Aufruf zum Krisen-Block auf der revolutionären 1. Mai-Demo in Berlin Die spätestens 2007 einsetzende sogenannte Finanzkrise und die mit ihr verbundenen herrschenden Formen der Krisenregulierung haben zu einer drastischen Verschlechterung der Lebensbedingungen in verschiedenen europäischen und außereuropäischen Ländern geführt. Sie hat aber auch vehemente Proteste gegen eben diese Versuche hervorgebracht, die Krise mittels einer Zuspitzung kapitalistischer Prinzipien zu Lasten breiter Bevölkerungsschichten abzufedern und die kapitalistische Ökonomie zu stabilisieren.
Gerade die Proteste in Griechenland, das mit am schwersten von der Krise betroffen und – unter anderem auf Forderung der deutschen Regierung – einer rigiden Sparpolitik in sämtlichen sozialen Bereichen unterworfen ist, wurden auch hier in einer breiteren Öffentlichkeit ebenso wie in der radikalen Linken wahrgenommen und diskutiert.
FROM CRISIS TO RESISTANCE
Die Proteste äußerten sich vehement, in Massendemonstrationen, Generalstreiks und Straßenschlachten vor dem Parlament, aber auch in zahlreichen Widerstandsaktionen im Alltag. Ebenso kommt und kam es in anderen Ländern des südlichen Europas, wie Italien, Spanien oder Portugal, immer wieder zu massenhaften Protesten gegen die mit der herrschenden Krisenregulierung verbundenen Spar- und Umverteilungspolitiken, welche tief in das Leben und den Alltag vieler Menschen eingreifen. Wie die Platzbesetzungsbewegung in Spanien, die sich insbesondere gegen die zunehmende autoritäre Entdemokratisierung in den Zeiten der Krise wendete, werden diese oft mit der brachialen Repression des Staates konfrontiert. Verletzte und Verhaftungen prägen den Alltag dieser Protestbewegungen ebenso wie ihre widerständigen und kreativen Praktiken. In Deutschland kaum beachtet, kam es auch in verschiedenen osteuropäischen Ländern wie Bosnien, Bulgarien und Slowenien zu tiefgreifenden sozialen Einschnitten und einer Zuspitzung neoliberaler Politik, die mit massiven Protesten einhergingen.
Die Grenze verläuft nicht...
Im Rahmen der Krise übernahm die deutsche Regierung eine federführende Position in der rigiden Durchsetzung von Spar- und Umverteilungspolitiken und war neben der Troika aus EU, IWF und der Europäischen Zentralband (EZB) einer der zentralen Akteure der sogenannten Austeritätspolitik. Damit ist eine Politik gemeint, die einen möglichst ausgeglichenen Haushalt anstrebt. De facto heißt das aber vor allem: Gesellschaftliche Umverteilung von unten nach oben, die Privatisierung öffentlichen Eigentums und rigides Sparen in sozialen Belangen. Vor diesem Hintergrund wie auch der Tendenz, dass die Zinsen für deutsche Staatsanleihen deutlich gesunken sind, sich die deutsche Exportwirtschaft unter anderem auf Kosten der Ökonomien Südeuropas stabilisieren konnte und deutsche Firmen sich im Zuge der Privatisierungen massiv in verschiedenen Ländern Südeuropas eingekauft haben, entstand eine Wahrnehmung von Deutschland als "Krisengewinnler". Dieses verschleiert allerdings die Tatsache, dass es auch hier zu einer Verschärfung neoliberaler Privatisierung- und Sparpolitiken und einer weiteren Prekarisierung der Arbeits- und Lebenswelten vieler Menschen kam. "Gewonnen" haben nur Teile der Wirtschaft und der ohnehin schon wohlhabenden Gesellschaftsschichten. Dagegen, wie auch gegen die Rolle der Troika und der deutschen Regierung bei der Durchsetzung herrschender Krisenpolitik in verschiedenen anderen Ländern, gab und gibt es in Deutschland sichtbaren