[B] Erfolgreicher Protest gegen den "Marsch für das Leben"

Demo

Rund 1.500 Menschen haben letzten Samstag in Berlin gegen den "Marsch für das Leben" demonstriert. Eine Blockade auf der Ebertstraße erzwang eine Verkürzung der Route der christlichen FundamentalistInnen. Mehrmals musste der Marsch über den Gehsteig um Sitzblockaden herumgeleitet werden. Hunderte Aktivist*innen verwandelten den "Trauermarsch" über weite Strecken durch Parolen, Konfetti und Glitzer in eine feministische Demonstration gegen christlichen Fundamentalismus und für körperliche Selbstbestimmung. Bereits am Vormittag waren rund 1000 Aktivist*innen dem Aufruf eines Bündnis feministischer und antifaschistischer Gruppen zu einer Demonstration gefolgt.

 

Der Aktionstag wurde mit einer Demonstration des Bündnisses "What the Fuck?" begonnen. Um 11.30 Uhr sammelten sich im Nieselregen rund 750 Aktivist*innen am U-Bhf Kochstraße, um von dort über die Friedrichstraße zur Ecke Ebertstraße/Behrensstraße zu ziehen. Unterwegs schwoll der Demonstrationszug, der von einem großen FLTI*-Block angeführt wurde, auf 1.000 Menschen an. Die Demonstration endete um 13 Uhr zwischen US-amerikanischer Botschaft und Holocaust-Mahnmal an den großflächig aufgestellten Hamburger Gittern. Trotz der Absperrungen gelang es vielen Teilnehmer*innen über unterschiedliche Wege zur Aufktaktkundgebung des "Marsch für das Leben" am Bundeskanzleramt zu gelangen. Andere schlossen sich der etwa 500 Menschen zählenden Kundgebung des Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung am Pariser Platz an. Diese war ebenfalls durch Hamburger Gitter Richtung Ebertstraße vollständig abgeriegelt. Auch der Tiergarten war fast vollständig mit Bauzäunen umstellt, die in den letzten Tagen aufgebaut wurden.

 

Um 13 Uhr begann dann die Auftaktkundgebung der FundamentalistInnen. Bereits kurz vor dem Beginn störte eine Person mit einem Plakat auf der Bühne. Immer mehr Gegendemonstrant*innen strömten herbei und machten ihren Protest mit lauten Sprechchören, Tröten und Trillerpfeifen deutlich. Am Rande der Kundgebung waren deshalb die Reden auf der Bühne zwischenzeitlich kaum zu verstehen. Die Polizei reagierte nur langsam und begann erst spät damit, einzelne Gruppen aus der Kundgebung zu drängen. Kurz nach 14 Uhr setzte sich dann der "Marsch für das Leben" mit knapp 5000 Teilnehmenden in Bewegung. Auf Höhe des Brandenburger Tores veranstalteten einige Aktivist*innen einen Flashmob im Marsch. Nacheinander warfen kleine Gruppen an unterschiedlichen Stellen des Zuges Farbpulver, so genanntes "Holi Powder", in die Luft und riefen dabei Parolen, die sich auf die Vielfalt ihrer eigenen Lebensentwürfe bezogen. Gleichzeitig wurden Schnipsel mit den Botschaften verstreut. Zusätzlicher Tumult wurde durch eine Blockade von circa 50 Menschen auf Höhe der US-Botschaft gestifftet, welche den "Marsch" kurzzeitig auf den Gehweg zwang.

 

Zeitgleich sammelten sich am Potsdamer Platz ab 14:15 Uhr rund 200 Aktivist*innen für einen weiteren Blockadeversuch. Ein früher Treffpunkt im Tiergarten, der auch auf den Aktionskarten vermerkt war, wurde auf Grund der Bauzäune kurzfristig abgesagt. Zirka 200 Leute gingen kurz nach 14:30 Uhr vom Potsdamer Platz aus auf die Straße und liefen auf der Ebertstraße dem "Marsch" entgegen. Wenige Minuten zuvor wurden die meisten Bullen vom Potsdamer Platz abgezogen - wahrscheinlich wegen den Störaktionen am Brandenburger Tor. So konnten die wenigen verbliebenen Bullen die Leute nicht aufhalten. Erst nach der Voßstraße gelang es den Bullen schließlich eine Kette vor den Leuten zu ziehen. Die Aktivist*innen setzen sich vor dieser auf den Boden. Nach kurzen, aggressiven Angriffen auf die Sitzblockade verzichteten die Bullen auf eine Räumung; stattdessen wurden der "Marsch" über die Hannah-Arendt-Straße umgeleitet. Als klar war, dass der Aufzug umgeleitet wird, löste sich die Blockade selbstständig auf. Die meisten Teilnehmer*innen versuchten dann erneut über die Leipziger Straße auf die neue Route zu kommen.

