Bremen: 250 gegen Nationalismus auf der Straße

Auf dem Bahnhofsvorplatz

In Bremen haben am 5.7. circa 250 Menschen an einer Demonstration gegen Nationalismus teilgenommen. Anlass der Demonstration ist der zur Zeit, z.B. auf den Fanmeilen, inszenierte Nationalismus. Das zu der Demonstration aufrufende „Bündnis gegen Nationalismus Bremen“ dagegen lehnt Nationalismus bereits grundsätzlich ab, weil dieser Armut, Ausgrenzung und Konkurrenz zur Folge hat und damit dem Ziel einer freien und solidarischen Gesellschaft im Weg steht.

 

Die Demonstration zog bei bestem Wetter vom Hauptbahnhof durch die Bremer „Innenstadt“ und endete im Steintorviertel.

Auf der durchweg lautstarken und kraftvollen Demonstration gab es Redebeiträge der Antifaschistischen Gruppe Bremen (AGB), der linksjugend solid Bremen, der Basisgruppe Antifaschismus (BA) Bremen (...ums Ganze!-Bündnis) und der Kommunistischen Jugendgruppe Bremen (KJGB). Ebenfalls verlesen wurde eine Grußbotschaft  an die antirassistischen Demonstration in Berlin und ein Aufruf zur Teilnahme an den Protesten gegen die Einheitsfeier dieses Jahr in Hannover.

Die Reaktionen der Passant*innen waren ob dieses anscheinend maximalen Tabubruchs so fassungslos, dass relevante aggressive Reaktionen ausblieben. Die Polizei hielt sich allgemein zurück.

Das Bündnis will weiter Aktionen und Veranstaltungen in Bremen organisieren und mobilisiert gegen die Einheitsfeierlichkeiten in Hannover dieses Jahr.

Redebeitrag der linksjugend solid Bremen: http://linksjugendsolidhb.wordpress.com/2014/07/06/250-bei-demo-gegen-na...

Redebeitrag der Basisgruppe Antifaschismus (BA) Bremen:  http://basisgruppe-antifa.org/wp/2014/07/05/kein-spiel-fuer-die-nation/

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Aus dem Redebeitrag:

Es ist WM: Das bedeutet mehr als nur ein sportliches Ereignis: Überall hängen schwarz rot gelbe Flaggen, Menschen fiebern mit, für die deutsche Nationalelf: Nicht Fußball, sondern vorrangig die deutsche Gemeinschaft wird gefeiert.

Ich halte das nach wie vor für einen Irrtum. Der allergrößte Teil der S-R-G-Public Viewing-Masse hat weder "deutsche Gemeinschaft" noch Nationalismus im Sinn, sondern sind (Fußball-)Fans das "FC Deutschland".

... dann ließ dir mal die Kommentare durch die Menschen zum "FC Deutschland" schreiben... da geht es eigentlich kaum mal rein um das Team, sondern immer um Deutschland bzw. die anderen Länder... und mit Ressentiments wird da auch nicht gegeizt.

Am entlarvensten sind diese "Wir..."-Kampagnen (aktuell z. B. von Coca Cola: #wiralle; 2006 der Klassiker: Du bist Deutschland). Da wird eine direkte Linie zwischem dem WM-Team (in kämpferischer Auseinandersetzung mit Teams anderer Länder) über Deutschland zur Bevölkerung gezogen.

Dazu gibt es auch Erhebungen: Deutsche Zustände, Uni Bielefeld... einfach mal googeln: Deutsche Zustände + WM

 

Ich kann verstehen, dass es schwer fällt zu akzeptieren, dass dieser Kram Teil des Problems ist... vorallem wenn Freunde von dir da auch dran Teilnehmen und Fahnen schwenkent Fußball gucken und du nicht der Miesepeter sein magst.

"Am entlarvensten sind diese "Wir..."-Kampagnen (aktuell z. B. von Coca Cola: #wiralle; 2006 der Klassiker: Du bist Deutschland). Da wird eine direkte Linie zwischem dem WM-Team (in kämpferischer Auseinandersetzung mit Teams anderer Länder) über Deutschland zur Bevölkerung gezogen.

Dazu gibt es auch Erhebungen: Deutsche Zustände, Uni Bielefeld... einfach mal googeln: Deutsche Zustände + WM"

 

Das heißt aber noch lange nicht, dass sich diese Kampagnen auch in den Köpfen festsetzen. Da dreht sich dann die Stumpfheit des ganzen Partypatriotismus um. Die meisten Leute nehmen größtenteils nur den Partybestandteil der "Kampagne" an und legen den Quatsch danach wieder ab. Das Problem an diesen schwarz-rot-gelben Zonen liegt darin, dass sie Akzeptanzräume für Neonazis und Rechtspopulist*innen aller Coleur schaffen, die die vorhandenen Dynamiken für sich nutzen können, während diese Zonen bestehen.