Protest. Hier sind, unter anderem die "Wir zahlen nicht für eure Krise"-Demonstrationen, die kurz aufflammenden Occupy-Proteste wie auch die M31-Demonstration 2012 in Frankfurt am Main zu nennen, die ihren Widerstand gegen die kapitalistische Krisenpolitik deutlich auf die Straße brachte. Ebenfalls in Frankfurt kam es 2012 zum ersten Mal zu den Blockupy-Protesten gegen die von der dort ansässigen EZB geplanten und geförderten Austeritätspolitik, aber auch gegen zahlreiche andere Formen der Prekarisierung und Durchkapitalisierung der Arbeits- und Lebensverhältnisse. Bereits 2012 wurden diese Proteste, wie dann auch im folgenden Jahr, von einer vehementen Repression durch die staatlichen Behörden und die Frankfurter Politik begleitet – worauf mit Kreativität, Widerständigkeit und einer breiten Solidarisierung verschiedenster Akteure geantwortet wurde. Wir lassen uns nicht einschüchtern: Kommt auch dieses Jahr im Herbst nach Frankfurt, um die Eröffnung der neuen EZB zu verhindern und ein deutliches Zeichen internationaler Solidarität gegen kapitalistische Sparpolitik zu setzen. Ihre Party – unser Widerstand!
Von der Krise des Kapitalismus zur Krise des Alltags – und zurück!
Europas Eliten feiern mit Blick auf Devisenmärkte und das Konjunkturhoch das Ende der Krise. Kein Wunder: Der Kapitalismus scheint gerettet und sie wurden noch nicht einmal dafür zur Kasse gebeten. Die Krise ist allerdings genauso wenig vorbei, wie der Kapitalismus zu retten ist. Vielmehr haben die Austeritätsmaßnahmen der Troika sie vor allem in Südeuropa für Millionen von Menschen zum Alltag gemacht. Der Neoliberalismus soll der Welt aus der Krise helfen – ein Treppenwitz, über den nur die lachen, die es sich leisten können. Dass nicht nur die Krise, sondern auch der Widerstand gegen sie längst nicht am Ende ist, zeigt das Beispiel Spanien: Hier fanden im März 2014 die größten Proteste seit Beginn der Krise statt. Wenn die Krise alltäglich ist, muss auch der Widerstand gegen sie zur Selbstverständlichkeit werden. Gründe sich gegen Kapitalismus und Krisenpolitik zur Wehr zu setzen gibt es mehr als genug!
Folgen europäischer Austeritätspolitik – bis ins Wohnzimmer hinein
Die katastrophalen Entwicklungen der letzten Jahre verdichten sich unter anderem in der Frage von bezahlbarem Wohnraum. Zunehmende Obdachlosigkeit ist in vielen Teilen Europas grausame Realität. So hat sich in Griechenland im Zuge der Krise seit 2009 die Zahl der obdachlosen Menschen fast verdoppelt. Die Mieten steigen dort immer weiter, ebenso wie die Arbeitslosenquote, die mittlerweile bei über 28 Prozent liegt. Für viele Menschen in Griechenland ist ein Verlust des Arbeitsplatzes gleichdeutend mit dem Verlust der Wohnung, weil sie die hohen Mieten nicht mehr bezahlen können. In Spanien wurden seit 2007 mehr als 400.000 Wohnungen und Häuser zwangsgeräumt, weil deren Besitzer*innen aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit Hypotheken nicht mehr bezahlen konnten. Steigende Mieten bei einer gleichzeitigen Verschlechterung der Einkommenssituation machen vielen von denen, die sich ihre Wohnungen gerade noch leisten können, den Alltag zunehmend schwer und zwingen sie, in anderen Bereichen des alltäglichen Lebens zu sparen, prekäre Beschäftigungen anzunehmen oder schlichtweg viel mehr zu arbeiten. Forderungen nach bezahlbarem Wohnraum und dem Stopp der Zwangsräumungen nehmen in den Protesten gegen die Austeritätspolitik in diesen Ländern nicht zufällig eine zentrale Stellung ein.
