„Karlsruhe wehrt sich“ und die Verbindungen zur radikalen Rechten. Gegen die Fackel-Kundgebung mit anschließendem Aufzug am 08.04.2016

1 WehrsportPistole

Für Freitag, den 08.04.2016 kündigt das rechte Netzwerk um „Karlsruhe wehrt sich“ ab 19 Uhr erneut eine Kundgebung auf dem Stephanplatz mit anschließendem Aufzug an. Das Szenario dürfte inzwischen allseits bekannt sein. Nach einigen Reden werden die Rechten im Bereich Amalienstraße, Hirschstraße, südliche Waldstraße, Leopoldstraße marschieren und wieder auf den Stephanplatz zurück kehren. Lediglich das Tragen von Fackeln wird ähnlich einer Sensation in alt-deutscher Schrift auf dem neuesten Flyer angekündigt.

 

Als Redner*innen werden Melanie Dittmer, Ester Seitz, Marcel Meyer und Alois Röbosch genannt.

 

Melanie Dittmer

 

Melanie Dittmer ist seit vielen Jahren in der radikalen Rechten und der militanten Neonazi-Szene in NRW (bewaffnete Wehrsportübungen) aktiv1,2. Ob als Kreisbeauftragte der Partei Deutsche Nationalisten, in der Kameradschaft Recklinghausen, als Stützpunktleiterin der JN, beim Bildungswerk Deutsche Volksgemeinschaft (BDVG), Vorstandsmitglied von Pro NRW, bei den „Identitären“, als Organisatorin diverser Pegida-Ableger oder Journalistin für diverse Szenemagazine.3

 

Dittmer war auch schon am 02.02.2016 in Karlsruhe als Rednerin aufgetreten4. Grund dafür dürften ihre guten Beziehungen zu Ester Seitz (Organisatorin der Karlsruher Aufmärsche) sein.

 

In ihrer damaligen Rede schwadronierte sie in verschwörungstheoretischer Manier von „Politmarionetten“, „gesteuerter Meinungsmache“,“ staatlicher Finanzierung von Autonomen und Linken“ und einer „DDR 2.0“.

Ihr Verhältnis zum Antisemitismus war schon immer ein gutes. Zitat: "Für mich ist es völlig unerheblich, ob es den Holocaust gegeben hat.“5 Und ihre Geschichtsvergessenheit stellte sie nebenbei auch noch zur Schau, indem sie behauptete, dass der Faschismus eine italienische Epoche gewesen wäre, den es in Deutschland nie gegeben hätte.

Weiter redete sie Untergangsszenarien und apokalyptische Aussichten herbei. Sie sieht ein volksfeindliches System, welches Deutschland zum Zusammenbruch führt, fordert eine Übergangsregierung, die Revolution, einen Austausch des Systems und den Kampf bis zum Tod. Um dies zu untermauern zitierte sie Alfred Leo Schlageter, „der erste Soldat des III. Reiches“. Auch er kämpfte gegen Fremdbestimmung und für nationale Souveränität. Das Bild ihres „Neuen Deutschland“ ist klar.

 

Ester Seitz

 

Ester Seitz ist erst seit dem Jahr 2014 in der Szene aktiv. Der Anstoß ihrer politischen Tätigkeit dürfte wohl ihre Beziehung zum islamfeindlichen Blogger Michael Stürzenberger (PI-News) sein.

Heute ist sie Organisatorin von „Widerstand Ost/West“ und „Karlsruhe wehrt sich“. Nebenbei schreibt sie für den Blog des Nazis Michael Mannheimer, welcher des öfteren als Redner in Karlsruhe aufgetreten war.

Ester Seitz wandelte ihre Ansprachen in den letzten Monaten von islamfeindlicher Hetze hin zu völkischem Rassismus und Nationalismus. Ihre Verbindungen zur radikalen rechten Szene sind in der Öffentlichkeit immer deutlicher zu sehen.

Am 19.03.2016 trat Ester Seitz beim „Tag der Heimattreue“, welcher von der neonazistischen Kleinstpartei „Die Rechte“ organisiert wurde als Rednerin auf.6 Auf der Aufmarschstrecke zeigte sie sich mit einer Reichsflagge7, welche inzwischen auch auf den Karlsruher Demos zum Standartrepertoire gehört.

