Aktionstage bei der Landesbank Stuttgart: Solidarität ist gefragt

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In Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise kam es zu einem Auftragsrückgang von ca. 70% bei den Firmen Heller Maschinenfabrik und Heller Services Nürtingen. Bei dem größten Sondermaschinen-, Fräs- und Fräszentrenherstellern Europas – sind aktuell 450 Arbeitsplätze (das ist jeder Dritte) gefährdet. Bei der Index-Traub-Gruppe in Esslingen und Reichenbach – dem größten Drehmaschinenhersteller Europas – sind fast 1.000 Arbeitsplätze bedroht. Das wäre fast eine Halbierung der Belegschaft.

Die Banken verweigern den mittelständischen Unternehmen die benötigten Kredite, seitens der Landesregierung kommt trotz offener Briefe und Versprechungen bisher - nichts. Gegen einen wie auch immer gearteten Kahlschlag wehren sich die Belegschaften von Index-Traub und Heller. Sie fordern die Banken und die Politik auf, sie zu unterstützen. Dieser Forderung wollen sie mit ihren Aktionstagen in Stuttgart Nachdruck verleihen, bei denen es neben Kundgebungen am Dienstag und Mittwoch auch Mahnwachen geben sollen. Ob die Hoffnung in die Kredite, die - sofern sie überhaupt vergeben werden - in jedem Fall mit "harten Einschnitten" verbunden sein werden, oder in die Landes- bzw. Bundesregierung berechtigt ist? Bedenken und kritische Diskussionen, diesen Weg zu beschreiten, gibt es immerhin schon einige Zeit.

Trotzdem - und das ist gut so - haben sich verschiedene Belegschaften solidarisch erklärt, unter anderem ruft auch das Stuttgarter "Zukunftsforum" und der "Metallertreff" auf, die KollegInnen bei den Protesten und ihrer Mahnwache zu unterstützen.

• Am Dienstag, 13.10.09, ab 12.30 Uhr gibt es nach der IGM Mitgliederversammlung am Werkstor Index eine gemeinsame Fahrt nach Stuttgart mit der S-Bahn, wo ab 14 Uhr eine Kundgebung am Kurt-Georg Kiesinger Platz vor der LBBW stattfinden soll.

• Am Mittwoch, 14.10.09 gibt es ab 12.30 Uhr eine IGM Mitgliederversammlung beim Werktor Heller und anschließend die gemeinsame Fahrt nach Stuttgart, wo es ebenfalls ab 14 Uhr Kundgebung am Kurt-Georg Kiesinger Platz vor der LBBW geben soll. Jeweils anschließend Mahnwachen vor der LBBW statt.

Solidarität und Unterstützung, beispielsweise durch Besuch der Kundgebung uind Mahnwachen sind erwünscht!

Siehe auch: Esslingen: Über 1000 Teilnehmer beim "Aufstand der Anständigen"

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Mit Regionalfonds den Kapitalimus austricksen?

 

Kommende Woche sind vor der Stuttgarter LBBW Zentrale Mahnwachen von verschiedenen Belegschaften aus der Metallindustrie der Region geplant. Damit soll Druck auf die Banken ausgeübt werden, der Industrie dringend benötigte Kredite zu gewähren. Stichwort: "Regionalfond" (1).

Worum geht es? So wurden bereits im November 2008, also gerade zwei Monate nach der Lehman-Brothers-Pleite, in der Region Esslingen 2000 LeiharbeiterInnen entlassen. Darauf folgte für die unbefris­tet Beschäftigten Kurzarbeit. Fast jede Belegschaft in der Region ist inzwischen davon betroffen. Nach der Kurzarbeit kommen Entlassungen. Aktuell sind zum Beispiel in Esslingen bei Stuttgart knapp 800 Arbeitsplätze bei Index/Traub in Esslingen bedroht. Die Kollegen sollten bereits vergangene Weihnachten ihre Entlassungen bekommen, wurden dann jedoch zum Teil auf Kurzarbeit Null gesetzt. Ursache ist für die Probleme bei dem weltbekannten Drehmaschinenhersteller ist ein Auftragseinbruch vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise von bis zu 80%.