Ähnliche Entwicklungen gibt es auch hier. Ganze Stadtviertel werden gentrifiziert und für viele Menschen einfach unbezahlbar. So sind mittlerweile Wohnungen in der Innenstadt Berlins ein Luxusgut. In den vergangenen fünf Jahren sind die Mieten hier durchschnittlich um 20 Prozent gestiegen. Dabei hat diese Entwicklung durchaus etwas mit der Situation in den stärker von der Krise betroffenen Ländern Südeuropas zu tun. Während dort die Finanzblase im Immobiliensektor schon zu Anfang der Krise geplatzt ist, gilt eine Investition in Immobilien gerade auf dem, im internationalen Vergleich lange Zeit relativ, preiswerten Wohnungsmarkt in Berlin als stabil und potentiell profitabel. Die Folge sind eine deutliche Beschleunigung von aufwertenden Sanierungen, Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen und Versuche, das neu erworbene Wohneigentum möglichst schnell an finanzkräftige Käufer*innen oder Mieter*innen zu bringen. Der touristische Boom Berlins verstärkt diese Entwicklung noch.
Die Verbindung von steigenden Mieten mit einer für viele Menschen auch in Deutschland zunehmend prekarisierten ökonomischen Situation – nicht zuletzt eine Folge von mittlerweile fast 10 Jahren "Hartz-IV-Reformen" – haben auch hier zu einer Zunahme der Zwangsräumungen geführt. Der Fall der zwei Tage nach ihrer Räumung verstorbenen Rentnerin Rosemarie F. aus Reinickendorf verdeutlicht, wie weit Vermieter*innen und staatliche Behörden bereit sind zu gehen. Durch heftige Proteste gegen diese Praxis – vor allem mittels Versuchen, solche Zwangsräumungen zu blockieren – und die Thematisierung ihrer mitunter dramatischen Folgen ist es immerhin gelungen, die Zahl der Zwangsräumungen etwas zu senken, da verschiedene Zwangsmaßnahmen verschoben, ausgesetzt oder gar nicht erst beantragt wurden, Außerdem wurde die Angemessenheit solcher Maßnahmen öffentlich in Frage gestellt und Vermieter*innen und Behörden mussten auf einmal in Sorge sein, dass sie mit unerwünschter Aufmerksamkeit und Widerstand zu rechnen haben. Wir werden uns nicht vertreiben lassen, unsere Wohnungen sind keine Ware!
Zu Tode gespart – Gesundheit und Pflege in der Krise
Auch im Gesundheitsbereich zeigen sich die mitunter tödlichen Folgen herrschender Austeritätspolitiken drastisch. So wurden in Griechenland unter anderem auf Betreiben der Troika und der deutschen Regierung massive Einschnitte im Gesundheitswesen durchgesetzt, mit katastrophalen Resultaten: Etwa 30 Prozent der Menschen in Griechenland stehen mittlerweile ohne jeden Versicherungsschutz da, in einer ohnehin prekären wirtschaftlichen Situation, in der ein massiver Anstieg zahlreicher Krankheiten aufgrund fehlender Präventionsangebote, Armut und Stress zu verzeichnen ist. In Krankenhäusern und Apotheken fehlen wichtige Medikamente und Behandlungsutensilien, während sich viele Menschen die vorhandenen schlichtweg nicht mehr leisten können. Angesichts dieser Situation sind an vielen Orten Griechenlands Netzwerke einer solidarischen Gesundheitsversorgung jenseits staatlicher oder privater Institutionen entstanden, die versuchen, zumindest eine minimale, nicht-kommerzielle Gesundheitsversorgung für die Betroffenen zu liefern. Diese Basisinitiativen sind aus der Not geboren, weisen jedoch in ihren Organisations- und Solidarformen über die Schranken (ehemals) bestehender staatlicher Gesundheitssysteme hinaus. Dabei werden sie immer wieder von staatlicher Seite angefeindet. Eine Gesundheitsversorgung jenseits von Wettbewerbs- und Profitabilitätskriterien ist nicht erwünscht. Hier ist Solidarität gefragt, so beispielsweise durch die Torpedierung der Bemühungen der deutschen Regierung, die brachiale Austeritätspolitik in Griechenland weiter voranzutreiben.