 

Parallel gingen die Störaktionen beim "Marsch für das Leben" weiter. Eine Gruppe von rund 100 Personen, die an der Ecke Französische Straße / Mauerstraße knapp vor dem "Marsch" auf die Route gelangte, bildete dort in wenigen Sekunden eine erneute Sitzblockade. Weitere Leute, die den "Marsch" mit Protesten begleitet hatten, schlossen sich der Blockade an. Die vor dem "Marsch" fahrenden Fahrzeuge der Bullen waren blockiert und versperrten die Straße. Auch hier verzichteten die Bullen nach kurzen Versuchen auf eine Räumung der Blockade. Stattdessen mussten die AntifeministInnen erneut über den schmalen Gehweg an der Blockade vorbei geleitet werden. Wenige hundert Meter später kam es erneut zu einer Sitzblockade vor dem Aufzug, so dass die TeilnehmerInnen wieder vorbei geführt werden mussten. Mit Hilfe eines Transparentes konnte dabei kurzzeitig der hintere Teil des Fundi-Marsches aufgehalten werden. Bullen und christliche FundamentalistInnen schlugen nicht nur in dieser Situation gemeinsam auf Protestierende ein. Mindestens einer Person wurde mit einem Holzkreuz mehrmals auf den Kopf geschlagen.

 

Auch im weiteren Verlauf gab es immer wieder Protest am Rande. Auf der Straße Unter den Linden wurden dann viele Gegendemonstrant*innen von der Polizei auf Höhe der Humboldt Universität abgedrängt. Kurz darauf erreichte der Marsch die Abschlußkundgebung im Lustgarten vor dem Berliner Dom. Auch hier war der Bereich weiträumig abgegittert. Trotzdem gelangten Aktivist*innen in das Areal und zeigten ihren Protest.

 

Dem Ermittlungsausschuss (EA) wurden insgesamt 21 Festnahmen von Gegendemonstrant*innen gemeldet. Davon begaben sich mehrere nach ihrer Entlassung ins Krankenhaus, um Verletzungen behandeln und attestieren zu lassen. Zudem gab es bei der Räumung der Blockaden mehrere Verletzte durch Polizeigewalt. Eine Person wurde von den Bullen so ruppig angegangen, dass sie nicht mehr laufen konnte und ein Krankenwagen gerufen werden musste.

 

Insgesamt waren die Gegenproteste in diesem Jahr wesentlich größer und vehementer als in den vergangenen Jahren. Der Marsch wurde in erheblichen Umfang gestört und musste in Folge der Blockaden seine Route ändern. Auf Grund der Umleitung führte er durch wesentlich kleinere Straßen als im vergangen Jahr und war auch deutlich kürzer. Dennoch sollte betont werden, dass sich erneut mehr Menschen am "Marsch" beteiligten als im vergangenen Jahr. Die Intensivierung der Gegenproteste war also durchaus angebracht. Die Themen (christlicher) Fundamentalismus, "Lebensschutz"-Bewegung und antifeministischer Rollback werden auch abseits dieses Events nicht an Aktualität verlieren. Außerdem wird uns der "Marsch für das Leben" vermutlich auch im nächsten Jahr nicht erspart bleiben. Die erfolgreichen Proteste am vergangenen Samstag sollten also dazu führen, diesem Thema auch weiterhin kontinuierlich Beachtung zu schenken.

 

Bilder: I, II, III, IV 

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Fotografiert und gefilmt wurde ja ohne Ende. Wär cool wenn alle die was gefunden haben den Link dazu posten (nich nur auf facebook).

was genau in dem Zusammenhang? Das eine Demo stattfand? Bei einem derartigen Verhältnis bei der Mobilisierung, frag ich mich schon ob man von einem Erfolg sprechen sollte.

