Repression auf der Langen Woche der Rigaer Str.

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Die lange Woche der Rigaer Straße ist vorbei und es ist ziemlich viel passiert. Es gab spannende Workshops, super Theaterstücke und Menschen aus dem Kiez, aus Berlin und anderen Städten konnten sich austauschen, sich vernetzen und gemeinsam neue Dinge lernen.


Überschattet wurde die Woche aber von immer wiederkehrenden Attacken durch die Bullen. Die Veranstaltungen und Events, die in den vielen Häusern im Kiez stattfanden, konnten weitestgehend ungestört von statten gehen. Sobald die Leute aus dem Kiez in irgendeiner Form den öffentlichen Raum zu nutzen begannen, waren aber die Cops am Start und machten was sie immer machen: nerven, prügeln und Leute festnehmen.

Angefangen hat die Repression damit, dass auf der Straße eingerichtete Sitzmöglichkeiten schon Dienstags von der BSR unter Polizeischutz weggeräumt wurden und im Kiez verteilte Transpis  abgehängt und eingesackt wurden.

Waren diese sinnlosen Aktionen noch relativ harmlos und von Seiten der Cops lediglich mit dämlichem Gepöbel begleitet („Komm doch runter!“ „Jaja, nie wieder Deutschland!“), ließen sie die Situation schon am Mittwoch bewusst eskalieren.

Dass sich Nachbar*innen mit oder ohne Tische am Dorfplatz versammelt hatten, um Dinge, die sie nicht brauchten zu verschenken oder zu tauschen, war für die Ordnungshüter*innen von Bezirk und Senat nämlich offenbar schon ein unerträglicher Affront. Die Bullen räumten den ganzen Dorfplatz unter Einsatz von Gewalt. Einzelne Robocops trugen dabei auch, eigentlich verbotene, Quarzhandschuhe. Mindestens einer Person wurde ein Zahn ausgeschlagen.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag eskalierte die Situation vorm Abstand und es gab mindestens 6 Festnahmen.

Aufgrund all dieser Provokation gab es dann am Freitag eine Demo. Diese verlief wieder relativ entspannt, wenn auch etwas kraftlos. Bis die Bullen dann beschlossen die Demo kurz vor ihrem Ende auf der Frankfurter Alle zu kesseln und dann wahllos in die Menge zu prügeln. Da sich die Leute das zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gefallen ließen, kam es zu kleineren Auseinandersetzungen, die Team Green zum Anlass nahm anzufangen ihre Quote an Festnahmen hochzuschrauben. Im Laufe des Abends war die Stimmung weiter angespannt und es kam zu weiteren Auseinandersetzungen und Festnahmen auf dem Dorfplatz und vor dem Abstand. Insgesamt wurden am Freitag 25 Personen festgenommen.

Am Samstag wurden, wie beim am Mittwoch auf dem Dorfplatz, Infostände, die den Nachmittag über vor den verschiedenen Projekten hätten stehen sollen, von den Bullen geräumt und von der BSR verfrachtet, alles begleitet von Faustschlägen und Rumgeschubse.  Der Abend hätte dann wie die meisten Freitage in der Rigaerstraße verlaufen können: Im ganzen Kiez wurde wie jedes Wochenende gefeiert und getrunken, es gab Parties und Konzerte. Anders als sonst standen allerdings überall Bullen in Kampfmontur rum. Selbst das wurde von den Feiernden weitestgehend toleriert. Dass immer wieder Leute von der Straße gedrängt wurden, verursachte zwar einige etwas geladene Situationen, aber selbst davon ließen sich die Menschen nicht die Stimmung versauen. Erst als am Dorfplatz die Bullen willkürlich in die Menge rannten und anfingen Festnahmen zu machen eskalierte die Situation. Die Bullen prügelten in die Menge, setzten Pfefferspray ein und schlugen noch in den Wannen auf die Festgenommenen ein. Aus der Menge flogen Flaschen und Feuerwerkskörper. Dieses Hin und Her zog sich bis in die frühen Morgenstunden. Am Dorfplatz gab es insgesamt 11, vor dem Abstand 7 Festnahmen.

Am Sonntag schließlich drangen die Bullen in die Rigaer94 ein, angeblich um Barrimaterial wegzubringen. Offensichtlich ging es aber wieder um Provokation. Nachdem die Bullen das Vorderhaus für mehrere Stunden unter Beobachtung von 150 mit der 94 solidarischen Personen besetzt hielten, zogen sie sich zurück, nur um kurz darauf erneut zu versuchen in den Innenhof zu gelangen, wobei sie auch dieses Mal scheiterten. Ergebnis dieser Aktion ist, dass es in der 94 jetzt keine Mülltonnen mehr gibt. Aber die Woche hat ja gezeigt, dass die Bullen auch gerne die Straßenreinigung übernehmen.

