[Heidelberg-Kirchheim] Polizei entpolitisiert Nazi-Angriff

Sinsheim, 5. April 2014: Andreas Lehnert (r.) mit Fahne "Nationaler Widerstand" auf der Nazi-Demo

Der 24-jährige NPD-Anhänger Andreas Lehnert hat am 26. Juli in Heidelberg-Kirchheim eine Gruppe junger Antifaschisten angegriffen. In einer Pressemeldung der Polizei vom 27. Juli ist lediglich von einem „verwirrten“ Mann die Rede, der „eine Personengruppe“ „zunächst mit Worten“ und dann „mit einem Messer bedroht“ hätte.

 

Der Nazi hatte die Jung-Antifas auf der Höhe seiner Wohnung zunächst beschimpft und mit den Worten „Ihr seit doch diese scheiß Antifas. Ich schlitz euch die Kehle durch.“ bedroht. Dann holte er ein rund 30 cm langes Messer aus dem Haus und verfolgte die jungen Leute durch den Stadtteil. Nachdem er einen jugendlichen Antifaschisten eingeholt hatte, landete der Faschist einen Tritt - das Messer setzte der Nazi glücklicherweise nicht ein.


Nach der Tat sei der Nazi, so die Polizeimeldung, zunächst festgenommen und anschließend in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden.

Der Täter und seine Opfer kannten sich offenbar von der konstituierenden Gemeinderatssitzung in Mannheim, die am 22. Juli stattfand. Am 26. Juli kam es dann zu der Zufallsbegegnung in Kirchheim, die der äußerst aggressiv auftretende Lehnert für seine Attacke nutzte.

 

Der Kirchheimer Faschist Andreas Lehnert ist kein Unbekannter. Er nahm am 5. April 2014 an einem Nazi-Aufmarsch von NPD und „Freien Nationalisten Kraichgau“ in Sinsheim teil.

Am 22. Juli war er zusammen mit dem NPD-Kreisvorsitzenden Jan Jaeschke, dem Heidelberger NPD-Mitglied Bernd Geider sowie weiteren Nazis als Unterstützer des neuen NPD-Stadtrats Christian Hehl als Zuschauer auf der konstituierenden Sitzung des Mannheimer Gemeinderats anwesend. Dort hatte er bereits AntifaschistInnen bedroht und war körperlich geworden. Lehnert hatte versucht, mehrere Jugendliche, die er als AntifaschistInnen identifiziert zu haben glaubte, verbal und körperlich zu attackieren und hatte einen Jugendlichen mit einem „Bodycheck“ angegriffen.


Auf seinem Facebook-Profil, das schleunigst am 28. Juli „entschärft“ wurde, versteckte Lehnert seine faschistische Gesinnung keineswegs. Er zählt zahlreiche regionale Figuren der Nazi-Szene zu seinen „Freunden“ und hatte als Profilbild ein Symbol des „Nationalen Widerstands“ verwendet.


Im Übrigen ist auch das Facebook-Profil des Möchtegern-Führers Jan Jaeschke (Weinheim) seit dieser Zeit nicht mehr zu finden. Auch er scheint angesichts des Angriffs seines „Parteisoldaten“ Lehnert kalte Füße bekommen zu haben. Die NPD möchte offenbar nicht in direkte Verbindung mit „stark verwirrten“, „psychisch gestörten“ AnhängerInnen gebracht werden. (Zitate aus der Polizeimeldung vom 27. Juli 2014)


Seine Wohnung in der Nähe des S-Bahnhofs Kirchheim/Rohrbach, die er vermutlich mit drei „Kameraden“ teilt, hat der Nazi mit der „Schwarzen Sonne“ (SS-Symbol) und einer so genannten Reichkriegsflagge „geschmückt“. Auch eine Fahne der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN) soll als Dekoration in den Räumen des rechten Gewalttäters hängen.


Im Wohnumfeld des Faschisten Lehnert werden regelmäßig Aufkleber von NPD und „freien Nationalisten“ geklebt. Im März 2014 beschimpfte und bedrohte ein Nazi am Kircheimer S-Bahnhof AntifaschistInnen, welche diese Sticker entfernen wollten.

 

Die Heidelberger Polizei indes bleibt ihrer fragwürdigen Linie, die sie seit Jahren fährt, treu und hat erneut die politische Dimension eines gewalttätigen Nazi-Angriffs komplett verschwieden. Und das, obwohl die angegriffenen Antifas dies gegenüber den BeamtInnen unmissverständlich deutlich gemacht hatten. Scheinbar fährt die Polizei nach wie vor die Linie des ehemaligen Heidelberger Kriminaldirektors Bernd Fuchs: Ignorieren. Verschweigen. Kleinreden. Entpolitisieren.


Hier reiht sich die Polizei als politische Akteurin ein in das allgemeine Herunterspielen rechter Gewalttaten. „Das Verschweigen rechter Gewalt hat eine lange Traditon, vor allem, wenn es sich bei den Motiven für die Taten um ein Konglomerat aus rassistischen und menschenverachtenden Einstellungen, Aggression und Machtgelüsten handelt. (...) Rechte Gewalt wird dann als unpolitische Gewalt interpretiert, als Kneipenschlägerei, Cluquenstreit oder alkoholbedingten Ausfall.“ (Barbara Manthe in der Zeitschrift „Der Rechte Rand“, Ausgabe 148, Mai/Juni 2014) Bei dem Fall in Kirchheim war es wieder einmal die „Auseinandersetzung unter Jugendlichen“ beziehungsweise der „psychisch gestörte Gewalttäter“.