Also ich kann nicht unbedingt behaupten das megaviel Mobi gemacht wurde. Paar infoveranstaltungen (1-3?), eine militante Aktion und bisschen anderes Zeug waren meiner Meinung nach nicht das umfassendste. Dennoch war ich schon positiv überrascht, dass es mehr als ich erwartet hatte, zu den Protesten geschafft hatten. Das die Fundis viele sind, ist auch nicht sonderlich schwer. Fernab von Selbstbestimmung Kinder-Jugendliche und alte ranzerren und das ganze noch mit nem Wochenendurlaub in Berlin verbinden in anbetracht des Umstandes das die meisten von "dehnen" im Jahr wohl nur auf diese und keine andere Demo gehen.

Ein Erfolg könnte sein, das die Proteste tatsächlich intensiver waren und dies nicht nur eine Worthülse blieb. Klar könnten noch viel mehr kommen, Menschen nicht Christlichen glaubens die von Fundi-Christen abgelehnt werden, Gender-Aktivist_innen usw.

Es ist ja aber ein leerer Allgemeinplatz zu behaupten es waren zu wenige dagegen, so ist es ja schließlich immer.

Ich denke die Formulierung "erfolgreich" sollte im Vergleich zum letzten Jahr gesehen werden. Es gab diesmal viel mehr Beteiligung an den Gegenprotesten, einen eigenen Ausdruck durch die Demo und die Fundis mussten auf Grund der Blockade umgeleitet werden. Vergangenes Jahr dominierte Femen die kümmerliche Nachberichterstattung, diesmal war dies nicht der Fall (obwohl sie da waren) und subjektiv gab es auch mehr Öffentlichkeit für das Thema.

angesichts der spamkommentare die eine art beschäftigungstherapie zu sein scheinen, frage ich mich langsam ob das das resultat der stellenausschreibungen für IT-Fachmenschen beim BKA ist, oder ob sich die personellen wie finanziellen mittel  im GATZ konzentrieren. (mal ganz unter uns, so von "Arbeit"geber zu "Arbeit"nehmer: Ist es das was sie sich so darunter vorgestellt hatten als sie ihr Studium abgeschlossen haben?)

Mit freundlichen grüßen, ihr (A)-bombenleger.

Ich war ja während der Demo noch ein bisschen beeindruckt wie gelassen ein Großteil der Fundis das ganze hingenommen hat, wenn man sich hier so umschaut schein ich mich getäuscht zu haben...

Ist das mit dem verpixeln eigentlich so schwer?

Massives Polizeiaufgebot schützte "Marsch fürs Läbe" in Zürich, 20.9.2014 - Infos unter: https://ch.indymedia.org/de/2014/09/93307.shtml

Bilder hier: https://mediagoblin.aurka.com/mediagoblin/mg.fcgi/u/janssen/collection/2...

Hier der Redebeitrag der Gruppe trans*geniale f_antifa, der auf der "What the Fuck!"-Demo gehalten wurde:

 

Wir sind heute auf der Straße, um gegen den “Marsch für das Leben” zu demonstrieren. Der “Marsch” wird hauptsächlich von christlichen Fundamentalist_innen, beziehungsweise Evangelikalen organisert. Wir wollen im Folgenden beispielhaft auf das homofeindliche und trans*feindliche Weltbild der Fundamentalist_innen eingehen.

 

Homosexualität wird von Evangelikalen nicht selten als »Sünde« betrachtet und einige evangelikale Organisationen schreiben sich noch immer die angebliche »Heilung« von Lesben und Schwulen auf die Fahnen, so zum Beispiel auch das »Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft« (DIJG). Unter dem irreführenden Stichwort »Recht auf Selbstbestimmung« engagiert sich das DIJG eigenen Angabe zufolge für Menschen, »die unter ihren homosexuellen Gefühlen leiden und diese als unvereinbar mit ihren Wünschen und Überzeugungen ansehen«. Dabei wird selbstverständlich übersehen, dass die heteronormative Gesellschaft in der wir leben, und insbesondere christliche Akteur_innen dieses »Leid« überhaupt erst produzieren! Lesben und Schwule wachsen in einer Gesellschaft auf, die ihnen immer wieder vermittelt, ihre Gefühle seien nicht »normal«. In evangelikalen Kreisen kommt hinzu, dass Homosexualität als »Sünde« bezeichnet wird. Da ist es kein Wunder, dass schwule und lesbische Christ_innen sich an das DIJG wenden, weil »sie sich eine Ehe oder ein gelingendes sexuell abstinentes Leben« wünschen. Homofeindliche Christ_innen sind deshalb mit Schuld daran, wenn queere Menschen ihre Identität hinterfragen und anzweifeln!

