[Leichlingen] CDU-Ratsherr wegen Volksverhetzung angezeigt

Acchim Kötting
Erstveröffentlicht: 
19.04.2016

Leichlingen. Bei einem Streit zwischen AfD und linken Aktivisten soll Achim Kötting Syrer verunglimpft haben. Die Polizei leitete die Anzeige - wie in solchen Fällen üblich - weiter. Jetzt befasst sich der Staatsschutz mit dem CDU-Stadtratsmitglied. Von Peter Clement

 

Wer am Sonntag im sozialen Netzwerk Facebook die Seite der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) Solingen aufgerufen hat, fand an relativ prominenter Stelle ein Video, zu dem es hieß: "Gestern haben wir gemeinsam mit unserer Solinger Antifa der AfD in Leichlingen gezeigt, was wir von ihrem Infostand so halten. Seht selbst."

 

Die Bilder, die dann folgen, zeigen zwei dunkel gekleidete Vertreter der rechtspopulistischen "Alternative für Deutschland" an ihrem Infostand am Eingangsbereich zum verkehrsberuhigten Teil der Brückenstraße. Plötzlich tauchen mehrere junge Männer mit Antifa-Fahnen auf. Sie tragen Klarsicht-Schutzanzüge und Mundschutz, wie es Spurensicherungsteams der Polizei tun. Binnen weniger Minuten "sperren" sie den AfD-Stand mit Flatterband ab und schreiben mit Sprühkreide auf den gepflasterten Boden: "Tatort Rassismus".

 

Was die Aufnahmen nicht zeigen: Rechte und Linke geraten dabei verbal heftig aneinander. Ein AfD-Mann ruft schließlich die Polizei, die mit vier Streifenbeamten auftaucht und die Emotionen beruhigt. Dabei werden diverse Strafanzeigen aufgenommen - meist wegen Beleidigung. Die Aufarbeitung der Ereignisse bringt am Folgetag jedoch eine überraschende Erkenntnis. Die weitestgehende Strafanzeige betrifft weder AfD noch Linke, sondern den Leichlinger CDU-Ratsherren Achim Kötting.

 

Der soll, so bestätigten gestern mehrere Augenzeugen unabhängig voneinander, plötzlich am Ort der Auseinandersetzung aufgetaucht sein und die linken Aktivisten ansatzlos beschimpft haben. Dabei soll er behauptet haben, die syrischen Flüchtlinge hätten "ihre Behausungen alle selber angesteckt".

Die Kreispolizei Rhein-Berg bestätigte gestern, Kötting sei "wegen Volksverhetzung angezeigt worden. Man habe den Vorgang - wie in solchen Fällen üblich - weitergeleitet. Jetzt befasse sich der Staatsschutz mit dem CDU-Stadtrat.

 

Das Strafgesetzbuch sieht laut Paragraf 130 für Volksverhetzung empfindliche Strafen vor. Wörtlich heißt es: "Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft."

 

Kötting selbst behauptete gestern auf Anfrage, er sei von den linken Aktivisten "hereingelegt" worden: "Ich habe eigentlich nur aus Sorge um die Stellplätze des italienischen Eiscafés eingegriffen", sagte der Politiker. Er habe im Übrigen auch die AfD-Leute nach ihrer Standgenehmigung gefragt, die sie ihm "sofort und anständig" vorgelegt hätten. Die Antifa sei jedoch unangemeldet vor Ort gewesen.

 

Nicht strafrechtlich relevant, aber dennoch politisch brisant, ist eine weitere von mehreren Seiten bestätigte Aussage Köttings, er sei stellvertretender Bürgermeister Leichlingens beziehungsweise werde es bald sein. Die Aussage relativierte Kötting gestern: Der aktuelle stellvertretende CDU-Bürgermeister Jens Weber habe "einen neuen Job bei einer Versicherung", der ihn extrem fordere, aber ob Jens Weber den Repräsentationsposten deshalb an ihn abgebe, sei noch nicht entschieden.

 

Jens Weber fiel auf eine entsprechende Anfrage unserer Zeitung hin gestern aus allen Wolken: "Ich habe nicht den geringsten Antrieb, diese Aufgabe, die mir sehr wichtig ist, abzugeben", sagte er. Wer auch immer so etwas verbreite, müsse da "etwas grundsätzlich missverstanden haben".

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