Schon wieder ist Fußball-WM der Männer- und das ganze Land in Ausnahmestimmung:
Millionen Menschen laufen wochenlang ganz in schwarz-rot-gold gehüllt umher, fahren in national-beflaggten Autokolonnen durch die Innenstadt, veranstalten Hupkonzerte und Fanparaden, treffen sich zum Public Viewing und Deutschland-Parties auf öffentlichen Plätzen, Kneipen oder Zuhause: Überall feiern Leute "unsere Mannschaft" und demonstrieren ihre Parteilichkeit für Deutschland.
Was ist Da eigentlich los?
Schon die schwarz-rot-goldene Kriegsbemalung der "Fußballfans" macht klar: Bloß um Fußball geht es da offensichtlich nicht. Dann nämlich wäre es den zig Millionen Deutschen auch gar nicht so selbst-verständlich, welche Farben der 32 Mannschaften, die da gegeneinander antreten, sie sich ins Gesicht schmieren sollen.
Aber
auch das Bekenntnis "ich bin ein Fan Deutschlands und unserer
Jungs" zeigt, dass es dort eben nicht um Fußball als Sport
geht, also um besonders schöne Spielzüge, Taktik, Tricks und
Tore... die gucken sich dann ja auch nicht bloß das Spiel an und
freuen sich über schöne Tore sondern eben nur über die von
"UNSEREN Jungs" - und ärgern sich entsprechend über
technisch noch so schöne Tore gegen Deutschland.
Nichtmal, wenn
die deutsche Mannschaft verliert oder sonst fußballerischen Müll
liefert, stellt das für anständige Fans die Parteilichkeit in
Frage:
"Wir gewinnen zusammen - wir verlieren zusammen!" heißt es in der BILD genauso wie in der FAZ und jeder nächstbesten Kneipe.
Und wenn man nicht eh schon für die ungehörige Frage angemacht wird, warum das denn eigentlich so ist, heißt die so platte wie verkehrte Antwort:
"Für Deutschland, weil wir Deutsche sind!"
Dabei ist die Tatsache, dass man mit verschiedenen Menschen irgendeine Eigenschaft, Erfahrung oder Betroffenheit teilt, doch noch lange kein Grund diese geteilte Eigenschaft zu feiern. Selten sieht man, dass sich die Gemeinschaft der Träger der Schuhgröße 46 die Zahl 46 ins Gesicht schmiert und die Erfahrung von Pilzbefall an den Füßen hat wohl auch noch keine Menschen dazu gebracht, sich in die Arme zu fallen und gemeinsam „Fußpilz, Fußpilz!“ zu rufen.
Bei den Deutschen- also der Gemeinschaft von Leuten, die diese Zugehörigkeit per Pass und Staatsgewalt verordnet bekommen hat, ist das offensichtlich anders.
Was feiern die da eigentlich?
Immerhin ist diese gefeierte deutsche "Gemeinschaft" gar keine, die im Alltag auch nur ansatzweise so "harmonisch" läuft, wie ihre Fans sich das wünschen.
Tatsächlich zeichnet die sich durch lauter Streitereien und Gegensätze aus: Mieter gegen Vermieter, Lehrer gegen Schüler, Schüler gegen Schüler, Chefs gegen Angestellt, und wenn die alle eines gemeinsam haben, dann eben, dass sie sich an die gleichen Gesetze und Vorschriften halten müssen, der selben Regierung, dem selben Staat unterworfen sind.
Davon lassen sich die Fans dieser nationalen Gemeinschaft aber nicht vom feiern abhalten:
Völlig ungeachtet ihrer verschiedenen Positionen, Meinungen oder gegensätzlichen Interessen feiern die Menschen bei der WM Arm in Arm.
Gerade das wird auch so an der WM geschätzt- dass man die Streitereien des Alltags ruhen lässt und sich friedlich auf das besinnt, was darüber steht und allen wichtig ist: "Unser aller Deutschland!"
Und so loben die BILD, Nationalisten und ihre demokratischen Führer Gauck und Merkel, dass zur WM endlich alle vereint sind „Banker und Arbeitslose, Unternehmer und Arbeiterinnen etc. Alle sagen: Hier stehen wir zusammen und zeigen endlich mal die guten Tugenden der harmonischen Gemeinschaft, die wir eigentlich immer sein sollten.
Dabei
steckt doch schon in dem Titel "Deutschland - Ein Sommermärchen" ,dass diese friedliche Gemeinschaft vor allem eines ist: Ein
Märchen!
