[AB]: Bericht von der „Gegen Israel Demo“

Kurzer Bericht und persönliche Eindrücke von der gestrigen Demonstration in Aschaffenburg.
Seit Anfang letzter Woche zirkulierte über Facebook ein Flyer der zur „Demonstration gegen Israel“ am 20.07. um 14 Uhr am Hauptbahnhof aufrief. Auf dem Flyer abgebildet war ein mit Pali-Tuch vermummter Mann sowie die Fahne Palästinas. Weder Veranstalter noch andere Informationen waren dem Flyer zu entnehmen. Diverse Gruppen, wie eine lokale DITIP Gemeinde sowie Personen aus dem Umfeld von Milli Görüs, trugen zur Verbreitung des Flyers bei. In der lokalen Tageszeitung war im Vorfeld von einer Demonstrationsankündigung nichts zu lesen. Lediglich am Freitag ein kleiner Artikel mit dem Titel „Extremisten nutzen Konflikt im Nahen Osten“. Dort war zu erfahren, dass die Demo unter dem Motto „»Demo für den Konflikt zwischen Palästina und Israel: Pro Palästina, kontra Israel«. angemeldet worden war und der Verfassungsschutz davor warnte, dass sich die islamistische Szene mit den Palästinensern solidarisiere und heftige Kritik an Israel äußere. Laut Polizei werde mit 300 Teilnehmern gerechnet.

 

Dass die Demonstration jedoch weitaus größere als erwartet ausfiel, zeigte sich Samstag bereits vor 14 Uhr. Dort versammelten sich zur Auftaktkundgebung geschätzte 400-500 Personen. Die Veranstalter hielten eine Eröffnungsrede in deutscher Sprache. Darin wurde Großteils Kritik an Israels Vorgehen geäußert, sich für Frieden ausgesprochen und die Einstellung der Bombardements gefordert. Insgesamt würde ich die Rede der Veranstalter als moderat bewerten bei der es zu keinerlei antisemitischen Äußerungen kam. Danach wurden erste Parolen wie „Free Gaza“ gerufen die jedoch schnell vom Dauerbrenner „Kindermörder Israel“ abgelöst wurde. Von Demonstrationsbeginn an wurden durchgehend Parolen gerufen, was Linke beim Schreiben eines Indymedia-Artikels wohl als „lautstark und entschlossen“ bezeichnen würden.

Nachdem sich der Zug in Bewegung gesetzt hatte, schlossen sich zahlreiche weitere Personen an, sodass dieser schnell an Größe gewann. Die Polizei beziffert die TeilnehmerInnenzahl im Nachhinein mit 1.200 Personen, was sich auch mit meiner persönlichen Schätzung deckt. Die TeilnehmerInnen setzen sich aus Menschen aller Altersschichten zusammen, wobei der hohe Anteil junger Menschen deutlich auffiel. Ebenso auffällig war der hohe Anteil (junger) Frauen von denen wiederum eine deutliche Mehrheit unverschleiert war und somit gar nicht meinem vorurteilsbeladenen Klischeebild entsprach, mit dem ich auf Grund des zur Demo aufrufenden Spektrums gerechnet hatte. Nichts desto trotz lässt sich die Außenwirkung der Demonstration als stark religiös und nationalistisch bezeichnen. Die Parole „Allahu akbar“ (Gott ist groß) wurde von allen Teilen der Demonstration immer wieder aufgegriffen und lautstark mitgerufen.

An Fahnen dominierten deutlich die türkische Staatsflagge (auch in Form von T-Shirts und Backenschminke) sowie die Fahne Palästinas. Auch das Konterfrei Erdogans war häufig auf T-Shirts und Flaggen zu sehen. Zudem wurde vereinzelt die Fahne der Hamas mitgeführt. Die getragenen Transparente und Schilder forderten ein Ende des Bombenmassakers, Free-Gaza und zogen immer wieder Vergleiche wie Israel=Terrorist. Das zur Schau stellen von zwei besonders dummen Plakaten, auf denen die Politik Israels mit der von Hitler verglichen wurde und auf dem Zweiten das „S“ im Wort Israel als Hakenkreuz dargestellt war, wurde von den Cops unterbunden. Die Bedeutung der vielen mitgetragenen Spruchbänder in arabischer Schrift ist mir auf Grund von Sprach- und Schriftunkenntnis nicht bekannt. Auf der Zwischenkundgebung wurden Beiträge auf Arabisch und Türkisch gehalten. Auch über deren Inhalte kann ich nichts berichten. Nach Abschluss der Zwischenkundgebung setzte sich der Zug Richtung Hauptbahnhof in Bewegung, wo dieser ohne weitere Zwischenfälle beendet wurde. Die Cops waren zwar mit mehreren Wannen direkt an der Demo präsent, hielten sich aber weitestgehend zurück. Unweit der Zwischenkundgebung befanden sich auch mehrere Fahrzeuge des USK, deren Einheiten aber nicht zum Einsatz kamen. 

