Urteil gegen Totalverweigerer: Bericht

Grüße am Laternenmast

Am Donnerstag, 04.02.2010 verhängte das Amtsgericht Schwäbisch Hall das Urteil gegen den Totalverweigerer Hannes: 90 Tagessätze Geldstrafe zu je 8 Euro und das Anerkennen der Verweigerung aus Gewissensgründen.

 Dem Urteil vorausgegangen waren zwei weitere Prozesstage, an denen Hannes sich ohne Anwalt selbst verteidigt hat. Hier hatte Richterin Kopf wesentliche Anträge wie die Forderung nach einem Pflichtverteidiger oder die Nutzung eines Computers abgewiesen und Hannes wegen seines Versuchs, die für ihn rechtlichen Möglichkeiten offensiv zu nutzen, angegriffen. Wegen eines Befangenheitsantrages gegen die Richterin und eines lauten und aktiven Publikums wurde der Prozess schließlich vertagt.

Weil am zweiten Prozesstag von Richterin und Staatsanwalt starker Druck auf Hannes ausgeübt wurde, er solle auf einen Deal eingehen, hat Hannes sich entschieden, sich selbst einen Anwalt zu nehmen. Der Deal, der sicher als Revisionsgrund hätte gelten können, sollte festlegen, dass Hannes einen Ersatzdienst leisten müsse, sich nicht mehr offensiv verteidigen solle und nur dann ein Urteil unter 6 Monaten Haft auf Bewährung zu erwarten sei. Natürlich wurde auf dieses 'Angebot' nicht eingegangen, hätte es auch die Gewissensgründe nicht anerkannt. 

Zum dritten und vorerst letzten Prozesstag erschienen dann etwa 40 Unterstützer*innen und Zuschauer*innen, darunter die Teilnehmer eines Zivildienstlehrgangs: Der Raum war drängend voll. Zuvor waren bereits Passanten durch Straßentheater auf den Prozess aufmerksam gemacht und Transparente aufgehängt worden. Schon während des Prozesses war ein weit niedrigeres Urteil als das angedrohte zu erwarten, hatte der sichtlich gelangweilte Staatsanwalt selbst 'nur' 3 Monate Haft auf Bewährung und Arbeitsstunden gefordert. 
Hannes kritisierte in seinen Stellungnahmen den Zivildienst als Kriegsdienst ohne Waffe, der im Kriegsfall genauso für das Leid vieler Menschen verantwortlich sei. Außerdem sei ein Dienst, der nicht freiwillig, sondern erzwungen sei, generell abzulehnen. Schließlich sprach er dem Gericht die Legitimation ab, über sein Gewissen und Handeln zu urteilen und kritisierte die Justiz als Macht, die, angeblich um Gewalt zu verhindern, selbst brutale Gewalt anwende.

Es ist zu erwarten, dass Hannes nun nicht mehr zum Zivildienst herangezogen wird, da ansonsten eine rechtswidrige Doppelbestrafung droht 

mehr Infos zur Totalverweigerung gibt es auf http://herrschaftsfrei.blogsport.de sowie auf www.kampagne.de. Texte zu Justizkritik und offensiver Prozessführung sind auf http://www.projektwerkstat.de/antirepression zu finden. 
Weil die Gerichs- und Anwaltskosten sowie die Geldstrafe sich auf insgesamt etwa 1800 Euro addieren, sind Spenden dringend erwünscht.

Konto:Hannes Weidmann
         Kto-Nr 906866502
         Blz. 37010050
         Postbank
         Verwendungszweck: TOTALVERWEIGERUNG

 

 

 

 

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Deutschland im Krieg
Das deutsche Militär führt wieder Krieg. Durch die propagierte Überlegenheit der rechtsstaatlich- 'zivilisierten' Demokratie gegenüber anderen Kulturen legitimiert, besteht der Zweck dieser „Friedensmissionen“ darin, die bestehende ökonomische Weltordnung zu erhalten. Eine Weltordnung, die von den Regeln des Kapitalismus bestimmt und von dessen Gewinnern erzwungen wird – gegen den Großteil der Menschen auf diesem Planeten und mit Gewalt.

Die Kriegsmaschine hat viele Gesichter. Die Armee als patriarchales Instrument zur gewalttätigen Durchsetzung sogenannter 'nationaler Interessen' ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Die Grundlage für Militarismus und Krieg ist vielmehr die bestehende Gesellschaft selbst. Sie erschafft als Völker Zwangskollektive von Menschen, die nun mit jeweils angeblich gemeinsamen nationalen Interessen gegenseitig konkurrieren. Sie erschafft einen Weltmarkt, auf dem jedes einzelne Individuum mit Anderen konkurrieren und häufig um das eigene Leben kämpfen muss, um zu überleben. Und sie verschleiert unter dem nationalen „Wir- Gefühl“ die grundsätzlich unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Klassen und die Bedürfnisse jedes einzelnen Menschen.

Zivildienst als Kriegshandlung
Die allgemeine Dienstpflicht ist Teil dieses Krieg führenden Deutschlands – nicht etwa nur im Kriegsdienst. Unter dem Mantel der sozialen Hilfeleistung dient der Zivildienst zur Aufrechterhaltung der Verteidigungsfähigkeit und Regierbarkeit dieses Landes. So ist der Zivildienstleistende im nationalen Kriegsfall als ziviler Kriegshelfer verpflichtet. Darunter fallen alle Aufgaben, die keinen direkten Dienst an der Waffe bedeuten, wie die Aufrechterhaltung der herrschenden Infrastruktur und die Unterstützung der Streitkräfte mit Nachschub. Für die Kriegsführung ist es nebensächlich, wer schießt und wer die Infrastruktur erhält- beide sind gleichermaßen unabdingbar als Räder im Getriebe.

Herrschaft und Gewalt
Jede Form von Herrschaft kann nur mit Gewalt erhalten werden. So gesehen ist der tägliche kapitalistische Alltag eine Art des Krieges, dessen Opfer, meist in der sogenannten 'dritten Welt', unsichtbar und namenlos bleiben. Der Zivildienst trägt als ein struktureller Teil des (deutschen) Staatsapparates zu Ausbeutung, Fremdbestimmung und Umweltzerstörung in der Welt bei. Zudem ist der Zivildienst selbst eine- vom Kriegsdienst abgesehen- alternativlose Zwangsarbeit, die mit juristischer Gewalt durchgesetzt wird. Die Arbeit ist auf Befehl zu leisten, Zuwiderhandlungen werden bestraft. Die Parallele zum Kriegsdienst ist hier unübersehbar, die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit, also Autonomie, des Individuums wird per Gesetz geraubt, legitimiert durch das angebliche Allgemeinwohl.

Niemand hat das Recht, über das Leben und den Tod eines Menschen zu bestimmen . Weder Herrscher_in noch Militär, Staat, Volk oder Nation. Unsere Antwort auf Krieg und Zwangsarbeit heißt Verweigerung und Widerstand!

Für eine libertäre und solidarische Gesellschaft – 
Zwangsdienste abschaffen!