Schließlich wissen doch alle darum, dass es sonst
nicht so ist: dass es mit der Harmonie im Alltag nicht so weit her
sein kann, drücken die Fans ja selber aus, wenn sie sagen, dass im
Fußball endlich mal alle zusammen stehen und eine wirkliche
Gemeinschaft bilden, von der im Alltag immer so wenig zu spüren ist.
Gerade dafür- dass die privaten Interessen der kleinen Deutschen zugunsten der großen Gemeinschaft hinten angestellt werden- gerade dafür werden die Deutschland-Fans gelobt und dazu angehalten, diese hohe Nationalmoral doch auch nach der WM zu stärken. Eine schöne Gemeinschaft ist das, in der die einzelnen Mitglieder ihre Interessen für das Interesse der Gemeinschaft aufgeben sollen. Um die Interessen und Bedürfnisse der einzelnen Leute kann es in dieser Gemeinschaft also garantiert nicht gehen.
Nationalismus ist also die Gesinnung, bei der man sein Interesse für die höhere Sache der Nation zurückstellt. In demokratischen Staaten heißt das dann „Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst“ - John F. Kennedy in der faschistischen Variante „Gemeinnutz geht vor Eigennutz“ - Adolf Hitler.1
Wenn
also Nationalistinnen auf die Welt losgehen und überall nur
Verbrecher an ihren hohen Idealen von Tugend und Gemeinschaftssinn
entdecken: Schmarotzer, Egoisten und Volksverräter. Wenn sie
bei der Feststellung, dass die Realität gar nicht so harmonisch
aussieht, wie sie sie sich ausgedacht haben überall undeutsche
Schuldige also Ausländer, korrupte Politiker usw. ausmachen und manche
gegen sie tätig werden, ist das eine Konsequenz ihrer hohen Werte
und Spinnereien einer deutschen Gemeinschaft von Tugendbolden!
Das verkehrte und schädliche am nationalistischen Gedanken fängt deshalb eben nicht erst bei den negativen Abgrenzung gegen andere also den brutalen Resultaten verkehrter Überlegungen an, sondern besteht in der positiven Vorstellung der Nation als einer - zumindest eigentlich - harmonischen Gemeinschaft die für ihre Insassen eingerichtet sei.
Und Dieser parteiliche Gedanke ist hier eine allgemein anerkannte Selbstverständlichkeit
Eben diese Selbstverständlichkeit wollen wir deshalb hier als anti-nationale Demonstration in Frage stellen und gegen Nation und Nationalismus auf die Straße gehen!
Was den Nationalismus ausmacht und wie man ihn kritisiert, worum es in dieser Gesellschaft geht, was ihr Zweck ist und warum dieser Zweck schädlich für die Interessen der meisten Mitglieder in der Gesellschaft ist, warum also davon abzuraten ist für diese Gemeinschaft parteilich zu sein, das wollen wir heute in einer Abendveranstaltung klären.
Dabei
kommt es uns hier und in dem Workshop nicht bloß darauf an, sich
hier unter Linken einig zu werden, dass Nationalismus eine irgendwie ungemütliche Angelegenheit ist, sondern wie man den
nationalistischen Gedanken kritisiert und was man daran
kritisiert.
Die ganze linke Einheitsfront hier zeigt
schließlich auch: Es gibt gute und schlechte Gründe, gegen die
Nation zu sein!2
Nationalismus,
die Parteinahme für die eigene Nation, ist ein gefährliches
Eigentor:
Nicht nur dumm sondern auch extrem schädlich!
KJGB!
1: In dem Redebeitrag etwas unsauber formuliert, in dem Punkt der Zurückstellung der eigenen Interessen für die Nation haben Demokraten und Faschisten eine Gemeinsamkeit, jedoch werden in der Demokratie die Interessen für die Nation relativiert im Faschismus bedingungslos unter den Staatswillen untergeordnet.
2: Gemeint ist, das auf dieser Demo scheinbar einige linke Gruppen unterwegs sind die etwas gegen die Nation haben. In dem Punkt ist man sich einig, was allerdings das verkehrte an den nationalistischen Gedanken ist darüber nicht. Wir meinen das ist die entscheidende Frage die man zu klären hat.
KJGB?
Katholische Junge Gemeinde Berlin oder wer seid Ihr?
Stadt?
Toller Name, klingt ja fast wie der Geheimdienst aus Sowjetzeiten, ich hoffe ihr geht da eher in eine andere Richtung.
Wie wäre es das nächste Mal das Kürzel der Stadt vor den Beitrag zu schreiben? In etwa so: [HB]
Das schaffen andere doch auch...
Ups
1. Kommunistische Jugendgruppe Bremen
2. Kürzel vor Artikel schreiben gemerkt.