Die lange Woche der Rigaerstraße hat für uns mehrere Dinge gezeigt: Zum einen ist es der Stadt Berlin offensichtlich ein Dorn im Auge, wenn Menschen Straßen und öffentliche Plätze für anderes nutzen, als nach Hause, zum Konsumieren oder zum Job zu gehen. Vernetzung und Austausch außerhalb er eigenen vier Wände soll unmöglich gemacht werden und die Sicht des öffentlichen Raums als bloßer Verkehrsweg wird mit aller Macht und Gewalt von den Bütteln des Staates durchgesetzt. Auf der anderen ist wieder deutlich geworden, dass deeskalierendes Handeln von Seiten der Bewegung der Brutalität des Staatsapparats keinen Abbruch tut. Die Bullen knüppeln komme was wolle. Insgesamt gab es während der langen Woche mindestens 49 Fest- und Ingewahrsamnahmen, die Demosanis haben mindestens 51 Menschen wegen Verletzungen durch Bullengewalt behandelt. Dazu kommen auf jeden Fall Fest- und Ingewahrsamnahmen, die nicht beobachtet oder dem EA gemeldet wurden und zahllose Verletzte, die sich selbst versorgt haben.

Aufgefallen ist wie auch bei anderen Protesten, dass die Bullen oft auch Menschen festnehmen, die sie von teilweise weit zurückliegenden Situationen wieder zu erkennen glauben. Mindestens eine Person am Dorfplatz wurde festgenommen, weil ihr vorgeworfen wurde am 1. Mai eine Straftat begangen zu haben

Leute, die von Repression betroffen sind, können in Berlin zu den Sprechstunden der Roten Hilfe oder des EA gehen. Dort kann im ersten Schritt wenn nötig ein solidarischer Anwalt organisiert werden und im Zweifelsfall finanzielle Unterstützung klargemacht werden.

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Schon 2010 versuchten die Bullen die BSR zu übertreffen und klauten eine Bank am Dorfplatz:

 

Bullen Klauen Bank - Dorfplatz 1/4  Bullen Klauen Bank - Dorfplatz 2/4  Bullen Klauen Bank - Dorfplatz 3/4  Bullen Klauen Bank - Dorfplatz 4/4

Es wäre schön, wenn es jenseits von "Die Bullen sind scheisse" eine etwas tiefergehende Auswertung der Woche gäbe.

 

Aus dem Text: "Die lange Woche der Rigaerstraße hat für uns mehrere Dinge gezeigt: Zum einen ist es der Stadt Berlin offensichtlich ein Dorn im Auge, wenn Menschen Straßen und öffentliche Plätze für anderes nutzen, als nach Hause, zum Konsumieren oder zum Job zu gehen. Vernetzung und Austausch außerhalb er eigenen vier Wände soll unmöglich gemacht werden und die Sicht des öffentlichen Raums als bloßer Verkehrsweg wird mit aller Macht und Gewalt von den Bütteln des Staates durchgesetzt. Auf der anderen ist wieder deutlich geworden, dass deeskalierendes Handeln von Seiten der Bewegung der Brutalität des Staatsapparats keinen Abbruch tut. Die Bullen knüppeln komme was wolle."

 

Beide Dinge, sowohl dass der Staat keine unabhängige Selbst-Organisation und schon gar keine selbstorganisierte Nutzung des öffentlichen Raums möchte als auch dass die Bullen auch bei "deeskalierendem Handeln" von uns draufhauen, ist nicht wirklich neu, im Gegenteil: Das sind Konstanten, die wir seit vielen Jahren kennen, und mit denen es einen Umgang zu finden gibt.

 

Interessant könnte beispielsweise sein, die Reaktion der Bullen auf Umsonstflohmarkt und Infostände in der Rigaer zu nehmen, um das Gleiche nochmal zu machen, diesmal aber berlinweit und gleichzeitig, vor allen Hausprojekten, solidarischen WGs, auf Plätzen und Parks... sowas wie der lange Tag der unangemeldeten Nutzung und zumindest temporären Wiederaneignung des öffentlichen Raumes... Die Debatte um die Nutzung des öffentlichen Raumes ist schon länger am Laufen, und es wäre Zeit für auch größere, koordinierte Interventionen von uns.