[MR] Kein Freispruch für Scheisze – Gegen Klassenjustiz und Männerbünde

Burschis? Nein Danke

Ein Flyer der Gruppe [Lisa:2], zum Prozess gegen den Verbindungsstudenten Amadeus Hölle, der seit einiger Zeit in Marburg kursiert und zeitgleich mit der Stellungnahme der ag5 veröffentlicht wurde

 

Kein Freispruch für Scheisze – Gegen Klassenjustiz und Männerbünde

 

Am 22.11.2015 endete der Prozess gegen den wegen Totschlags angeklagten Verbindungsstudenten Amadeus Hölle, Mitglied der Marburger Landsmannschaft Nibelungia, mit einem Freispruch. Nach Auffassung des Gerichts konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden, dass der 27 jährige bei einem Streit im Oktober letzten Jahres sein Opfer nicht in Notwehr niedergestochen hatte. Bei dem damaligen Streit war eine Gruppe aus Verbindungsstudenten, die zuvor gemeinsam gesoffen hatten, mit einer Gruppe junger Studierender aneinandergeraten. Inwieweit es bei dem Streit darum ging, dass die einen Verbinder waren, ist fraglich. Bei dem folgenden Handgemenge stach Hölle einem seiner Kontrahenten mit einem mitgeführten Messer ins Herz, nachdem dieser ihn angeblich mit einer Eisenstange von einer Baustelle angegriffen hatte.


Im Prozess wurde schnell klar, dass hier eine betrunkene Männerhorde an eine andere geraten war, ein Ereignis bei dem in Innenstädten immer wieder Verletzte und Tote zu beklagen sind, die ihrem (gegenseitigen) Bedürfnis nach Verteidigung der eigenen Ehre, Reviere, Besitzansprüche gegenüber der jeweiligen Freundin zum Opfer fallen. Dennoch wäre es falsch, den Mord deswegen zu entpolitisieren. Männliche Gewalt im öffentlichen Raum ist Ausdruck eines patriarchalen Gesellschaftsverhältnisses und somit sehr wohl politisch. Hinzu kommt, dass die Person, die in diesem Fall zustach, kein deutscher Durchschnittsmacker ist (was schlimm genug wäre), sondern als Verbindungsstudent Teil eines eingeschworenen, elitären Männerbundes. In diesem werden einander Werte wie die Pflicht, die eigene Ehre zu verteidigen und Härte gegen sich und andere zu zeigen in ritualisierten Gewaltexzessen eingeprügelt und mit scharfer Klinge bei der Mensur eingraviert. Dieser Fakt fiel im Prozess recht schnell unter den Tisch, hätte er doch unangenehme Fragen aufgeworfen: So z.B. ob nicht anstatt Totschlag Mord vorläge oder wie sich die Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Elite mit guten Beziehungen, besonders in die Justiz, auf das Strafmaß auswirkt.


Der Angeklagte war im Prozess nicht auf sich allein gestellt, ihm zur Seite standen gleich drei Anwälte, von denen einer - Axel Woeller, Alter Herr der Landsmannschaft Rhenania-Jena zu Marburg - ein Verbandsbruder im Coburger Convent ist. Dieser dürfte besonderes Verständnis dafür gehabt haben, dass sich der Angeklagte an den Tatabend nur verschwommen, bzw. nur an den 'richtigen Stellen' erinnern konnte. Doch auch nicht korporierten Jurist_innen dürfte es schwer fallen, einen Angeklagten Verbinder mit der gleichen Härte zu belangen wie den durchschnittlichen Kneipenschläger, sind ihnen doch der Habitus und Standesdünkel von Studentenverbindungen aus dem eigenen Studienalltag noch gut bekannt, haben sie doch vielleicht auch manche Party auf einem der Häuser mitgefeiert. An diesem Prozess zeigt sich nicht zuletzt, wie nützlich elitäre Seilschaften und offensiv nach Außen getragenes Standesdünkel sein können. So wurde dem Angeklagten bereits im Dezember 2014 ein Hafturlaub aus der Untersuchungshaft zu Weihnachten gestattet. Ebenso ist der Verzicht der Staatsanwaltschaft eine Anklage wegen Mordes auch nur zu versuchen, beziehungsweise das niedrige geforderte Strafmaß im Vergleich zum Umgang mit anderen Tatverdächtigen, blanker Hohn. Man stelle an sich an dieser Stelle nur mal vor, der Angeklagte wäre kein reicher, weißer Deutscher gewesen.


Eine Krähe hackt der anderen aber nun mal kein Auge aus und wer bei Klassenjustiz an die zwanziger Jahre denkt, wird hier eines besseren belehrt.

