Berlin: Mit dem Recht gegen links: Justizposse gegen Antifaschisten geht weiter. Erstürmung der Alice-Salomon-Hochschule durch Polizei sorgt für Proteste des Rektors

Erstveröffentlicht: 
14.03.2016

Von Markus Bernhardt

 

Das Vorgehen von Polizei und Justiz wirft für Normalsterbliche nicht selten Fragen auf. So auch im Fall des langjährigen antifaschistischen Aktivisten und Autoren Bernd Langer. Am Dienstag musste sich Langer vor Gericht verantworten. Wieder einmal ging es um Aussagen Langers in einem am 1. November 2014 veröffentlichten Gespräch mit dem Neuen Deutschland (ND). In dem besagten Interview über antifaschistische Geschichte hatte Langer unter anderem Bezug auf eine mittlerweile über 20 Jahre zurückliegende gegen die Rechtsaußenpostille Junge Freiheit gerichtete militante Aktion genommen. »Aber es gab auch später noch militante Aktionen, zum Beispiel einen koordinierten Anschlag gegen die Junge Freiheit 1994. Wenn man liest, wie das bei denen reingehauen hat – die konnten ihre Zeitung fast zumachen –, war das eine Superaktion gewesen [...] Ich finde aber nicht, dass der Antifa-Kampf nach den 1980er Jahren nicht mehr militant geführt wurde. Da würde ich den Genossinnen und Genossen, die bis heute viel riskieren, doch Unrecht tun. Der Kampf geht weiter«, hatte Langer damals gegenüber dem ND geäußert (jW berichtete).

 

Nachdem der Antifaschist einen Strafbefehl über 3.000 Euro nicht akzeptiert hatte, verurteilte ihn das Berliner Amtsgericht im September des letzten Jahres wegen angeblicher »Billigung von Straftaten« zu einer Geldstrafe von insgesamt 480 Euro (60 Tagessätze zu 8 Euro). Langers Rechtsanwalt Sven Richwin hatte Rechtsmittel gegen die Verurteilung eingelegt, so dass sich am Dienstag das Landgericht mit dem Fall beschäftigen musste. Nach wenigen Minuten war die Verhandlung jedoch beendet. So kam die Vorsitzende Richterin zu dem Schluss, Zeugen zu dem damaligen Anschlag auf die Druckerei der JF befragen zu wollen.

 

Auf jW-Nachfrage blieb Langers Rechtsanwalt Richwin am Mittwoch bei seiner bereits früher geäußerten Einschätzung, dass das Vorgehen der Justiz »mehr als fragwürdig« sei. »Eine Strafverfolgung, die ohne Würdigung der Meinungs- und Pressefreiheit den historischen Kontext als auch den Zusammenhang des Interviews böswillig ausblendet, wird zur reinen Gesinnungsjustiz«, hatte er schon im Vorfeld des ersten Prozesses kritisiert.

 

Ganz anders als die Berliner Staatsanwaltschaft, die erst nach einem Hinweis durch den ehemaligen Generalbundesanwalt Alexander von Stahl gegen einen Antifaschisten vorgeht, sorgen Polizeibeamte oftmals aufgrund ihrer eigenen Entscheidungen Aufsehen. So gibt es derzeit wegen eines gegen die Alice-Salomon-Hochschule Berlin gerichteten Polizeieinsatzes Kritik an den Beamten. Bereits am 2. April hatten letztere am Rande von antifaschistischen Protesten im Berliner Stadtteil Hellersdorf, die sich einen zugleich stattfindenden Neonaziaufmarsch richteten, mit etwa 30 Beamten die dort gelegene Hochschule gestürmt. Als Begründung gaben die Polizisten an, in einem an deren Fassade angebrachten Transparent, auf dem »Rassisten und Nazis? Blockieren! Angreifen!« zu lesen stand, einen Straftatbestand erkannt zu haben. Im Gebäude selbst ging die Polizei gegen Unbeteiligte vor.

 

In einem offenen Brief an Michael Müller (SPD), den Regierenden Bürgermeister Berlins, zeigte sich ASH-Rektor Uwe Bettig entsetzt ob des Verhaltens der Polizei. So sei von dem an der ASH angebrachten Plakat »keinesfalls eine akute Gefahr« ausgegangen. Nach »juristischer Prüfung hier im Hause« sei die Hochschule vielmehr zu dem Schluss gekommen, dass ein »solches Plakat selbstverständlich keinen Aufruf zu einer Straftat« darstelle. Bettig bemängelt in dem jW vorliegenden Schreiben außerdem, dass Angehörige der Bildungseinrichtung »massiven Bedrohungen ausgesetzt« gewesen seien. Dies habe vor allem ausländische Studierende betroffen.

 

Während die Polizei gegen antifaschistischen Protest eingeschritten war, konnten die Neofaschisten ungestört und unter den Augen der Beamten zu Angriffen auf ihre Gegner aufrufen. So trugen die Nazis ein Transparent mit der Aufschrift »Linksfaschisten haben Namen und Adressen« bei sich, was als offene Drohung und unter Umständen auch als Aufruf zur Gewalt verstanden werden muss.

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Das nd ausführlich:

https://linksunten.indymedia.org/en/node/175669

 

Das lowerclassmag/Horst Schöppner über Alexander von Stahl, der fleischgewordene Hass einer ganzen Generation strammer Antikommunisten:

http://lowerclassmag.com/2016/04/ewiger-kampf-gegen-jeden-antifaschismus/