Besetzung einer Ferienwohnung in Berlin Kreuzberg am 29. März fehlgeschlagen +++ Aufkleber und Plakate verklebt +++ 04. April Flugblätter verteilt +++ Wir kommen wieder +++ Achtet auf Ankündigungen +++
Die Idee:
Am Dienstag den 29. März wollten einige Menschen eine Ferienwohnung in der Eisenbahnstr. 12 in Berlin Kreuzberg besetzen.
Die Gründe:
In den vergangenen Jahren ist das Grundbedürfnis auf Wohnen immer mehr zum Luxusgut geworden. Geflohene Menschen werden an den absurdesten Orten auf engstem Raum untergebracht. Besonders für allein reisende Frauen mit oder ohne Kindern ist diese Situation unerträglich. Menschen mit wenig Geld werden an den Stadtrand verdrängt. Unterkünfte für Obdachlose geschlossen. Für Menschen mit wenig oder gar keinem Einkommen ist es unmöglich, eine bezahlbare Wohnung zu finden.
Gleichzeitig nehmen sich wenige, die es sich leisten können, immer mehr Raum in der Stadt – sei es mit Ferienwohnungen, Konsumtempeln oder exklusiven Freizeiträumen. In Berlin gibt es nach offiziellen Angaben rund 25.000 Ferienwohnungen. Wohnungen werden so zweckentfremdet und dem Wohnungsmarkt entzogen. Dabei steigt der Profit für die Vermieter_innen durch die Kurzzeitmieten um das Zehnfache.
Wir sagen: Es gibt keine Wohnungsnot in Berlin, wir müssen uns die Wohnungen, leeren Häuser und Bürogebäude nur aneignen.
Die Aktion (dumm gelaufen):
Alles war gut vorbereitet: Transpis, Schilder und Flugblätter waren gebastelt, Kuchen gebacken und Kaffee gekocht. Zahlreiche Initiativen, politische Gruppen und Einzelpersonen aus dem Kiez und aus ganz Berlin waren gekommen, um die Besetzung zu unterstützen. Dann hat uns der Zufall einen Strich durch die politische Aktion gemacht. Ein Nachbar und Freund des Ferienwohnungsvermieters tauchte auf und störte. Dieser Aktiv-Nachbar ließ nicht locker und rief die Bullen, die eine Person auf die Wache mitgenommen haben. Bei dem Genossen wurden neben Werkzeug, ein Transpi „Ferienwohnung besetzt“ und ein Flugblatt gefunden. Gegen ihn wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch eingeleitet.
Die Nachricht, dass die Besetzung schief gelaufen ist, verbreitete sich schnell unter den warteten Unterstützer_innen. Der ersten Enttäuschung folgte aber zugleich eine neue Entschlossenheit, die Besetzung an einem anderen Tag und an einem anderen Ort noch mal zu versuchen. Schließlich gibt es in Berlin geschätzte 20.000 bis 25.000 Ferienwohnungen. Aufkleber und Plakate gegen Ferienwohnungen wurden verteilt, die mittlerweile in ganz Berlin kleben. Kuchen mampfend und mit kraftvollen Rufen „wir sind Wiederholungstäter“ zerstreute sich die Meute.
Es geht weiter …
Heute, am 4. April, sind wir noch mal in die Eisenbahnstraße und haben das Nachbarschafts-Info-Flugblatt in den Briefkästen verteilt, was am 29. März nicht mehr ging.
Wir lassen uns von dem Misserfolg nicht entmutigen, die nächste Besetzung folgt… Ihr hört von uns …. Ferienwohnungen abschaffen!
Hier unser Flugblatt: Ferienwohnungen in unser Nachbarschaft abschaffen
Liebe Nachbar_innen, Interessierte und Empörte,
viele von uns begegnen immer häufiger Tourist_innen mit Rollkoffern in der Straße, sehen Gruppen von jungen Leuten, mehr oder weniger betrunken, von Kneipe zu Kneipe ziehen. Die meisten dieser feierlustigen und/oder kulturinteressierten Menschen wohnen direkt in unserer Nachbarschaft. Nicht lange und immer zu kurz, um sie wirklich kennenzulernen. Sie wohnen in einer Wohnung in unserem Haus, im Nachbarhaus oder in einer Wohnung in der Nachbarstraße. Kurz gesagt in Ferienwohnungen. Wir haben nichts dagegen, wenn jemand im Urlaub ist und seine Butze für die Zeit untervermietet. Aber wir haben etwas gegen Ferienwohnungs-Anbieter_innen die eine oder gleiche mehrere komplette Wohnungen an Tourist_innen vermieten, in denen vorher unsere Nachbar_innen gewohnt haben und rausgeschmissen wurden.
