In der aktuellen, medialen Debatte über Nazistrukturen und die Verbreitung rechter Einstellungen ist Sachsen-Anhalt überregional in aller Munde. Nachdem in Tröglitz die geplante Unterkunft für Geflüchtete angezündet wurde, ging ein Aufschrei durch die Medien und die politische Landschaft. Sogar der Europarat meldete sich zu Wort. Aber das Problem betrifft nicht nur Tröglitz. Auch Bitterfeld-Wolfen hat ein Naziproblem.
Seit einigen Monaten
versammeln sich in Bitterfeld-Wolfen jeden Montag krude
Verschwörungsanhänger_innen bei einer sogenannten „Mahnwache für
den Frieden“, um wahnwitzige Theorien und Fantasien zu
verbreiten.
Seit einiger Zeit begleiten Antifaschist_innen diese
Mahnwachen kritisch. Auf der ersten, von Gegenprotest begleiteten
Mahnwache spielten die TeilnehmerInnen der Mahnwache als Einstieg
Musik der Naziband „Sleipnir“ und der Nazimusikerin „Anett“,
wodurch die politische Selbsteinordnung offensichtlich wurde. Die
Anwesenheit von Funktionären und AktivistInnen der NPD und der AfD
bestätigte das Bild. Ein Teilnehmer reagierte auf die Frage, nach
der Zielrichtung der Kundgebung, indem er die politische Ideologie
der Reichsbürgerbewegung nahezubringen versuchte. Insgesamt stellen
die „Mahnwachen“ eine unappetitliche Mischung von
EsoterikerInnen, ReichsbürgerInnen, AfD, NPD und „ganz normalen“
BürgerInnen dar, die selbstredend nur das erreichen wollen, was sich
jedes Kind wünscht: Frieden. Manche der Teilnehmenden verstehen
wahrscheinlich wirklich nicht, mit wem sie sich dort gemein machen.
Am 23. März traten bei der Montagswahnmache zum ersten Mal
Mitglieder der örtlichen Kameradschaftsszene und Kader der aus dem
militanten Neonazispektrum heraus gegründeten Partei „Der III.Weg“
auf und verteilten Flugblätter.
Seit einigen Monaten ist der
„III. Weg“ in Bitterfeld und Umgebung mit der Verteilung von
Propagandamaterial aktiv. Für die Nachbarregion
Halle/Leipzig/Merseburg wurde erst vor wenigen Tagen ein „Stützpunkt“
(so etwas wie ein Kreisverband) gegründet.
Antifaschist_innen
versuchen seit einigen Wochen, die Teilnehmer*innen der Veranstaltung
darauf hinzuweisen, dass sich unter ihnen AntisemitInnen, Nazis und
ReichsbürgerInnen befinden. Die Angesprochenen reagierten (leider
erwartetermaßen) mit Ablehnung und Ignoranz.
Unter den
Gegendemonstrant_innen befanden sich auch jüngere Menschen, die
deshalb zum Ziel der Neonazis wurden. Am 20. März drangen 6 Neonazis
in die Wohnung eines alternativen Jugendlichen ein und schlugen und
traten ihn und seine Freundin. Er musste ambulant im Krankenhaus
behandelt werden.
Am 30. März mobilisierten Nazis ca. 20-30
Anhänger*innen auf den Bitterfelder Marktplatz. Sie versuchten dort,
eine Kundgebung anzumelden und entrollten eine besprühte Tapete mit
dem Satz „Bitterfelder wacht auf! Gegen linke Schmierereien“. Die
Polizei lies sich nicht auf eine Anmeldung ein. Am 01. April wurde
dann erneut ein alternativer Jugendlicher, diesmal im Ortsteil
Greppin, von Nazis zu Hause überfallen. Das Opfer wurde brutal
verprügelt und einer der Täter rammte ihm einen Schraubenzieher in
den Oberschenkel. Seit einer Woche wird auch das Alternative
Kulturwerk (AKW) Bitterfeld, ein seit 1997 existierendes, linkes
Kulturprojekt, von Neonazis bedroht.
Diese Angriffe, Drohungen und
Eskalationen stehen offensichtlich in direktem Zusammenhang mit den
antifaschistischen Protesten gegen die Montagsmahnwachen.
Am 06.04. haben wurde ein antifaschistischer Stadtrundgang organisiert, um den örtlichen Nazis zu zeigen, dass ihre Adressen wohl bekannt sind und ihr Auftreten und ihre Aktionen nicht unbeantwortet bleiben werden. Der Stadtrundgang war gut besucht und verlief ohne größere Komplikationen mit der Polizei.
Zum nächsten Montag mobilisieren die Nazis überregional nach Bitterfeld. Auf Facebook mobilisiert
unter anderem die Brigade Halle zum 13.04. nach Bitterfeld, in den
Kommentaren lässt sich lesen, dass es dabei nicht nur um einen
harmlosen Ausflug gehen soll.
Wir werden es nicht tatenlos
hinnehmen, dass Provinzen von Neonazis zu Zonen der Angst gemacht
werden. Wir werden aktiv antifaschistischen Selbstschutz organisieren
und weiterhin Präsenz zeigen.
Im Folgenden werden wir außerdem die Redebeiträge/Flyer welche wir auf
den Montagswahnmachen gehalten/verteilt haben veröffentlichen, genauso wie ausführlichere Texte zur Entwicklung der Naziszene der
Region folgen werden.
Das AKW benötigte dringend Unterstützung!
Für Schlafplätze ist gesorgt & es gibt super leckeres Essen, natürlich vegan. :)
Also hin da! Wir lassen uns von diesen Idioten nicht einschüchtern!
Unterstützung
Eure Solidarität und Freundschaft in der Vergangenheit ist nun die Grundlage für die Meine!
...und diese bemisst sich in dem Falle am "Vor Ort Sein" der Aktivisten!
Ihr werdet ja sehen wer da ist!
Vokü und Schlafplätze sind nicht alles.
Aber was sagte ein Genosse "Raumteiler" immer - "das Wichtigste ist immer die Solidarität!"
jupp
seh ich genau so, wenn auf Parties junge Schläger mit Quarzhandschuhen rumrennen und nur darauf warten, dass jemand *otze sagt, um dann an demjenigen die frisch erlernten Kampftechniken anzuwenden, fühle ich mich wie auf einer Nazi-Veranstaltung. Ihr habt euch von der pseudo-Linken vereinnahmen lassen und damit diejenigen vertrieben, auf deren Unterstützung ihr jetzt baut, oi-freie Jugend war der Anfang eures Unterganges, die Hasbara hat gute 'Arbeit' geleistet.
gruss, Halle
Facebook
In der öffentlichen Facebook Gruppe "Bitterfeld - Meine Heimat" kann man sich übrigens ein Bild davon machen, wie sich "besorgte Bürger" und Nazis zu diesem Thema immer weiter hochschaukeln und mit Gewaltfantasien anstacheln.
Also, ab in die Provinz und supporten!