Von den Gewerkschaftsführungen wird das Projekt "Regionalfonds" als Ziel und Inhalt für den Kampf um jeden Arbeitsplatz propagiert. Der Reginalfonds soll das Geld erhalten, das rechnerisch aus dem Krisenpaket II der alten Bundesregierung jedem Einwohner im jeweiligen Kreis zusteht. Bezogen auf die Region Stuttgart entspräche die Vorstellung der IG Metall bei 1/6 davon, also 1000 Euro pro Einwohner in Stuttgart, so könnte der Regionalfonds bei 2,7 Mio. Einwohnern mit 2,7 Mrd. Euro ausgestattet werden.

Dieses Geld soll dann von einem einzurichtenden Regionalrat, bestehend aus Vertretern der Belegschaften, der "öffentlichen Hand" und "der Wirtschaft", die dann darüber befinden sollen, welcher Betrieb die Gelder bekommen soll.

Das unter anderem von Sieghard Bender, inzwischen erster Bevollmächtigter der IG Metall Esslingen und Mitglied bei der "Linken" initierte Projekt ist nicht nur ideologisch äußerst fragwürdig. In seiner vorigen Verwaltungsstelle, Chemnitz, hatte die Belegschaft der "Union Werkzeugmaschinen GmbH Chemnitz" bereits leidvolle Erfahrungen mit einem ähnlichen Projekt gemacht, wie das Handelsblatt berichtete (2):

- Mit Löhnen, die zehn Prozent unter dem Flächentarif lagen, sowie mit 39 Stunden Wochenarbeitszeit fungierten die Betroffenen objektiv als Lohndrücker für KollegInnen anderer Betriebe.

- Die Bank stellt die Eigentümerstruktur der Belegschaft infrage und setzte mit dem Werkzeug der Kreditvergabe eine Beteiligungsgesellschaft als Großinvestor durch, die Belegschaft hat nur noch die "Sperrminorität". Damit war das Ende der Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft nur noch eine Frage der Zeit. Die Nimbus-Gruppe (3) hält über eine Beteiligungsgesellschaft 71% des Stammkapitals. Der Rest der Beschäftigten wird ausschließlich über Leiharbeitsagenturen beschäftigt.

- Innerhalb der Belegschaft entwickelte sich die Kaste derjenigen, die Anteile besaßen und derjenigen die nichts hatten.

Abgesehen von diesen "konkreten" Problemen, die so die Schweizer "Wochenzeitung" (WOZ) (4), die "Esslinger MetallerInnen nicht entmutigt" sondern nur unterstreicht, "dass noch ein gutes Stück Weg zurückzulegen ist, um eine breite Bewegung ins Leben zu rufen, die auch langfristig denkt gibt" es noch weitere, grundsätzliche Kritik:

- Regionalchauvinismus: Statt die Solidarität aller Belegschaften zu entwickeln und die Kampfkraft die Gewerkschaften einzusetzen, z.B. für die sofortige Durchsetzung weiterer Arbeitszeitverkürzung wird nur auf die Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit der "eigenen" Betriebe in der Region gesetzt. Die verwüstende Wirkung auf das zu entwickelnde Klassenbewußtsein zeigt sich gegenwärtig bei Opel, wo es starke chauvinistische Tendenzen gibt. Das äußert sich darin, daß dort z.B. zwischen Bochum und Saragossa konkurriert wird, wer denn die produktivere Belegschaft sei, anstatt den notwendigen internationalen gemeinsamen Kampf zu organisieren.

- Es werden die Ursachen - Finanzkrise und Überproduktionskrise -für die Probleme durcheinander geworfen und ideologisch der Grundstein für die reaktionäre Ideologie vom "raffendem" (in dem Fall die LBBW) und "schaffendem" (die armen Maschinenbaukapitalisten) gelegt, mit denen die Belegschaften dann "gemeinsam" für Kredite kämpfen sollen.

