[Wien] Identitäre greifen Refugee-Theater an

Identitäre stürmen Theatervorstellung von Refugees im Audimax

Donnerstag Abend störten die Identitäre eine Theateraufführung, die Refugees und solidarische Theatermenschen erarbeitet hatten. Aufgeführt wurden "Die Schutzbefohlen", ein Stück, das Elfirede Jelinek als Reaktion auf die Protestbewegung von Refugees 2012/2013 schrieb.

 

Kurz nach Beginn stürmte eine Gruppe von 20 bis 50 Identitären die Bühne. Mit Gewalt bahnten sie sich einen Weg in den Saal. Sie entrollten ein Transpi mit der Aufschrift "Heuchler", warfen Flugblätter gegen Multikulti von der Galerie, spritzen mit Kunstblut als Anspielung auf den Anschlag in Bataclan und versuchten, eine Rede zu halten.

 

Lange dauerte der Spuk nicht. Die Rede des Oberidis ging in "Nazis Raus!"-Rufen unter. Als die BesucherInnen begriffen, was hier vor sich geht, drängten sie die Idis raus. Dabei haben die rechten Bodyguards, die die Transpihalter beschützten, Tritte und Schläge ausgeteilt. Zwei Personen musste danach ins Krankenhaus. Nach knapp einer Minute war der Spuk wieder vorbei. Das Stück ging nach einer kurzen Pause weiter. Die Theatergruppe antworte auf ihre Weise auf die Provokation. Sie zerschnitten eine Fahne der Identitären.

 

Rein aktionistisch war die Störung also ein Griff ins Klo. Die Identitären brauchten massive Gewalt, um eine Störaktion durchzuführen, und wurden nach nur einer Minute vertrieben. Dennoch können sich die Idis freuen: Ihr Kalkül ging auf: Durch eine kleine Provokation ein großes Echo erzeugen. Gestern waren die Medien voll von Berichten über die Aktion. Martin Sellner durfte seinen Müll zur besten Sendezeit in der ZIB ablassen. In „Richtigstellungen“ stritten sie die Gewalt ab, stilisierten sich selbst als Opfer, bedrohen aber gleichzeitig ihre Gegner („Wer uns Nazi nennt, wird verklagt“).

 

Auch auf den Theaterabend hatte der Angriff massive Folgen. Manche der Schauspieler blieben danach in der Garderobe. Sie waren zu verängstigt, um weiterzuspielen. Auch bei der anschließenden Diskussion lag der Fokus auf die Aktion der Identitären. Ihnen ist damit gelungen, den Refugees einen der wenigen Plätze, wo sie sich abseits von Lageralltag und Bürokratiewahnsinn frei ausdrücken können, zu nehmen.

 

Anders als so mancher Kommentar glaubt, ist nicht die Aktionsform das Problem. Besetzungen und das Stören von Veranstaltungen sind Teil einer „zivilgesellschaftlichen“ Praxis. Das Problem ist die Symbolik und das Gedankengut. Selbst wenn die Idis bei der Aktion nicht Schläge und Tritte ausgeteilt hätten, wäre sie gewalttätig. In ihrem Traum eines ethnisch reinen Landes haben Menschen, die das Pech hatten, in einem falschen Teil der Welt geboren zu sein, keinen Platz. Das haben sie vorgestern auf der Bühne bewiesen. Das ist die Gewalt, die von ihnen ausgeht. Und damit sind sie keineswegs allein. Ein großer Teil der Gesellschaft imaginiert eine abgeschottete Insel der Seligen, die Neuen Rechten propagieren dies, die Politik setzt dies um. In diesem Sinne sind die Identitären auch nicht rechts, sondern Teil der gesellschaftlichen Mitte. Sie sind konformistische Rebellen, die Aktionen der Weißen Rose kopieren, die Slogans der Sozialen Bewegungen klauen, die aber doch nur die existierenden Herrschaftsverhältnisse verschärfen wollen.

 

Aber der Abend zeigt auch, was der Gewalt der Identitären und ihren Gesinnungsgenossen entgegengesetzt werden kann. Es sind Projekte wie „Die schweigende Mehrheit“, durch denen Refugees Raum geboten wird, durch die die Grenze zwischen „Uns Heimischen“ und den „Anderen Fremden“ aufgeweicht werden, mit denen die RassistInnen Probleme haben. Wenn wir solche und ähnliche Projekte unterstützen, wenn wir selbst solche Zusammenarbeiten im Großen und Kleinen starten und forcieren, wenn wir die Grenzen innerhalb der Köpfe und innerhalb der Gesellschaft einreißen, ist dies der beste Widerstand gegen die Identitäre & Co.