Während die Krise in Deutschland nicht so stark spürbar ist wie in Südeuropa, lässt sich auch hier eine ähnliche Politik feststellen, die oft schon lange vor dem Beginn der Krise in Gang gesetzt wurde. So wurde hier der Krankenhaussektor nach und nach privatisiert, auf ein profitorientiertes Wirtschaften eingeschworen und wichtige Gesundheitsleistungen durch die Einführung des Fallpauschalensystems vielfach eingeschränkt. Der aktuelle Arbeitskampf an der Berliner Charité weist auf die drastische Verschlechterung der Situation der Patient*innen wie der Arbeitenden hin, welche die massive Einsparung von Pflegepersonal in staatlichen oder in diesem Fall privaten Gesundheitseinrichtungen zwecks einer Einsparung von Lohnkosten mit sich gebracht hat. Stress, Überarbeitung, minimale Zeitkontingente und die Verantwortung einzelner Pflegearbeiter*innen für eine viel zu große Anzahl an Patient*innen machen eine für alle Beteiligten zufriedenstellende Pflege weitgehend unmöglich. Die Antwort auf solche Entwicklungen liegt für uns im Kampf für gesellschaftliche Strukturen, in welche Profit- und Effektivitätsprinzipien keinerlei Bedeutung für Pflege und Gesundheitsversorgung haben, sondern die Bedürfnisse aller – Patient*innen wie Pflegende – im Zentrum stehen. Das heißt für uns aber auch: kein Zurück zu einem Pflege- und Gesundheitssystem, das ohnehin nur partiell kapitalistischen Prinzipien enthoben war. Gut geht es uns nur ohne Kapitalismus!
Crisis has a gender
Aus feministischer Perspektive heraus ist es uns wichtig, zu betonen, dass die ökonomische Krise und die mit ihr verbundenen politischen Maßnahmen auch vergeschlechtlichte Dimensionen haben und Menschen je nach ihrer gesellschaftlichen Position sehr unterschiedlich betreffen. So werden bezahlte Care-Arbeiten – mit diesem Begriff werden häufig all jene Tätigkeiten bezeichnet, welche die Versorgung, Pflege und Reproduktion von Menschen betreffen – zum Beispiel an der Charité, wie auch unbezahlte Care-Arbeiten im privaten Raum primär von Frauen* geleistet. Viele Formen bezahlter Care-Arbeit werden zunehmend weiter prekarisiert. Arbeits- und Lohnverhältnisse verschlechtern sich hier, da Kürzungs- oder Profitabilitätspotentiale insbesondere in sozialen Bereichen gesucht werden. Zudem wird vor dem Hintergrund der Krise Care-Arbeit weiter individualisiert, von Bezahlung abgekoppelt und in den privaten Bereich gedrängt. Insbesondere für Frauen* heißt das oft eine drastische Verschärfung ihrer Lebensumstände, da sie neben ihrer zunehmend prekären Lohnarbeit Tätigkeiten übernehmen, die zuvor zumindest zeitweise bezahlt oder staatlich übernommen worden waren. Vielfach entsteht hier ein Kreislauf der Überforderung, gegen den durch eine einfache Verweigerung dieser Tätigkeiten kaum vorgegangen werden kann. Die davon Betroffenen stellen Personen dar, die Pflege- und Sorgearbeit dringend bedürfen: Alte und kranke Menschen, Kinder, Freund*innen, Familienmitglieder.... Vor einigen Wochen entstand unter anderem vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen im Rahmen einer Konferenz mit Teilnehmenden aus den verschiedensten Bereichen der gesellschaftlichen Reproduktion eine "Care Resolution", in der eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Organisierung dieser oft unsichtbar gemachten Tätigkeiten gefordert wurde – weg von Effizienz- und Profitlogik, hin zu einer Orientierung an den Bedürfnissen aller Beteiligten.
