[Wien] Antirassistische Proteste bei der SPÖ-Maifeier

buhrufe-pfiffe-taferl-spoe-am-1-mai-hin--und-hergerissen-41-64049114

Ich hab's getan. Nach 10 Jahren, de ich in dieser Stadt wohne, war ich das erste mal auf der SPÖ-Maifeier. Und das ist eigentlich ein Zufall. Ich hatte am 1.Mai unerwarteterweise ein Zeitfenster von 1 Stunde und war in der Nähe des Rathauses. So dachte ich mir, ich nutz die Zeit und schau mir das Spektakel mal an. Dank meiner Planlosigkeit hab ich die Rede des großen Vorsitzenden Faymann sowie das Pfeifkonzert dagegen nicht bekommen. Naja, davon gibt es ja ein Video. Auch die Einkesslung der VSSTÖ-AktivistInnen, über die bei Twitter berichtet wurde, hab ich nicht gesehen. Naja, es ist besser, zu erzählen, was ich gesehen habe, als das, was ich nicht gesehen habe:

 

Das erste, was mir unterkam, war eine Musikkapelle, die ihren Auftritt hinter sich gebracht. Sie gönnte sich fröhlich ein Bier. Irgendwer sollte mir später erzählen, dass viele der traditionellen Wiener Kapellen dieses Jahr streikten, und darum extra Blasmusik aus der Provinz angekarrt werden mussten. Ob dies stimmt, oder nur ein Gerücht war, kann ich nicht beurteilen. Gepasst hätte es auf jeden Fall: Den der diesjährige Maiaufmarsch stand ganz im Zeichen des Protestes. Das zweite, was mir auffiel, war die Polizei. Ein Gruppe stand links der Bühne, eine andere rechts davon, eine dritte Gruppe war im Rathauspark unterwegs. In der Zeit, in der ich dort war, standen sie nur rum und schauten blöd. Dennoch; alleine ihre Präsenz am sozialdemokratischen Jubeltag war bezeichnend. 

 

Wie zuvor schon erzählt, hab ich den Höhepunkt des Protestes, das Pfeifkonzert bei der Kanzlerrede, verpasst. Dennoch waren die verschiedensten Protestaktionen unübersehbar. Am auffallendsten, weil am häufigsten, waren „#Team Haltung“ - Sticker(für eine humane Flüchtlingspolitik). Ich bin nicht besonders gut im Schätzen, aber ich denke, dass mindestens jede/r Zehnte sichtbar so einen Sticker trug. Auch auf vielen Transparenten wurde der rassistische Kurs der Parteiführung kritisiert. Besonders beliebt war ein Vergleich von einem laschen Vorgehen Steuerflüchtlingen mit einem harschen Vorgehen gegen Kriegsflüchtlinge. Für mich wirkte die Proteste so, dass er in keiner Weise zentral organisiert war. Es schaute eher so aus, dass viele der Bezirks- und Basisorganisationen ihren kleinen Unmut kundtun wollten. Insgesamt wurde es jedoch ein Riesenkrach. Anders als die meisten Medien berichteten, war die Proteste nicht in erster Linie gegen Faymann, sondern gegen die rassistische Politik der Parteispitze, gerichtet. Natürlich verband sich in vielen Fällen die Kritik an der Person mit der Kritik an der Politik. Aber es war stets ein klar antirassistischer Grundton zu erkennen.

 

In der Zwischenzeit ist Faymann zurückgetreten. Ob es in der SPÖ zu einem Richtungswechsel kommt, ist unklar. An dieser Stelle muss ich kurz an den 1.Mai 1999 erinnern. Damals starb Marcus Omofuma bei einer Abschiebung. Er erstickte an einem Klebeband, dass ihm österreichische Bullen anlegten. Der damalige Innenminister hieß Karl Schlögl und ist nach wie vor Mitglied der SPÖ. Er war auch dafür verantwortlich, dass die Proteste im Anschluss an dem Mord kriminalisiert wurden (Stichwort Operation Spring). Dies ist nur eine von vielen rassistischen Aktionen der Partei. Seit 20 Jahren hat sie allen Verschärfungen des Asylrechts zugestimmt. Selbst als sie in Opposition was, stimmte sie ohne Not den Verschärfungen zu. Die Basis murrte zwar, hie und da wurde sogar protestiert, doch im Großen und Ganzen wurde die Politik mitgetragen. Erst als in den letzten Wochen und Monaten die SPÖ versuchte, die FPÖ rechts zu überholen, um noch ein paar WählerInnenstimmen zu retten, rumorte die Basis merkbar.

 

Für mich würde es einen grundlegenden Richtungswechsel der Partei (inklusive Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit) brauchen, dass sie wieder einigermaßen akzeptabel werden würde. Auch die Proteste der Basis sind bislang nicht mehr als der Tropfen auf dem heißen Stein. Aber wer weiß, vielleicht war dies ja erst ein Anfang. Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Passend zu obenstehenden Artikel hier der Verweis auf drei Beiträge die rund um die Wahlen zum Bundespräsidenten in Österreich auf no-racism.net erschienen sind. Sie setzen sich mit aktuellen politischen Entwicklungen in Österreich auseinander - und mit der rassistischen Politik der 'Groß'-Parteien SPÖ und ÖVP.

Teil 1: Ausbeutung und Unterdrückung thematisiert Privilegien, Ausbeutung und die Einschränkung der Bewegungsfreiheit.

Teil 2: Grenzen und Kontrollzustände setzt sich mit der doch nicht so unbegrenzten Reisefreiheit innerhalb der EU auseinander, sowie mit der Intensivierung von Überwachung und Kontrollen aufgrund eines angeblichen "Notstandes".

Teil 3: Wegbereiter des Faschismus behandelt die Auswirkungen von Rassismus auf die Gesellschaft. Ist der Rassismus der ehemaligen 'Groß'-Parteien wegbereitend für Faschismus?