Kein Spielfeld für Nazis: Demo und Blockaden gegen Zaunbau und Naziaufmarsch

Kein Spielfeld für Nazis (1)

Eine entschlossene und sportliche Antifa-Demo brachte am Sonntag, den 15.11. Bullen, Faschos und Pressefotografen an der österreichisch-slowenischen Grenze gleichermaßen in Schwitzen. Nachdem die Grenze in Spielfeld bereits im Oktober Schauplatz von Demonstrationen der neofaschistischen Identitären, der rechtsextremen PdV (Partei des Volkes) sowie von Provinznazis vielfältigen Ursprunges war, gelang es diesmal durch frühzeitige Mobilisierung, die talentiertesten Nazijäger*innen diesseits der Alpen für einen Ausflug in den verschlafenen Grenzort Spielfeld zu begeistern. Begleitet von Polizeihubschrauber und -drohnen und angeleitet durch ein Blockadekonzept lieferten sich 400-500 Antifaschist*innen einen mehrstündigen Wettlauf mit Polizei und Faschos, quer durch das südsteirische Weinbau-Gebiet. 

 

Dem actionreichen Sonntag waren eine Reihe von schwerwiegenden politischen Entscheidungen vorausgegangen: während tausende Refugees ohne Versorgung im neu geschaffenen "Niemandsland" zwischen Österreich und Slowenien verharren, entschieden sich die Zustandsverwaltung der Republik, hier in Person von Innenministerin Mikl-Leitner (ÖVP), zum Bau eines stacheldrahtbewehrten Grenzzaunes zu Slowenien. Die Anbiederung an die im Gewand "besorgter Bürger*innen" auftretenden Rechten blieb nicht die Einzige: eine von der autonomen antifa [wien] angemeldete Kundgebung in Spielfeld wurde untersagt, die Demoroute einer weiteren Veranstaltung (der Offensive gegen Rechts Steiermark) wurde auf lächerliche 100m beschränkt.

Die Identitären, die neuerdings symbolische "Grenzblockaden" als Mittel ihrer neofaschistischen Propaganda für sich entdeckt haben, konnten bereits am 26. und am 31. Oktober ungehindert ihren menschenfeindlichen Müll in Spielfeld verbreiten (1). Da die zweite Veranstaltung mit etwa 500 Faschos überdurchschnittlich gut besucht war und es auch zu Übergriffen auf Antifaschist*innen kam (1, 2), sah man von Seiten der Medien dem 15.11. mit einem gewissen Interesse entgegen. Auch die Behörden reagierten, und so wurde der Marsch der Identitären und ihrer Anhänger*innenschaft aus dem Ort Spielfeld ins von Weintrinker-Tourismus geprägte Hügelland verlegt. An dem geplante Marsch zur Grenze wurde jedoch von Seiten der Behörden nicht gerüttelt - dies blieb den Antifaschist*innen vorbehalten, die zu diesem Zweck aus ganz Österreich und Slowenien nach Spielfeld mobilisiert hatten.

Bereits um 11:00 hatten sich mehrere hundert Antifa's am Spielfelder Bahnhof eingefunden. Polizei und Medien waren bereits eine Stunde früher vor Ort, bereiteten den mit Bussen und Zügen eintreffenden Leuten aber vorerst keine Probleme. Die Demo, sich aus unterschiedlichsten antifaschistischen Organisationen sowie einer Vielzahl an nicht organisierten Einzelpersonen zusammensetzte, startete pünktlich, laut und sehr motiviert. Viele Aktivist*innen waren gut vorbereitet und bestens gegen die spätsommerliche Sonneneinstrahlung geschützt. Die mit den Behörden vereinbarten 100m wurden ausgenutzt, dann jedoch wandte sich die Demo in einem Tempo, dass nicht nur die anwesenden Polizisten überraschte, Richtung Grassnitzberg. Die Bergstraße wurde von fünf suizidalen Polizisten gesichert, die mit der alles umfassenden Liebenswürdigkeit, die Antifaschismus in unseren Breitengraden auszeichnet, konsequent von allen Demoteilnehmer*innen umgangen wurden.

Danach ging es in einem für verstrahlte Stadtkinder erstaunlichen Tempo den Graßnitzberg hinauf, wo eine weitere Polizeisperre teils umgangen, teils durchschritten wurde. Fast oben angekommen, hatten sich die am Berg verbliebenen Kiberer strategisch etwas besser positioniert, sodass die Demo, in mehrere Finger einer mehrheitlich schwarz gekleideten Faust zerfallen, sich in die umliegenden Weingärten stürzte. Anstatt uns zu folgen, wünschten uns die Bullen nur "viel Spaß" - und den hatten wir. In bester Partisan*innenmanier verbrachten wir die folgenden Stunden mit dem Erklimmen von Hügeln, der Flucht durch Wälder, dem Überwinden von Zäunen (ok, das ist historisch nicht so fundiert), und dem Bau von Barrikaden. Die deutschen Schäferhunde der Bauernhöfe waren ob unserer Zahl ebenso nachsichtig wie deren Bequellesitzer (die wir genausowenig verstanden). Die Bullen versuchten uns teils erfolgreich, öfter aber erfolglos den Weg abzuschneiden und folgten uns kaum jemals ins Gelände (ist auch schwer mit Helm und Schild). An mehreren Stellen konnten erfolgreiche Blockaden errichtet werden, mindestens einmal gelang es den teilweise bewaffneten Faschos auch sich durchzuprügeln - die Cops machten derweil Selfies im Weingarten. In anderen Fällen blieb dem rechten Mob nur das mühevolle Ausweichen auf Berghänge und in Gemüsebeete, wodurch der stolze Aufmarsch eher zu einem holprigen Trauerfall wurde. Ein Versuch, dem Naziaufmarsch in den Rücken zu fallen, scheiterte jedoch.