Die Prekarisierung und Privatisierung von insbesondere von Frauen* geleisteter Care-Arbeit und die gleichzeitige Stabilisierung männlich* dominierter Berufs- und Industriezweige im Rahmen hegemonialer Krisenbearbeitungsstrategien droht zudem, klassischen, patriarchalen Modellen von Familie und Arbeitsteilung ein Comeback zu verschaffen. Parallel dazu wird jedoch weiterhin die Einbindung von Frauen* ins Berufsleben und eine möglichst effektive Verbindung von Karriere und Familie propagiert. Gleich sind sich diese Ansätze darin, dass sie Care-Arbeit weiterhin primär als Arbeit von Frauen* verstehen, dass sie die Individualisierung und Privatisierung schwer in Wert zu setzender Bereiche von Arbeit unterstützen und eine möglichst effektive Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft organisieren. Nicht zufällig wird vielfach gleichzeitig die Familie als der ultimative Rückzugsort propagiert. Damit verbunden sind mitunter Rückgriffe auf ausgesprochen reaktionäre Geschlechter- und Familienmodelle. In Frankreich versucht die politische Rechte vehement und mit Gewalt, gegen die Einführung der sogenannten Homo-Ehe vorzugehen, was zu einem massiven Anstieg homophober Diskriminierungen und Übergriffe geführt hat. Und in Spanien greift die konservative Regierungspartei massiv in die erkämpften Selbstbestimmungsrechte von Frauen* ein und will die Abtreibungsgesetzgebung drastisch verschärfen. Dagegen kam es unter anderem am 8. März bereits zu heftigen Protesten zehntausender Spanier*innen.
Hier gilt es, die Krise, die mit ihr verbundenen Austeritätspolitiken und die Versuche, sie konservativ zu "beantworten", radikal feministisch in ihrer vergeschlechtlichen Dimension zu verstehen und anzugreifen. Unsere Vision umfasst eine Gesellschaft, die mit klassischen patriarchalen Modellen von Familie und Arbeitsteilung wie auch mit neoliberalen Inwertsetzungen von Flexibilität und Differenz bricht. Die Überwindung von Sexismus und Homophobie ist ebenso wichtig, wie die Befreiung vom Kapitalismus!
Festung Europa – ihre Mauern werden fallen!
An den europäischen Außengrenzen manifestiert sich eine weitere Form herrschender Politik, die sich in der Krise verschärft hat. Mit Hilfe eines mörderischen Grenzregimes will die EU jene Menschen fern halten, die vor Krieg und Elend flüchten. Diesem Zweck dient unter anderem die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX. In den letzten zwei Jahrzehnten sind Schätzungen zufolge mindestens 20.000 Menschen an den EU-Außengrenzen gestorben – die meisten ertranken im Mittelmeer. Die Dunkelziffer dürfte noch um einiges höher ausfallen. Die Gefahren der Flucht, die durch die europäische Abschottungspolitik noch drastisch verstärkt werden, halten die Menschen jedoch nicht auf, es weiterhin zu versuchen. Das zeigen unter anderem eindrücklich die Versuche, massenhaft über oder um den militärisch gesicherten Grenzzaum der spanischen Enklave Melilla auf EU-Territorium zu kommen, während die Guardia Civil mit Gummigeschossen schoss. So lange die Fluchtursachen unangetastet bleiben, die insbesondere auch durch (neo)koloniale Politiken, kapitalistische Ausbeutung und den Waffenhandel europäischer Regierungen und Konzerne ausgelöst oder befördert werden, wird sich daran kaum etwas ändern. Gleichzeitig wird deutlich, dass sich Migration niemals völlig kontrollieren und einhegen lassen wird, weil die Geflüchteten immer neue Wege finden werden. Das herrschende europäische Grenzregime setzt hier auf eine Politik von Abschottung, Abschreckung und Überwachung – und nimmt die Toten bereitwillig in Kauf. Diese Politik, die an den europäischen Außengrenzen tausende Tote zu verantworten hat, wird unter anderem hier geplant und organisiert – und muss hier zu Fall gebracht werden!
