Spontaner Protestzug im Rahmen des Gedenkens an Khaled Idris Bahray!

+++

Bochum – Am Donnerstag Abend versammelten sich am Bochumer Hauptbahnhof etwa 70 Demonstrant_innen um bei einem gemeinsamen Protestzug dem am vergangenen Dienstag in Dresden ermordeten Flüchtling Khaled Idris Bahray zu gedenken. Bahray war am Dienstag Morgen tot im Innenhof seines Wohnhauses aufgefunden worden, nachdem Dresden am Tag zuvor durch eine erneute Demonstration der faschistischen Pegida Funktionäre erschüttert wurde, an der sich etwa 25.000 Faschist_innen beteiligt hatten. Nach offiziellen Angaben wurde der 20jährige aus Eritrea Opfer eines Gewaltverbrechens.

 

Im Rahmen der Demonstration fanden zwei Kundgebungen statt, außerdem wurden ca. 500 Flyer während des Zuges durch die Bochumer Innenstadt verteilt. Der Protestzug verlief planmäßig, lautsark und dynamisch. Nachdem auf halber Strecke für eine Schweigeminute innegehalten wurde, konnte die Route planmäßig beendet werden.

 

Im Hinblick auf die Dringlichkeit des Anliegens rufen die Veranstalter erneut dazu auf sich auch weiterhin solidarisch zu zeigen und mit vereinten Kräften dafür zu sorgen das Gräueltaten wie diese nicht in Vergessenheit geraten oder schlimmer noch, ungestraft bleiben!

Zeige Kommentare: ausgeklappt | moderiert

Jo, die Demo war wirklich ganz gut. Da teile ich eure Einschätzung.

Außerdem war es schön eine solche Aktion mal nach längerer Zeit wieder in Bochum zu sehen.

Jedoch wäre die Bezeichnung Rassisten für Pegida in eurem kleinen Text treffender.

 

gez. der Klugscheisser

Schön zu sehen, dass in Bochum nach längerer durststrecke wieder was geht :D

Khaled Idris Bahray. Er war einer von Vielen, die ihre Heimat verlassen mussten. Einer von Vielen, die jedes Risiko auf sich nehmen, um Schutz zu suchen. Schutz vor Verfolgung, vor Unterdrückung, vor Krieg. Khaled wollte frei leben. Es wurde einmal mehr bewiesen, dass dies in Deutschland nicht möglich ist, wenn man nicht der weißen Mehrheitsgesellschaft angehört.

Khaled Idris Bahray wurde in den Morgenstunden des 13. Januar blutüberströmt im Hinterhof seines Hauses aufgefunden. Getötet durch mehrere Messerstiche. Das letzte Mal, dass er lebend gesehen wurde war, als er sich Montags Abends auf dem Weg zum 150 Meter entfernten Supermarkt machte.

Am selben Montag Abend startete nicht all zu weit vom Stadtteil Lebnitz-Neuostra, wo Khaled mit mehreren Geflüchteten wohnte, um halb sieben die 12. Demonstration der „patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ kurz Pegida. Die Pegida sorgt seit Ende letzten Jahres für Schlagzeilen in ganz Deutschland, da sich ihr von Montag zu Montag zumindest in Dresden immer mehr Menschen anschließen. Ihr Begehren ist es den Zuzug von Geflüchteten zu unterbinden, eine vermeidliche Lügenpresse zu übertönen und vor allem, dass „Deutschland deutsch bleibt – oder besser gesagt wieder wird“. Eigentlich sollte bei diesen Forderungen bei jedem und jeder BürgerIn die Alarmglocken schrillen lassen und große Bedenken hervorrufen. Ist aber nicht so! Das die Gewalt direkt oder indirekt von solchen Aufmärschen ausgeht ist nicht herbeiphantasiert, sondern Realität. Schon im Dezember, zwei Tage vor Weihnachten, kam es zu einer Hetzjagd in Dresden, als Dynamo Dresden Fans, welche auch einen größeren Anteil am Demonstrationszug haben mit Elektroschockern und Pfefferspray bewaffnet eine Gruppe alevitischer Jugendliche verfolgten. Geflüchtete und Menschen, die keine weiße Haut haben berichten, dass sich seit der Pegida , Anfeindungen, seien es Hasserfüllte Blicke, rassistische Beschimpfungen oder Pöbelein, gerade zu Häufen. „Montags gehen wir besser nicht auf die Straße“ - Zitat ende.

