Im Gedenken an Ferînaz: Unsere Antwort wird unser organisierter Widerstand sein, der die Vergewaltigungskultur beendet!

Mahabat

Im Gedenken an Ferînaz: Unsere Antwort wird unser organisierter Widerstand sein, der die Vergewaltigungskultur beendet!

Es vergeht kein Tag ohne Nachricht über einen weiteren Fall von Vergewaltigung, Angriffen oder auch Selbsttötungen von Frauen. Um einer Vergewaltigung durch iranische Staatsangestellte zu entgehen, hat sich die junge Frau Ferînaz Xosrowanî Gestern (7. Mai) vom vierten Stock des Hotels in der ostkurdischen Stadt Mahabat, in dem sie arbeitete, gestürzt und dabei ihr Leben gelassen.

 

Ihre Haltung verstehen wir als Aufstand der Würde; sie wurde mit ihrer Tat ein neues Glied in der langen traditionellen Widerstandskette der kurdischen geworden, die um nicht in die Hände ihrer Peiniger zu geraten ihr Leben ein Ende setzen. In Dersim haben Tausende Frauen sich lebendig vom Schlucht heruntergeworfen um nicht in die Hände der türkischen Soldaten zu gelangen. Oder Beritan, die ebenfalls bis zur letzten Kugel gegen die KDP-Peschmerga gekämpft und als sie kurz vor Gefangenschaft stand sich lebendig vom Berghang geworfen hat.


Wie im Fall Özgecan Aslan und tausender namenlosen und unbekannten Frauen, wie zuletzt die Frauen Shengals, die durch IS-Kämpfer verschleppt und sich noch in deren Händen befinden, wird auch im Fall Ferînaz die Grausamkeit der patriarchalen, frauenfeindlichen Ideologien deutlich. Eine systematische Kultur der Gewalt gegen Frauen wird genutzt, um die Gesellschaft zu schwächen und in ihrem Interesse zu beeinflussen. Die kurdischen Frauen sind neben gesellschaftlichen Patriarchat und Vergewaltigungskultur seit Dutzenden von Jahren staatliche Sexismus ausgesetzt. Bewusst werden Kurdinnen sexuell Angegriffen als Strafakt gegen das Auflehnen des kurdischen Volkes. Die Logik besteht darin, wenn du ein Volk unterwerfen willst, ihren Willen brechen willst, greife die Frauen an. Es wurden über hunderte Frauen in türkischen Polizeistadtion und Gefängnissen vergewaltigt. Die jüngste Angriff auf  Ferînaz Xosrowanî ist ebenfalls das Erbegnis der selben kollonialen Gesinnung.


Die Gesellschaft hat durch den unnachgiebigen Widerstand von Frauen und ihre Organisierungsarbeit an Bewußtsein erlangt und nimmt Haltung ein gegen die Grausamkeiten der sexistischen Denksysteme, dessen populärste Stellung im 21. Jahrhundert der Islamische Staat innehat. Die Bevölkerung von Mahabat hat ihre Haltung und ihr Aufbegehren auf die Straße getragen und das Hotel, das Schauplatz des Vergewaltigungsversuches war, in Brand gesteckt. Das ist ein Aufstand der Würde und muss überall weitergeführt werden, allen voran von kurdischen Frauen. Der Widerstand gegen Sexismus und Vergewaltigungskultur, sowie der Aufbau von Selbstverteidigungsstrukturen, muß überall intensiviert werden.

 

Als Cenî – Kurdisches Frauenbüro für Frieden schließen wir uns dem Aufruf der Gemeinschaft der Freien Frauen Ostkurdistans an und rufen alle Fraueninstitutionen und –organisationen, Feministinnen, MenschenrechtlerInnen, alle Menschen dazu auf, eine gemeinsame Haltung gegenüber diesen Taten einzunehmen. Den Tod von Ferînaz anzuklagen bedeutet, die Organisierung überall zu verstärken und der Vergewaltigungskultur, den Übergriffen und Frauenmorden ein Ende zu bereiten.


Wir unterstreichen unsere langjährige Forderung Feminizid international als Vergehen gegen die Menschlichkeit anzuerkennen und rufen diese Forderung solange Ausdruck zu verleihen bis es von den zuständigen Internationalen und nationalen Institutuionen umgesetzt wird.


8. Mai 2015

Cenî – Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.

 


 

Dokumentation der Erklärung von KJAR (Gemeinschaft der Freien Frauen Ostkurdistans)

 

Für Ferînaz einstehen bedeutet, für die eigene Würde einzustehen



Die Koordination der Gemeinschaft der Freien Frauen Ostkurdistans ruft mit einer Erklärung die KurdInnen in Ostkurdistan dazu auf, für Ferînaz Xosrowan einzustehen. KJAR erklärt, dass das Iranische Regime nicht will, dass Frauen sich selbst verteidigen und jene, die es doch tun, hingerichtet werden, wie Reyahane Cebariyan.


