Statement zum Verhalten des DGB Berlin-Brandenburg im Arbeitskampf bei der „Mall of Shame“

FAU

Die FAU dokumentiert hier ein öffentliches Statement zum Verhalten des DGB Berlin Brandenburg, insbesondere des Pressesprecher Dieter Pienkny im laufenden Arbeitskampf der FAU Berlin mit der Mall of Berlin.

 

Liebe GewerkschafterInnen und KollegInnen,

Als FAU Berlin vertreten wir seit über einen Monat acht Bauarbeiter aus Rumänien, die beim Bau der Mall of Berlin belogen, betrogen und bedroht wurden und seitdem für ihren Lohn und ihre Würde kämpfen. Wir haben in diesen vier Wochen wirklich einiges für die Kollegen leisten können – nicht zuletzt konnten sie selbst mit ihrer neuen Gewerkschaft die Stimme erheben und für ihre Würde kämpfen, wo vorher ihr Protest zu verstummen drohte. Ebenso beschreiten wir als FAU Berlin den juristischen Weg mit den Kollegen.

 

Die Rolle des DGB dürfte bekannt sein: Sie liegt am Anfang dieser Geschichte, bei Beratung und beim öffentlich machen des Falls, sowie einer anfänglichen Geltendmachung der offenen Löhne bei den Subunternehmen, worauf geringere Abschlagszahlungen und rechtswidrige Verzichtserklärungen seitens der Subunternehmen folgten. Seitdem spielt er in den öffentlichen Protesten der acht Arbeiter de facto keinerlei Rolle mehr. Zwischen der Kontaktaufnahme zum DGB und dem Eintritt der Kollegen in die FAU lagen Wochen. Wochen in denen die Kollegen auf der Straße lebten, ihr Protest langsam verhallte und keine Perspektive sichtbar war.

 

Wir wollen hier unmissverständlich klarstellen: Die FAU eröffnete den Arbeitern die Möglichkeit gemeinsam mit anderen für sich selbst zu kämpfen und daraus eine Perspektive und eine Dynamik zu entwickeln! Es ist die FAU, in deren Rahmen der Protest organisiert und auf die Straße getragen wird, von der die juristischen Schritte mit ihrer Kanzlei eingeleitet wurden und die Grundversorgung der Kollegen durch zahlreiche solidarische SpenderInnen aus sozialen Bewegungen und Bundes-FAU gewährleistet wurde und wird. All das tut nicht der DGB!

 

Es ist für uns nicht erfreulich, dass wir all das klarstellen müssen. Leider ist es so, dass, seit es der FAU Berlin gelang, den Konflikt prominent zu machen und die Verantwortlichen unter Druck zu setzen, wir eine gewisse Aufgeregtheit und Interventions- bzw. Okkupierungsversuche seitens einzelner DGB-Stellen verzeichnen müssen. Das betrifft insbesondere den Pressesprecher des DGB Berlin-Brandenburg, Dieter Pienkny. Nur wenige Wochen nachdem dieser in der Presse die brutale polizeiliche Räumung der von Flüchtenden vorübergehend besetzten Berliner DGB-Zentrale gerechtfertigt und damit einen Sturm der Entrüstung an der Basis mancher Gewerkschaften ausgelöst hatte, tritt er im Fall der Mall of Berlin / Mall of Shame mit einem unsolidarischen, antigewerkschaftlichen Verhalten auf.

 

