Der Krieg im Donbass zerreißt nicht nur die Ukraine, sondern spaltet die Menschen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion. Auf Seiten der sogenannten Volksrepubliken kämpfen nicht nur russophile Ukrainer*innen und russischen Soldat*innen, sondern auch internationale Unterstützer*innen aus der ganzen Welt. Unter ihnen sind Neonazis, Antifaschist*innen, Kommunist*innen, Fußballfans und militante Patriot*innen aus verschiedenen Ländern.
Die sogenannte Anti-Terror-Operation (ATO) unter Führung der regulären Truppen der Ukrainischen Armee auf der anderen Seite wird von ukrainischen Nationalist*innen und internationalen Freiwilligen unterstützt. Unter ihnen befinden sich Nationalist*innen aus verschiedenen osteuropäischen Staaten, Neonazis, Antifaschist*innen, nationalistische Anarchist*innen und Fußballfans. Im Zuge des Bürgerkrieges im Osten der Ukraine driftet der gesamte Osten zunehmend in einen patriotisch chauvinistischen Mainstream, in dem die Front zwischen kremlloyalen Unterstützer*innen einer vermeintlich aggressiv imperialen „Russischen Welt“ sowie den Unterstützer*innen des anti-imperialen Freiheitskampfes der ukrainischen Nation verlaufen soll. Dieser Konflikt spaltet nicht nur das politische Spektrum, sondern ist längst in der Popkultur angekommen. Die belarussisch-ukrainische Band BRUTTO, die am 9. Juni 2016 im Hangar 49 in Berlin und am 10. Juni 2016 im Hamburger Rockklub Logo spielen will, bilden hierbei ein gefährliches Scharnier zwischen nationalistischem Mainstream und militanten Patriot*innen. Aus diesem Grund soll an dieser Stelle über die Band, ihre Verbindungen und Sympathien, ihren Hintergrund und die Organisator*innen der Mini-Tour berichtet werden.
Die Band BRUTTO gründete sich im Herbst 2014. Sie ist ein Projekt des Musikers Sergej Mikhalok, der in Osteuropa aber auch im Westen als Sänger der Band Ljapis Trubetskoj populär wurde, die aufgrund interner Streitereien in der Positionierung zum Konflikt in der Ukraine sowie der kommerziellen Entwicklung zerbrach. Mikhalok bezieht sich allerdings bis heute auf die Band. Konzerte werden vor allem im Westen nicht selten unter dem Label „Ljapis“ promotet. Zum Teil offenbar auch, um eventuelle Kritik an BRUTTO zu vermeiden. Dies ist nicht verwunderlich, da das Projekt seit der Gründung nicht nur eine Band sein wollte, sondern die Bildung einer „paramilitärische Gruppe“ aus Musiker*innen und Sportler*innen zum Ziel hatte. [1] BRUTTO ist dementsprechend ein Akronym für „Brigada Revolucionnogo Ugara i Tvorcheskogo Otpora imeni Ornella Muti“ (dt. Brigade des Revolutionären Rausches und Künstlerischen Widerstand namens Ornella Mutti). Andere Bezeichnungen werden aber auch verwendet. So bezeichnete Mikhalok die Band bei einem Konzert am 3. März 2015 als „Belorussko-ukrainskuju Brigadu Tvorchestkovo Terrora i Otpora“ (dt. Belorussisch-ukrainische Brigade des Künstlerischen Terrors und Widerstands). In Interviews bestätigt er seinen militanten Anspruch und nennt BRUTTO ein Underground Dream Team, eine paramilitärische Einheit, und zwar zur Unterstützung ukrainischer und belarussischer Patriot*innen. [2]
Die Gruppe besteht aus mindestens sechs Mitgliedern, die aus Minsk, Grodno, Kyiv und Odessa stammen. Bei größeren Konzerten sind es aber durchaus mehr. Mikhalok (aka Kostjak) steht im Zentrum. Er ist einer der Sänger und tritt nach Außen oft als Sprecher der Band auf. Der zweite Sänger ist der belarussische Patriot Vitalij „Ogurez“ Gurkov aus Minsk, belorussischer Meister im Thai-Boxen und einer der bekanntesten Partizan Minsk Fans. Sergej „Brazil“ aus Minsk singt ebenfalls. Er ist Gewichtheber sowie ebenfalls Partizan Minsk Fan und Patriot. Er gehört zur Hool-Firm „Kheyra“, die gute Kontakte zu den Ethno-Anarchist*innen der Gruppe Poshug und Nasha Sprava pflegt und zuletzt durch patriotisch anti-kommunistische Graffiti auffiel. Weitere Sänger sind Pjotr „Aist“ Losevskij und Denis „Left“ Mel'nik aus Odessa. Letzterer ist Arsenal-Kyiv-Fan und Hooligan. Er spielt in der Band außerdem Gitarre, was er bereits in zahlreichen Hardcore-Bands wie zum Beispiel Clearsight, Conclusion, Still, Aspire und Homesick unter Beweis stellen konnte. Auch „Aist“ hat eine Vergangenheit in ukrainischen Hardcore Bands, in denen er Schlagzeug spielte. Den Bassisten Denis „Dynja“ Sturchenko sowie den Schlagzeuger Denis „Shurup“ Shurov brachte Mikhalok aus seiner letzten Band Ljapis Trubetskoj mit. Pavel „Rudeboy aka Lanister“ Tretjak aus Grodno kümmert sich um das Klavier und spielt Gitarre sowie Mandoline. Dmitrij „Topor“ Kozlovskij singt im Background und ist der Regisseur der Videoclips der Band. Das heißt, BRUTTO vereint Musik, Sport sowie Militanz und spricht dementsprechend nicht nur den (popkulturellen) Mainstream sondern auch subkulturelle Spektren an.
