Was für ein Fest! 69 angeblich verletzte PolizistInnen (2 davon vorübergehend dienstunfähig), 50 beschädigte Einsatzfahrzeuge (4 davon vorübergehend fahrunfähig), ein Sachschaden der in die Hunderttausende geht … Es war das i-Tüpfelchen des „Randalemeisters 2015“ (indymedia) zum Jahresabschluss.
Dafür hatte die Stadt mit ihrer Entscheidung, alle drei angemeldeten
Neonazi-Demos ins direkte Umfeld „unserer Karli“ zusammen zu legen,
selbst beigetragen. Statt eine in Connewitz gelegene Demo am absehbaren
polizeilichen Notstand scheitern zu lassen, wollte man der Kiezmiliz mit
dieser Entscheidung „den Druck aus dem Kessel“ (LVZ) nehmen. Denn dass
ein Ort mit „Nähe zu Connewitz problematisch werden“ würde, lag auch für
Polizeisprecher Andreas Loepki „auf der Hand“.(1)
Der MDR Sachsenspiegel erklärte seinen ZuschauerInnen noch am
Abend, dass die Zusammenlegung des Neonazi-Sternmarschs der Polizei die
Möglichkeit geben sollte, „beide Lager konsequent von einander trennen.“
Das wurde auch mit voller Härte durchgesetzt. Das Aufmarschgebiet wurde
weiträumig abgesperrt und damit vor Gegenprotesten in Hör- und
Sichtweite abgeschottet. Die Neonazis wurden unter dem Schutz von vier
Hundertschaften der Polizei - macht etwa 2,5 Polizisten pro Neonazi -
die 600 Meter lange Strecke eskortiert, versuchte Sitzblockaden von
GegendemonstrantInnen sofort geräumt.
Mattias Hasberg, Sprecher der
Stadt Leipzig, sprach noch vor der in Mitleidenschaft gezogenen Karli
stehend von einer „guten Entscheidung“, weil sich somit „zumindest diese
[eine] Seite der Demonstration [...] besser kontrollieren“ ließ.
„Allerdings“, resümierte die Leipziger Polizei später, „nahmen
Linksautonome die konsequente Trennung nun zum Anlass, ihre Aggressionen
in massivster Form gegenüber der Polizei auszuleben.“ Des Weiteren
führte die konsequente Abschottung der Neonazi-Demo dazu, dass sich
Protestierende nicht in Sitzblockaden, sondern zwischen autonomen
StraßenkämpferInnen wiederfanden. Statt mit ein, zwei friedlichen
Massenblockaden auf der Demo-Route und ein paar hundert Militanten
abseits davon, sah sich die Polizei mit einer amorphen Masse aus
protest-, blockade- und gewaltwilligen Demonstrierenden und
schaulustigen PassantInnen konfrontiert. Die Folgen der eigenen
Einsatztaktik gingen ihr hernach auf: „immer wieder und viel zu oft“
hätten sich „die Gewalttäter […] unter friedliche Protestteilnehmer
mischen“ können.
Es war soweit augenscheinlich, dass sich die (zudem unterbesetzten)(2) Polizeikräfte in ihrer Repressionswucht etwas zügeln mussten. Angesichts der dennoch beträchtlichen Polizeigewalt,(3)
die sich unter anderem im Beschuss ganzer Straßenzüge mit mindestens 78
abgelaufenen Gasgranaten zeigte, ist die Echauffiertheit des
sächsischen Innenministers Markus Ulbig, dass „die Kriminellen sogar in
der Adventszeit voller blinder Zerstörungswut in einer Einkaufsstraße
agieren und schwere Verletzungen von unbeteiligten Familien mit Kindern
in Kauf nehmen“, unerträglich. Dem Innenminister wäre rhetorisch die
Frage zu stellen, ob Kinder und PassantInnen eher durch brennende
Mülltonnen auf der Fahrbahn oder den massiven und recht willkürlich
anmutenden Beschuss der Karl-Liebknecht-Straße mit Tränengas gefährdet
werden.