Doch wer läuft da mit? Sind es Rechtsradikale? Verschwörungstheoretiker? Oder die Mitte der Gesellschaft?

Das dies auseinander gehalten werden kann scheint fragwürdig, denn Rassismus ist tief in der Mitte der Gesellschaft verwurzelt. Ein weiteres Beispiel dafür ist die geplante Unterbringung von Geflüchteten in einem Hotel im Stadtteil Laubegast. Dort hatte sich ein Hotelier bereit erklärt 94 Menschen aufzunehmen. Denkste. 5400 von 12000 im Stadtteil lebenden BürgerInnen unterschrieben gegen die Unterbringung. Zur Hilfe eilten ihnen noch Neonazis, die das Gebäude immer wieder mit Hakenkreuzen beschmierten. Schließlich wurde es dem Besitzer zu gefährlich und revidierte sein Angebot.

Noch einmal zurück zur „Lügenpresse“ , wie sie von der Pegida betitelt wird. Wer sich Reportagen zu den Demonstrationen, die nicht nur in Dresden, sondern im ganzen Bundesgebiet statt finden ansieht, dem wird schnell auffallen, dass bürgerliche Pressevertreter dort nicht erwünscht sind. Sogar offen angefeindet und angegriffen werden. Die DemonstrantInnen scheinen hier nicht ganz begriffen zu haben, dass die Presse, die sie nun anprangern, jene ist, welche rassistische Meinungsbilder und Sozialdarwinismus über viele Jahre heraufbeschwörte. „Ansturm der Armen“ oder „Mekka Deutschland – die stille Islamisierung“ waren zum Beispiel reißerische Überschriften auf den Titelseiten des Spiegels. Die Wutbürgerparole „Das wird man ja noch sagen dürfen“ entsprang der Feder der Bildzeitung, nachdem Thilo Sarrazin seinen Bestseller „Deutschland schafft sich ab“ veröffentlichte, in dem er auf fast 500 Seiten versuchte rassistische Hetzte wissenschaftlich aufzuwerten. Das die Medien, die solch eine riesige Leserschaft tagtäglich beliefern eine Teilveranwortung an der jetzigen Situation trage kann nicht abgestritten werden. Das sie sich nun als tolerante Meinungsmedien gegen die rechten Tendenzen geben ist scheinheilig!

 

Doch nicht nur die Presse, sondern auch die Gesetzgebung gibt einen ordentlichen Teil dazu. Rassismus an den Außengrenzen und in Organen des sogenannten Sozialstaats sind tief verwurzelt. Die EU ist seit Jahren dabei sich vor Flüchtenden, insbesondere vom Balkan und aus Afrika abzuschotten. Am besten die Menschen, werden schon auf ihrem Kontinent zurückgewiesen. Falls sie es jedoch schaffen, die lebensgefährliche Reise bis zur EU-Grenze zu überleben, erwarten sie dort hohe Zäune, Stacheldraht, scharfe Hunde und Polizisten, die eher Spezialeinheiten des Militärs ähneln. Danach wird ausgesiebt. Wer bleiben darf kommt zuerst in meist vollkommen überfüllte oder sanierungsbedürftige Unterkünfte. Die Geflüchteten haben keine freie Wohnungswahl oder die Erlaubnis einer Lohnarbeit nachzugehen. Auch die Bewegungsfreiheit ist durch die Residenzpflicht stark eingeschränkt. Dazu kommen Anfeindungen im Alltag und bei Behördengängen, ständige Ausweiskontrollen auf der Straße durch die Bullen. Als Geflüchtete in Berlin-Kreuzberg im Sommer letzten Jahres versuchten sich ihren Freiraum zu nehmen, indem sie erst einen Park, dann eine leer stehende Schule besetzten führte dies zu einem brutalen und anteilslosen Polizeieinsatz, bei dem körperliche und seelische Verletzung nicht nur in Kauf genommen, sondern geradezu provoziert wurden. Der Stadtteil litt mehrere Wochen lang unter anhaltenden Polizeiterror.