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Wenn der Typ was an der Klatsche hat, dann hat er was an der Klatsche, so einfach ist das.

 

Es gab in den letzten Jahren immer wieder (tödliche) Attacken von paranoid-schizophrenen Typen auf ihre Partnerinnen, wobei niemand auf die Idee gekommen wäre, dass es sich dabei um frauenfeindliche/sexistische Attacken gehandelt hat.

 

Lasst die KollegInnen, vermutlich in Wiesloch, erst einmal schauen, was Sache ist. Wenn der Typ tatsächlich psychisch krank sein sollte, dann ist er nun einmal krank. Ich glaube nicht, dass Euch die Erstellung einer "Ferndiagnose" zusteht, vom Fachlichen ganz zu schweigen.

 

Seht das positiv, wenn der Typ psychisch krank sein sollte, dann kann man mit Fug und Recht behaupten, dass Gauck mit den "Spinnern" wortwörtlich recht hatte.

.. liest du in dem Artikel eine "Ferndiagnose"? Der Text gibt doch zur "psychischen Krankheit" nur das wieder, was die Cops über den Täter schreiben und ordnet ihn der rechten Szene zu. Das ist zunächst mal keine "Diagnose". Dass der Angriff politisch motiviert war, erschließt sich aus seinen Zusammenhängen, den Äußerungen des Täters und der politischen Verortung der attackierten Menschen. Wie der Nazi den Angriff umgesetzt hat (Messer), kann durchaus auf eine "psychische Störung" zurückzuführen sein. Trotzdem bleibt der Typ ein Nazi.

Ja, eine solche lese ich, da die Feststellung einer politischen Motivation eine allg. psychische Erkrankung ausschließt. Nennt sich Ausschlussdiagnose.
Wie gesagt, lasst mal die Fachleute ran und ihn begutachten, okay?

Politische Motivation und psychische Erkrankung schließen sich aus?!? Fazit: Hört mal mit dem Politikscheiß auf und lasst die Fachleute ran. Könnte man eigentlich bei allen Nazis so machen. Liebe Mods, bitte löscht doch diesen unterirdisch schlechten Gesprächsfaden.

So ein monokausaler Blödsinn.

Selbst wenn der Grund seines Angriffs ne psychische Störung ist, heißt das doch noch lange nciht, dass sie nciht politische motiviert war. Die Auswahl seiner Opfer zum Berispiel war alles andere als zufällig bzw. eben auf eine politische Motivation und nciht auf eine psychische Störung zurückzuführen.

Es sei denn natürlich, dass Anti-Antifaschismus als psychische Störung gewertet wird, aber dafür müssen wir mindestens noch auf den DSM-6 warten schätze ich.

mal wieder lassen sich hier Menschen aus, die ausser "irgendwie antifaschistisch sein" anscheinend keinerlei emanzipatorische Perspektive haben, wie sonst darf ich mir erklären, dass ihr das gesellschaftliche Stigma "psychisch krank" überhaupt diskussionswürdig findet?

Das facebookprofil ist vermutlich unter dem Namen " Axt Räuber " wieder aufgetaucht .

Gibt bei Suche denn Name Andreas lehnert ein. Dann auf mehr anzeigen und darauf auf Personen. Nun bei Ort noch Heidelberg. So findet man Das Profil

Ich dachte in Heidelberg gäbe es keine Nazis, außer der Normannia! Klar, rechte Studentenverbindungen verschiedenster Nuancierungen und ein paar versprengte Wirrköpfe von der ehemaligen Deutschen Liste wie diesen Martin Schuhmacher (wohnt der noch in der Gegend?)

Aber:
Wieso musste dieser Nazi erst mit einem Messer auf Antifas losgehen, damit sich eine von drei(!) Antifastrukturen in der Stadt seiner annimmt und etwas über den Typen veröffentlicht? Vor allem wenn er "kein Unbekannter" ist und auch schon in der Vergangenheit aggressiv auftrat, wie der Artikel hervorhebt...

Gibt es denn wenigstens Infos über die drei mutmaßlichen Mitbewohner oder auch erst, wenn sie jemanden zusammengetreten haben?

 

Mein Mitgefühl mit den Betroffenen, ich hoffe sie sind alle halbwegs in Ordnung!

Offensichtlich gab es doch schon eine Beschäftigung mit ihm, sonst hätten hier nicht so schnell Ergebnisse präsentiert werden können. Natürlich wäre ein Outing schön gewesen, aber glaubst Du es hätte da irgendwas verhindert? Die Frage ist ernst gemeint: Was hätten denn die drei Antifastrukturen machen sollen, um einen Übergriff zu verhindern? Und was soll mit den Mitbewohner_innen Deiner Meinung nach passieren, damit sie zukünftig niemanden zusammentreten?

Mir ist klar, dass ein Outing weder den einen aufgehalten hätte, noch die drei anderen (so es sie gibt) von irgendwas abhält... Aber die Genoss*innen wären immerhin gewarnt gewesen, dass sie sich da auf gefährliches Terrain begeben. Und je nachdem wie detailliert die Recherche und entsprechend auch das Outing gewesen wäre, hätten sie auch einschätzen können WIE gefährlich die Nachbarschaft dort genau ist.

Der Nazi andreas Lehnert ist wieder auf der Straße unterwegs: https://linksunten.indymedia.org/de/node/121563

Das schreibt die Rhein-Neckar-Zeitung am 4. August 2015 zum Prozess in Heidelberg: https://linksunten.indymedia.org/de/node/150165

§ 34
Rechtfertigender Notstand

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

 

Für Die Zumkunft