 

Marcel Meyer

 

Als Redner ist auch “Marcel M.” alias Marcel Meyer aus Pirmasens angekündigt. Dieser bewegt sich im Umfeld der sogenannten Pfälzer Spaziergänge, engagierte sich als Wahlkampfhelfer der AfD7 in Kaiserslautern und nahm im März 2016 an einem Aufmarsch des Nationalen Widerstandes in Zweibrücken teil.

 

Alois Röbosch

 

Alois Röbosch ist Landesvorsitzender der Republikaner in Rheinlandpfalz und sitzt im Gemeinderat von Speyer.

Röbosch gehört seit Dezember zum Organisationskreis des „Widerstandes Karlsruhe“ und löste damals quasi Thomas Rettig ab. Weiterhin trat er auch schon vorher regelmäßig als Redner in Karlsruhe auf. Röbosch fuhr unter anderem den Lautsprecherwagen der letzten Demo nach Hause.

 

Weitere Personen

 

Neben Ester Seitz nahmen am 19.03. in Bruchsal weiter Personen aus dem Umfeld von „Karlsruhe wehrt sich“ am „Tag der Heimattreue“ teil. So ist Angelina Bähren8 an der Spitze des Aufmarsches zu sehen. Manuel9, welcher sich in der letzten Zeit des Öfteren als Redner in Karlsruhe einer drei-Personen-Demo in Ettlingen zeigte, zeigte seine Sympathien für die radikale Rechte und dem Traum vom großdeutschen Reich ebenso wie einige weitere regelmäßige Teilnehmer*innen der Karlsruher Aufmärsche.

 

Schaut man sich die zur Facebook-Veranstaltung eingeladenen Personen an, findet sich ein „Who is Who“ der rechten Szene aus dem ganzen Bundesgebiet.

 

Einige Beispiele hierzu:

 

Michael Stürzenberger (PI-News), Sigrid Schüßler, Heidi Mund, Peter Richter (Anwalt der NPD), Holm Teichert (Pro NRW), Birgit Weissmann (Bagida-Chefin), Curd Schumacher, Stefan Jagsch (NPD), Flak (Liedermacher), Christopher von Mengersen (Pro NRW), Christoph Drewer (Die Rechte Dortmund), Alexander Neidlein (NPD), Patrick Schröder (NPD), Ferdinand Gerlach (Die Freiheit), usw.

 

Auch wenn sich das regelmäßige Mobilisierungspotential von „Karlsruhe wehrt sich“ auf 30-40 Personen beschränkt zeigt die Vergangenheit, dass das Auftreten einzelner Redner*innen zu einem deutlichen Anstieg führen kann. So haben sich beim letzten Auftritt von Dittmer im Februar einige aktionsorientierte Neonazis an der Demonstration beteiligt, welche für eine durchweg aggressive Stimmung gesorgt haben und nur durch konsequentes antifaschistisches Engagement in die Schranken gewiesen werden konnten.

Auch das Verhalten der Partei „Die Rechte“ nach der Landtagswahl und dem „Tag der Heimattreue“ darf gespannt beobachtet werden.

 

Der Gegenprotest

 

Das Netzwerk gegen rechts hat eine Kundgebung ab 17 Uhr ebenfalls auf dem Stephanplatz angemeldet.

 

In dieser Woche ist dieses in die Schlagzeilen geraten, da „besorgte Bürger“ gegenüber der FDP eine Einflussnahme durch Linksextremisten befürchten. Da die FDP sich nicht in der Lage sah darauf eine Antwort zu geben, stellte sie eine kleine Anfrage dazu im Gemeinderat.

Während die Verbindungen des Netzwerks „Karlsruhe wehrt sich“ zur radikalen Rechten in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle spielt, diese von einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung noch immer als "besorgte Bürger" betrachtet werden, sagt einiges über die Stimmung in dieser Stadt aus.
Dass ein bürgerliches Bündnis, welches sich zumindest noch symbolisch gegen diese Umtriebe stellt, als größeres Problem gesehen wird, noch mehr.
Und dass die FDP auf solche Fragen nicht selbst antworten kann, zeigt lediglich ihre passive Erscheinung in diesem Bündnis, welches für sie lediglich eine Imagekampagne zu sein scheint.