 

Doch der heutige Anlass ist, dass ein Mensch brutal ermordete wurde. Die ermittelnden Beamten in Dresden gaben erst die Parole: „Kein Fremdverschulden“ aus. Ein ungeheuerlicher Vertuschungsversuch, in Anbetracht der schweren Stichverletzungen. Später hieß es diese seien nicht auf den ersten Blick erkennbar gewesen. Einmal wieder üben sich deutschen Beamte in der Manier von NSU-Ermittlungen oder dem Fall von Oury Jalloh, der Aufgrund seiner afrikanischen Herkunft, eingesperrt in einem Dessauer Polizeirevier, von Polizisten angezündet wurde.

 

Die alltäglichen Zuständen, die in Europa, in Ost- und Westdeuschland herrschen sind nicht hinnehmbar. Fast täglich brennen Flüchtlingsunterkünkfte, kein Tag vergeht ohne rechte Gewalt. Der Rassismus steckt in uns allen und wurde uns von klein auf beigebracht. Vielleicht ist es uns unangenehm, wenn wir uns selbst ertappen rassistisch zu denken und bestimmt ist es einfacher die Augen vor dem Terror zu verschließen. Doch wer die Augen verschließt macht sich mitschuldig!

 

Unsere Gedanken sind bei den FreundInnen von Kahled, bei den Menschen die jeden Tag Angst um ihr Leben haben müssen, bei denen die real bedroht sind.

 

Unsere Wut richtet sich gegen die RassistInnen, die fern ab von jeglicher Realität eine „Islamisierung“ heraufbeschwören, gegen die geistigen BrandstifterInnen, gegen die praktischen BrandstifterInnen, gegen die Behörden, wie Polizei und Ausländeramt!

 

Solidarisiert euch! Organisiert euch!

Schlagt die Faschisten wo ihr sie trefft!

Ihr schreibt: "nachdem Dresden am Tag zuvor durch eine erneute Demonstration der faschistischen Pegida Funktionäre erschüttert wurde, an der sich etwa 25.000 Faschist_innen beteiligt hatten.". Als ob alle Pegida-Teilnehmer Faschisten wären. Es wäre so einfach, und auch erschreckend, aber so ist es zum Glück nicht. Nationalchauvinismus und rassistische Ressentimentes gibt es leider nicht nur bei Faschisten sondern ebe auch in der "Mitte der Geselschaft". Und die 25.000 waren sicher nicht alle Pegide-Funktionäre sondern zum erheblichen Teil eben "normale" BürgerInnen und Bürger Dresdens. Und genau deswegen wird Dresden eben nicht "erschüttert" von rassistischen Demos, Rassismus gehört hier leider zum Alltag. Eine etwas realistischere Gesellschaftsanalyse und darauf aufbauende politische Aktivität wäre sicher hilfreicher als eine aktionistische Skandalisierung. Trotz alledem: Eine Demo gegen rassistische Gewaltverbrechen in allen Ehren, gute Arbeit und vielen Dank dafür!

Meinem Vorredner kann ich mich nur anschließen. Diese Aktion zu wählen war dem traurigen Anlass entsprechend sinnvoll. Was die Gesellschaftsanalyse betrifft, so müsstet ihr eure Begriffe wirklich präzisieren, sonst blickt ihr irgendwann nicht mehr durch, wer hier gefährlich und zu kritisieren ist, und warum. Es macht durchaus Sinn, zwischen den Pegida-Nazis und den "doch nur ganz normalen" Deutschen zu unterscheiden. Protest und Widerstand gegen sie ist berechtigt, aber nicht beiden wird man mit derselben Umgangsart gerecht werden können.

Das Tucholsky Banner ist traumhaft. Weiter so! Mit Geist und Herz mutig den Rassisten entgegentreten.