Mannheim: antikapitalistische Demonstration trotz massivem Polizeiaufgebot

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Am 26.9., einen Tag vor den Bundestagswahlen, fand heute eine unangemeldete, antikapitalistische Demonstration in der Mannheimer Innenstadt statt. Aufgerufen hatte das Bündnis Soziale Revolution, ein Zusammenschluss antikapitalistischer Gruppen und Einzelpersonen aus der Rhein-Neckar Region.

 

Um 14.00Uhr versammelten sich ca. 300 TeilnehmerInnen am Paradeplatz. Die bereits im Vorfeld massv präsente Polizei, kesselte die DemonstrationsteilnehmerInnen von Beginn an mit mehreren Hundertschaften Bereitschaftspolizei, Spezialeinheiten und berittenen Beamten ein, was anwesende BürgerInnen dazu veranlasste, sich spontan mit der Demonstration zu solidarisieren. Viele der Anwesenden wurden gar nicht erst in den Demonstrationszug gelassen oder durch das massive Polizeiaufgebot abgeschreckt.

 

Das Bündnis hatte im Vorfeld beim Ordnungsamt eine Route sowie eine Kontakttelefonnummer bekannt gegeben und seine Bereitschaft zur Kooperation kund getan. Auf beides ging die Behörden nicht ein; vielmehr wurde die angegebene Route verboten und den TeilnehmerInnen ein Ultimatum gesetzt, um sich auf eine von der Polizei festgelegte, weniger öffentlichkeitswirksame, Alternativroute einzulassen.

In Verhandlungen mit der Polizei konnte schließlich, nicht zuletzt aufgrund des großen Drucks der entschlossenen DemonstrationsteilnehmerInnen, eine Route durch die Kapuzinerplanken zum Hauptbahnhof durchgesetzt werden.

 

Dennoch machte die Polizei - durch ein dreireihiges Spalier, massives Abfilmen der TeilnehmerInnen und ihr provozierendes Auftreten - eine Außenwirkung durch Transparente oder Flugblätter so gut wie unmöglich. Immer wieder wurden TeilnehmerInnen von den Einsatzkräften bedrängt und schikaniert. Lediglich dem entschlossenen und kraftvollen Auftreten der TeilnehmerInnen ist es zu verdanken, dass der Inhalt der Demonstration für Außenstehende wahrnehmbar war. Am Rande versuchten kleinere Gruppen von DemonstrantInnen auch immer wieder Spontandemonstrationen durchzuführen.

Am Bahnhof wurde die Demonstration von Seiten der VeranstalterInnen aufgelöst. In der Folge kam es zu absurden Versuchen der Polizei, vermeintlichen DemonstrationsteilnehmerInnen ein "Innenstadtverbot" aufzuerlegen.

 

Das Bündnis wertet die heutige Demonstration trotz aller Repressionsversuche als Erfolg. Zum ersten Mal wurde eine offen beworbene Demonstration in Mannheim unangemeldet durchgesetzt. Eine große Rolle dafür spielte die Präsenz zivilgesellschaftlicher Kräfte und der VertreterInnen verschiedener Parteien. Das Bündnis hatte diese im Vorfeld aufgefordert, die Demonstration zu begleiten und das Verhalten der Polizei zu dokumentieren

 

Christine Heinrich, Sprecherin des Bündnisses kommentiert:

"Heute hat sich die Unzufriedenheit vieler Menschen mit der herrschenden Politik deutlich gezeigt. Wir sind nicht bereit, uns nur passiv am Wahlspektakel zu beteiligen und unseren Protest auf die Abgabe unseres Stimmzettels zu beschränken. Wahlen haben in der kapitalistisch verfassten Gesellschaft die Funktion, soziale Konflikte, wie sie im Zuge der aktuellen Krise des Kapitalismus immer offener und massiver zu Tage treten, wieder auf den Staat zu beziehen und in institutionalisierte Bahnen zu lenken. Protest und Widerstand sollen nicht auf der Strasse oder im Betrieb artikuliert werden. Diesem Spektakel setzen wir die Idee einer revolutionären Transformation der Gesellschaft und einer Vergesellschaftung der Produktionsmittel entgegen. Wir werden auch weiterhin selbstbestimmte Widerstandsformen erproben und weiterentwickeln. Unsere Wahl heißt Soziale Revolution."

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Ich fand die gestrige Demo zwar nicht besonders spassig, dennoch war die Aktion ziemlich vielseitig und angesichts der Nichtanmeldung auch politisch sehr wertvoll. Ein "Anzeigen der Demonstration beim Ordnungsamt" fand nicht wirklich statt, vielmehr wurde "illegal" für eine sozial-revolutionäre Demo geworben, die dann durch Verhandlungen mit den Behörden auch stattfinden konnte. Durch die von den Bullen gewünschte Route schränkte die Selbstbestimmung natürlich strak ein, und die Abwesenheit eines Lautis beschränkte die Vermittlung der Inhalte. Dennoch wurde ein Anfang gemacht, auf den sich aufbauen lässt. Wir sollten unsere Versammlungsfreiheit weiterhin erkämpfen, dafür ist ein vorheriger Gang bei den Behörden und die Delegierung der "Verantwortung" auf Einzelpersonen völlig überflüssig.

Positiv war das spontane und lautstarke Erscheinen und kraftvolle Auftreten der ersten Reihen - die am Paradeplatz allerdings nicht hätten stehen bleiben dürfen - sowie die Sponti von ca. 60 Leuten durch die Fußbgängerzone, die den Bullen tatsächlich außer Kontrolle geriet.

Das näxte mal werden wir mehr sein! Wahlurnen zu Papierkörben - Für unkontrollierte Versammlungen!

Im Text selbst heißt es: "Das Bündnis hatte im Vorfeld beim Ordnungsamt eine Route sowie eine Kontakttelefonnummer bekannt gegeben und seine Bereitschaft zur Kooperation kund getan." Damit ist die Versammlung bei der hierfür zuständigen Stelle angezeigt worden und somit keine unangemeldete Demonstration mehr gewesen - auch wenn die Anmeldung unter Verstoß gegen § 14 Abs. 2 VersG erfolgte, der vorsieht, dass ein verantwortlicher Leiter zu benennen ist. Ich frage mich warum der Hinweis, auf diese rechtliche Tatsache wiederholt gelöscht wird. Ich persönlich finde das Vorgehen völlig in Ordnung, die Behauptung, die Versammlung sei unangemeldet gewesen, ist nur falsch.