Dabei entstand im Viertel durchaus kein geringer Sachschaden. Die Leipziger Volkszeitung (LVZ) bemühte sich den Gesamtschaden zu ermitteln und summierte kurzerhand den von Polizei, Stadt, Deutscher Bahn, Bundesbank, Hanseatic Bank, Volksbank, Sparkasse,
REWE und die zerstochenen Reifen von zwanzig Privat-PKW zusammen. Die
Schadenssumme „dürfte nach vorsichtigen Schätzungen in die
Hunderttausende gehen“, so das der LeserInnenschaft präsentierte
Resümee.
Die LVZ wäre jedoch nicht die LVZ, wenn sie nicht zugleich ihr Geschäft bürgerlicher Ideologieproduktion besorgen würde. Und so wurden der Schadensangabe Kurzinterviews mit Händlern, Gewerbetreibenden oder deren Angestellten aus der Südvorstadt zur Seite gestellt, die zwar (bis auf eine Ausnahme)(4) nicht zu den Geschädigten gehören, denen aber „schon anders“ zumute wurde, „als die ersten Steine flogen“. Die Hauptgeschädigten – Stadt und Banken – wurden hingegen nicht porträtiert, weil vermutlich auch dem letzten Redaktionsmitglied bewusst war, dass deren Schäden dem Privatinteresse der geneigten Leserschaft am Arsch vorbei gehen und im ungünstigsten Fall Hohn oder gar verhohlene Schadenfreude provozieren würden. Der kulturindustrielle Filter lässt Verbrechen und die Angst davor zum Gerücht verschwimmen.
Immerhin: die einzigen Schäden von
Privatpersonen ereigneten sich zwar an der Deutschen Objekt größter
Leidenschaft, dem Auto, allerdings fernab des Geschehens: vor einer
Gaststätte in der Koburger Straße sowie auf dem Parkplatz des Wildparks.
Bei den Geschädigten handelte es sich deshalb auch um linksalternative
KonzertbesucherInnen eines Hardcore-Festivals im Conne Island,
bei den TäterInnen also höchstwahrscheinlich um Neonazis. So aber
verschwimmt alles im extremismustheoretischen Einmaleins, damit das
Feindbild erhalten bleibt. Die öffentliche Bilanz für die Bürger sollte
lauten: Getroffen ist der Staat, gemeint sind wir alle!
Auch Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung reihte sich in diese
Deutung ein und sprach vom „offenen Straßenterror“ der „kriminellen
Gewalttäter“. Den nicht-kriminellen Gewalttätern in Uniform wurde
hingegen sein Dank zuteil, zugleich startete er einen
Vereinnahmungsversuch: „mit allen friedlichen Demonstranten erwarte ich
eine Stärkung der Polizeikräfte“. Auch die Polizei wünschte sich
natürlich, dass „sich die friedlichen Protestteilnehmer stärker und
aktiver abgegrenzt hätten.“(5)
Was bei Jung Gesinnungsfrage, war für die Polizei materielle
Notwendigkeit - „insbesondere für die Zeitpunkte, an welchen der Einsatz
von Zwangsmitteln unumgänglich war.“ Dieses Verhalten aber, nicht die
zum überwiegenden Teil zweckfremde Randale,(6)
muss aus linksradikaler Perspektive als Erfolg dieses Tages angesehen
werden. Ob nun aus Protestwillen oder dem kulturindustriellen Spektakel
entsprechenden Bedürfnis, dabeigewesen zu sein und Bescheid zu wissen –
trotz heftiger Attacken auf das staatliche Gewaltmonopol ließen sich
militante und zivile Protestierende nicht auseinandertreiben.