Dass der Mörder zur Tatzeit ein Messer bei sich trug, versuchte er im Prozess damit zu erklären, dass er zuvor Pilze gesammelt habe. Was er mit der bei ihm gefundenen Zwille mit Stahlkugeln sammeln wollte, blieb dagegen im Prozess unbeantwortet. Der Wunsch sich zu bewaffnen, ist dabei nicht originär ein Fetisch von Verbindungsstudenten. Er entspringt dem ständigen Gefühl von Bedrohung und Konkurrenzdenken patriarchaler Männlichkeit. Hierzu schrieben wir 2014 unter der Überschrift Mackerhaufen, Männerbünde, Messerstecher: [Die Burschis fühlen]... sich durch jene bedroht, die durch ihre Existenz oder Meinungsäußerungen ihre deutschnationalen, patriarchalen Träume platzen lassen, also für ein solidarisches Miteinander außerhalb von Patriarchat und Zweigeschlechtlichkeit eintreten. In dieser Ideologie, die sich ständig durch eine als übermächtig empfundene „Gutmenschenmafia“ bedroht sieht, ist Angriff die beste Verteidigung. Dass aggressive Verbinder sich also mit Messern bewaffnen, wenn sie nachts durch die Straßen ziehen, ist ihrem Empfinden ständiger Bedrohung und der Notwendigkeit zur andauernden Kampfbereitschaft geschuldet.Die körperliche Unversehrtheit und das Leben des jeweiligen Gegenübers sind in dieser Logik nebensächlich, die Burschis handeln aus ihrer Sicht heraus ja in Notwehr, indem sie ihre Moralvorstellungen gegen eine ihnen feindlich gesinnte Gesellschaft verteidigen.1


Klar ist (und war), dass wir uns als radikale Linke nicht auf das Wirken der Justiz verlassen können. Burschis, Verbindern, Rassist_innen,..., das Leben zu vermiesen bleibt Handarbeit. Dabei das eigene Handeln kritisch zu reflektieren und die eigenen Ansichten immer wieder zu hinterfragen ist dabei der beste Schutz davor selbst in diese Mackerfalle zu tappen oder die eigenen emanzipatorischen Ansprüche zu verlieren.

 

[Lisa:2]

 

1 Inwieweit dieses Bedürfnis nach Bewaffnung gegenüber einer imaginierten Bedrohung auch auf die eigene Szene zutrifft mag jede_r selbst entscheiden

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Hier nochmal der Link zur Stellungnhme der ag5: https://linksunten.indymedia.org/de/node/162560

Inwieweit die reflexhafte Denunziation des Bedürfnisses nach Bewaffnung gegenüber einer in vielen Regionen handfesten Bedrohung durch rechte Gewalt auch auf die eigene Szene zutrifft mag jede_r selbst entscheiden.

Der Wunsch sich zu bewaffnen, ist dabei nicht originär ein Fetisch von Verbindungsstudenten. Er entspringt dem ständigen Gefühl von Bedrohung und Konkurrenzdenken patriarchaler Männlichkeit

 

Zudem absolut unerträglich wie ihr mit dem absolut nichtssagenden Begriff "Macker" inflationär um euch schmeißt. Der Text ist von vorne bis hinten eine Peinlichkeit sondersgleichen, bonders die Überschrift, die Implizit eine Verurteilung fordert.

Offensichtlich gibt es in Marburg doch noch ein paar vernünftige Leute.

Dass ehrenstrotzende Männer eine Folge des Patriarchats sind ist wohl die einzige redundante Erkenntnis dieses Texts.

 

Sonst: Politische Fakten herbeilabern wo keine sind aka hättehättefahrradkette.

 

"Man stelle an sich an dieser Stelle nur mal vor, der Angeklagte wäre kein reicher, weißer Deutscher gewesen."

 

Und in einem Atemzug, in Zeiten in denen Genossen mit 17 Messerstichen von Nazis niedergestochen werden, Bewaffnung als imaginierte Mackerscheisse abtun.

 

Inwieweit dieses Bedürfnis nach Bewaffnung gegenüber einer imaginierten Bedrohung auch auf die eigene Szene zutrifft mag jede_r selbst entscheiden

 

Wer hat euch denn ins Gehirn geschissen?

Durchschnittsmacker

 

Mackerhaufen


Mackerfalle

" Burschis, Verbindern, Rassist_innen,..., das Leben zu vermiesen bleibt Handarbeit."

 

und wenns dann einer macht, gibts nen mackervorwurf. ihr witzfiguren.

Verbindungen zerstören!