Wir hatten uns lange dazu entschieden, hierzu nichts zu sagen, weil wir nicht wünschen, dass der Arbeitskampf in irgendeiner Weise von einem gewerkschaftlichen Konkurrenzgezänk beeinträchtigt wird, das u.a. durch Dieter Pienkny inszeniert wurde. Weshalb hat er es nötig, den Protest einer kleinen, kämpferischen Basisgewerkschaft zu verschweigen und sich selbst als den wahren Player aufzuspielen? Das Fass zum Überlaufen in Sachen Verdrehung der Tatsachen, brachte für uns jedoch ein Artikel, der am 22. Dezember in der Welt erschien. Dort legten Formulierungen von Dieter Pienkny nicht nur erneut den Schluss nahe, der DGB vertrete nach wie vor die Mall-Bauarbeiter, vielmehr wurde er damit zitiert, dass er „Verständnis“ darüber äußerte, dass die Arbeiter Abschlagszahlungen erhalten hatten und diese akzeptiert hätten. Die genannten Abschlagzahlungen, die Pienkny an anderer Stelle noch als Errungenschaft verkaufte und die etliche Wochen zurückliegen, gingen einher mit rechtswidrigen Verzichtserklärungen für den großen Rest der geprellten Löhne. Diese Verzichtserklärungen wurden von der FAU Berlin von Beginn an kritisiert und sind kein aktueller Gegenstand des Konflikts. Dieter Pienkny wird jedoch im erwähnten Artikel so zitiert, als wäre der Konflikt mit diesen Abschlagszahlungen im Grunde genommen beendet.

 

Ist all das ein Versehen oder einer falschen Wiedergabe durch die Presse geschuldet? Wir würden das gerne glauben, müssten wir nicht mit eigenen Augen sehen, wie hier ein Gewerkschaftsfunktionär keine Gelegenheit auslässt, um die Gewerkschaft, in der sich die kämpfenden Kollegen organisiert haben, totzuschweigen, um sich im gleichen Atemzug ihren Protest und den der Arbeiter einzuverleiben. Wir fordern Dieter Pienkny und mit ihm den DGB Berlin-Brandenburg auf, die tatsächlichen Verhältnisse im Konflikt um die „Mall of Shame“ ehrlich darzustellen. Hört damit auf - u.a. auf der eigenen Homepage - den Protest zu vereinnahmen und die FAU Berlin dabei komplett zu verschweigen. Das ist schlicht unwürdig.

 

Seinen offensichtlichen Anfang nahm all dies mit einem kritischen Kommentar in der „Berliner Zeitung“ vom 7. Dezember nach der erfolgreichen „Mall-of-Shame“-Demo die von der FAU Berlin organisiert wurde und ein enormes Pressecho erhalten hatte. Der Journalist stellte hier die Frage, wieso der mächtige DGB auf so einer Demo, bei so einem wichtigen Thema durch vollständige Abwesenheit glänzte. Daraufhin schrieb Dieter Pienkny einen wütenden Leserbrief, in dem er versuchte die Umstände zu verklären. In seiner Darstellung war es immer noch der DGB, bzw. das „Büro für entsandte Beschäftigte“ (eine vom Berliner Senat finanzierte Einrichtung) der für die ausstehenden Löhne kämpfe. Wir wollen hier nicht wie Pienkny für andere sprechen, sondern nur für unsere Mitglieder: Die FAU kämpft für deren Löhne.

 

Wenn der DGB weiter Arbeiter vertritt, die Lohnforderungen gegen den Investor oder den insolventen Generalunternehmer der „Mall of Berlin“ erheben, soll er das natürlich gerne so benennen. Er hat jedoch keinerlei Recht, im Namen der acht protestierenden Arbeiter zu sprechen, die zusammen mit ihren anderen KollegInnen aus der FAU seit Wochen nahezu täglich Aktionen gegen die Verantwortlichen der Lohnprellerei durchführen. Und noch viel weniger hat sich Dieter Pienkny anzumaßen, über den Kopf der Kollegen hinweg und hinter ihrem Rücken den Eindruck zu erwecken, er würde in ihrem Namen sprechen.

Den Leserbrief schließt der Pressesprecher des DGB Berlin-Brandenburg übrigens mit den Worten: „Sie wollen nicht im Ernst eine Antwort darauf, warum sich der DGB nicht der selbst ernannten ,Arbeiterpartei‘ FAU anschließt??“ Wir lassen jetzt einmal die Bildungslücken Pienknys in Bezug auf die FAU – die weder „selbsternannt“ noch eine „Partei“ ist – außen vor. Wir hätten uns stattdessen gewünscht, dass er einfach auf die Frage des Kommentators eingeht, warum sich der DGB nicht als Zeichen der Solidarität der Demo gegen die Verantwortlichen für die Lohnprellerei anschloss. Stattdessen nur Anwürfe und beredtes Schweigen.