 

Die DIJG vertritt zudem ein äußerst biologistisches und trans*feindliches Verständnis von Geschlecht. In Zusammenhang mit geschlechtsangleichenden Operationen von Trans*-Menschen heißt es: »In Wirklichkeit können chirurgische Eingriffe das Geschlecht nicht verändern. Es ist genetisch festgelegt« In dem Text werden Trans-Frauen* durchgängig als »Männer« und Trans-Männer* als »Frauen« bezeichnet. Geschlecht kann aber nur über die Selbst-Definition der Betreffenden definiert werden. Trans- Frauen* sind Frauen* und Trans-Männer* sind Männer*. Diese Selbstdefinition nicht zu respektieren, ist trans*feindlich.

 

Doch die Ungleichbehandlung von Trans*-Menschen findet sich nicht nur in evangelikalen Kreisen, sondern in allen Teilen der Gesellschaft, also auch in feministischen Zusammenhängen. So kommt es beispielweise häufig vor, dass im Zusammenhang mit Schwangerschafts-Abbrüchen lediglich von “Frauen” gesprochen wird. Dabei werden mehrere Dinge übersehen. Zum einen können nicht alle Frauen schwanger werden, zum Beispiel Trans-Frauen. Zudem können auch Menschen schwanger werden, die keine Frauen sind, beispielsweise Trans-Männer, intergeschlechtiche Menschen und andere Personen, die sich keinem der beiden gesellschaftlich anerkannten Geschlechter zuordnen können oder wollen. Menschen mit unterschiedlichen Identitäten und Selbstdefinitionen können somit schwanger werden und brauchen ungehinderten Zugang zu Schwangerschafts-Abbrüchen. Das bedeutet, dass für alle Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht die medizinische Versorgung für einen Schwangerschafts-Abbruch gewährleistet sein muss, ohne Infragestellung der Identität oder Pathologisierungen.

 

Wir demonstrieren heute nicht nur gegen die reaktionäre Ideologie der Fundamentalist_innen, sondern auch für das Recht auf körperliche Selbstbestimmung. In feministischen Diskussionen ist damit in diesem Zusammenhang häufig der freie Zugang zu Schwangerschafts-Abbrüchen gemeint. Doch wir fassen den Begriff der körperlichen Selbstbestimmung weiter. Uns geht es auch um die Freiheit, Beziehungen abseits der heterosexuellen Norm leben zu können. Uns geht es auch darum, dass wir uns als Trans*-Menschen so kleiden können wie wir wollen und dass wir freien Zugang zu Hormontherapie und geschlechtsangleichenden Operationen haben. Uns geht es auch um die körperliche Selbstbestimmung von intergeschlechtlichen Menschen. Denn in Deutschland werden noch immer intergeschlechtliche Kinder zwangsoperiert, wenn ihre Genitalien nicht eindeutig in die Kategorien “männlich” oder “weiblich” eingeordnet werden können.

 

Es sind unsere Körper und somit auch unsere Entscheidung! Und zwar auf allen Ebenen. Gegen religiöse und staatliche Bevormundung!

Für eine Gesellschaft, in der alle ohne Angst verschieden sein können!

 

trans*geniale f_antifa
www.transgenialefantifa.blogsport.de

Hier der Redebeitrag der Gruppe nofundi[m]ärsche, der auf der "What the Fuck!"-Demo gehalten wurde:

 

Wir sind die Gruppe nofundi[m]ärsche. Wir sind für ein uneingeschränktes Recht auf Abtreibung. Wir wollen heute aber auch was zu Selektion durch Pränataldiagnostik sagen und diese kritisieren. Denn dieser Aspekt kommt unserer Meinung nach oft in der Kritik an den Fundis, aber auch in den Forderungen für sexuelle Selbstbestimmung, zu kurz.