Die Erklärung von KJAR lautet folgendermaßen:


Vergewaltigung ist Zeichen der Intensivierung von Männerherrschaft


In der Gesellschaft und insbesondere den Gesellschaften des Mittleren Ostens hat sich eine systematische Gewalt gegen Frauen entwickelt, die sich ständig intensiviert. Gewalt und Übergriffe sind zu einer Kultur und zur Alltäglichkeit für Frauen geworden. Es ist bemerkenswert: Immer wenn die Freiheitssuche der Frauen stärker wird, Frauen beginnen sich zu organisieren, ihr Bewusstsein für Selbstverteidigung und die Verteidigung ihrer Würde sich vergrößert, wird ihnen mit immer grausameren Angriffen geantwortet. Vergewaltigung, physische und psychische Gewalt, jede Form von Angriff ist ein Zeichen der Intensivierung des patriarchalen Systems und dessen Vergewaltigungskultur.

Jeder Angriff gegen Frauen begründet seine Stärke aus der Rückständigkeit der Gesellschaft, gesellschaftlichem Sexismus und frauenfeindlichen Gesetzen. Angriffe und Vergewaltigung stellen sowohl eine Kultur als auch ein Denksystem dar. Daher kann kein Angriff nur auf einen Mann oder eine Gruppe Männer zurückgeführt werden. Oftmals wird argumentiert, sie hätten psychische Probleme oder seinen fanatische Gewalttäter. Haben Sie sich niemals gefragt, was die Ursache dieser männlichen Grausamkeiten ist, wer ihren Rücken deckt und warum sie so nebenbei und selbstverständlich Frauen angreifen können?


Der Iranische Staat hat seine Fühler überallhin ausgestreckt


Das Islamische Rejime Iran ist einer der Staaten, die Gewalt an Frauen auf vielfältige, systematische und grausame Art und Weise ausüben. Des Iranische Staat, der seine Fühler bis in den letzten Winkel ausgestreckt hat, dass er auf diese Weise das Fliegen eines einzigen Vogels unterbindet, schließt seine Augen vor Gewalt an Frauen und tut sich blind.

Noch gestern wurde im Iran Frauen Säure ins Gesicht geworfen, dann sind Frauen abgestochen worden, im Haus von der eigenen Familie hingerichtet, die kurdische Studentin Şeyda Hatemî wurde ermordet, Reyhane Cebarî wurde erhängt; das sind nur einige der Vorfälle, die es in die Presse geschafft haben und der Öffentlichkeit bekannt sind. Frauen leben Moment für Moment in der Angst vor Vergewaltigung und Angriffen von Männern. Im Iran gibt es keine Sicherheit für das Leben von Frauen. Sowieso gibt es im Iran kein Recht und das Gesetz, das herrscht, ist im Interesse des patriarchalen Staates und Feind der Frauen.

  

Solche Vorfälle sind staatlich gemacht


Als KJAR verurteilen und klagen wir die Angriffe und Vergewaltigung gegen die junge Frau Ferînaz Xosrowanî an und bekunden den Angehörien und der Familie unser Beileid. Ferînaz hat sich, um sich vor Vergewaltigung zu bewahren, vom vierten Stock des Hauses gestürzt und ihr Leben beendet. Derjenige, der Ferînaz vergewaltigen wollte, war ein Angestellter des Geheimdienstes. Es ist bemerkenswert, dass die Verwewaltiger und Angreifer die Staatsbeamten selbst sind. Der, der Reyhane Cebarî angegriffen hat, war ebenfalls ein langjähriger Angestellter des Geheimdienstes. Daran wird der Stand der Vergewaltigung und Grausamkeit des staatlichen Denksystems im Iran deutlich. Diese Vorfälle sind keine gewöhnlichen Vorfälle, sondern staatlich produziert.

Die Angehörigen und Familie müssen an diesem Vorfall dranbleiben und eine aktive Rolle in der Aufklärung des Falls und der Bestrafung des Angreifers spielen. Unsere Gesellschaft, insbesondere das kurdische Volk und kurdische Frauen müssen die Familie unterstützen und ihren Aufstand weiterführen bis zur Ahndung des Angreifers.

 

Der Staat verteidigt Vergewaltiger


Frauen wollen sich gegen Angriffe und Vergewaltigung verteidigen; wenn sie jedoch keine andere Lösung sehen, sehen sie es als einzige Möglichkeit, sich selbst zu töten. Auch weil viele Frauen wie Reyhane Cebarî, die sich verteidigen wollten und von ihrem Recht auf legitime Selbstverteidigung Gebrauch machten, mit der Todesstrafe bestraft und hingerichtet wurden.