 

Für die FAU ist die Solidarität mit Kämpfen, die von anderen Gewerkschaften begleitet werden, nie ein Problem gewesen, sei es zuletzt der GdL-Streik, der langwierige Arbeitskampf bei amazon oder Arbeitskämpfe im Öffentlichen Dienst durch eine DGB-Gewerkschaft. Solidarität sollte eine Waffe der Lohnabhängigen unabhängig ihrer Gewerkschaft sein. Umso unverständlicher ist für uns das Agieren aus Ebenen des DGB gegen die FAU, das uns bisweilen an die Manöver im Konflikt um das Kino Babylon erinnert, in dem ver.di vor wenigen Jahren wie eine „gelbe Gewerkschaft“ agierte.

 

In der Folge seines Leserbriefes und angesichts des großen medialen Echos, das die Aktionen der rumänischen FAU-Kollegen in Berlin und darüber hinaus finden, ging Pienkny nun konsequent dazu über, von den protestierenden Arbeiter zu sprechen, die zentrale Rolle ihrer Gewerkschaft, der FAU, jedoch zu verschweigen. Das wurde uns von Medienvertretern wiederholt so bestätigt. Ganz anders das Pressesekretariat der FAU Berlin, das regelmäßig von sich aus – und das zu Beginn sogar sehr wohlwollend – auf die anfängliche Rolle des DGB und auf die Kompetenzen des „Büro für entsandte Beschäftigte“ hinwies. Das der Pressesprecher des DGB Berlin-Brandenburg es vorzieht, die FAU einfach konsequent zu ignorieren, wirkt da einfach nur komplett unsouverän.

 

Aus vielen Gesprächen und durch unsere guten Kontakte wissen wir, dass viele solidarische GewerkschafterInnen aus Mitgliedsgewerkschaften des DGB den Konflikt um die „Mall of Shame“ auf unterschiedlichen Ebenen unterstützen. Gegen euch, die wir als ehrliche KollegInnen betrachten, richtet sich diese Kritik keinesfalls. Wir bauen mit euch weiter auf ein solidarisches Miteinander in konkreten Kämpfen für die Rechte von ArbeiterInnen über Gewerkschaftsgrenzen hinweg. Wir hoffen auch weiterhin auf eure Solidarität für den Kampf der Mall-Bauarbeiter und gegen die widerliche Ausbeutung in der „Mall of Shame“.

Dieter Pienkny und die anderen Funktionäre DGB Berlin-Brandenburg mahnen wir für die Zukunft die wirklichen Gegebenheiten in diesen Arbeitskampf darzustellen.

 

Berlin den 30.12.2014

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Link zum Video von der "Mall of Shame" Demo vom 6.12.2014 - www.youtube.com/watch?v=l-3sP3uFWYY

Wenn ihr weiterhin wollt das Menschen solidarisch mit euch sein können, fangt doch bitte an die Gesichter in dem Bild- und Videomaterial, dass ihr hochladet unkenntlich zu machen.

 

Ansonsten:

 

Mall of shame pay the workers!

In dem oben bezeichneten Video von der Demo sind keine Nahaufnahmen von Gesichtern der Demoteilnehmer_innen, oder gar "Straftaten" zu sehen. Solche Bilder gehören natürlich nicht in die Öffentlichkeit. Bewusst wurde auch ein weiter entfernter Aufnahmestandpunkt gewählt, um die Identifizierung einzelner Gesichter zu erschweren.

Anderseits heisst Demonstrieren aber auch, bewusst in die Öffentlichkeit zu gehen, um zum Beispiel einen Politischen Missstand zu kritisieren.

 

Ich bin aber durch aus bereit Anregungen und Kritik auf zu nehmen, um in Zukunft die Videos besser zu machen. Bitte daher Hinweise darauf, welche Stellen in dem Video, zum Beispiel in Sachen Gesichtserkennung kritisch zu sehen sind?