Durch diese Anbietenden werden reguläre Mietwohnungen dem Markt entzogen. Und die Vermieter_innen leben von dem Business nicht schlecht, können sie doch ein vielfaches der regulären Miete aus Touristen_innen raus holen und damit ein nicht zu verachtendes Einkommen sichern. Bis zum 10-fachen der Miete ist bei guter Auslastung der Ferienwohnung möglich.
Und damit haben wir schon seit langem ein Problem. Wir finden Wohnraum ist keine Ware und schon gar nicht in Zeiten, in denen 10-tausende Menschen eine bezahlbare Unterkunft suchen. Es ist einfach nicht zu vertreten, dass Menschen in die Obdachlosigkeit gezwungen werden – weil es schlicht und einfach zu wenige bezahlbare Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt gibt. Es geht nicht, dass Geflüchtete in Massenunterkünften wie den Hallen auf den Tempelhofer Feld oder in Turnhallen übernachten müssen – ohne den Hauch von Privatsphäre oder Sicherheit – während es bei uns in der Nachbarschaft hunderte von Ferienwohnungen gibt.
Ja, es sind hunderte Unterkünfte – das lässt sich schlicht und einfach bei einem Blick auf das Ferienwohnungsportal www.airbnb.de, dem größten Anbieter von Ferienunterkünften in Berlin, feststellen. Eine Semesterarbeit an der Uni Potsdam hat die Angebote von airbnb analysiert. Dort ist folgendes zu finden:
Im Februar 2015 wurden in Berlin 11701 Unterkünfte bei airbnb angeboten, das sind mehr als in Hamburg, München, Köln und Frankfurt zusammen. [aktuelle Ergänzung und nicht im Flugblatt Original: Laut Berliner Zeitung vom 26.03.16 gibt Airbnb selbst an, dass allein dieses Unternehmen 16.000 Angebote in ganz Berlin vermittelt.]
In unserer Nachbarschaft befinden sich davon:
In der Eisenbahnstraße: 25 Inserate
In der Köpenicker Straße: 38 Inserate
in der Manteuffelstraße: 44 Inserate
Am Lausitzer Platz: 10 Inserate
In der Wrangelstraße: 45 Inserate
In der Muskauer Straße: 22 Inserate
in der Skalitzer Straße: 44 Inserate
...
Das Zweckentfremdungsverbot vom Senat, das Ferienwohnungen nur im Ausnahmefall erlaubt, scheint auch nicht gewirkt zu haben, denn wir haben aktuell nachgezählt. Auf der interaktiven Karte von airbnb findet man die markierte Standort von Ferienwohnungen. (Stand März 2016)
Zwischen Köpenicker Str., Skalitzer Str., Kotti, Dresdener Str. und Heinrich-Heine-Str. befinden sich um die 270 Inserate. Und die Zahlen sind die Inserate nur von airbnb. Die zahlreichen Ferienwohnungen auf anderen Portalen sind nicht aufgeführt. Von den 25 Inseraten in der Eisenbahnstraße die 2015 auf airbnb.de angeboten wurden, finden sich auch ein Jahr später noch viele wieder. Mehr noch, wenn wir bei airbnb nach einer Unterkunft in der Eisenbahnstraße suchen, werden uns automatisch 40 Unterkünfte angeboten.
In der Eisenbahnstr. 12...
… befinden sich mindestens 4 Ferienwohnungen. Und das schon seit Jahren, so wissen Nachbar_innen zu berichten, denn bis zum letzten Jahr haben die Gäste öfters mal bis in die Morgenstunden bei offenen Fenster gefeiert. Seit einem Jahr ist es ruhiger, „es sollen bulgarische Bauarbeiter vom BER dort gewohnt haben“. Letzte Woche waren bei unserer Recherche englischsprachige Tourist_innen in drei der Wohnungen. Auf den Klingelschildern an der Eingangstür sind anstatt Namen, Zahlen aufgeklebt „1517“ und „20“ . Auf Ferienwohnungs-Portalen finden wir drei Ferienwohnungen in der Eisenbahnstr. 12. Der Vermieter nennt sich bei wimdu.de : "Mr. Berlin". Bei Airbnb hat er das Profil "Kreuzberger" und wird in den Bewertungen "Ari" genannt. Hatten wir noch vor einem Monat alle drei Ferienwohnungen bei airbnb gefunden, ist seit einer Woche nur noch eine FeWo bei airbnb zu finden und zwei bei wimdu.de.
