Wiener Akademikerball: Kleiner Erfahrungsbericht von Demo und Blockade

NOWKR.ATFÜR EIN ENDE DER GEWALT

Von der Demo zur Blockade - Impressionen von den Aktionen gegen den Akademikerball der völkisch-rassistischen Burschenschaften und der FPÖ in Wien

Ich bin erst ziemlich spät, ca. eine Stunde nach dem Treffpunkt um 17:00 zur Demo der Offensive gegen rechts bei der Universität Wien gestoßen. Als ich angekommen bin, ging es gerade los. Es waren wirklich viele Menschen, mit unzähligen Fahnen und Transpis. Die Stimmung war entschlossen, es wurden auf dem ganzen Weg lautstark Parolen gerufen. Da die Polizei die Demo des NOWKR-Bündnisses wegen vermeintlich „mangelnder Distanz zu Gewalt“ untersagt hatte, gab es dieses Jahr nur eine zentrale Demo. Die Route verlief von der Universität über die Freyung zum Graben in der Wiener Innenstadt. Danach lief die Demo wieder zurück und teilte sich dann in verschiedene Demozüge auf, die sich auf den Weg zu den Blockadepunkten machten. Die Polizei ist der Demo mit einer größeren Zahl an Wägen gefolgt, davon abgesehen konnte sich die Demo aber frei bewegen und wurde zumindest an den Seiten nicht sichtbar von Polizeikräften begleitet.

 

In schnellem Tempo zog dann nach dem Aufteilen der Demo in der Innenstadt eine Gruppe zurück zur Freyung und bog in die Herrengasse ein. Dort war nach einigen Hundert Metern Schluss, da eine Polizeikette mit Helmen die Strasse absperrte. Ein Teil der Demo blieb davor stehen, während kleinere Gruppen in die Seitengassen abgebogen sind. Ich entschied mich auch dazu, mich durch die Seitengassen durchzuschlagen und kam so bis zum Heldenplatz, wo die Großkundgebung der zivilgesellschaftlichen Initiative „Jetzt Zeichen setzen“ stattfand. Nach einer kurzen Pause und dem Lauschen der sehr eindrücklichen Rede des KZ-Überlebenden Rudi Gelbard entschied ich mich, vor zur Ringstrasse zu gehen.

 

Dort angekommen, hatten sich bereits zahlreiche Menschen versammelt. Als sich ein Taxi mit Besucher_innen des Akademikerballs aus Richtung Volkstheater über die Bellariastraße  näherte, wurde die Strasse ziemlich schnell von den Demonstrant_innen dichtgemacht. Auch auf dem Ring, vor dem Naturhistorischen Museum sammelte sich eine Menschenmenge, um vermutlich ein weiteres Taxi zu blockieren. Die Polizei rückte recht bald an und zog eine Reihe zwischen den Demonstrant_innen und dem Taxi in der Bellariastraße auf. Die Lage war angespannt, denn die Polizei drängte immer wieder die Demonstrant_innen vom Taxi weg. Doch die Demonstrant_innen liessen sich davon nicht beeindrucken. Während die Polizei ständig die Leute von oben wegzudrängen versuchte, blieben die Menschen einfach stehen und bildeten Ketten. Parolen wie „Alerta Antifascista“ und „Wir sind friedlich, was seid ihr?“ wurden der Polizei entgegengehalten. Auch die Zahl der Demonstrant_innen wuchs mit der Zeit immer mehr an. Die Polizei verstärkte daraufhin ihre Reihen, jedoch widerstanden die Demonstrant_innen weiterhin. Hin und wieder wurde versucht, einzelne Demonstrant_innen herauszureissen, allerdings ist mir nicht aufgefallen, dass dies gelungen wäre. Ich will es allerdings nicht ausschließen, denn zeitweise war die Situation schon recht unübersichtlich. Kurzzeitig sah es auch danach aus, dass ein Kessel aufgezogen werden könnte, da von Richtung Parlament weitere Polizeikräfte nachrückten, diese liefen dann aber über den Ring in Richtung der zweiten Blockade.

