Schüler gegen rechten Lehrer in Bonn: „Wir sind jung, aber nicht blöd“

Erstveröffentlicht: 
24.03.2015

Mit einem Brief wehren sich Schüler gegen einen Lehrer, der in einer rechten Burschenschaft ist. Die Schulleitung soll einem Schüler gedroht haben.

HAMBURG taz | „Nazi oder Lehrer?“ – Diese Frage stellen Schüler der Fachoberstufe 12 und 13 des Robert-Wetzlar-Berufskollegs in Bonn in einem offenen Brief an ihren Politiklehrer Gerald K. Nicht ohne Grund: Er ist aktives Mitglied bei der extrem rechten „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczek zu Bonn“.

Der Schulleitung werfen sie sogleich vor, ihrem Mitschüler M., der diese Verbindung thematisierte, mit dem Rauswurf gedroht zu haben, wenn dieses „Mobbing“ nicht unterbliebe. „Wir nehmen diesen Brief sehr ernst“, sagt Barbara Löcherbach, Pressesprecherin des Bildungsministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen, der taz. Die Schulaufsicht in Köln sei eingeschaltet. 

 

Auf Facebook haben die Schüler den Brief gepostet. Darin schildern sie, dass ihrem Mitschüler M., der einen migrantischen Hintergrund habe, am 7. September 2014 Lehrer K. bei einer Buchmesse im Hause der Burschenschaft auffiel. In einer „Art militärischer Uniform“ habe er am Eingang die „feinen Gäste“ begrüßt.

 

Schon öfters fand diese Messe statt, die in Bonn auch schon mal vom extrem-rechten Online-Magazin „Blaue Narzisse“ ausgerichtet wurde. 2014 hatten Vermieter Vereinbarungen zurückgezogen, nachdem sie erfahren hatten, wer zu ihnen kommen wollte. Solch einen Rückzug brauchten die Veranstalter bei den Raczeks nicht zu befürchten – die Burschenschaft steht äußerst rechts.

 

 

Burschenschaften „total einseitig“ dargestellt

 

In dem Brief halten die Schüler K. auch vor, dass gerade seine Burschenschaft im Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ einen „Arierantrag“ einführen wollte, damit nur bestimmte Deutsche Burschenschafter werden können. Sie erinnerten zudem daran, dass der Raczek-Bundesbruder Norbert Weidner den NS-Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer als „Landesverräter“ bezeichnete. In einer Doppelstunde, schreiben die Schüler, hätte K. „total einseitig“ Burschenschaften dargestellt, die Raczeks verharmlost und gesagt, dass er nur wegen seines Vater bei den Raczeks sei.

 

Nach Recherchen, schreiben die Schüler weiter, stellten sie fest, K. habe sie „nach Strich und Faden belogen“. Ihnen sei aufgefallen, dass ihr Lehrer auch bei der „Burschenschaft Dresdensia-Rugia zu Gießen“ sei , die ebenfalls als äußerst rechts zu bewerten sei. Ihnen liege zudem eine E-Mail von K. an Weidner mit der Bitte vor, „den Bund“ niemals zu verlassen.

 

„Die Aktivitäten von Herrn K. sind uns lange bekannt“, sagt Schulleiterin Birgit Hufnagel der taz. Sie streitet aber ab, dem Schüler M. mit einem Rauswurf gedroht zu haben. Die Schüler glauben aber M. und schreiben, dass ihr Mitschüler Zivilcourage gezeigt habe, die auf „autoritäre Methoden“ getroffen sei.

 

„Schämen Sie sich nicht mal ein bisschen?“, fragen sie nun Hufnagel und K. Und zu K. merken sie an, ihm kein „einziges Wort“ mehr zu glauben. „Wir sind zwar jung, aber nicht blöd“. Mit den Schülern und dem Kollegium, sagt Hufnagel, werde das alles nun „intern“ diskutiert.