 

"Ich kann verstehen, dass es schwer fällt zu akzeptieren, dass dieser Kram Teil des Problems ist... vorallem wenn Freunde von dir da auch dran Teilnehmen und Fahnen schwenkent Fußball gucken und du nicht der Miesepeter sein magst."

 

Da liegt ja auch einer weiterer Punkt begraben. Längst nicht alle der Leute die jetzt schwarz-rot-gelb tragen sind tatsächlich Idiot*innen/Patriot*innen/Nationalist*innen und trotzdem wollen weite Teile der selbsterklärten "radikalen Linken" mit ihnen so umgehen als wären sie es. Mit so einem stumpfen Vorgehen treibt man diese Leute dann nur tatsächlich von sich weg. Hauptsache sich selbst bestätigen wie puristisch man doch ist.

Das Problem an diesen schwarz-rot-gelben Zonen liegt darin, dass sie Akzeptanzräume für Neonazis und Rechtspopulist*innen aller Coleur schaffen, die die vorhandenen Dynamiken für sich nutzen können, während diese Zonen bestehen.

Selbst das ist fraglich - oder hat es bei den diversen Public Viewings ernsthafte Versuche von Nazis, AfD und Co. gegeben, für sich zu werben?

Warst du mal da? Ich schon.

Es waren keine organisierten Faschos da, aber es wurden immer wieder rassistische Kommentare gemacht. Das bei so vielen Menschen auch viele Arschlöcher dabei sind ist nun allerdings auch nicht anders zu erwarten. ABER: Niemand hat was dazu gesagt! Und als ich dann einmal was dazu meinte, haben die umstehenden Leute mir gesagt ich solle mich nicht so aufregen, schließlich wäre ja gar kein "Neger" da, den es beleidigen könnte. Beim zweiten mal war es ähnlich.

Auf diesen Veranstaltungen wird Nationalismus (meiner Erfahrung nach auch Rassismus) salonfähig gemacht. Ich geh da nie wieder hin!

Rassistische Hohlbirnen gibt es leider genug. In Bezug auf den "FC Deutschland" ist das umso bekloppter, angesichts der Spieler...

Also ich habs mal gegoogelt und der Witz an der Befragung war, dass die Leute eben gerade auch nach der WM befragt wurden und da hatten sich dann Ressentiments und Nationalismus festgesetzt. Wie lange das dann anhält ist natürlich eine offene Frage und ich gebe dir recht, dass es besser ist mit manchen Leuten die Diskussion zu suchen. Schließlich handelt es sich bei der Erhebung um Statistik und zum Glück reflektieren einige Leute nicht, dass sie da gerade mit Nationalsymbolen wedeln.

Der Ausgangs Punkt war aber die These, dass das alles ganz Harmlos sei und da stimme ich zu, dass das gefährlicher Unsinn ist.

Nationalismus lässt sich gerade bei Großveranstaltungen wie eben diese Fußball-WM oder Olympia in der Masse des Volkes etablieren.

Wenn auf dem Ku-Damm das fußballbesoffene Volk tausende Deuschlandfähnchen schwenken und sich durch ein Wir-Gefühl vereint und vermeintlich stark sehen, ist es zum offenen Bekenntnis zum Nationalismus nicht mehr weit.

Das hatten wir alles schonmal....

 

Harrys

... scheinen in dem Text ausschließlich das Potential zur "aggressiven Reaktion" zu besitzen (auch wenn diese wohl ausfiel). Eine emanzipatorische Rolle der überwiegenden Mehrheit ist da wohl von vornherein ausgeschlossen, was einer Aufgabe der Arbeiter_innenklasse im Speziellen und der Bevölkerung im Allgemeinen gleichkommt. Natürlich ist der Alltagsverstand eines Großteils der Menschen den herrschenden Verhältnissen entsprechend ausgerichtet, inkohärent und unkritisch - aber gerade an den wenigen kritischen Nuclei dieses Alltagsverstandes heisst es doch anzusetzen, wenn die kapitalistische Gesellschaft in ihrer Totalität einer Kritik unterzogen werden soll. Statt in einem Deutschland des nationalen Taumels sich selbst möglichst steril von den Überbauphänomenen der bürgerlichen Eigentumsordnung abgrenzen zu wollen ("Deutschland halt's Maul ...!") und damit wohl eher Katalysator als Löschsand zu sein wäre die Entwicklung eines interessengeleiteten antinationalistischen Bewusstseins mal eine Idee. Oder?

Ein guter Beitrag.

