Der dritte Prozesstag nach dem Neonazi-Angriff auf das Ernst-Kirchweger-Haus in Wien im Oktober 2013 ist zu Ende gegangen. Es hätte nach Plan der letzte sein sollen – doch die Sache ist noch lange nicht ausgestanden. Und so wurde auf unbestimmte Zeit vertagt. Staatsanwalt Hans-Peter Kronawetter ist es gelungen, den Fokus vom Anlass des Prozesses – einem Angriff von 20 bis 30 rechten Hooligans auf ein Haus, in dem linke und migrantische Gruppen untergebracht sind – auf das Niveau einer Auseinandersetzung über eine beliebige Rauferei zu bringen.
Die Motive der rechten Angreifer sollen möglichst keine Rolle bei der ganzen Angelegenheit spielen. Da sich das der Natur der Sache nach nicht vermeiden lässt – immerhin war das Ganze eben keine beliebige Rauferei, sondern ein organisierter Angriff – versucht der Verteidiger der sieben Angeklagten aus dem Umfeld des rechtsradikalen Austria-Wien-Fanclubs „Unsterblich“, die Gegenseite als notorische Gewalttäter erscheinen zu lassen. Zu diesem Zweck stellt er Fragen nach den Organisationen, denen ZeugInnen angehören und ob diese nicht auch öfter mal auf Demonstrationen sind, wo man sich „Auseinandersetzungen mit der Polizei liefert“.
Im Laufe des Prozesses wurden Screenshots von Facebook-Postings des Hauptangeklagten der Angreifer vorgelegt. Aus diesen geht eindeutig hervor, dass es sich bei dem Mann um einen Rechtsradikalen handelt und dass er zumindest ein Naheverhältnis zum Fanclub „Unsterblich“ hat. Der Angeklagte stritt alles ab – mit den Rudolf-Hess-Bildern und Zitaten von Neonazi-Bands habe er nichts zu tun. Am nächsten Tag versuchte sein Anwalt dies zu kontern und legte Fotos von irgendwelchen linken Organisationen und einer „kurdischen Jugend“ vor, auf denen ein Logo mit einer Maschinenpistole zu sehen sei. Worin die Verbindung mit den angeklagten Gewerkschaftern oder Mitgliedern des Vereins ATIGF bestehen soll, blieb unklar. In die Räumlichkeiten von ATIGF versuchten die rechten Schläger im Oktober vergangenen Jahres einzudringen.
Eine weitere Methode des Verteidigers der sieben „Fußballfans“ ist es, die Glaubwürdigkeit von ZeugInnen, die eher der Gegenseite nützen, in Zweifel zu ziehen. Das ist zwar üblich in Prozessen, in diesem Fall leistet sich der Anwalt aber teilweise Bemerkenswertes. Als eine Frau mit türkischem Migrationshintergrund mit Hilfe einer Dolmetscherin aussagt, will der Anwalt partout nicht glauben, dass die Zeugin kein Deutsch spricht. Das ist zwar für die Aussage der Frau relativ unerheblich, beschäftigt den Anwalt aber am meisten. Als die Frau aus dem Zeugenstand entlassen wird und der Richter sagt, dass sie gerne als Zuhörerin im Saal bleiben kann, schreit der Anwalt aufgeregt, dass die entlassene Zeugin das nun sehr wohl verstanden habe; dies würde bedeuten, dass sie ja doch Deutsch könne. Wie gesagt: was die Deutschkenntnisse mit der Aussage zu tun haben sollen, bleibt rätselhaft; die Episode lässt aber tief in die Denkstruktur des Anwalts mit Lieblingssprache Deutsch blicken.
Staatsanwalt Kronawetter wiederum, dessen Steckenpferd es ist, gegen AntifaschistInnen und sonstige politische AktivistInnen vorzugehen, bleibt sich treu. Man hat den Eindruck, der Mann wähnt sich auf einem Feldzug. Zwar erhöhte er am zweiten Prozesstag die Anklage gegen den rechten Hauptangeklagten. Dieser wird verdächtigt, ein Mitglied der Gewerkschaftsfraktion „Kommunistische Gewerkschaftsinitiative International“ (KOMintern) krankenhausreif geprügelt zu haben und muss sich nun wegen schwerer Körperverletzung verantworten. Am dritten Prozesstag zog Kronawetter dann aber gleich nach. Die Anklagen gegen die beiden ebenfalls wegen Körperverletzung angeklagten KOMintern-Aktivisten wurden auch von „leicht“ auf „schwer“ erhöht. Grund: ein Zeuge hatte ausgesagt, dass die beiden zusammen mit zwei oder drei anderen auf den Hauptangeklagten eingeschlagen hätten. Ab drei Personen, die jemanden verletzen, geht es automatisch um schwere Körperverletzung.
