Am gestrigen Tag (20.11.2014) wurde das seit fast zwei Monaten besetzte Haus in der Brinkstraße 16/17 geräumt. Als um 10 Uhr die ersten der 200 Polizist_innen eintrafen, befanden sich Menschen sowohl im besetzten als auch im legal gemieteten Teil des Hauses. Die Polizei benötigte Kettensägen, Rammböcke, allerlei Werkzeug, Hunde, Wärmebildkameras und Klettereinheiten um alle Besetzer_innen aus dem Haus zu entfernen. Die Polizei öffnete wahllos und unkoordiniert Räume, dabei zerschlugen sie alle Fenster, außer die des Bioladens. Sie versuchten Türen, die sich nach außen öffnen mit Rammböcken auf zu stoßen. Sie entschieden sich nach kurzer Zeit für das Zerschlagen der Wände. Dabei gefährdeten sie Menschenleben, indem sie nicht darauf achteten ob auch tragende Wände beschädigt wurden.
Vor Beginn der Räumung versuchten zahlreiche
Unterstützer_innen
durch Menschenketten vorm Haus die Polizei am hereinkommen zu
hindern. Neben den vielen Menschen im Haus haben einige
Aktivist_innen die Polizei vom Dach aus mit Glitzer empfangen und
mussten von Spezialpolizist_innen geräumt werden. Zudem hatten sich
zwei Aktivist_innen in einem Zwischenboden angekettet. Die Polizei
fand sie zunächst nicht und hatte auch dann noch Mühe
sie zu räumen und zu trennen.
Als alle Personen aus den
hinteren Trakten geräumt waren, fuhr ein Bagger und ein Schuttwagen
des Abrissunternehmens Goers unter Polizeischutz vor und begannen mit
dem Abriss. Während die ganze Zeit noch Personen im Erdgeschoss und
Bioladen waren, wurde das Obergeschoss in blinder Zerstörungswut
komplett zerschlagen. Erst von der Polizei, dann von den
Bauarbeiter_innen. Dabei wurde keinerlei Rücksicht darauf genommen
ob tragende Wände herausgeschlagen werden, was auch zu einem
Einsturz der Decke im Erdgeschoss hätte führen
können. Die Menschen im Bioladen beschrieben, wie die Wände
wackelten und der Putz von der Decke fiel. Menschen vor dem Haus
bekamen Scherben ab.
Eigentümer
Schmidt war die meiste Zeit vor Ort und griff nicht ein. Ein Angebot
für
ein Tauschgrundstück
durch die Domgemeinde schlug er noch am Vormittag aus.
„Wir sind komplett entsetzt, dass das Abrissunternehmen Görs und die Polizei die Gefährdung von Menschenleben bewusst in Kauf nehmen, nur um die Profitinteressen eines einzelnen Investors, Herrn Roman Schmidt, zu verteidigen.“ so Pressesprecherin der Brinke WG Verena Krüger.
„Hier zeigt sich der Rechtsstaat mal wieder von seiner besten Seite – in der Durchsetzung von Eigentumsrechten sind ihm alle Mittel Recht. Wo Menschen in Eigeninitiative und mit Herzblut etwas aufgebaut haben, sozialen Wohn- und vielfältigen Kulturraum geschaffen haben, klafft nun eine große Lücke.“
Eine
Mahnwache vor dem Haus wurde gegen 19Uhr aufgelöst.
Alle vorübergehend
festgenommenen Personen sind wieder frei. Am späten Abend fand eine
laute Spontandemonstration mit 50 Teilnehmenden durch die
Greifswalder Innenstadt statt.
Die politischen Ziele unserer Gruppe haben sich auch nach der Räumung nicht geändert. Wir haben die verfehlte Stadtentwicklungspolitik zu einem zentralen Thema gemacht. Die Unterstützung der Bürger_innen hat gezeigt, dass diese Stadt selbstverwaltete Freiräume braucht. Wir haben es geschafft die Kritik an der Eigentumslogik in die breite Bevölkerung zu tragen. Auch weiterhin werden wir daran arbeiten, dass diese Stadt sich nicht den Einzelinteressen von Investor_innen beugt, sondern endlich anfängt einen sozialen Umgang mit ihren Bewohner_innen zu pflegen. Greifswald soll kein Profitmarkt für Unternehmer bleiben, sondern ein Ort sozialer Wohnungspolitik und kultureller Freiräume.
Mit der selbstbestimmten Aneignung von Räumen haben wir gezeigt, wie man der Rundum-Ökonomisierung aller Lebensbereiche etwas entgegensetzen kann. Trotz unseres Bedauerns um dieses Haus gehen wir gestärkt aus dem Kampf und hoffen, dass uns viele folgen werden!
Blog der Besetzer_innen der Brinke WG
PM der Initiative Brinke 16 bis 17 erhalten zu Räumung und Teilabriss
Bericht des Arbeitskreis kritischer Jurist_innen
Jetzt geht's an die Soliarbeit für die 10 mit "Hausfriedensbruch" konfrontierten Besetzer_innen. Spendet auf das Solikonto der Roten Hilfe.