Mit der Abschottung nach außen geht eine zunehmende rechte Stimmung im Inneren einher. Ähnlich wie zu Beginn der 90er Jahre wird in der Politik ein rassistisch aufgeladener Diskurs über steigende Flüchtlingszahlen geführt und versucht, Angst zu schüren, wie es z.B. im bayrischen Kommunalwahlkampf zu sehen war, der von der CSU unter dem Slogan „Wer betrügt, der fliegt" geführt wurde. Die Debatte um neue Flüchtlingsunterkünfte, wie beispielsweise in Berlin-Hellersdorf hat gezeigt, dass wenn die gesellschaftlichen Umstände es zulassen, der Rassismus von Teilen der Bevölkerung sich offen Bahn brechen kann. Aus Angst vor dem Verlust des wenigen und zunehmend gefährdeten Wohlstandes, flüchten sich viele Menschen in nationalistisches und rassistisches Gedankengut. Rechtspopulistische Parteien haben in Europa momentan Auftrieb und sind mitunter in der Lage, den gesellschaftlichen Diskurs entscheidend nach rechts zu verschieben wie z.B. die Schweizer Volkspartei, die einen Volksentscheid gegen Zuwanderung initiierte oder die neofaschistische und antisemitische Partei Jobbik, die in Ungarn eine massive Hetze gegen Rom*nja vorantreibt.
Es ist kein Zufall, dass auch in Deutschland Parteien wie die "Alternative für Deutschland" Aufwind haben, da sie Ängste aufgreifen und scheinbar einfache Lösungen anbieten. Besonders in Zeiten von Krisen erfreuen sich autoritäre Ideologien – als einfache Antworten auf komplizierte Verhältnisse – zunehmender Beliebtheit. Tatsächlich wird in diesen vermeintlichen Lösungsansätzen die kapitalistische Verwertungslogik lediglich auf ein anderes Level gehoben. Das im Kapitalismus allgegenwärtige Konkurrenzverhältnis übertragen die rechten Ideologen auf konstruierte Kategorien wie Volk oder Nation. Es liegt an uns, sich dieser Entwicklung in den Weg zu stellen. Da wo die Linke stark ist, sich in die sozialen Konflikte einmischt und eine eigene Handlungsoption anbieten kann, können die Rechten erfolgreich in die Defensive gedrängt werden.
Gleichzeitig organisieren sich die Betroffenen und begehren gegen rassistische Sondergesetze auf. Ob „Lampedusa in Hamburg" oder die Geflüchteten auf dem Oranienplatz: durch ihren beharrlichen Protest und kreative Aktionen haben sie es geschafft, in der öffentlichen Debatte ihre Positionen deutlich zu machen und der Stadt öffentliche Räume abzutrotzen – unter massiven Repressionen der Behörden und oft in der existenziellen Gefahr, damit die eigene Abschiebung zu befördern. Dabei haben sie deutlich gemacht, dass sie bestimmt niemanden brauchen, der für sie spricht und für sie Politik macht, auch nicht die radikale Linke. Unterstützen wir ihre Kämpfe – respektvoll und solidarisch!
Zusammen gegen Krisenpolitik und Kapitalismus!
Lasst uns zusammen die Krisenpolitik der deutschen Regierung und der Troika angreifen. Dazu wird es im Vorfeld der Europawahlen eine europaweite dezentrale Aktionswoche vom 15. bis 25. Mai geben mit dem Motto „Solidarity beyond borders – Building democracy from below!", in der an zahlreichen Orten Proteste gegen kapitalistische Austeritätspolitiken, Autoritarisierung und rassistische Migrationsregime stattfinden werden. Informiert euch – unter anderem wird es am 17. Mai Demonstrationen in Berlin und vielen anderen Städten geben.
