommen? Hätten sie es je getan, würde sich alsbald ein gewisser Brechreiz nebst tiefsten Schamgefühl einstellen, in einer Mörder - Uniform angereichert mit Militaria - Equipment kritiklos umherzulaufen. Gab es eine erläuternde geschichtspolitische Erklärung, ein Flugblatt, irgendetwas, was auf Reflektion hindeutet? NEIN, gab es nicht...

 

Zur Freude vieler Dorfbewohner marschierte, glücklicherweise nur folkloristisch, die Wehrmacht wieder ein...


"Anstatt wie aus der Überschrift zu erwarten eine wahre Hakenkreuzflut vorzufinden,..." In der Überschrift steht garnichts von Hakenkreuzen! Aber, hier scheint dir Detailtreue nicht so wichtig...

 

"...bekam ich zunächst das Emblem der 15. Panzerdivision vorgesetzt..."

 

Zur 15. Panzerdivision möge mal "Wiki" ausreichen, da ich das Thema auch nicht vertiefen will:

 

https://de.wikipedia.org/wiki/15._Panzer-Division_%28Wehrmacht%29

 

Wo ist bitte der Bezug Colmnitz - "Afrika" - Feldzug? Bei den momentanen Auslandseinsätzen der Bundeswehr gruselt mich eure tagespolitische und historische Ignoranz noch mehr.

 

"...dass die Uniformen akkurate Hakenkreuze trugen,...", "Ein gut drei Finger breites Hakenkreuz...". Hier sei dir gesagt, dass beim Zeigen dieses Symboles die Grösse keine Rolle spielt. Oder gibt es in Sachsen eine Erlaubnis für das Tragen von Hakenkreuzen unter 5 cm?

 

Ein solch reflektionsloses Getue ist eben nicht eine "Nichtigkeit". Gerade nicht in einem Gebiet, indem es fast täglich zu Übergriffen auf alles "Fremde" kommt. Dass du das dann noch in einen Kontext mit ertrunkenen Flüchtlingen aus Afrika bringst ist infam!

 

Findet irgendeine kritische Aufarbeitung des Lebens des Colmnitzer SS - Schlächters Böhme statt mitnichten. Lidice - schonmal gehört?

 

"Auf seinen Vorschlag hin kam es zur Vernichtung des Dorfes Lidice, wobei 184 Männer erschossen, 195 Frauen ins KZ Ravensbrück deportiert und 105 Kinder in das Umsiedlungslager (Łódź) verschleppt wurden, von denen bis auf 17 alle umkamen." (Wiki)

 

Dein Schlusssatz mit der "medialen Hetze" hat schon was von PEGIDA oder AfD. Aber leider ist das in Sachsen ja bis in die "Links" - Partei verbreitet. Sein es die nationale Diskussion um Herrn Porsch oder die Chemnitzer "Links" - Partei, die betreff Dresden gerne mal von "alliiertem Bomben - Holocaust" redet.

 

Noch ein Schmankerl zum Schluss:

 

Während man auf den örtlichen Internet - Seiten lieber schweigt, wurde man auf "Wiki" tätig. Anstatt einer Reflektion über Schlächter, wie Böhme, fügt man, als würde das irgendetwas besser machen, einen in die Liste der Dorfgranden einfach einen PDS/"Linke" - Politiker hinzu.

 

http://webarchiv.bundestag.de/archive/2007/0206/mdb/mdb14/bio/R/roessuw0...

 

Als würde das irgendwas besser machen!

 

Enden möchte ich mit einem Eintrag aus dem Gästebuch einer Colmnitzer Seite:

 

http://www.colmnitz.de.rs/guestbook

 

"Wehrmachts- und Nazireenactment, dass ohne Erläuterung und somit enthistorisiert daherkommt, stellt eine widerliche Verharmlosung schrecklicher Verbrechen dar. Selbst wenn das angeblich so nicht beabsichtigt war. Krieg, Massaker und Tod sind keine Folklore"

...und Dörfer, die Anfang ´33 geschloßen in den Urlaub gefahren sind und somit keine Vergangenheit haben, die man ihnen vorwerfen kann. Klar, vielen wäre es wahrscheinlich lieb wenn bei solchen dargestellten Zeitsträngen zwischen Inflation und Einmarsch der Bolschewiken, eine Lücke bliebe. Aber wollen wir wirklich die Wahrheit vertuschen oder streichen? Die ganzen Schreihälse sollen erstmal ihre Dorfgeschichte analysieren, da werden sie vermutlich Augen machen.

Aha, liebe Geschichtsklitterer, es wird ermittelt "wegen Tragens verfassungsfeindlicher Symbole"...

 

und derweil, distanziert sich jede von jedem:

 

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/colmnitz-organisator-der-wehrm...

 

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/hakenkreuze-bei-festumzug-colm...

 

Wie sich das immer gleicht, niemand war schuld oder beteiligt, und wenn schon waren es Missverständnisse und Auswärtige...