Nach 5 Stunden hatten sich die Nazigangs, von den Bullen boden- und luftunterstützt, an uns vorbeimanövriert. Die einzelnen Demozüge vereinigten sich beim vormaligen Startpunkt der Faschos, und machten sich auf den Heimweg, der dem südsteirischen Panorama auch eine weitere Sehenswürdigkeit für sie bereithielt: den Parkplatz, auf dem einige der angereisten Nazis ihre Karren geparkt hatten. 80 Autoreifen, Seitenspiegel und Windschutzscheiben später wurde in der Demo lebhaft darüber diskutiert, wo rechte Infrastruktur beginnt, wo Militanz endet und ob man sich von der bürgerlichen Presse Aktionsformen diktieren lassen solle. Eben jene bescheinigte den autonomen Mechaniker*innen aber eine hohe Trefferquote (3, mitt. umformuliert). Reifen platzten, Bullen kratzten sich am Kopf, einige Antifa's sangen Lieder (hört her, ihr AfD-Nazis - wir haben Lieder!) und nach weiteren 45 Minuten Fussmarsch traf der Demozug wieder in Spielfeld ein, wo ein Polizeispalier uns von einer Gruppe Pöbelnazis trennte.

Am Bahnhof angekommen, setzte die große Erschöpfung ein - für die meisten waren es fünf Stunden Dauerbewegung mit nur wenigen Pausen gewesen. Die Bullen beschränkten sich aufs beobachten und waren auch zahlenmäßig zunächst nicht stark vertreten. Die Ruhe erwies sich jedoch als trügerisch - der Bullenspalier erwies sich one-way-System, und durch marschierten 5-7 Faschos, die nicht lange fackelten und mit Holzstangen und Pfefferspray auf in der Nähe stehende Antifa's losgingen. Der Großteil der zahlenmässig massiv überlegenen Antifas war (eben deswegen?) nicht auf eine Angriff vorbereitet und reagierte zunächst langsam. Einige hatten nicht vergessen, dass kein Frieden herrscht solange Bullen in Sichtweite sind, und griffen beherzt ein. Hier war die Polizei nun auch zur Stelle; ein Antifaschist wurde aus dem Getümmel herausgezogen und am Boden fixiert. Befreiungsversuche scheiterten. Die Faschos wurden von der Polizei hinauseskortiert und wurden nicht mehr gesehen. Mit der vermeintlich guten Stimmung war es jedoch vorbei: die Polizei kesselte den Bahnhofsvorplatz und riegelte das Gebäude ab. Zwei Busse und ein Zug konnten abfahren, bevor die Bullen beschloßen, die verbleibenden doch zu "beamtshandeln": wegen Sachbeschädigungen werde ermittelt, von allen anwesenden Busfahrer*innen (ja, tatsächlich) würden die Personendaten aufgenommen. Dies wurde kollektiv verweigert, und so harrten etwa 100 Antifa's noch bis in die späten Abendstunden am Bahnhofsvorplatz aus. Über den Status 1-2er Verhafteter gibt es widersprüchliche Informationen.

Es bleibt die Erkenntnis, das wir den Faschist*innen auch in der Peripherie entschlossen und effektiv entgegentreten können (und sollen!). Die Kooperation unterschiedlichster regionaler Gruppen und die stellenweise gute Vorbereitung auf Territorium und lokale Gegebenheiten muss als sehr positiv hervorgehoben werden. Für die Faschist*innen, für all jene, die gestern "patriotisch" und vorgestern "volkstreu" waren, und die, die heute "besorgt" sind, gilt: ¡No pasaran!

Egal wie ihr euch nennt, egal wo ihr marschiert - wir sind da: viele Augen, viele Hände, viele Münder, viele Sprachen.

Also, merkt es euch - Antifaschismus ist eine vertikale Kraft!


Quellen:

(1) http://www.info-graz.at/blog-oesterreichische-politik-oesterreich-blogsp...
(2) http://autonome-antifa.net/index.php/2015/11/02/kein-spielfeld-fuer-nazi...

(3) http://www.kleinezeitung.at/s/steiermark/suedsuedwest/peak_suedsuedwest/...
(4) https://keinspielfeld.noblogs.org

Presse (voller sachlicher Fehler):
http://www.kleinezeitung.at/s/steiermark/suedsuedwest/peak_suedsuedwest/...

http://steiermark.orf.at/news/stories/2742373/

http://derstandard.at/2000025766462/SpielfeldLinke-und-rechte-Demos-in-Z...

http://www.krone.at/Oesterreich/Sperren_durchbrochen_Demo_in_Spielfeld_a...

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etwas realitätsnäher als die bürgerliche Presse

http://www.vice.com/alps/read/spielfeld-demo-zusammenstoesse-november-127

??

sind alle raus