- Es wird generell die Hoffung auf die Reformierbarkeit des kapitalistischen Systems gefördert, anstatt die notwendige Diskussion um positive Kampfforderungen -perspektiven und -formen, die die Solidarität und die Organisation der Belegschaften zu entwickeln. Antikapitalistische KritikerInnen dagegen werden niedergemacht und als Leute, die neben Ewiggestrigkeit (wegen Klassenkampf) die Vernichtung der Arbeitsplätze hinnehmen wollten, diffamiert.

Die Gewerkschaftsführung orientiert also konkret darauf, von den Banken zu fordern, Index/Traub die Kredite zu erhöhen bzw. zu gewähren.

Dazu wurden bereits die üblichen Aktionen wie Gespräche mit allen möglichen Vertretern der Banken, des Kapitals bis hin zu Kanzlerin Merkel geführt und mit diversen Aktionen begleitet. Und das, obwohl es bislang keinerlei (im Sinne der reformistischen Taktik) Signale der betreffenden Banken gibt, diese zu geben wollen. Im Gegenteil, die Banken fordern Personalabbau.

Die Situation ist besonders in Esslingen, der wegen dem im Vergleich zu anderen Regionen überproportional angestiegenen Kurzarbeit sogenannten "Hauptstadt der Kurzarbeit" dramatisch, die Region ist Spitzenreiter bei der Kurzarbeit in Baden-Württemberg: Ehemalige "Zugpferde" wie Heller, Festo und andere nutzen die Situation zu einem bislang nicht gekannten Maß an Arbeitsplatzvernichtung und Kahlschlag bei erkämpften Errungenschaften. Die Belegschaften in der in den vergangenen Jahren von Arbeitslosigkeit relativ verschont gebliebenen Region müssen sich auf harte Einschnitte gefaßt machen: Bei Festo - dem größten Betrieb der Region - gibt es mit Begründung der Krise den Vorstandsbeschluss, die Ausbildungsplätze für 2010 zu halbieren und die bislang garantierte Festübernahme der Auszubildenden "bei einem positiven Gesamtbild" aufzuheben. Ab sofort werden die Auszubildenden nur noch den befristeten tariflichen Übernahmeschutz von 12 Monaten haben. Seit Anfang des Jahres gibt es dort auch "Beschäftigungssicherung" sowie seit dem Sommer Kurzarbeit. Mehrere hundert Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen und LeiharbeiterInnen wurden bereits "freigesetzt" und füllen die Arbeitslosenstatistiken.

Die IG Metall Aktiven bei Festo wollen die Mahnwache bei der LBBW trotzdem unterstützen. "Nicht, weil wir alle die die Forderung nach dem Regionalfonds richtig finden, sondern weil wir mit den KollegInnen in ihrem Kampf um ihre Arbeitsplätze solidarisch sind und uns nicht spalten lassen wollen. Zur Solidarität gehört auch solidarische Kritik, daher wollen wir uns auch mit ihnen auseinandersetzen." so die Aussage eines dort aktiven Gewerkschafters, der weiter meint: "Besondere Bedeutung erfährt die Sache auch dadurch, daß ja 2500 Beschäftigte der LBBW entlassen werden sollen. Die Betroffenen sind keinesfalls unsere Gegner, wir müssen vielmehr dazu kommen, mit ihnen einen gemeinsamen Kampf zu führen. Dazu ist es nötig, die Hintergründe besser zu verstehen und gewerkschaftliche Kämpfe zu organisieren, die die Unternehmer wirklich treffen." Dazu informierten die Vertrauensleute der IG Metall heute mit Flugblättern die Belegschaft.

Jede Unterstützung und solidarische Teilnahme durch Delegationen anderer Betriebe ist gewünscht.

(1) http://www.region-stuttgart.igm.de/news/meldung.html?id=31183

(2) http://www.handelsblatt.com/das-ende-eines-volkseigenen-betriebes;2456689;2

(3) http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Nimbus-Gruppe&action=edit&redl...

(4) http://www.woz.ch/artikel/rss/18333.html

Quelle: Stattweb Beitrag
AutorIn: Willi Bleicher