Über Hell- und Dunkeldeutschland. Über Zündschnur und Streichholz

Hell-Deutschland / Dunkel-Deutschland

»We are here because you are there

Deutschlands Bundespräsident Joachim Gauck lobt beim Besuch eines Flüchtlingsheims in Berlin, im Schutz seiner Sicherheitsbeamten die vielen ›Freiwilligen‹, »die zeigen wollen, es gibt ein helles Deutschland, das hier sich leuchtend darstellt gegenüber dem Dunkeldeutschland, das wir empfinden, wenn wir von Attacken auf Asylbewerberunterkünfte oder gar fremdenfeindlichen Aktionen gegen Menschen hören«.

Reden wir also über das Hell- und Dunkeldeutschland. Über Zusammenhänge. Über passgenaues Zuspiel

Erst »verteidigt man Deutschland am Hindukusch«, dann in Libyen, später in Syrien und sonstwo - und zerstört dabei mit gutem Gewissen die Lebensgrundlagen der Menschen dort, mit der frivolen Behauptung, ihnen zu helfen.

Das nennt Hell-Deutschland wahlweise ›humanitäre Intervention‹ (Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien 1999) oder ›Kampf gegen den Terrorismus‹ oder weniger verlogen: ›regime-change‹.

Dann fliehen die Menschen - dorthin, wo diejenigen, die Krieg führen, in Ruhe leben. Dorthin, wo der Reichtum fließt, wenn man die Ressourcen (Öl, Rohstoffe etc.) plündert, mit und ohne Krieg.

Dann meldet sich wieder Hell-Deutschland und spricht von ›Wirtschaftsflüchtlingen‹, von Asylmissbrauch, zügiger Abschiebung und legt die Zündschnur, die von den Verursachern weg zu den Opfern führen.

Das versteht selbst Dunkel-Deutschland und steckt die Zündschnur an. Wieder brennen Flüchtlingsheime, anstatt die sicheren Heime derer, die immer mehr Menschen in Angst und Schrecken versetzen.

Wieder klappt das Zusammenspiel von Regierung und überfordertem Volk ausgezeichnet:

 

»(In Heidenau) wüten zwei Tage lang Neonazis vor einer Flüchtlingsunterkunft. Dahinter skandieren Anwohner. Davor schafft es die Polizei tagelang nicht, die Gewalt in unmittelbarer Nähe der Flüchtlingsunterkunft, einem stillgelegten Baumarkt, unter Kontrolle zu bekommen. Trotz 33 Verletzten in ihren eigenen Reihen gibt es nur eine Festnahme. Ein Journalist. Als dann schließlich doch die Wasserwerfer auffahren, gelten diese linken Gegendemonstranten. Und das alles auf den Tag genau 23 Jahre nach Rostock Lichtenhagen. Damals wurden eine Aufnahmestelle für Asylwerber und ein Wohnheim für vietnamesische Vertragsarbeiter in Brand gesteckt.« (Ich dachte, der Krieg sei vorbei, Wiener Zeitung vom 28.8.2015)

 

Dann meldet sich wieder Hell-Deutschland – wie damals - und verurteilt die nicht autorisierte Gewalt hier, um – mit dem brennenden Flüchtlingsheim im Hintergrund - das zu wiederholen, was sie schon immer sagen: Wir können nicht allen helfen, schon gar nicht jenen, deren Land wir wochenlang bombardiert und zerstückelt haben, also das Beste für uns herausgeholt haben. Dass diejenigen, die wir damals befreit haben (aus dem ›Völkergefängnis‹ Jugoslawien), nun zu uns fliehen ist mehr als undankbar. Denn wir sind zufrieden mit dem Ergebnis. Alles andere nennen wir ›Wirtschaftsflüchtlinge‹.

 

Natürlich kann ›Hell-Deutschland‹ nicht alle Flüchtlinge aufnehmen. Es würde vollkommen reichen, endlich damit aufzuhören, das Leben vieler Menschen in vielen Ländern dieser Erde in eine Hölle zu verwandeln.

 

Wolf Wetzel

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Deutschland war und ist bzw. deutsche Streitkräfte waren und sind nicht an den Kämpfen in Syrien und Libyen beteiligt, bis auf das bißchen Support für die kurdischen Peschmerga.

"bißchen" Waffenexport hier, "bißchen" Waffenexport da, kann ja nicht schaden, wa? Und immer schön kucken dass Krisenherde nicht so schnell zu Ende gehen, denn daraus lässt sich ja ein gutes Geschäft machen, und prompt gehts "uns" wieder besser...

Selbst der Waffenhandel floriert besser mit Ländern, in denen Frieden herrscht. Ernsthaft, es ist ein Geschäftsmodell für die BRD, Kriege wie in Syrien oder Irak am laufen zu halten, da geht kaum was - siehe Iran, da sind Friedensabekommen viel besser, mit der Delegation zur Unterzeichnung des Atom-Abkommens waren die Top-Manager gleich mit im Gefolge.