Das Logo der Band ist nicht minder interessant. Sehen die beiden aufeinanderliegender roten „T“ auf den ersten Blick rebellisch und stylisch aus, verbirgt sich dahinter ein kaum verschleierter Bezug zu belarussisch patriotischen Symbolen. Die Band hat sich bereits in mehreren Videos und Statements positiv zur weiß-rot-weißen belarussischen Fahne geäußert und sie verwendet. Für Patriot*innen sehr viel wichtiger ist aber das Wappen „Pogonja“, das von 1991-1995 das Wappen der Republik Belarus war. Darauf ist auf rotem Grund ein weißer Reiter auf weißem Pferd mit Schild und goldenem sechsendigem Lothringerkreuz auf dem Schild zu sehen. [3] Es lehnt sich an das Wappen des Großfürstentums Litauen an, dessen Imperium vom 13. bis 15. Jahrhundert von der Ostsee bis ans Schwarze Meer reichte. Nach einem umstrittenen Referendum im Jahr 1995 wurde das Wappen und die weißrotweiße Nationalflagge ersetzt. Die alte Fahne wurde zum Symbol der Opposition. Das Wappen nutzen heute eher patriotische Oppositionelle. Im Übrigens blieb während der Besetzung von Belarus durch die Nazis die weißrotweiße Fahne und die Pogonja erlaubt sowie wurde auf Uniformen belarussischer Kollaborateure in der Wehrmacht, der Polizei und der SS genutzt. Nicht minder interessant ist, dass eine belarussische Freiwilligeneinheit, die auf Seiten der ATO gegen die Separatist*innen im Donbass kämpft [4], sich den Namen „Pogonja“ in Anlehnung an das bereits beschriebene Wappen gab. Dass Mikhalok zu diesen militanten Patriot*innen Sympathien hegt, ist nicht verwunderlich. Dass er aber offen zum Beispiel wie beim Musikfestival „Bandershtaze“ im August des vergangenen Jahres ein T-Shirt der Milizionäre trägt, verwundert dann aber doch. [5] Wobei die Mitglieder von BRUTTO auch schon vorher ihre Sympathien mit Faschist*innen und Neonazis kaum verheimlichten, sondern offen zeigten. So ließen sie sich bei einem Konzert im März 2015 mit Neonazis der militanten Gruppe Misanthropic Division sowie Milizionären ablichten, die im berühmt berüchtigten Bataillon Azov kämpften. Auf einem Bild posierten Mikhalok und Gurkov bereitwillig mit ihren Neonazi-Gästen, die unübersehbar Hakenkreuz-Tattoos präsentierten und ein Combat-44- sowie ein Azov-Terror-Machine-Shirt trugen. [6] BRUTTO bezeichnet sich demnach nicht nur als paramilitärische Gruppe, sondern nutzt in ihrem Logo ein monarchistisch patriotisches Symbol. Darüber hinaus pflegen Mitglieder der Band offen Kontakte zu militanten Patriot*innen wie zum Beispiel der ethno-anarchistischen Gruppe Poshug sowie patriotischen Partizan Minsk Hooligans der Gruppen Kheyra und Nasha Sprava oder zu patriotischen Milizionär*innen wie jenen der belarussischen Freiwilligeneinheit „Pogonja“.