 

Pränataldiagnostik, kurz PND, umfasst verschiedene vorgeburtliche Untersuchungen, z.B. Nackenfaltenmessungen, Ultraschall oder auch Blutentnahmen, wie beim neuen Pränatest. Wir unterscheiden zwischen selektiven und nicht-selektiven Untersuchungen. Nicht selektive Untersuchungen untersuchen z. B. den Gesundheitszustand der Frau, dagegen prüfen selektive Untersuchungen den Fötus auf körperliche oder genetische Abweichungen.

Wir lehnen selektive Pränataldiagnostik ab!

 

Wenn beim Fötus Abweichungen von der medizinischen Norm diagnostiziert werden, kommt es meistens zum Schwangerschaftsabbruch. Der Abbruch kann dann bis kurz vor der Geburt auf Grundlage der sogenannten medizinischen Indikation erfolgen. Dabei wird mit der Gefährdung der psychischen Gesundheit der Schwangeren argumentiert, die aufgrund der Beeinträchtigungen des Fötus entstehen. Dass schwangere Personen sich in solchen Fällen für einen Abbruch entscheiden, wundert nicht.

 

Gesellschaftliche Bilder von Behinderung und Beeinträchtigungen sind häufig negativ. Behinderung gilt als ein zu vermeidender Zustand der Abhängigkeit und des Verlusts. Viele können sich ein selbstbestimmtes Leben mit Behinderung nicht vorstellen. Mit der Weiterentwicklung pränataler Diagnostik eröffnen sich immer neue Möglichkeiten der angeblich möglichen Vermeidung von Behinderung. Verfahren zur vorgeburtlichen Selektion sind ableistische Praktiken in einer Gesellschaft, die auf kapitalistischer Verwertung basieren und behinderte Menschen diskriminieren.

 

Pränataldiagnostische Untersuchungen sind aber nicht nur behindertenfeindliche Praktiken, sondern setzen zugleich auch schwangere Personen unter Druck, die immer mehr für die Gesundheit und „Qualität“ ihres Nachwuchses zur Verantwortung gezogen werden. Ein Recht auf Nichtwissen für Schwangere gibt es de facto nicht, vorgeburtliche Untersuchungen sind zur Normalität geworden.

 

Der Fokus der selbsternannten Lebensschützer hat sich innerhalb der letzten Jahre stark auf die Themen PND und Kritik an Selektion verschoben. Ihre Kritik an Selektion funktioniert aber nur, weil sie Schwangeren generell jegliches Entscheidungsrecht über ihren Körper absprechen.
Zu oft können sie sich als Verbündete von Behinderten präsentieren. Doch eigentlich instrumentalisieren sie die Interessen behinderter Menschen, wenn sie ‘Ja zu Inklusion’ und ‘Nein zu Selektion’ fordern. Für reale Lebensbedingungen nach der Geburt, geschweige denn eine wirkliche Gleichstellung Behinderter haben sich die Lebensschützer noch nie interessiert.

 

Umso wichtiger ist es, eine queer-feministische Position zu entwickeln, die nicht die Kritik an PND und das Recht auf Schwangerschaftsabbruch gegeneinander ausspielt, sondern zusammendenkt. Wir dürfen die Kritik an pränataler Diagnostik nicht konservativen und religiösen Kreisen überlassen!

 

Ein Schwangerschaftsabbruch ist eine legitime Entscheidung, die weder im Strafgesetzbuch noch mit Zwangsberatungen geregelt sein sollte. Wir fordern deswegen die Streichung des Paragrafen 218 und ein uneingeschränktes Recht auf Abtreibung.
Wir fordern zugleich das Verbot selektiver Untersuchungen, die darauf abzielen, potenzielle Behinderungen zu entdecken.

 

Denn wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der Schwangeren nicht die Verantwortung zugeschoben wird, gesunden Nachwuchs zur Welt zu bringen. Eine Gesellschaft, in der Personen keine Nachteile daraus entstehen, wenn sie ein behindertes Kind haben. Eine Gesellschaft, in der Behinderung nicht als zu vermeidende Last gesehen wird.

 

Lasst uns gemeinsam für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und gegen Selektion und Ableism kämpfen.