Als persönliches Fazit würde ich festhalten, dass die von mir befürchteten antisemitischen Ausfälle in der erwarteten Form ausblieben. Alle TeilnehmerInnen über einen Kamm zu scheren und als Antisemiten, bzw kollektiv antisemitisch motiviert zu bezeichnen, wäre der Sache sicher nicht gerecht. Besonders perfide und explizit antisemitische Parolen blieben nach meinen Erkenntnissen aus. Mein Eindruck war, dass sich gerade im hinteren Teil der Demo viele Familien beteiligten die sich aus Betroffenheit über das enorme Leid im Gaza-Streifen beteiligten.


Dennoch bleibt der fade Beigeschmack, dass eine relativ kurzfristig angekündigte Demonstration, die auf ihren Flyern lediglich mit dem Inhalt „Gegen Israel“ mobilisiert, über 1.000 Menschen – in Aschaffenburg wohl eine der größten Demonstrationen der letzten Jahre – auf die Straße bringt.


Und die vielen plumpen Parolen (Zionisten=Faschisten), gefährliche Relativierungen sowie die dominierende religiöse und nationalistische Symbolik lassen auf einen zutiefst reaktionären Charakter der Beteiligten schließen. Eine positive Bezugnahme und linke Intervention bei derartigen Versammlungen, scheint mir in diesem Gemenge unmöglich. 

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Zumindest die Alah u Akbar Rufe hat wohl jeder verstanden, soviel Allgemeinwissen darf man voraussetzen. Und damit ist auch jeden klar, wo man hier reingeraten ist. Die Frage stellt sich ganz einfach, was haben Linke eigentlich in solchen Demos verloren? Man demonstriert gemeinsam mit Leuten, die Linke aufhängen würden, wenn sie könnten, bzw. da wo sie die Macht haben, es auch tun.

Man könnte einen alten Spruch abwandeln.

Nur die allerdümmsten Kommunisten - demonstrieren mit Islamisten.

Ich habe keine einzige als linke zu erkennende Person oder Organisation als Demonstrationsteilnehmer ausmachen können.

Auch Linke aus "migrantischen" Gruppen haben an der Demonstration nicht teilgenommen.

Und ich selbst war aus Dokumentationszwecken vor Ort.

 

Von daher trifft dein Vorwurf - zumindest auf AB - nicht zu.

Aschaffenburg ist Palästinenserhochburg, da sind 1200 normal. Ansonsten würde ich eine sehr kleine Minderheit der Palis als echte Antismeiten bezeichnen, da findest du in jedem Aschaffenburger Bierzelt eindeutig mehr. Die meisten Palis haben ein Hass auf den staat Isreal wegen der Palästinapolitik, das hat aber nicht mit Antisemitismus zu tun.

Die meisten Palis haben ein Hass auf den staat Isreal wegen der Palästinapolitik, das hat aber nicht mit Antisemitismus zu tun.

 

Wenn das nichts mit Antisemitismus, sondern nur mit Politik zu tun hat, warum bemühen die dann ständig ihren Alluhacker und schwenken Fahnen im Koranzitaten?

 

Che Guevara, in der linken Hand ne MP und in der rechten ein Kruzifix, Deo Vindice!?

wie gesagt, ne Minderheit der Palistinenser sind echte Antisemiten, die schwenken ihre Fahnen und dem Rest der Palis ist das egal, weil die wissen gar nicht was Antisemitismus ist. Sind aber meiner Meinung nach auch nicht besonders anfällig dafür, viel weniger als die Kartoffeln. Ich weil das weil ich war schon paar mal da :-) Wenn du denen mit jüdischen Weltfinanzkapital oder irgendwelchen antsmeitischen stereotypen kommst gucken die dich nur blöd an.