Der im
Nachhinein von GegendemonstrantInnen gegenüber der LVZ vorgebrachte
Einwand, „man habe sich (räumlich) gar nicht distanzieren können, ohne
den Gegenprotest grundsätzlich zu verlassen, weil nur der schmale
Korridor auf der Karl-Liebknecht-Straße verblieben wäre“, ist zwar nicht
falsch, doch mehr ein Vorwand. Stattdessen herrschte auf der
Karl-Liebknecht-Straße während der Auseinandersetzungen eine fast schon
volksfestartige Atmosphäre. Alles in allem fühlten sich Protestierende
und PassantInnen sicher, obwohl der linke Mob wütete. Angst und Panik
breiteten sich stets erst dann unter den Anwesenden aus, wenn
Polizeikräfte erneute Vorstöße unternahmen. Die Verbitterung über dieses
Verhalten ist Polizeisprecher Loepki im Interview mit der LVZ noch
deutlich anzumerken: „Wenn Vermummte auftauchen, Steine, Flaschen und
Pyrotechnik werfen, dann müssen Menschen, die sich friedlich gegen
rechte Hasstiraden versammelt haben, auch ein Zeichen gegen diese Form
der Gewalt setzen. Das dürfte keine Forderung, sondern eine
Selbstverständlichkeit darstellen.“(7)
Von einer von Behörden gewünschten Selbstverständlichkeit war auch im
Nachgang nicht viel zu spüren. Noch während die letzten Scharmützel
tobten, wurde etwa bei Twitter um Hegemonie in der medialen Deutung
gerungen. Dabei war auffällig, dass selbst Personen, die man politisch
eher links der Mitte einordnen oder als sympathisierend bezeichnen
würde, die Ausschreitungen zu legitimieren versuchten. Dazu wurde
überwiegend auf die schlimmere Gewalt von Neonazis verwiesen. „Brennende
Flüchtlingsunterkünfte sind inzwischen schon so alltäglich, das ein
paar brennende Mülleimer Schlagzeilen machen können“, kritisierte etwa
ein User den Tenor der medialen Berichterstattung.
Und auch das Grundrechtekomitee
begann seine Pressemitteilung mit der Feststellung: „Wenn die Empörung
über brennende Mülltonnen größer ist als die über brennende
Flüchtlingsheime, scheinen die Verhältnisse auf dem Kopf zu stehen.“ Die
Ausschreitungen produktiv wenden möchte gar Tobias Prüwer in besagtem
Kreuzer-Artikel (Fußnote 5): „Man könnte [...] #le1212 zum Anlass
nehmen, um über doppelte Standards und sächsische Verhältnisse zu
sprechen – dann wäre der Gewaltausbruch in der Tat wirklich sinnvoll.“
So richtig und wichtig die Denunziation dieser bürgerlichen Doppelmoral
auch ist, reproduziert sie mit dieser Kontextualisierung doch selbst das
leidliche Wahrnehmungsschema der Extremismustheorie.
In der Sache treffender, weil die rechts-links Konnotation abschwächend, ist da die bekannte Parole, die auch Früchte des Zorns
vor ein paar Jahren vertont haben: „Menschen sterben und ihr schweigt,
Scheiben klirren und ihr schreit.“ In einer Gesellschaft, in der die
Mehrheit noch über einen durchaus ansehnlichen Teil des
gesellschaftlichen Reichtums in Warenform verfügt, wird deren (auch nur
zu befürchtender) Schaden sie mehr sorgen, als der einer fremden, von
ihr unabhängigen Person.(8)
Da sich in der warenproduzierenden Gesellschaft, wie Marx feststellte,
„die Unabhängigkeit der Personen voneinander […] in einem System
allseitiger sachlicher Abhängigkeit ergänzt“, die gesellschaftlichen
Verhältnisse den Personen damit erscheinen „als das, was sie sind“,
nämlich „sachliche Verhältnisse der Personen und gesellschaftliche
Verhältnisse der Sachen“, erscheint ihren LiebhaberInnen, das lässt sich
beispielsweise in jedem Verfassungsschutzpapier nachlesen, Gewalt gegen
Sachen als der gegen Menschen ebenbürtig. Diese gesellschaftlichen
Verhältnisse, nicht der Vorwurf mangelnder Moral, sollten Gegenstand der
Kritik sein.