Eine Internetrecherche bringt ein wenig mehr. Unter: „firmenwissen.de" findet sich für die Eisenbahnstr. 12 eine Selver Ari – Hausverwaltung, die ist in der Creditreform Firmendatenbank in dem Geschäftsfeld "Verwaltung von Gewerbegrundstücken und Nichtwohngebäuden für Dritte" eingetragen. Das Unternehmen wird derzeit von einem Manager (1 x Inhaber) geführt. Creditreform Nr.: 2011506562. Einen Handelsregistereintrag konnten wir auf unternehmensregister.de nicht finden.
Wer selber nachschauen möchte:
airbnb.de/rooms/1918705,
wimdu.de/offers/66MPFJDE,
wimdu.de/offers/NMSCYTPR
kuchen
Der Kuchen war doch bestimmt für den Leipziger Oberbürgermeister gedacht, oder?
Was, Berlin? Ach, da machen noch Leute was? Sie haben fast eine Ferienwohnung besetzt und danach Aufkleber verklebt? Und das so kurz vor dem ersten Mai? Na dann ist ja zu erwarten, dass es da bald wieder einen kraftvollen Ausdruck der radikalen Linken gibt, der die Rebublik in die Hauptstadt gucken lässt.
Niemals aufgeben!
!
Super Sache Alle Solidarität an euch!
Was AirBNB angeht habe ich gemischte Gefühle, auf der einen Seite die Ferienwohnungen, also expliziet Ferienwohnungen, geht gar nicht!
Auf der anderen Seite, 2 Wochen nicht in der eigenen Bude und dann untervermieten über AirBNB, halte ich für in Ordnung, auch wenn das wieder ein weiterer Lebensbereich welchen man kommerzialisiert, eigentlich zum kotzen, sollte aber jeder selbst für sich entscheidend!
Am Ende ist wieder einmal klar: Die Kriese heißt Kapitalismus und Eigentum ist Diebstahl!
Gute Recherche arbeit
Wichtig und schade
Gut, gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum vorzugehen. Toll, dass ihr Zeit und alles weitere investiert! Schade finde ich das Bild von "Tourist_innen" als betrunkenen Eindringlingen mit Rollkoffer. Ich verstehe nicht, warum ein_e Nichtberliner_in dann irgendwie doch als unliebsamer Fremdling dargestellt wird, wo sich die Kritik doch gegen Anbieter_innen und Politik richten sollte.
ja durchaus Rechts in dieser Art
Wenn man bedenkt. Oftmals ist es für Leute mit wenig Einkommen wenn man mit mehreren reist billiger, gemeinsam eine Ferienwohnungen zu nehmen. Aber dann als besoffener Gesindel dargestellt werden ist Mist. Das erinnert mich an Parolen von Rechts. Nur hier gegen Touristen statt Flüchtlinge oder Ausländer und Einwanderer.M
touriwahn
Ist aber leider wahr. Wer wie ich, sein halbes Leben in der Skalitzer wohnt, weiss leider wie unerträglich dieses Party Volk ist. Ganz gleich ob sich da nun ein paar Typen aus Geldmangel zusammen eine Ferienwohnung mieten oder ob es Einzelpersonen aus Hotels sind. Natürlich ist die Masse kein Individuum aber mensch muss deswegen auch nicht immer alles relativieren. Deshalb finde ich den Vergleich oben im Text durchaus angebracht. Der Nazi-vergleich ist total daneben und ärgert mich, der kommt oft von Leuten die weder darunter zu leiden haben, noch von welchen die sich gegen Ursachen und Problemen der Getrifizierung engagieren.
Alle Achtung
Merkt ihr eigentlich was ihr für einen Schaden habt
Ich glaube nicht ihr denkt euer beschränktes Denken und handeln ist normal.
naja
Nazivergleiche brauchts jetzt nicht, aber der Berlinozentrismus ist nervig, den Touri als Feindbild darzustellen, vor dem es Berlin zu beschützen gilt, bestenfalls blöd.
lesen hilft
sie schreiben doch, dass sie auch nix dagegen haben, dass jemand seine Wohnung vermietet während er/sie im Urlaub ist. Sie meinen, dass man die Leute nicht kenne, weil sie dafür zu kurz da seien. Sie schreiben, dass die Anbieter das Problem sind. Also bitte, ist schon was anderes als das Bild, das du jetzt malst. Man erkennt ToristInnen nun einmal oft an einem Rollkoffer und mit verlaub - in Berlin, wie in vielen anderen Großsstädten in Europa sind die jungen, hippen Party-people ja wohl so was von präsent-und nervig! Damit kann man eben deutlich machen, wie touristisch der eigene Kiez schon ist. Ich finde das manchmal ein wenig überempfindlich. Immerhin muss man doch mal festhalten, dass Tourismus echt nicht gut ist für die KiezbewohnerInnen! Das bedeutet immer Verdrängung und explodierende Mieten. Mut zum Plakativen!