@fridolin, wenn du mit deinem elfenbeinturmgewixe fertig bist, und auch noch so viele fremdwörter und studentensprachbausätze wie möglich in deinen sätzen und nebensätzen untergebracht hast, wäre es super, das alles nochmal in verständlicher form zu artikulieren. (du merkst, ich versuch bei deinem kekswixen mitzuhalten.) solidarische grütze.

fridolin bringt es auf den punkt und genau das versuchen viele leute in der linksradikalen heute. allein: für blockupy ist man sich zu schade. allein: wenn elsässer und co eine querfront aufbauen, dann verurteilt man die leute die sich vorm neuen imperialismus schrecken gleich mit. und andere leser_innen halten es für wichtig, auf linksunten "arbeitersprech" zu schreiben, als hätten sie nicht bessere gründe, ihre knappe energie einzusetzen. props an fridolin, auch deine sprachgewandtheit gefällt mir. und so eine demo bleibt zumeist eine kleine intervention in die szene. den schluss, man müsse mit den leuten reden, machen immerhin einige ...

Ja, hallo, ich nochmal.

Demos bei denen mensch sich selber ganz toll und radikal findet, Transpis mitbringt die mit dem Millimeterpinsel gemalt sind und möglichst viele Menschen beschimpft halte ich für nicht sonderlich zweckdienlich. Warum? Naja, ich denke die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Deutschlands ist momentan tatsächlich nicht der Meinung, dass eine andere grundlegend andere Gesellschaft wünschenswert/vorstellbar/erkämpfbar/möglich/... ist. Es ist ja nicht so, dass sie ständig die Knarre am Kopf hat und eigentlich sich schon lange anders organisieren würde (wenn sie nur könnte) aber mit Zwang daran gehindert wird. Das hat der fortgeschrittene Kapitalismus in Deutschland momentan nicht nötig, schließlich "weiss" er, dass seine Funktionsweise zahlreiche andere Barrieren hervorbringt, die sich nicht als unmittelbar physischer Zwang zeigen. Aber auf der anderen Seite kann ein kapitalistisches System, welches von zahlreichen Widersprüchen durchzogen ist, diese Widersprüche nicht einfach wegzaubern. Im Alltagsverstand eines jeden Menschen finden sich daher Punkte, die sich zueinander im Widerspruch befinden. Sie sind uns oft nicht bewusst, aber wir müssen sie uns bewusst machen und bei anderen Menschen suchen um sie ihnen bewusst zu machen. Ganz konkret heisst das zum Beispiel, mit Menschen für ihre unmittelbaren Lebensinteressen einzustehen und dabei auf die Widersprüche aufmerksam zu machen. Das nennt mensch Klassenkampf. Anders ausgedrückt: es gibt keine Abkürzung im Kampf für eine bessere Gesellschaft, keinen shortcut, kein wormhole. Ich denke nicht, dass Menschen die eine solche Demo wahrnehmen plötzlich denken: "Oh, eine Demonstration, aha, die demonstrieren also, gegen was denn, mmh, gegen Nationalismus, aber Moment, eigentlich gehts um viel mehr, ah, der Kapitalismus ist das Problem ... ich mach auch was! Ich streike! Ich solidarisier mich! Ich organisier mich!". Stattdessen grenzt sich die Demo bewusst ab (von einem realen Problem, das richtig als solches erkannt wird) und schlendert frei nach dem Motto "Ich find euch scheisse weil ihr nicht checkt wie beschissen diese Scheisse ist" durch die Stadt. DAS ist Utopie und Selbstbeweihräucherung.

irgendwie ist es schon etwas verstörend in einem forum, welches seinem vaterland kritisch gegenüber steht, über ein angebliches mobbing von deutschen, egal welcher couleur, zu diskutieren. verstörend sind hierbei einige user_innen, nicht die benutzer_innenoberfläche. anlass hierfür war einer von wenigen aktionen der deutschen linken die sich gegen das neue und alte patriotische nationalgefühl kritisch aussprachen.

ich denke wir müssen uns viele tage im jahr einen nationalen mainstream unterwerfen (schule, arbeit...), der hier nun mal in deutschland usus ist. die kritik an deutschen verhältnissen, seitdem die heftigkeit von naziangriffen samt volksdeutscher zustimmung etwas abschwächt ist, nun sehr übersichtlich geworden. selbst an linken orten muss es ein paar schreihälse geben die das angeblich tolle neue deutschland feiern wollen. sollen sie meinetwegen. doch warum sich solche linken? vögel mit schlussstrichmentalität dann gegen fahnenbesudler_innen stellen müssen ist mir unbegreiflich. naturgemäß wächst eine auch eine gruppe mit gemeinsamer neudeutscher identität zusammen und sucht dabei nach gemeinsamkeiten und unterschieden. gerade im nationalem kontext stellt auch die (spaßige) einseitige parteinnahme die bedingung für aggresive nationale auswüchse, gerade in zeiten in welchen flüchtlinge vor den toren europas reihenweise sterben, dar. das geht hand in hand. wer das nicht glaubt sollte mal den kommentaren partydeutscher beim gemeinsamen schauen lauschen. nationalismus bleibt keine lösung.