 

Nichtsdestotrotz werden wir nicht müde diese Verstrickungen weiter aufzuzeigen und dem Mob von Rassist*innen, Nationalist*innen und Faschist*innen die Straßen nicht regungslos überlassen.

 

Daher rufen wir auch dieses Mal alle Menschen auf, sich solidarisch diesem rechten Mob entgegen zu stellen.

 

Rechte Strukturen aufdecken und bekämpfen!

Für eine solidarische Gesellschaft!

 

… weitere Infos folgen

 

Quellen:

3 https://www.lotta-magazin.de/ausgabe/57/ich-kann-das

 

4 https://www.youtube.com/watch?v=W6ge0kc9kDU

 

5 http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/bogida-initiatorin-dittmer-mit-brauner-vergangenheit-a-1009832.html

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Also, erst mal danke für die Recherche. Und weiter so.
Dann etwas Kritik:
/Zitat
In ihrer damaligen Rede schwadronierte sie in verschwörungstheoretischer Manier von „Politmarionetten“, „gesteuerter Meinungsmache“,“ staatlicher Finanzierung von Autonomen und Linken“ und einer „DDR 2.0“.
Zitat/
Ich fange mal am Schluss des Zitates an: "DDR 2.0"
Dieser Ausdruck ist meines Wissens zuerst auf den Demos gegen Massenüberwachung (z.B. Freiheit statt Angst) benutzt worden. Er drückt aus, daß das Niveau der Überwachung heute da ist, wo die Stasi es immer gern gehabt hätte: jeder Schritt, jedes Wort ist (potentiell) überwacht und wird massenhaft ausgewertet. Dies wird zu Recht an der Stasi kritisiert und sollte selbstverständlich auch heute kritisiert werden. Es sei denn, man geht von der Theorie eines "guten Staates" aus, der dann im Namen der Sicherheit alles können und dürfen sollte.
Zweitens: "staatlicher Finanzierung von Autonomen und Linken": das ist natürlich Blödsinn, mit Ausnahme vielleicht von ein paar V-Leuten und den Antideutschen. Aber Verschwörungstheorie ? Na ja, eher ein bißchen faschistische Propaganda.
Drittens: "„Politmarionetten“, „gesteuerter Meinungsmache“": ja wie jetzt ? Natürlich sind Politiker Marionetten, wenn z.B. die Gesetzestexte von Lobbyisten geschrieben und dann über Fraktionszwang durch die Parlamente gedrückt werden (wie beides mehrfach geschehen). Ganz abgesehen davon, daß bestimmte Entscheidungen der Politik auch einfach durch Kapitalentzug bestraft werden können (und werden: siehe Griechenland als Extrembeispiel). Und Meinungsmache: ja natürlich ist die Tagesschau/der Spiegel/die Bild/etc Meinungsmache und Propaganda.
Abschließend: Die Taktik der Rechten ist hier eine altbekannte, nämlich sich alle möglichen Ziele, Ansichten und Kritiken zu eigen zu machen, die nichts mit ihren eigentlichen Ansichten zu tun haben (auch und gerade originär linke Positionen, wie z.B. in den 30ern "den Sozialismus", heute die Kritik an Massenüberwachung). Das Ziel ist hierbei, die eigene Mobilisierung zu stärken, auch wenn viele der so mobilisierten nur als nützliche Idioten dabei sind. Das alles sagt aber nichts über die Positionen an sich aus, die hier vereinnahmt werden. Alle oben genannten Punkte als "Verschwörungstheorie" abzuhaken, bringt mehr Schaden als Nutzen, weil sie für sich genommen durchaus faktenbasiert sein können. Kritisiert werden sollte hier eher, daß diese Positionen eben gerade von Menschen vertreten werden, die nicht emanzipatorisch, sondern unterdrückerisch agieren.
Dieser Punkt ist mir schon an mehreren Artikeln aufgefallen (nicht zwingend von euch), deshalb bin ich hier mal ins Detail gegangen.