Übrigens, die verschiedenen Fangruppen in der Ukraine und auch in Belarus scheinen angesichts des Krieges im Donbass ihre Rivalitäten und politischen Meinungsverschiedenheiten vorerst begraben zu haben. Schließlich kämpfen sowohl neonazistische und antifaschistische Hooligans als Patriot*innen gemeinsam im Donbass. In einem sehr interessanten Artikel des oppositionellen, belarussischen Portals novychas.by spricht die Autor*in unter anderem mit zwei prominenten Hools – einer ein Neonazi, der andere bezeichnet sich selbst als Antifaschist. Weniger interessant weil bereits bekannt ist, dass sich die Partizan Minsk Fanszene zunehmend in eine patriotische und ethno-anarchistische verwandelte, sondern dass die beiden eigentlich verfeindeten Lager sich zusammentaten, offenbar eine Liste mit Belaruss*innen anfertigten, die auf Seiten der Milizen der sogenannten Volksrepubliken kämpften, und diese Liste an die Behörden, also den KGB, übergaben. [7] Selbst von massiver Repression betroffen, scheint der Hass so groß zu sein, selbst zu Tschekist*innen zu werden und Menschen zu denunzieren.
Aber kommen wir zurück zu BRUTTO. Denn den Organisator*innen der Konzerte in Berlin und Hamburg scheint die Problematik, dass militanter Patriotismus und Kontakte zu militanten Neonazis, aber auch die sexistische und homophobe Promotion der Band auf Kritik stoßen könnten, durchaus bewusst zu sein. Die aktuelle Mini-Tour wird vom Hamburger Verein Internationale Alternative Kulturbewegung "RockFront" e.V. organisiert. [7] Verantwortlich ist die Vorsitzende des Vereins Elena Botchanov [8], die offenbar die Konzerte auch mit Hilfe von Verschleierung und Verschweigen durchsetzen will. Im russischen sozialen Netzwerk vkontakte schreibt sie zum Beispiel, dass sie Klubs angesprochen hat, mit denen sie schon länger zusammenarbeitet, und sie ihre gesamte Reputation in die Waagschale geworfen hat. [9] Noch viel aufschlussreicher ist aber, was sie am 30. März im geschlossenen Forum „Funky Souls“ postete. Dort schreibt sie mit lachenden Smilies versehen, dass sie den Hamburger Klub „Logo“ ausgewählt hat, weil er klein ist, die Bands quasi im Keller spielen und die Betreiber*innen keine Ahnung haben, wer BRUTTO ist und wofür die Gruppe steht. Das heißt, Botchanov wollte die Leute bewusst hintergehen und ihnen den Hintergrund der Band verheimlichen. [10] Dieses Vorgehen hat mit einer seriösen und vertrauensvollen Zusammenarbeit nichts zu tun. Was die betrogenen Klubs „Hangar 49“ [11] und „Logo“ [12] wohl davon halten werden, wenn sie vom Verhalten ihrer Partnerin erfahren, dürfte klar sein. Darüber hinaus ist fraglich, was der Paritätischen Wohlfahrtsverband als Träger von RockFront davon hält, dass die Vorsitzende eines ihrer Projekt betrügerisch versucht Konzerte einer Band durchzusetzen, die für Ausgrenzung steht und militante Patriot*innen unterstützt.
Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass BRUTTO keineswegs eine harmlose Band ist, die rebellischen Ska-Punk spielt. Die Gruppe bietet sowohl dem patriotischen Mainstream als auch den militanten Patriot*innen den Soundtrack für eine Bewegung, in der Pop und Subkultur ineinander verschwimmen. Dies dürfte in der Ukraine und in Belarus für BRUTTO auch finanziell äußerst lukrativ sein. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Mikhalok und seine musikalisch paramilitärischen Kampfgenoss*innen mit allen Mitteln versuchen, auch im Westen Fuß zu fassen, um auch hier zumindest in der osteuropäischen Diaspora anzukommen. Dies sollte aber verhindert werden.
[1] siehe http://www.belgazeta.by/ru/966/society/30075/
[2] siehe http://bruttoband.ru/interview_3.html
[3] Pogonja, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Pahonja_%28Heraldik%29
[4] über die Einheit siehe hier http://hronika.info/ukraina/27264-k-otpravke-v-zonu-ato-gotovitsya-belorusskiy-otryad-pagonya-video.html
[5] siehe Artikel hier http://nn.by/?c=ar&i=153905
[6] siehe https://de.indymedia.org/node/3789
[7] zum Artikel siehe http://novychas.by/palityka/belarus-zaczyszczajuc-ad-patryjotau
[7] RockFront e. V., siehe http://www.rock-front.de / http://www.rock-front.de/news/events/sergej_michalok.html
[8] Elena Botchanov in den sozialen Netzwerken facebook.com/elena.botchanovashulkina, https://vk.com/botchanova
[9] Botchanov Kommentar bei vk, siehe https://vk.com/event114495501?w=wall-114495501_5
[10] Siehe http://forum.funkysouls.com
[11] Hangar 49 / Berlin http://hangar49.de
[12] Logo / Hamburg http://www.logohamburg.de
Danke für die qualifizierte Recherche!
und mehr Meer davon ;)
Hitler stalin
Was ist so schlimm daran Stalin mit Hitler gleich zu setzen, respektive zu vergleichen???