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Mit Joachim Paul ist ein weiterer Raczek Lehrer. Hier eine Pressemitteilung des Jungen Aktionsbündnis Neuwied vom 05. Februar 2015:

 

Rassismus ist keine Privatsache


Die Ludwig-Erhard Schule in Neuwied veranstaltet am Samstag einen Tag der offenen Tür unter dem Motto „Mach dich stark für Vielfalt“. Passend dazu kann an diesem Tag die Ausstellung „Tatort Rheinland-Pfalz - Strukturen, Ideologien und Erscheinungsbilder der extremen Rechten in Rheinland Pfalz“ besucht werden. In der Eröffnungsrede kam, nach eigener Aussage, der Schulleiter auch auf die islamfeindliche Bewegung Pegida zu sprechen. Er erklärte die Ausstellung als bedeutsam, da diese sich um „sachliche Aufklärung“ bemühe und dokumentiere „wie die Rechtspopulisten operieren“. Ziel sei es „menschenrechtsfeindliche Einstellungen abzubauen und das Demokratiebewusstsein zu stärken“.

 

Die Ausstellung war für uns Anlass, einmal einen kritischen Blick auf das Kollegium an der LES zu werfen. Denn nicht alle Lehrenden scheinen der gleichen Meinung wie ihr Schulleiter zu sein.

 

Im April letzten Jahres wurde bekannt, dass der Lehrer Joachim Paul, zeitgleich Kreisvorsitzender der AFD Koblenz und Schriftführer im Landesvorstand seiner Partei, Mitglied der Burschenschaft Raczeks zu Bonn ist. Einer rechten Burschenschaft, die mit dem Antrag eines „Ariernachweises“ bundesweit kritisiert wurde. Und der auch Verbindungen zu der mittlerweile verbotenen Neonazikameradschaft Aktionsbüro Mittelrhein nachgewiesen wurde.


In einem Artikel der Rheinzeitung vom 03.05.2014 wurde Paul mit seiner Mitgliedschaft in dieser Vereinigung konfrontiert. Er sah den Antrag lediglich als Missverständnis und betonte des Weiteren „er sei Patriot, aber kein Rassist“ und „letztlich ist es meine Privatangelegenheit“.

 

Während auf der einen Seite Rassismus als Missverständnis und Privatangelegenheit runter gespielt werden, will Joachim Paul andrerseits bei der Bewegung Pegida auf „Dialog statt […] Ausgrenzung und Vorverurteilung“ setzen. Im Gegensatz dazu warnt er im gleichen Atemzug vor angeblichen „Sozialtourismus“ und einer „Einwanderung in die Sozialsysteme“. Diese existiert nicht, im Gegenteil, eine Studie der Bertelsmann Stiftung belegt, dass Deutschland von Zuwanderung profitiert.

 

Wer sich, wie die LES, mit einer solchen (begrüßenswerten) Aktionswoche um Aufklärung und Diskussion zu Themen wie Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit bemüht und an seine Schüler*Innen und die Öffentlichkeit wendet, sollte nach unserer Meinung auch Schulintern offensiv, aber auch selbstkritisch die hier angesprochene Problematik (Joachim Paul) behandeln.

 

Bleibt zu hoffen, dass viele Menschen, auch Joachim Paul, etwas aus dieser Ausstellung lernen.

 

Junges Aktionsbündnis Neuwied

 

AFD-Kreisverband Koblenz: RechtspopulistInnen mit schlagender Verbindung ins Braune:
https://linksunten.indymedia.org/de/node/111693

Rheinzeitungsartikel - AfD-Kandidat ist in umstrittener Burschenschaft
https://linksunten.indymedia.org/de/node/113655

Pressemitteilung der AfD:
facebook.com/afd.koblenz/posts/534417403367768

Artikel der Zeit - Die rechten Burschen bei der AfD:
http://www.zeit.de/…/afd-burschenschaften-l…/komplettansicht

Veranstaltungsflyer der Ausstellung in der LES:
http://www.les-neuwied.de/images/LES/Stiftung.pdf

Weiterführende Links:

Artikel der Lotta: Wie beim Ku Klux Klan
http://www.linksnet.de/de/artikel/27713

Blogbeitrag von „Sichten“ - AfD: Die Neue Rechte in Verbindung nach Rechtsaußen
http://sichten.tumblr.com/post/86299292387/rechtsextreme-afd

 

Quelle: facebook.com/JAN.Neuwied/posts/403183063181751