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In der inoffiziellen Hauptstadt der de-facto Autonomieregion Rojava in Nordsyrien, Qamishlo im Kanton Cizîrê, kommt es seit heute morgen zu Gefechten zwischen der Armee des Al-Assad Regimes, der SAA, und der revolutionären Miliz der Volksverteidigungseinheiten YPG. Offizielle YPG Kanäle berichten von Raketenangriffen und Schusswechseln und bitten die Bevölkerung der mehrheitlich Kurdisch bewohnten Großstadt in ihren Häusern zu bleiben. Sämtliche Geschäfte sind geschlossen, bisher gibt es 2 Gefallene auf Seiten der YPG und angeblich etwa der dreifachen Zahl auf Seiten des Regimes.

Gerüchten zufolge eskalierte die Situation als ein hochrangiger Offizier der SAA an einem der zahlreichen Checkpoints der Asayîş, einer polizeiähnlichen Miliz der YPG die für die innere Sicherheit zuständig ist, auf- und angeblich auch festgehalten wurde. Die Folge sind schwere Auseinandersetzungen die noch andauern. Sämtliche Geschäfte und Märkte der Stadt wurden geschlossen, die Bevölkerung aufgefordert in ihren Häusern zu bleiben. Den seit Jahren in der Stadt stationierten Regimekräften stehen hierbei Einheiten der Asayîş, der YPG, sowie der neugegründeten Hêzên Anti-Terror gegenüber, einer Spezialeinheit der YPG.

Qamishlo ist die größte Stadt der Syrischen Provinz Al-Hasakka, seit 2014 größter und bevölkerungsreichster Kanton der Autonomieregion Rojava. Als Al-Assad im Laufe des Krieges gegen IS und FSA den Rückzug aus Nordsyrien und damit die Machtübergabe an die mehrheitlich Kurdische YPG beschloss, wurden Vereinbarungen getroffen nach denen Einheiten der SAA in der Stadt verbleiben und weiterhin die Kontrolle über diverse Ex-Regierungsgebäude, den Flughafen sowie den Grenzübergang zur Türkei behalten. Qamishlo liegt direkt an der Grenze zur Türkei, und geht auf türkischer Seite direkt in die Stadt Nusaybin über. Nusaybin zählt neben Cizre zu den türkischen Städten mit dem höchsten Anteil sowohl an Kurden als auch PKK Unterstützern, seit Wochen beschießt die Türkische Armee die Stadt mit Panzern und Artillerie, und macht dabei ganze Stadtviertel dem Erdboden gleich.

Qamishlo wurde in den letzten Jahren vom Krieg verschont, die größte Gefahr stellten Attentate des IS (zuletzt im Dezember letzten Jahres) und gelegentlicher Artilleriebeschuss aus der Türkei dar. Durch türkischen Artilleriebeschuss starben in den letzten Wochen 2 Zivilisten. Die heutigen Gefechte zwischen Regime und YPG könnten einen Wendepunkt für Rojava bedeuten, bisher gab es keinerlei Auseinandersetzungen zwischen den beiden Parteien. Vor einigen Monaten wurden in Rojava die Syrian Democratic Forces (SDF) gegründet, legitim nach den Vorgaben der Syrischen Verfassung. Ziel war die Annerkennung durch die Regierung, als Autonomieregion innerhalb des Syrischen Staates. Von Seiten der Regierung hieß es hierzu man sei unter Umständen zu Verhandlungen bereit, die Syrische Aussenministerin bezeichnete die YPG vor einigen Wochen vor irakischen Journalisten gar als "Teil der Syrischen Regierung". Nach den Parlamentswahlen in den Regime-kontrollierten Teilen Syriens, bei denen Assad mit 80% gewann, kam es jedoch zu Äusserungen nach denen "die Mehrheit" der Syrischen Araber und Kurden eine zentralistische Regierung wünschten, und Syrien "noch nicht bereit" für eine Föderalisierung sei. 

Ob die Gefechte heute in Qamishlo die Folge solcher Äusserungen und damit der Anfang vom Ende Rojavas sind, lässt sich nicht beurteilen. Einen offenen Krieg gegen eine professionelle Armee zu führen dürfte schwerwiegende Folgen für die leichtbewaffnete YPG haben. Schwere Waffen und Fahrzeuge sind selten und ausschließlich Beute vom Krieg gegen den IS. Falls die Gerüchte über einen in seiner Ehre verletzten, hochrangigen syrischen Offizier sich bestätigen, könnten die Gefechte jedoch auch nur die Folge einiger unglücklicher Verkettungen sein und ohne Folgen bleiben. 

Interessant dürften auch die Reaktionen von russischer Seite sein, die russische Luftwaffe unterstützt sowohl das Regime als auch die YPG. Ob sich an der schlechten Nachrichtenlage noch etwas ändert, bleibt abzuwarten.