Das Geschäft des Vergleichsetzens und Ursachenverdrehens beherrschen die
Verteidiger der herrschenden Ordnung ohnehin besser. Die letzte
Gelegenheit dazu bot der Straßenterror rechter Hooligans anlässlich des
einjährigen Bestehens von Legida am elften Januar dieses Jahres. Fast
zeitgleich zum Geburtstagsständchen des Frontsängers der
Nazi-Hooligan-Band Kategorie C auf der Bühne Legidas überfielen rund 250 polizeilich so Registrierte (9)
in einer koordinierten Aktion ziemlich wahllos zwanzig Geschäfte in der
Wolfgang-Heinze-Straße, traten und schlugen PassantInnen und feuerten
Pyrotechnik auf die umliegenden Wohnhäuser ab. Auch hier gehen
polizeiliche Schätzungen des Schadens in die Hunderttausende, den
diesmal fast ausschließlich ansässige Händler, Gewerbetreibende und
Gastronomen erlitten haben.
Vielleicht in Ermangelung einer Steigerungsmöglichkeit, vielleicht auch
um das Image des Standorts zu verteidigen, verurteilte Oberbürgermeister
Jung den Überfall als „erneuten“ „offenen Straßenterror“ von
„Extremisten, diesmal [sic!] von rechtsaußen“. „Und auch hier [sic!]“,
fuhr er fort, „hatte das Geschehen nichts mit Politik“ zu tun. Dem
entgegenstehend deutete Polizeisprecher Loepki den Vorfall: „Nachdem
Linksextremisten in der jüngeren Vergangenheit immer wieder die privaten
Wohn- und Geschäftsadressen von zum Beispiel AfD- oder NPD-Mitgliedern
aufsuchten, um dort in auch massiver Form und mit einschüchternder
Zielrichtung Straftaten […] zu begehen, war es leider nur eine Frage der
Zeit, bis Rechtsextremisten versuchen würden, ähnlich zu agieren. Das
gestrige Verhalten“, schloss er an, „erscheint uns in diesem
Zusammenhang schon als Reaktion“. Soviel zum Problembewusstsein der
Leipziger Polizei in Hinsicht auf über dreißig rassistische
Demonstrationen im vergangenen Jahr, dabei verübte, in ihrer Mehrzahl
nicht verfolgte Gewalt gegen GegendemonstrantInnen und JournalistInnen,
gewalttätige Übergriffe auf MigrantInnen und Linke im Alltag, Anschläge
und zuletzt auch Brandanschläge auf Wohnwagen und linke Einrichtungen, …
Das Zerstören von Kneipen, Gardinen-, Blumen-, Musik- und Bücherläden,
eines Optikers, einer Bäckerei und eines Kepab-Imbisses mit anschließend
weitestgehend widerstandsloser Festnahme als „Reaktion“, statt als
gestiegenes Selbstbewusstsein von Neonazis zu deuten, zeigt wie die
politischen Verhältnisse in Sachsen liegen. Sicher: wenn der Staat in
Krisenzeiten einerseits mit Kräften, die seine Stärkung und die
Befriedung gesellschaftlicher Widersprüche mit Gewalt einfordern, und
andererseits mit Kräften, die auf ein Ende der Klassen und ihrer
Gegensätze zielen, sein Absterben vorantreiben und stattdessen auf eine
„Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für
die freie Entwicklung aller ist“ (Marx/Engels), hinarbeiten,(10) konfrontiert ist, bleibt kein Rätsel, auf wessen Seite er sich latent und im Ernstfall manifest schlägt.
Oder zeiträumlich verdichtet: Während die Leipziger Polizei mit ihren
Verbindungen in die Neonazi-Szene für einen Skandal nach dem anderen
sorgt und selbst Polizeisprecher Loepki den Eindruck eines „braunen
Schattens über der Polizeidirektion“ befürchtet, vertraut
Oberbürgermeister Jung darauf, „dass der Rechtsstaat klare und deutliche
Konsequenzen“ auf den Neonazi-Terror folgen lassen wird. „Uns“ steht
dabei allerdings mit den militanten Gegendemonstranten vom zwölften
Dezember „eine Gruppe gegenüber, die diesen Staat abschaffen will“. Es
dürfte klar sein, wer in Leipzig auch zukünftig stärker als Problem
wahrgenommen werden wird.