 

Nach einiger Zeit löste die Polizei ihre Reihen auf. Das Taxi bei der Bellariastrasse war offensichtlich wieder umgekehrt. Nun bewegte sich die Masse der Demonstrant_innen von der Blockadestelle die Bellariastrasse hinauf in Richtung Volkstheater. Dort angekommen warteten wir einige Zeit auf der Strasse. Die Polizei hatte den Weg weiter in Richtung 7.Bezirk durch eine Kette von Beamt_innen abgeriegelt. Nach einigem Herumstehen näherten sich weitere Polizist_innen, dieses Mal mit Hundestaffel. Recht witzig war es mitanzusehen, dass einzelne Hunde es vorzogen, es sich auf der Strasse bequem zu machen anstatt den Befehlen der Polizei zu folgen. Als auch von der anderen Seite aus der Richtung Museumsplatz Polizeikräfte heranstürmten, schien die Gefahr groß, dass die Polizei die Leute dieses Mal einkesseln würde, weshalb ich mich an den Rand begeben und recht bald vom Ort des Geschehens entfernt habe, um nicht in einen Kessel zu geraten.

 

Alles in allem muss ich sagen, dass der durchaus massenhafte zivile Ungehorsam gute Laune gemacht hat und ausbaufähig scheint. Die Demos, die ich in Wien kenne, sind sonst eher davon gekennzeichnet, dass man sich sehr von der Polizeimacht einschüchtern lässt und nur ja keine Regelübertretungen riskieren will. Das war bei dieser Blockade anders. Dort, wo ich mich aufgehalten habe, sind die Menschen nicht vor der Polizei zurückgewichen und schafften es bei der Bellariastrasse, die Blockade zu halten. Was ich so über andere Blockadestellen an diesem Abend gelesen habe (Liveticker der Rosa Antifa, http://www.raw.at), ist dies nicht überall gelungen, denn an anderen Orten kam es leider zu massiver Polizeigewalt und Verhaftungen und wurden die Menschen von der Polizei eingekesselt.

 

In den bürgerlichen Medien wird mal wieder allein die Version der Polizeipressestelle unkritisch reproduziert und man spricht von einem „weitgehend friedlichen“ Ablauf der Demonstrationen. Was einfach nicht stimmt – wenn Polizeigewalt passiert, dann ist es zynisch, dies zu verschweigen und davon zu plappern, dass alles „friedlich“ abgelaufen sei. Aber wahrscheinlich sind für die Medien verletzte und eingekesselte Demonstrant_innen nicht so wichtig und erwähnenswert und eignen sich im Gegensatz zu den eingeschlagenen Schaufensterscheiben beim Akademikerball im letzten Jahr nicht so sehr für die mediale Hysterie. Außerdem ist zu beobachten, dass die bürgerlichen Medien – ebenfalls ganz auf Polizeilinie – viel Energie dafür aufwenden, um den an eine Militärdiktatur mahnenden Ausnahmezustand in den Strassen von Wien zu rechtfertigen anstatt Kritik an der Ausschaltung von demokratischen Grundrechten durch die Polizei zu üben.

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Hm,

glaub eher, dass die Polizei die Lage heuer einfach total unter Kontrolle hatte und deswegen völlig entspannt war.

Es gab heuer schlicht und einfach keine wirklich organisierte Opposition zu ihrem Gewaltmonopol. Wieo sollten sie deswegen also nervös werden.

Ein paar Hippies, die ihnen Herzchen auf die Schilde kleben und drauf bestehen, dass die Gewalt von ihnen nicht ausgeht ?

Allein die Tatsache, dass sie sich in alle Ruhe von Böllern bewerfen haben lassen ohne auch nur irgendwie drauf zu reagieren, spricht doch dafür, wie entspannend es für sie war.

Dieser Abend hat sicher keine "Laune" gemacht sondern war eher erbärmlich.

 

Und dann zu lesen, wie sich Polizei, Presse, Parteien, Bürgis und Hippies gegenseitig auf die Schulter klopfen und sich alle gegenseitig loben wie schön doch alles abgelaufen ist...

ne danke ich geh kotzen...

Ich finde, du hast recht, der Abend an sich hat keine gute Laune gemacht, wenn man es allgemein betrachtet. Die Polizei scheint es leider weitgehend im Griff gehabt zu haben und die Polizeigewalt war mal wieder extrem lästig. Aber die konkrete Situation bei der Bellariastrasse fand ich schon durchaus ermutigend, weil sich die Menschen eben nicht wegdrängen liessen und sich der Polizei lange entschlossen entgegenstellten. Das ist ein kleines aber feines Zeichen dafür, dass gemeinsamer Widerstand auch in Wien möglich ist. Bitte mehr davon!