Zudem kündigte der Staatsanwalt Ermittlungen gegen einen Zeugen an, der ebenfalls KOMintern angehört. Kronawetter vermutet, der Mann habe vor Gericht falsch ausgesagt. Warum? Weil der andere Zeuge, dessen Aussage Grund für die Erhöhung der Anklage gegen die Gewerkschafter war, etwas anderes gesehen haben will. Bei diesem Zeugen vermuten informierte Prozessbeobachter übrigens ein Naheverhältnis zum Umfeld der rechten Hooligans. Weshalb der Staatsanwalt diesem Zeugen mehr Glauben schenkt als dem Kommunisten bleibt sein Geheimnis.
- Von Karl Schmal
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das EKH scheint das alles nicht zu betreffen. auf der demo kein banner, sehr wenig leute (3 -???) aus dem ekh. keine erwähnung auf der homepage, keine erwähnung im rapidite (monatliches zine des ekh...)
warum - weil es eh nur die doofen kommis getroffen hat? weil vor lauter konzerte organisieren keine zeit mehr? weil die wöchentliche vokü ressourcen frisst...
eh klar dass hier keine antwort kommt, oder kommen sollte aber vielleicht wird die auf der strasse, der homepage in der nächsten ausgabe der rapidite erfolgen. hoffentlich.
siempre antifa - die wüste muss jetzt durchquert werden!
schmäh ohne
btw... es gibt gar keine wöchentliche vokü im ekh.
Zurück aus der Wüste
Ich geb dir recht, dass in den diversen 'Freiräumen' und 'Hausprojekten' in Wien viel schief läuft, wobei ich weiss dass das nicht nur in Wien so ist... aber auf demos latschen ist nicht alles... vor allem wenn es um solche geht, wie zuletzt in wien organisierten (z.b. nach dem Urteil gegen Josef). Auf solchen Zusammenkünften der Wiener (antifaschistischen) Linken ist niemand sicher der/die ernsthaft was angehen will. Und davon abgesehen wird sowieso vieles nur daran gemessen wie schnell die Medien darauf anspringen... Ein altes Wiener Problem... Es gibt auch andere Formen der Solidarität und das kannst du ober-antifa nicht wissen was leute sonst so machen.
Wenn ein Statment dazu kommen sollte, glaub ja nicht dass das wegen dir passiert ist...
'eh klar dass hier keine antwort kommt, oder kommen sollte' - Und was soll der Scheiss überhaupt, wenn du der Meinung bist keiner sollte darauf antworten, dann such dir eine Form der Kommunikation aus die informeller ist, und frag beim nächsten Mal vielleicht die Leute selber die das ganze angeht...
In diesem Sinne schöne Grüße in die bequemen Sessel der Wiener Antifa!
Anarchist
form ist schon okay
... will ja kritik üben, und die form, die er/sie dafür wählt, ist ja ihr/ihm überlassen.
natürlich gibt es verschiedene formen von solidarität, un dnicht alle sind sichtbar. und natürlich ist gut, dass nicht alle sichtbart sind.
aber das verweisen auf informelle kommunikationswege ist auch ein stückweit elitär. was , wenn mensch nciht zugang zu diesen kanälen hat?
was, wenn mensch sachen auch etwas öffentlicher kritisieren will?
"ernsthaft was angehen will"??? wieviel militante kultur gibt es in wien? und ist nicht-militant z.b. prozessbeobachtung machen, berichte schreiben, oder eben demos organisieren, dran teilnehmen, infos weiterverbrieten- nicht ernsthaft???
m.M. momentan kriegen weder kommies noch autonome allzuvie gebacken. schaut aus, als wären wir in eine sackgasse geraten. deswegen brauchen wir neue wege. neue theorien, neue organisationsformen, neue kampfmittel. und um die zu finden, brauchen wir solidarität, kritik und offenheit.
schräg
zuerst gibst du der kritik teilweise recht um dann plötzlich in ein "was soll der scheiß... " gerante zu kippen. sehr weird.
es wurde ja auch kritisiert dass rein gar nix veröffentlicht wurde seitens ekh. dass auf demos vieles kacke läuft ist eh klar, da müsste mensch selber welche ausm boden stampfen aber das ist arbeit und die ist oft fad und wenn das ziel anscheinend jedes mal der aufstand sein muss(!) dann kann mensch es tatsächlich gleich lassen.
diverse...
es geht mir ganz konkret ums ekh, da eben dieses von faschos angegriffen wurde und nix dazu veröffentlicht wird, keine infoveranstaltung statt findet, keine solikonzert (repression kostet). es passiert nix, nicht einmal auf der demo wurde das ekh sichtbar repräsentiert und, da geb ich dir recht, das wäre ja auch nur ein symbolischer beitrag gewesen. aber immerhin etwas.
