Von der deutschen Linken noch weitgehend unbeachtet findet am 29./30. November 2014 in Lyon der frankreichweite Kongress des Front National statt. Wir möchten die Genoss_innen in Frankreich, die gegen den Kongress mobilisieren, unterstützen und den Kongress platzen lassen! Der Front National ist eine 1972 gegründete faschistische Partei in Frankreich. Führte er lange Zeit eher ein Schattendasein und konnte nur indirekt auf die französische Politik Einfluss nehmen, konnte er in den letzten Jahren stark an Zuspruch aus der Bevölkerung gewinnen.
Dies liegt unter anderem an der rechtspopulistischen Neuausrichtung der Partei, die nach der Übernahme der Parteiführung durch Marie Le Pen stattfand. Nachdem sie 2011 diesen Posten von ihrem Vater übernahm, bemühte sie sich, das schlechte Image der Partei aufzupolieren, indem sie gegen antisemistische und all zu offensichtlich rassistsiche Ausfälle von Parteimitgliedern vorging.
Bei den Europawahlen 2014 konnte der FN mit 25% der Stimmen nicht nur mit 24 Abgeordneten ins Europaparlament einziehen. Er wurde gleichzeitig stärkste Kraft in Frankreich und bekam damit auch innenpolitisch starken Auftrieb. Nach den Kommunalwahlen 2014 stellte der FN in 12 Städten den Bürgermeister. Laut einer Wahlprognose des Meinungsforschungsinstitutes ifop würde Marine Le Pen, würde aktuell gewählt, aus den Präsidentschaftswahlen 2017 als Siegerin hervor gehen.
Damit steht der FN an der Spitze einer gesamteuropäischen Tendenz nach rechts, die sich ähnlich in einer ganzen Reihe von Ländern abzeichnet. Bei den Europawahlen wurde in Großbritannien die UKIP mit 28% der Stimmen, in Dänemark die Dänische Volkspartei mit 20% ebenfalls jeweils stärkste Kraft. Europaweit stellen die sogenannten rechtspopulistischen und neonazistischen Parteien 140 der 751 Abgeordneten. In Deutschland erlangte die AFD aus dem Stand 7%.
Auch wenn diese Parteien nahezu ausnahmslos nationalistisch argumentieren, so bestehen zwischen ihnen doch mehrere europäische Netzwerke.
All diese Parteien wurden gewählt, nicht weil sie ihre nationalistischen und rassistischen Positionen verbargen, sondern gerade weil sie offen damit auftraten. Dabei verleihen gerade die rechtspopulistischen Parteien einem neuen Rassismus und Nationalismus politischen Ausdruck, der nicht biologistisch oder mit der Aufwertung der eigenen Nation auftritt. Stattdessen wird eine nationale Abschottung propagiert, die weitere wirtschaftliche Einschnitte, wie sie durch die weltweite Wirtschaftskrise verursacht wurden, verhindern soll. Diese Abschottung soll Armut aus dem eigenen Land fern- und Reichtum im eigenen Land festhalten. Eine daraus resultierende Politik erscheint somit nicht mehr biologistisch-rassistisch oder völkisch-nationalistisch, sondern vielmehr als unliebsame ökonomische Notwendigkeit.
Die Gefahr durch die sogenannten Rechtspopulist_innen wird noch immer häufig unterschätzt. Trotz ihrer anhaltenden Wahlerfolge blieben größere und wahrnehmbare Aktionen bisher Einzelerscheinungen. Es scheint auch, dass die aktuelle antifaschistische Bewegung- zumindest in Deutschland- keine adäquate Antwort auf diese Neuentwicklung hat. Statt sich in Anbetracht wachsender Bedrohungen neu zu organisieren, setzt sich der Trend der Gruppenauflösung oder Umorientierung fort. Verglichen mit den europäischen Netzwerken der Rechtspopulist_innen und Neonazis sind wir weitestgehend erschreckend schlecht aufgestellt.
Zurück zum Kongress des Front National:
Eine Regierungsübernahme des Front National dürfen wir nicht tatenlos abwarten. Sollte dies geschehen, würde eine Entwicklung beginnen, deren Konsequenzen völlig unzureichend analysiert sind, und gegen die wir uns nur schlecht zur Wehr setzen könnten. Wir brauchen uns keine Illusionen darüber zu machen, dass eine faschistische Partei wie der Front National alles daran setzen wird, Bürger- und Freiheitsrechte massiv einzuschränken und mit Härte gegen alle vorgehen wird, die nicht seinem faschistischen, nationalistischen und rassistischen Konzept entsprechen. In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass dem FN bei einer Regierungsübernahme alle Herrschaftsinstrumente einer Regierung zur Verfügung stehen würden, inklusive der Geheim- und Nachrichtendienste und deren Erkenntnisse.
Daher werden wir am 29. nach Lyon fahren und die Genoss_innen bei ihren Aktionen gegen den FN Kongress unterstützen. Geplant sind derzeit eine Demonstration am Samstag und Diskussionsveranstaltungen am Sonntag.
Was darüber hinaus möglich ist,wird sich zeigen. Wir freuen uns auf mehr.
Wir wissen, dass es beim Kampf gegen die europäische Rechte nicht bei Mobilisierungen zu einzelnen Großevents bleiben darf. Wir wollen daran arbeiten, unsere Netzwerke zu vergrößern und unsere internationalen Kontakte und Freundschaften zu intensivieren, um somit eine gemeinsame Perspektive gegen die autoritäre Formierung zu entwickeln. Den organisierten Netzwerken der Rechtspopulist_innen wollen wir gelebte und praktische Solidarität entgegen stellen.
Europa wandert nach rechts – unser Widerstand dagegen ist nötiger denn je.
Kommt zur Demonstration gegen den FN-Kongress am 29.11.2014 um 14h in Lyon!
Weitere Infos folgen.
Anarchistische und Autonome Gruppen
[Update 31. Oktober 2014] Gegenkongress und Demotreffpunkt
Für das Wochenende des FN-Kongresses ist nun auch ein antifaschistischer Kongress in Lyon angekündigt. Informationen hierzu findet ihr auf der Seite
http://www.alyonnousfaceaufn.org/
Vor allem für Sonntag sind eine Reihe von Workshops zum Umgang mit der neuen Rechten in Frankreich und Europa angekündigt.
Der Auftaktort für die Demo ist nun ebenfalls bekannt. Los geht es am
29.11.2014 um 14h am Place Jean Macé
Wir sehen uns in Lyon!