Ach die kucken dich nur blöd an? Haben wir es hier mit Analphabethen zu tun, die noch nicht mal den Koran lesen können (in Afganistan gibts solche tatsächlich)? Wenn die nie was von Antisemitismus, Finanzkapital, jüdischer Weltverschwörung und Protololle der Weisen von Zion gehört haben, dann müssen sie in ner Parrallelwelt leben. Das Zeug is Mainstream in den lokalen Medien und hier pfeifen sie sich das Zeug über Internet und Satelittenschüssel rein.

Unser Vorredner (Di, 22.07.2014 - 09:44) stellt die Palästinenser tatächlich etwas ungebildet dar, wobei ich nicht glauben mag, dass ihnen die betreffenden Koranstellen und die Charta der Hamas sowie die Forderungen der Hisbollah nicht bekannt sind. Dann gibt's noch die Prediger in den Moscheen und das TV eledigt den Rest. Nein, so einfach ist das nicht.

Dass ihnen der Begriff "Antisemitismus" nicht geläufig sein dürfte, das glaube ich gerne, denn dies könnte das fehlende Bewusstsein für das Handeln eklären.

Also ich weiß nicht wo du deine Infos her hast (Jungle World?) aber auf meinen Palästinareisen hab ich niemanden getroffen der die Protokolle von Zion gelsen hätte und bei meinen Nachfragen gabs dazu nur Kopfschütteln und Abwinken. Auch die Story mit dem Finanzkapital war allen Leuten mit den ich gesprochen habe zwar bekannt, wurde aber als westlicher Schwachsinn abgetan. Meiner Erfahrung nach geht es denen mehrheitlich um die israelische Politik und Militäraktionen. Fast jeder hat Verwandte verloren, dazu kommen die ökonomischen Ungleichheiten für die ebenfalls Israel verantwortlich gemacht wird. Natürlich gibt es zunehmend Gruppen, die versuchen den allgemeinen Israelhass zusätzlich antisemitisch anzuheißen, das sind aber völlig verschiedene paar Schuhe, die Teile der Linken in Doofland gerne zusammenmixen, aus welchen Gründen auch immer. Behaltet mal den Überblick oder fahrt hin, wenn ihr euch schon im Ausland einmischt!

seit wann ist aschaffenburg denn eine palästinenser-hochburg? mir ist keine einzige palästinensische gruppierung in aschaffenburg bekannt, im gegensatz zu z.b. kurdischen organisationen. was macht die hochburg aus?

auch scheint auf der demo der anteil der menschen mit türkischem background ziemlich dominierend gewesen zu sein

Hier in Aschaffenburg gibt es viele Türken quer durch das ganze politische Spektrum.

Überraschenderweise sind viele in der Links-Partei aktiv.

Die türkische Identität und die Religion sind hier in Aschaffenburg vielen Türken wichtiger als links-rechts denken.

Insofern ist der Satz "Eine positive Bezugnahme und linke Intervention bei derartigen Versammlungen, scheint mir in diesem Gemenge unmöglich." unsinnig.

Da waren mit Sicherheit linksradikale Türken als völlig selbstverständlicher Teil der Demo dabei.

Die Demo war teilweise gruselig weil die Sprechchöre sehr militärisch rüber kamen und die Polizei offensichtlich nicht mit einer solchen Menge an Teilnehmern gerechnet hatte...

 

Was ich wirklich interessant fand:

Ein paar hundert Meter von der Demo entfernt spielte im Hofgarten Live Volksmusik: "Aus Böhmen kommt die Musik, sie ist der Schlüssel zum Glück..."

OT: Der Vorstand der Linkspartei in Aschaffenburg ist seit der letzten Mitgliederversammlung den Gewerkschaften zuzuordnen. Die dort anwesenden türkischsprechenden Mitglieder waren wohl anwesend, um im Wahlgang Mehrheiten u.a. für den deutschtürkischen Kandidaten zu erzielen. Es wurde immer gewartet bis eine Person bei den Wahl abstimmt, dann hat dementsprechend die ganze Gruppe abgestimmt. Politisch haben sich diese in der Mitgliederversammlung nicht geäußert.