so einfach ist das nicht.
Es ist viel zu kurz gegriffen, wenn man nur guckt, wo die Bundeswehr wirklich mit Truppen und Personal anwesend ist.
Die Realität ist deutlich komplexer. Deutschland liefert Waffen in Krisengebiete, Deutschland bildet Polizei und Militär in Krisengebieten aus.
Deutschland liefert Geheimdienstinformationen aus Krisengebieten an die USA und NATO Partner. Deutschland übt politischen und wirtschaftlich-finanziellen Druck aus auf unliebsame Regierungen.
Der Katalog an Maßnahmen, den ein Land wie Deutschland nutzen kann, um andere Länder gefügig zu machen oder Länder zu destabilisieren, ist enorm groß.
Dafür bedarf es im 21. Jahrhundert nicht mehr den Einsatz eigener Kampftruppen.
Diese Tendenz ist seit längerem rückläufig. Auch bei den USA.
Weil man erkannt hat, dass es zuviele Nachteile hat, eigene Truppen in alle Welt zu schicken.
Es ist leichter, wenn man vor Ort Chaos verbreitet und die verfeindeten Gruppen aufeinander hetzt, um das Gebiet zu destabilisieren und anschliessend
cafür sorgt das jemand prowestliches den Tron erbt.

Beispiel Libyen-Krieg: Die Bundeswehr vergrößerte ihr Kontingent in Afghanistan, damit die Bündnispartner mehr Kräfte für Libyen frei machen konnten. Die deutschen Militärs in den Kommandostäben der NATO planten und koordinierten diesen Krieg wie alle anderen auch. Außerdem belieferte Deutschland seine Bündnispartner mit Munition für den Krieg. Und in Deutschland gelegene Militärbasen der NATO wurden natürlich viel genutzt, um die Luftangriffe gegen Libyen zu fliegen. Die deutsche Öffentlichkeit stand im Übrigen ideologisch voll hinter diesem Krieg, die "Nichtbeteiligung" wurde viel kritisiert.

Stimmt bevor die Bundeswehr kam lebten alle Afghanen, Libyer und Syrer zufrieden in ihren Reihenhäuser mit einem VW Sharan vor der Einfahrt und dann kommt Deutschland und schießt alles kaputt. Frechheit sowas.

Klar, Reihenhäuser mit Volkswagen vor der Einfahrt sind der Maßstab für gutes Leben... lustigerweise gehörte es ausgerechnet in Libyen zur herrschenden Ideologie, dass jeder Mensch / jede Familie einen Anspruch darauf hat, eigenen Wohnraum und ein eigenes Fahrzeug zu besitzen. 

 

Du willst wohl ganz zynisch zum Ausdruck bringen, dass es bei Ländern, die eh scheiße sind, auch egal ist, wenn da mal ordentlich drüber bombardiert wird? Kann ja eigentlich nur besser werden?

Ja, GENAU deshalb kommen die Menschen zu uns - weil sie das kleine, private, spießbürgerliche Glück suchen: Nette Wohnung, Auto vor der Tür, eine Schule für die Kinder, einen Job, und niemand, der auf sie schießt. GANZ GENAU deshalb kommen die Menschen ausgerechnet nach Deutschland, und nehmen dafür eine brutale Tour durch x andere Länder auf sich.

 

Das ist eines der Dinge, bei ich öfters die Genoss*innen beobachte, daß sie das nicht verstehen können oder wollen: Diese Menschen kommen nicht, um hier den Klassenkampf zu führen, den Kapitalismus abzuschaffen oder die Weltrevolution zu starten. Die wollen Frieden, Ruhe und Sicherheit, und ja, auch Wohlstand, denn Elend, Krieg und Tod hatten sie schon und haben keinen Bock mehr darauf.

 

Und bitte, Länder bombardieren ist immer Scheiße. Aber wenn der IS seine Stellungen vor Kobane aufbaut, reicht ein Watte-Bausch-Werfen eben leider nicht...

Libyen und Syrien waren sehr wohlhabende Länder und Afghanistan war vor all den (von außen hereingetragenen Konflikten) ein beliebtes, weil schönes und sicheres Hippie-Domizil.

 

Außerdem: Krieg ist immer schlimmer als der Normalzustand.

So ein Bullshit. In Syrien herrscht sein 2011 Bürgerkrieg, in Libyen herrschte Bürgerkrieg und in Afghanistan gab es auch einen Bürgerkrieg, bevor die Sowjets einmarschiert sind. Diese Länder waren auch nie wohlhaben, eine kleine klemptomanische Elite war Stinkreicht, davon hatten die Bürger aber nichts. Auch waren diese Länder nie frei, sondern wurden von brutalen Despoten beherrscht. Erzähl den Mist mal den Leuten die in Gaddafis oder Assads Folterkellern verschwunden sind.
Afghanistan war bis auf Kabul ein total rückständigs Land das in weiten Teilen von Stämmen beherrscht wurde/wird deren Gesellschaft sich in den vergangen hundert Jahren nicht verändert hat. Woher kommt eigentlich dieser Zwang sofort solche Länder zu verklären sobald die in Opposition zum Westen stehen? Macht das all die Verbrechen davor ungeschehen?

Zu den Flüchtlingen: Wie oben schon gesagt, diese Leute kommen genau deshalb hierher. Frag doch mal einen Flüchtlich ob der lieber Klassenkampf möchte oder das Reihenhaus mit VW Sharan? Ich glaube da würden einige Seifenblasen in den Köpfen platzen. Hört endlich auf die Flüchtlinge für euren Kampf gegen das System zu gebrauchen, diese Menschen haben schon soviel gekämpft, dass es für 10 Leben reicht. Die wollen einfach ein normales Leben führen und ein Stück unseres Reichtums haben.Die kommen doch gerade wegen dem System, dass die Linke seit Jahrzehnten bekämpft.