Die "Revolutionäre 1. Mai"-Demonstration darf nicht durch das Myfest in Berlin-Kreuzberg ziehen. Das entschied das Berliner Verwaltungsgericht. Allerdings kann dagegen Beschwerde eingelegt werden. Die Organisatoren wollen das Verbot gegebenenfalls ignorieren. Innensenator Henkel sieht sich durch die Entscheidung bestätigt.
Das Verwaltungsgericht Berlin hat den Eilantrag gegen den Streckenverlauf der "Revolutionären 1. Mai Demonstration" zurückgewiesen. Das hat das Gericht in einem Eilverfahren entschieden. Die Veranstalter des traditionellen Protestmarsches wollten, dass die Route am Sonntag ab 18 Uhr auch über die Oranienstraße in Kreuzberg führt, wo zeitgleich das Myfest stattfindet. Gegen den Gerichtsbeschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, die Route diene der Abwehr unmittelbarer Gefahren, die bei einer Kollision beider Veranstaltung drohten. Die Demo sei nach den Erfahrungen der Vorjahre störanfällig, so habe es im letzten Jahr schon zu Beginn gewalttätige Aktionen wie Böller- oder Flaschenwürfe gegeben.
Henkel ist froh über den Gerichtsentscheid
Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) sieht sich und die Linie der Sicherheitsbehörden durch das Urteil des Gerichts bestätigt. Er sagte, die Polizei müsse alle Versammlungen schützen. Es wäre ein enormes Risiko gewesen, in diesen engen Straßen 20.000 Demonstranten durch ein Myfest mit zehntausenden Teilnehmern zu bringen.
Die Demo-Organisatoren wollten die Begründung des Gerichts prüfen und dann möglicherweise noch am Freitag entscheiden, ob sie das Oberverwaltungsgericht als nächste Instanz anrufen. "Wir können die Entscheidung nicht nachvollziehen, die Polizei hatte ein Jahr Zeit, um ein Sicherheitskonzept zu entwerfen, wonach beide Veranstaltungen nebeneinander möglich sind", sagte ein Sprecher. Man wolle trotzdem an der geplanten Strecke durch die Oranienstraße festhalten. "Die Veranstalter vom 'Myfest' sagen ja selber, wir können da durchgehen."
Rechtzeitig um die Routenführung kümmern
Im Streit um die sogenannte "Revolutionäre 1. Mai Demonstration" hatte die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne), dem Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU) am Freitagvormittag Fehlplanung vorgeworfen. Dem rbb-Inforadio sagte sie, die Polizei hätte sich rechtzeitig um die Routenführung kümmern müssen und nicht erst "24 Stunden bevor das Myfest anfängt".
Es sei fast so traditionell wie das Myfest in Berlin-Kreuzberg selbst, dass die Demonstration durch das Fest durchwolle, sagte die Grünen-Politikerin weiter. Die jetzige Auseinandersetzung sei daher keine Überraschung. "Herr Henkel hätte es eigentlich wissen müssen", so Herrmann.
Innensenator versteht die Kritik von Herrmann nicht
In Bezug auf die Kritik der Bezirksbürgermeisterin ließ Henkel mitteilen, dass er sich manchmal frage, ob Monika Herrmann "solche Sachen wirklich ernst meint". Er könne es jedenfalls nicht ernstnehmen und rät ihr, nicht "ständig Öl ins Feuer zu gießen und der Polizei das Leben schwer zu machen. Wir haben alle nicht vergessen, dass das Myfest ihretwegen kurz vor der Absage stand", so Henkel weiter. Die Polizei sei mit der Situation sehr gut umgegangen und habe sich exzellent vorbereitet.
Myfest ist am frühen Abend noch zu voll
Henkel wollte wegen Sicherheitsbedenken verhindern, dass die Demonstration durch das Myfest zieht. Die Bezirksbürgermeisterin forderte deshalb die Organisatoren der linksautonomen Demonstration auf, selbst noch einmal die Routenführung zu überdenken. Um 18 Uhr sei das Fest noch sehr voll, möglicherweise sei für den Demonstrationszug gar kein Durchkommen möglich.
Linke Szene will sich die Route nicht vorschreiben lassen
Die Anmelder der Demonstration wollten sich allerdings nicht an Verbote halten. Trotz eines Verbots der Polizei will die linksautonome Szene am 1. Mai mitten in Berlin-Kreuzberg demonstrieren. Auf der linksradikalen Internetseite Indymedia [Link zur Website] hieß es am Freitag noch vor der Entscheidung des Gerichts: "Wir bleiben dabei: Wir lassen uns die 1. Mai Demo weder verbieten noch lassen wir uns unsere Route von der Polizei vorschreiben. Ob Gefahrengebiete, Zwangsräumungen oder Demo-Verbote, unser Widerstand hält sich nicht an das Bürgerliche Gesetzbuch."
Myfest hat diesmal weniger Bühnen und Stände
Zur "Revolutionären 1. Mai Demonstration" sind 20.000 Teilnehmer angemeldet. Zum traditionellen Myfest in Kreuzberg werden mindestens 40.000 Menschen erwartet. Es sind dieses Jahr deutlich weniger Musikbühnen und Stände mit Getränken und Essen erlaubt. Glasflaschen sind gänzlich verboten. Außerdem will die Polizei die Überfüllung vom letzten Jahr verhindern. Die Straßen rings um das Fest sollen unter Umständen schon nachmittags abgesperrt werden.
6.500 Polizisten aus ganz Deutschland eingesetzt
Die linke Szene demonstriert am Samstagabend in Wedding und am Sonntagabend vor allem in Kreuzberg und Neukölln. Voraussichtlich wird es an beiden Terminen Versuche von Linksautonomen geben, Polizisten anzugreifen und Krawalle zu provozieren. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre greift die Polizei aber sehr schnell ein und die Randalierer erfahren nicht mehr so viel Unterstützung von den anderen Demonstranten.
6.500 Polizisten aus Berlin, sieben anderen Bundesländern und von der Bundespolizei sind im Einsatz. Die auswärtigen Polizisten werden in diesem Jahr in Hotels untergebracht. Frühere Unterkünfte sind mit Flüchtlingen belegt.
(Es folgen zahlreiche Fotos von der Demo am 1. Mai 2015)
politische versammlungsfreiheit muß vor kommerzkacke gehen
der gerichtsbescheid ist so schon ein skandal an sich
henkels auffassung von politik sowieso nicht mehr diskutabel
schlandscher mainstream per se
eine politische erste mai demo hat immer vor einem spektakel zu gehen
selbst wenn sie von idiotischen kadern organisiert ist
in diesem fall gilt kritische aber grundsätzliche solidarität
das grundrecht auf versammlungsfreiheit darf so nicht untergraben werden
egal ob mensch gegen rechte radikal ist oder nicht oder eben anders
von unten mauern
so wird laufen
so oder so
progression voran
gegen alle reaktion
faschismus entwurzeln
kapitalismus abschaffen