Dass die Faschos eh nur die blöden Kommis angegriffen haben, wäre erstens unglaublich traurig und vor allem eine Fehleinschätzung: trau den faschos nämlich nicht wirklich zu dass sie ein komintern treffen sprengen wollten, sondern dass eben diese tür offen war. hätte genausoblöd die andere sein können oder mensch kommt vom gassi gehen. es war ein angriff aufs haus, nur scheint es das haus nicht zu interessieren. so wirkt es zumindest für aussenstehende, die nicht in interne diskussionen eingebunden sind und nur ab und zu auf konzerten im haus sind. ich frage mich was könnten die gründe für dieses verhalten sein. was bewegt mich dazu einen naziangriff bzw. den prozess gegen die betroffenen nicht einmal zu erwähnen, noch dazu wo sich das ganze in meinem eigenen zuhause abgespielt hat.
andere hausprojekte gibts eh nur die hyttn, die imho mehr macht als die meisten sehen wollen und von vielen trotzdem nur belächelt wird. im gegensatz zum ekh machen sie jedoch bei initiativen wie dem antifaschistischen grätzeltreffen mit und das haus wurde von den menschen die drinnen wohnen erkämpft. was man vom ekh nicht behaupten kann, ausser mensch sieht das einzugsverfahren im ekh als kampf an - was durchaus nachvollziehbar ist.
dem letzten posting geb ich vollinhaltlich recht. antifa muss wieder angriff heißen und mit den organen der repression wird nciht verhandelt. dazu braucht es aber eben auch eine gewisse bewegungsstärke und eine theoretische auseinandersetzung mit der materie, die über acab rausgeht. und frei sind die entscheidungen sowieso nie, noch weniger wenn mensch vor gericht stehen muss. sollte also die prozessführung ein grund sein, dann ein ziemlich bequemer.
endlich
mittlerweile ist was auf der homepage veröffentlicht worden: http://www.med-user.net/~ekh/
verfehlter staats-antifaschismus
vorweg: natürlich ist die anklage ein skandal. und natürlich ist die verhandlungsführung eines kronawetter zu kritisieren. und natürlich sollte die solidarität der linken den angegriffenen und ATIGF-angeklagten gelten.
aber was hier gerade auch überdeutlich wird, ist, wohin der weg führt, den weite teile der österreichischen bzw. wiener antifaschist_innen eingeschlagen haben. zur erinnerung: dieser weg ruft die staatlichen organe der zweiten republik dazu auf, rechten und neonazistischen umtrieben entschieden(er) entgegenzutreten. folgerichtig demonstrierte die "offensive gegen rechts" denn auch am dienstag an den zentren der macht vorbei, an justizpalast, parlament, ÖVP-zentrale und landesgericht. diese appelle ignorieren komplett, dass der österreichische staat teil des problems ist. sei es ein von "freiheitlichen" gewerkschaftsfunktionären durchsetzter polizeiapparat, eine justiz, die voll mit "alten herren" ist, oder ein politisches establishment, dem noch keine forderung der FPÖ zu dumm, zu rassistisch oder zu homophob war, um sie nicht in der ein oder anderen form selbst aufzugreifen.
in diesem glauben an die heilkraft von verbotsgesetz und wiederbetätigungsverbot unterscheiden sich selbst die stalinistischen splittergruppen der wiener junglinken wenig von SPÖVP (mit dem unterschied, dass erstgenannte diese gesetze gern noch viel häufiger angewendet sehen würden). was es in wien im lichte von naziangriffen wie dem auf die ATIGF viel notwendiger bräuchte, wäre ein konsequent staatsferner antifaschismus:
- keine, und zwar wirklich gar keine, zusammenarbeit der angeklagten und ihrer genoss_innen mit polizei und staatsanwaltschaft
- ein zeichen der solidarität, nicht in klinisch toten seitenstraßen des 1. bezirks, sondern dort, wo der angriff stattfand
- ein denkzettel für die beteiligten nazis (das muss nicht gleich physisch sein - outings, stress für kneipen, in denen sie sich treffen, etc.)