Nur 23 vorübergehende Festnahmen? Auch das studentische Korrektiv Angezählt hat nicht alle erwischen können ...
Anmerkungen
(1)
Bei diesem Szenario hätten nicht wenige Polizeikräfte zum Schutz der
eigenen Infrastruktur abgestellt werden müssen. Die „geniale Idee“ (OB
Jung) eines polizeilichen Außenpostens im Herzen von Connewitz fiel hier
der Einsatztaktik in den Rücken. Bereits bei den Ausschreitungen im
Stadtzentrum vom 15. Januar des vergangenen Jahres waren offensichtlich
die wenigen unmittelbar einsatzbereiten Riot-Cops durch den Schutz des
eigenen Außenpostens gebunden. Eine Woche zuvor war dieser von rund 50
Autonomen massiv angegriffen worden. Spätestens seitdem ist der
Strafposten ein Ausdruck potenzieller Verwundbarkeit. Die nur vom
spärlichen Bildschirmlicht erleuchtete nächtliche Besatzung macht
jedenfalls nicht den Eindruck, als würde sie etwa AnwohnerInnen, die auf
dem Heimweg ihre letzte Bierflasche mit einem Wurf an die Außenscheiben
entsorgen, durch „Feindesland“ verfolgen wollen.
(2)
Rund um das Demonstrationsgeschehen waren nur 1600 PolizistInnen im
Einsatz, davon 130 (jedeR zwölfte) in zivil. Die Unterbesetzung wurde
durch die Bindung mehrerer Hundertschaften unmittelbar an der
Neonazi-Demo verschärft. Nachdem jene beendet war, gelang es den nun
freigesetzten Polizeikräften recht schnell den Stadtteil zu befrieden.
Die geringe Zahl der „Gewahrsamnahmen“ ist Ausdruck einer für
Deutschland eher unüblichen Repressionstaktik, die sich im wesentlichen
darauf beschränkte, den politischen Gegner auf Distanz zu halten und
kritische Massen auseinanderzutreiben.
(3)
Dazu selbst die sonst bei Polizeigewalt eher zurückhaltend berichtende
Leipziger Volkszeitung: „Die [Polizei-]Behörde reagierte rigoros und
ohne Rücksicht auch auf Unbeteiligte, lies frühzeitig Tränengas,
Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzen. Auch unter den mehreren Tausend
friedlichen Gegendemonstranten gab es dadurch zahlreiche Verletzte.“
(4)
Der Freisitz der Gaststätte Kollektiv wurde laut einer Kellnerin auf
die Straße gezogen und versucht anzuzünden. Insgesamt wurde zum
Barrikadenbau allerdings erstaunlich wenig Außeninventar ansässiger
Restaurants vernutzt.
(5)
Die Polizei jedenfalls „stellt sich ihrer Verantwortung und geht auch
ohne Aufforderung gegen jede Form der Gewalt vor“, meint Loepki, hält
kurz inne und fährt dann fort: „manchmal könnte man glauben, damit ein
Alleinstellungsmerkmal zu haben.“ Fast könnte man auch meinen, bei
dieser Äußerung handelt es sich um einen umgekehrten Freudschen
Versprecher - denn von Staatswegen ist es ja gerade das
Alleinstellungsmerkmal der Polizei, im Inneren legal Gewalt ausüben zu
können.
(6)
In diesem Fall helfen auch zaghafte Rechtfertigungsversuche, wie sie im
Kreuzer von Redakteur Tobias Prüwer unter Verweis auf klassische
dezentrale Konzepte von autonomen Antifas unternommen wurden, nicht
weiter. Vielmehr ist angesichts der wenigen Durchbruchsversuche Richtung
Neonazi-Route davon auszugehen, dass das ursprüngliche Ziel der
Verhinderung der Neonazi-Demo schnell am polizeilichen
Abschottungskonzept scheiterte und daraufhin die Situation der
unterbesetzten Repressionskräfte genutzt wurde, die äußerst seltene
Gelegenheit der eigenen Überzahl gegen diese und lokale Filialen des
(Finanz-)Kapitals zu nutzen.