Der Staat sagt ihnen also, sie sollten sich, wenn ein Mann sie angreift oder sie gar vergewaltigt, nicht verteidigen, sonst werden sie enden wie Reyhane Cebarî. Sie erkennen das Recht der Frauen auf Selbstverteidigung in keinster Weise an. Also ist Ferînaz Xosrowanî's Mörder nicht nur der Angreifer und Angestellte des Hotel Tara; der dahinter stehende Mörder und Vergewaltiger ist der Frauenfeind Iranischer Staat. Diese Angreifer und Vergewaltiger sind allesamt Produkte des rückständigen Denksystems des Iranischen Staates.


Wie im Fall Ferxunde müssen kurdische Frauen auch für Ferînaz einstehen


Kurdische Frauen, Iranische Frauen und die gesamte Gesellschaft muss gegenüber dieser Grausamkeit Haltung zeigen. Für Ferînaz Xosrowanî einstehen bedeutet, für die eigene Würde einstehen und die Vergewaltigungskultur zu beenden. Wenn wir als Gesellschaft und als Frauen ein würdloses Leben nicht akzeptieren und gewissensvoll sind, dürfen wir nicht stumm bleiben und entgegen dieser vergewaltigenden Politik unsere Köpfe heben.

Frauen müssen wissen, dass das nicht der Angriff eines einzelnen Mannes, sondern ein systematischer staatlicher Angriff ist. Bis dieses Denksystem nicht bekämpft wird, wir uns organisieren und bilden, die kollektiven Verteidigungskräfte entwickeln, ist unser aller Leben in Gefahr und jeden Tag wird eine andere Frau dran sein. Wie die Frauen in Afghanistan für Ferxunde eingestanden sind und die Stimme ihrer Unzufriedenheit erhoben haben, müssen die kurdischen Frauen mit ihrer Haltung die Vorhut bilden und sich stärken.

Jede Person, Gesellschaft, Frauen, Männer, gemeinsam, wenn sie nicht mit der Vergewaltigungskultur leben wollen, müssen sie diesen Vorfällen entgegen stehen: „Êdî bese! Es reicht!“. Damit Vergewaltiger geahndet werden und unsere Haltung ihnen als Warnung gilt, muss jede Form des Widerstandes geleistet werden.


Wir werden die Vergewaltigungskultur beenden


In der Persönlichkeit Ferînaz Xosrowanî, die den Kampf zur Verteidigung ihrer Würde führte und dafür ihr Leben ließ, wollen wir allen Frauen gedenken, die allen Formen von Angriffen durch Mann und Staat ausgesetzt sind und erklären, sie sollten ihren Blick nach vorne richten. Wir als KJAR (Gemeinschaft der Freien Frauen Ostkurdistans) und HPJ (Frauenverteidigungskräfte) werden die Vergewaltigungskultur beenden.“

 KJAR ruft zum Abschluss ihrer Erklärung zivilgesellschaftliche Organisationen, Menschenrechtsorganisationen und Frauenrechtsorganisationen dazu auf, einen gemeinsamen Widerstand gegen diese Grausamkeiten zu leisten und als Frauen alle Kräfte gegen den Iranischen Staat und das Patriarchat zu vereinen. 

 

7. Mai 2015

Gemeinschaft der Freien Frauen Ostkurdistans (KJAR) 

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Der erste deutschsprachige Artikel zum Thema und dann auch noch aus einer antipatriarchalen Perspektive, danke dafür! Seit zwei Tagen Riots und dem Westen gehts am Arsch vorbei, keine Tageszeitung berichtet. Nur kurdische Genossinnen und Twitter informieren über die Vorgänge. Warum eigentlich? Sowohl Sexismus als auch Kritik am iranischen Mullahfaschismus als auch Kämpfe der Kurd*innen stehen häufiger mal auf der Tagesordnung. Und jetzt: kreischende Stille...

 

Ich bin übrigens gespannt auf das Geschrei der antiimp Verschwörungstheoretiker, die uns seit 2011 Weiß machen wollen, dass die arabischen Aufstände von der Nato initiiert wurden und die Gaddafis und Assads eigentlich ein unschuldiger Haufen lieber Typen sind. Das ist doch jetzt ein vorprogrammierter Loyalitätskonflikt für die, wenn da kurdische Unabhängigkeitsbewegung, die sie ja gut finden weil Genossen und gegen Nato-Türkei, auf das iranische Regime trifft, die sie ja gut finden wegen anti-"USrael"-Bullshit.

 

Biji KJAR

Biji HPJ

Biji PJAK

Biji Rojhilat

 

Tretet den Mullahs kräftig in den Arsch!