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Und wieso jetzt die Aussage, dass die Aktion ein Griff ins Klo war, wenn danach dargestellt wird, wie erfolgreich sie war?

Könnt ihr bitte aufhören euch selbst und uns in die Taschen zu Lügen? Das ist eine Ursache der Hauptprobleme unserer Gesellschaft. Und vor allem "unserer Szene". Unaufgeregt, aber realistisch berichten wäre schön, nicht Wunschdenken in jede Aussage und Argumentation einbauen.

Den Verletzten (physisch wie psychisch) gute Besserung!

vor ort konnten die identitären nicht viel ausrichten. trotz einiges an tritten und schlägen konnten sie nur eine kurze störaktion durchführen, danach wurde das stück zu ende gespielt.

wahrscheinlich wollten die idis aber gar nicht mehr. es ging ihnen um provokation. und die ist ihnen gelungen. sie bekamen ein großes medien-echo und auftritte zur besten sendezeit. es ist ihnen gelungen, weil es eine große politische übereinstimmung zwischen teilen der bevölkerung, den idis und den aktionen der regierungsparteien (+FPÖ, +Team Stronach) gibt.

Der Wechsel des Fokus, der an diesem Abend stattgefunden hat, hat auch innerhalb der Gesellschaft und der linken Szene in den letzten Monaten. Weg von  Refugee-Support, Solidarität und Raum für Refugees hin zur Abwehr der rechten Gefahr. Dass antifaschistische Interventionspolitik vor einem Dilemma steht, zeigte sich an diesem Abend zum wiederholten Mal: Wer nicht eingreift, lässt zu, dass sich die Rechten ausbreiten. Wer eingreift, steigt auf die Provokation der Idis ein. Wer aslo Idis und Co. effektiv bekämpfen will, muss mehr als nur vor ort eingreifen: Der Fokus muss wieder zurückgebracht werden auf Solidarität, den Stories der Refugees, ihr Support,...

 

Natürlich ist der Artikel aus meiner Sicht geschrieben, ich wollte aber dezidieiert ihne Bagatelisierungen oder Dramatisierungen schreiben. Dass die Wahrheit immer subjektiv ist, sollte klar sein.

 

Auch von meiner Seite: gute Besserung den Verletzten!

Zum Schluss noch 2 Links:

Stellungnahme der Schweigenden Mehrheit

Faschist bleibt Faschist, auch wenn er Farbe schüttet

Einmal selbstkritisch: Ich denke hier zeigt sich ein Grundproblem der bürgerlichen/universitären Linken in deren Haltung zur Militanz und dem reagieren auf solche Aktionen. Wenn Neofaschisten solche Aktionen starten kann es nur eins heißen -> ordentlich draufhauen. Einige habens gmacht/versucht aber viele waren Perplex und ham halt "Nazis raus!" geschrien. Liebe Leut wenns schon soweit kommt, sollt man doch etwas mehr tun gerade bei so einer hochgradigen und gut besuchten Veranstaltung. Und auch die "Hoffnung" vieler in die Wiener Polizei bei der ausforschung der Täter hat mir einen herzhaften Lacher bereitet über die Hilflosigkeit so mancher.

In diesem Sinne, SCHLAGT DIE FASCHISTEN, WO IHR SIE TREFFT!

..und wenn diese nunmal stärker sind?Was dann?

Machen die ja auch, weil sie n paar Jahre die Backen vollbekommen haben.

dass den identitären eihalt geboten werden muss. das kann durchwegs auch militant passieren.

aber ich denke, dass es an diesem abend der falsche weg gewesen wäre. aus 2 gründen:

1., haben es die idis drauf angelegt, bilder zu erzeugen. die bodyguards haben tritte ausgeteilt, dort wo es nicht sichtbar war. hätten sie die bilder von schlagenden antifas bekommen, hätte sie sich selbst wieder als opfer stilisieren können. auch wenn sie das sowieso machen, ist es gut, dass sie am abend diese bilder nicht bekommen haben. auch der skandal und das meidienecho wäre noch grösser gewesen.

2., der widerstand vor ort war groß genug, dass die idis nur eine minute stören konnten. relativ viele leute sind nach vorne gekommen, nachdem sie gecheckt haben , was abgeht (und das hat gedauert). wäre militanz hier wirklich sinnvoll gewesen? hätte es geholfen, die idis schenller rauszuwerfen? ich glaube kaum.

3., sassen in der ersten reihe fast nur refugges inkl. kinder. die haben das meiste vom angriff abbekommen. wäre dort die eskaltion grösser gewesen, hätten sie noch mehr abbekommen.

 

es gibt nicht den einen richtigen weg, gegen neurechte und rassisten widerstand zu leisten. militanz (keine blinde) ist nur eine möglichkeit von vielen (die manchen auch nicht offen steht)