(7)
Wo selbst der massive Einsatz von Tränengas die versammelte Menge nicht
auseinander treiben konnte, müssen aus Sicht des Staates
selbstverständlich abschreckendere „Zwangsmittel“ her. Und so verstieg
sich etwa das Leipziger CDU-Landtagsmitglied im Innenausschuss, Ronald
Pohle, in der Forderung nach Gummigeschossen für die Polizei – offiziell
zur Selbstverteidigung, wobei diese Forderung infolge der
Ausschreitungen von Neonazis in Heidenau oder rechter Hooligans in Köln
trotz ähnlicher Gefährdungslage für eingesetzte PolizistInnen
seinerseits ausblieb. Während auch die CDU-nahe Deutsche
Polizeigewerkschaft den Einsatz von Gummigeschossen fordert, lehnt die
fast doppelt so mitgliederreiche SPD-nahe Gewerkschaft der Polizei diese
als „kein geeignetes Einsatzmittel“ ab, da die Verletzungsgefahr gerade
für Unbeteiligte[!] zu groß sei.
(8)
In populärer Version hat dies Mark-Uwe Kling in Die Känguru-Offenbarung
auf den Punkt gebracht: „Ob Links- oder Rechtsterrorismus – da sehe ich
keinen Unterschied.“ „Doch, doch“, ruft das Känguru, „die einen zünden
Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos sind schlimmer, denn es hätte
meines sein können. Ausländer besitze ich keine.“
(9) Unter Kategorie C werden Fußball-Fans polizeilich registriert, die als gewaltsuchend gelten. [Anm. d. Red.]
(10) Idealtypische Kategorisierung
Politische Niederlage trotz Sachschaden
Von Fest zu sprechen, während Nazis marschieren, entspricht dem Tunnelblick den der gesamte Text transportiert.
Gings eigentlich gegen Rassismus oder nur autonome Subkultur?
Alles nur auf verletzte Bullen und Sachschaden fokussiert und an der Realität vorbei.
Für Nazis und Rssist*innen war das in der überregionalen Wahrnehmung ein ziemlicher Erfolg.
Für autonome Strukturen der Angriff auf alternative Strukturen eine neue Dimension.
Und hier werden kaputte Polizeiautos gezählt und als Erfolgsstory verschrottet.
Die Antwort liegt im Text
Ergo: es ging nicht darum die Nazi-Demo zu verhindern, zu sabotieren oder sich schlichtweg lautstark einzumischen.
Blödsinn
Alle Aktionen richteten sich am Tag gegen den Naziaufmarsch. Die großen Riots auf der Karli hatten immer das Ziel zum Naziaufmarsch zu kommen. Es gab die Sitzblockaden und Versuche, es gab Angriffe auf die Nazidemo. Wenn jedoch der Großteil der über 1000 Cops die paar hundert Meter der Nazis absichert ist nicht immer alles drin. Hast du überhaupt eine Ahnung von der Route?
Der Naziaufmarsch war überhaupt kein Erfolg, es sind kaum Faschos gekommen, die Szene hat sich einen Dreck für die KameradInnen interessiert, die zur Demo aufgerufen haben. Getroffen wurde sich ausserhalb der Stadt, weil sie Angst hatten. Die Nazis waren sogar so dämlich, dass sie geglaubt haben in Connewitz zu sein.
Es wurden keine alternativen Strukturen angegriffen, auch nicht am 11. Januar in Connewitz. Auch hier kommt es nur zu einem Angriff auf Geschäfte und Kneipen, wenn klar ist, dass viele Menschen nicht im Viertel sind. Am 12. Dezember hatte keine Nazigruppe versucht durch Connewitz zu laufen.