Das "Zentrum für politische Schönheit"- Eine Kritische Auseinandersetzung

Das "Zentrum für politische Schönheit"(ZPS) hat mit den beiden Aktionen "erster europäischer Mauerfall" und "Die Toten kommen" massive Aufmerksamkeit bekommen. Auch in der radikalen Linken gibt es viel Zuspruch, ein großer Teil der Teilnehmer*Innen des "Marsch der (Un-)Entschlossenen" würde sich wohl diesem Spektrum zuordnen. Das erklärt sich zum einen durch ein radikales Auftreten, mediale Strahlkraft und innovativem Charakter der Aktionen, sowie die Empörung aus Medien und Politik. Dennoch scheint sich in der Bewegung kaum mit den Inhalten dieser Gruppe auseinander gesetzt zu haben, zumindest ist dies https://linksunten.indymedia.org/de/node/147612 der einzige Artikel, den wir zum Thema finden konnten. Vieles der Kritik die dort geäußert wird teilen wir, allerdings geht sie noch nicht weit genug.

 

Die Aktionen, auf die wir im Folgenden Bezug nehmen wollen können unter anderem hier nachgelesen werden: http://www.politicalbeauty.de/

Die ideologische Grundlage der Kampagnen des ZPS bildet der von Phillip Ruch, einem der Köpfe der Gruppe entwickelte "agressive Humanismus".
https://medium.com/@politicalbeauty/aggressiver-humanismus-3d091f8732a3
Demensprechend bildet die Forderungen nach der Einhaltung der Menschenrechte die Grundlage der Aktionen des ZPS, während sie zu gleich bereit sind "weiter zu gehen" als herkömmliche Menschenrechtsorganisationen, die von ihnen auch stark angegriffen werden, wenn auch nur in der Wahl ihrer Mittel. Auf dieser Grundlage werden medienwirksame Kampagnen für viel Geld entwickelt (für jede Aktion des ZPS waren Spendengelder im 5 stelligen Bereich nötig). Allerdings werden dabei auf fatale Weise Symptome und nicht Ursachen bekämpft.

1. Das Problem mit dem Humanismus

Dies ist im Anfangs erwähnten Artikel schon weitesgehend dargelegt, deshalb hier nur einige Sätze.
Das Problem mit dem Humanismus ist, dass dieser zwar gut gemeinte Gedanke, in seiner Vision vom "zivilisierten" Zusammenleben mit Menschenrechten usw., die gesellschaftlichen Realitäten völlig ausblendet. So erscheinen Diktatur, Unterdrückung, Flucht, Krieg, Armut und Krieg, eben nicht als Notwendigkeiten für die Aufrechterhaltung des Kapitalismus. Es bleiben Unerklärliche Katastrophen, moralische Verfehlungen oder die offene Bösartigkeit einiger besonders übler Unterdrücker gegen die Vorgegangen werden muss. Die Abschottung der europäischen Außengrenzen wird so nicht als Notwendigkeit zu Aufrechterhaltung des Systems, als Schutz vor den Kolonisierten, als Abwehr der Flüchtenden vor den von europäischen Staaten mit geführten Kriege (ob direkt oder indirekt durch Finanzierung, Bewaffnung,...), sondern als mangel humanitärer Visionen verstanden. Wir und die Geflüchteten kämpfen demzufolge nicht gegen das selbe System, weil wir gleiche Interessen haben, sondern das Hauptproblem werden Massenvernichtungswaffen und Bevölkerungswachstum. Flüchtlinge aufzunemen bleibt damit ein Akt der Güte und kein mindestmaß an Verantwortung für die eigenen Verbrechen. Die Fluchtursachen bleiben die Verbrechen einzelner Despoten rückschrittlicher Länder und nicht die Grundlage des westlichen Reichtums. Dementsprechend führt das ZPS keinen Kampf gegen die kapitalistische Herrschaft, gegen NATO oder EU, sondern fordert diese lediglich dazu auf doch ein bisschen "schöner" zu werden. Dementsprechend ist dies auch kein Kampf für die Rechte Geflüchteter, sondern einer fürs gute Gewissen.
Noch einfacher ist das Problem allerdings an der Haltung zu sozialen Kämpfen hier vor Ort zu verstehen. Dadurch, dass es ja nur um den Kampf für Menschenrechte anderswo geht, verlieren Kämpfe in Deutschland ihre Berechtigung. Die Zustände hier sind ein Ideal was es anderen zu bringen gilt, kein Wunder also, dass Ruch für die Castorproteste, S21 und Klobürsten, sowie Protestierende im Allgemeinen nur Verachtung übrig hat.