Bürgerlich Rechte Totalitarismuscheisse
ist Basiswissen für jeden, der überhaupt den Finger erheben will. Also auch für Dich, und dann kannste nochmal anfangen Fragen zu stellen.
Und ja, Hitler war ein Reichswehrspitzel.
nur hier?
habt ihr diese Recherche nur hier veröffentlicht oder auch den Clubs und dem Paritätischen zugeschickt?
..evtl wirds dann ja doch Nix mit der Minitour..
So schwer es von hier aus erscheint überhaupt zu blicken, wer für und gegen was kämpft und wer evtl unterstützenswert sein könnte, so viel schwerer ists dann doch auch noch in der musikalischen Ecke Bescheid zu wissen...
Die Musik von Brutto
Auch interessant folgende Beschreibung zum Track und Musicclip "Partizan Rok"
Quelle: Brutto - Lieder für ukrainisch-belorussische Patriot*innen, 6.3.2015, https://linksunten.indymedia.org/de/node/136634
Informationen weitergeben
Diese Informationen sollten in jedem Fall an die Klubs und die Partnerverbände von RockFront gehen. Hier die Kontaktinfos:
Hangar 49 / Berlin
Allgemein: info@hangar49.de
Moritz Weber (Booking): info.hangar49@googlemail.com
Logo / Hamburg
Allgemein: info@logohamburg.de
Vlub: club@logohamburg.de
Chris August (Booking) chris@logohamburg.de
Niels Hergen (Booking): niels@logohamburg.de
Der Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Hamburg
info@paritaet-hamburg.de
Verband der russischsprachigen Jugend in Deutschland e.V. (JunOst)
http://junost-online.de/de/contacts
Deutsche Jugend in Europa - djo
http://www.djo.de/de/page/geschaeftsstelle
info@djo.de
Scheiß auf Patriot*innen-Rock!
Gar nicht harmlos und friedlich
Mehr als die Hälfte der Band Brutto kommt aus dem hooliganistischen Milieu der Vereine Partizan Minsk und Arsenal Kyiv. Die Minsker Hooligans haben sehr gute Kontakte zu den Gruppen Kheyra und Nasha Sprava. Diese Gruppen wiederum sind eng verbunden mit den xenophoben und antikommunistischen Ethno-Anarchist*innen der Gruppe Poshug sowie Freiwilligenverbänden, die zusammen mit Neonazis und neonazistischen Hooligans im Osten in der Ukraine kämpfen. Mikhalok gibt sich selbst für eine ANTI-LGBTI-Kampagne her. Er läßt sich mit Freiwilligen des neonazistischen Regiments Azov, neonazistischen Milizionär*innen von Misanthropic Division und belarussisch patriotischen Freiwilligen der Einheit "Pagonja" ablichten. Auf dem aktuellen Brutto Album gibt es ein Lied, das "Revvoenosovet" heitß. Darin wird beschrieben, wie die Menschen zusammen in einen offenbar Heiligen Krieg ziehen. Das Regiment Azov nutzt Brutto Lieder immer wieder für eigene Propaganda-Videos und Brutto tut nix dagegen... Also, von wegen "gegen Gewalt, gegen Krieg, gegen Diskriminierung".
Das Gegenteil ist der Fall. Brutto ist eine musikalisch paramilitärische Truppe, die vor allem über Kampf, Krieg und nationale Befreiung singt. Ihr Texte sind völkisch und antirussisch. Mikhalok haßt alle Russ*innen und beschimpft sie auf Konzerten immer wieder im übelsten Mat'. Außerdem bedroht Brutto und das Umfeld der Band Kritiker*innen. Und Elena Botchanova, Organisatorin der Mini-Tour in Deutschland und Vorsitzende von RockFront, läßt sich von Brutto betrügen. Sie fällt auf die Lügen von Brutto rein. Und noch schlimmer, sie selbst hintergeht Partner*innen und bedroht Kritiker*innen. Sie schrieb im geschlossenen Forum Funky Souls am 30.03.2016 über den Klub Logo: "Der Klub ist klein und sie waren die einzigen, die nix wussten und mir nicht abgesagt haben... )))". Im Original auf Russisch schrieb sie: "ну вот он маленкий и они единсвенные ничего не знали, мне не отказал... )))" Sie findet es offenbar tatsächlich lustig, ihre Partner*innen zu hintergehen? Wie schäbig ist das denn...