http://www.deutschlandradiokultur.de/protestkultur-diese-klobuerste-steh...

https://www.taz.de/!5070438/

Nie wieder Ausschwitz! Immer wieder Krieg?

Viel fataler wird das Ganze allerdings wenn man sich die Position zum Krieg mal etwas genauer ansieht.

https://www.taz.de/!5070438/

http://campaigning-academy.com/unsere-werke-setzen-den-betrachter-unter-...

http://www.gehvoran.com/2011/02/kriegsverbrechen-in-libyen-wo-bleibt-die...

Mit Zitaten wie "Nie wieder Ausschwitz" oder "Ausschwitz wurde von Soldaten befreit", versucht Ruch seine "agressive" Seite des Humanismus zu erkären und zu rechtfertigen. Was dabei heraus kommt ist nichts neues, Mensch kennt es aus der NATO-Propaganda: Krieg für die Menschenrechte.
So forderte Ruch u.a. eine Intervention in Lybien und Syrien. Aus einer Sicht, die Krieg eben nicht als Durchsetzungswerkzeug von Kapitalinteressen wahrnimmt und eben kein Problem mit der kapitalistischen Herrschaft in den NATO-Staaten, sondern eben nur mit ausgewählten Despotien hat mag das ja auf den ersten Blick auch noch Sinn machen. Wenn man aber ein wenig genauer hinguckt muss man sich doch Fragen, was für Menschenrechte denn da herbeigebombt wurden. In Afghanistan? Das Menschenrecht jederzeit von einer US-Drohne getötet werden zu dürfen?
Was für Menschenrechte wurden im Irak herbeigebombt? Das auf billiges Öl? Was hat sich in Lybien durch die Bomben verbessert? 30 000 Tote und weeiterhin andauernder Bürgerkrieg? Und Bosnien? Als die Bevölkerung im Frühjahr 2014 gegen Armut und Korruption rebellierte, wurde nach der Kapitulation der örtlichen Polizei damit gedroht die Aufstände durch NATO-Besatzungstruppen nieder zu schlagen.
Kriege werden nie für die Menschenrechte geführt, Kriege werden immer zur Aufteilung der Welt geführt. Der Holcaust wurde vom imperialistischen Deutschland verbrochen, jetzt zu behaupten eben dieses Deutschland könne durch Kriege Völkermorde verhindern, ist bestenfalls naiv und schlimmstenfalls einfach nur Kriegstreiberei.

Die Kriege der Natostaaten haben in den letzten 6 Jahrzehnten Millionen getötet und Abermillionen in die Flucht getrieben. Sie sind keine Partner, sondern Gegner, sowohl im Kampf für die Menschenrechte, als auch im Kampf für die Rechte Geflüchteter und erst recht im Kampf für eine befreite Gesellschaft.

Und so werden dann die Bestattungen von Kriegsflüchtlingen durch das ZPS in Berlin tatsächlich "zynisch" und "pietätlos", nicht weil sie vom europäischen Grenzregime ermordete im Herzen der Bestie bestatten, sondern weile ihre Forderungen dazu bei tragen, dass noch weitaus mehr Menschen werden fliehen müssen.

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