Zuerst werden wir aber unsere Wut über die herrschenden Verhältnisse am 1.Mai in Berlin auf die Strasse tragen. Wir setzen der kapitalistischen Verwertungslogik die Utopie einer herrschaftsfreien und klassenlosen Gesellschaft entgegen, in der der Mensch kein entrechtetes, geknechtetes und erniedrigtes Wesen ist. Eine Gesellschaft, in der die freie Entfaltung der Einzelnen Bedingung für die freie Entfaltung Aller ist. Eine solche Gesellschaft nennen wir Kommunismus! Ob eine derartige Welt Realität wird, liegt an den Menschen selbst. Die gesellschaftlichen Verhältnisse sind von Menschen gemacht und deshalb auch von Menschen veränderbar!
Kommt zum Krisen-Block auf der 18 Uhr-Demo am 1. Mai!
Und vorher:
Antikapitalistische Walpurgisnacht 2014
"Allet oder nüscht - selbstorganisiert gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung"
30. April. 2014 - 19 Uhr - U-Bahnhof Seestraße
Antifaschistische Linke Berlin (ALB) – Avanti Berlin
organisiert in der Interventionistischen Linken (IL)
www.antifa.de / www.avanti-projekt.de/berlin
Unterstützt von:
Bündnis "Hände weg vom Wedding" http://haendewegvomwedding.blogsport.eu/
á gauche berlin http://agaucheberlin.blogsport.de/
Blockupy Plattform Berlin http://berlin.blockupy-frankfurt.org/
Schmetterlinge im Bauch
Immer wenn man denkt, tiefer kann man nicht fallen, schafft es die Berliner Antifa doch immer wieder einen drauf zu setzten. Schmetterlinge, ALB, really? Person mit Layout grad verliebt? Oder doch nur die logische Schlußfolgerung des Kampfes gegen teure Schwimmbadpreise im Rahmen von ACT? Man muss nicht viel mit den ehemaligen RKs gemein haben, aber in der Prognose bezüglich der Antifa, AAB/ALB im Besonderen, sollten sie recht behalten. Schmetterlinge, tss. Man macht es sich bequem im System, Kinder kommen, Arbeit ist gut, Puba zwar sehr spät, aber dann doch noch vorbei mit über 30 Jahren. Ist ja OK, geht, aber leise. Aber das ist doch kein Grund daraus Plakate zu machen. Schmetterlinge, manmanman. Das ist selbst für die deutsche Antifa ein Tiefpunkt.
Der Schmetterling verdient echt die volle Fünf-Finger=Klatsche-Taktik.
Und, ARAB, bevor du dich freust: Sollte man sich nach diesem März im Verbalradikalismus nicht etwas zurücknehmen? Einfach weitermachen, bloß nichts lernen.
Und merkt ihr eigentlich, dass die einen von euch mit Pseudomilitanz und die anderen mit Schmetterlingen für die gleiche Demo mobilisieren? Ihr seht da nicht ein gewisses inhaltliches Spannungsfeld? Alle wollen das gleiche, nur der Weg ist anders?
Ihr seid echt zwei Seiten einer Medaille, insofern passt schon. Aber Revolution ist was anderes.
Layout schlecht, Inhalt auch
Gut, das Layout ist schlecht. Aber wen interessiert das groß. Das Problem am Aufruf der ALB ist nicht der Schmetterling auf den Plakaten, sondern die falsche Gesellschaftsanalyse im Fließtext. Dem Motto "Ihre Krise - unser Widerstand" liegt eine verkürzte Sichtweise auf die kapitalistische Krise zugrunde, die da glaubt, dass das Kapital in der Krise sein könne, die Arbeit jedoch nicht. Erst nachträglich (durch die neoliberale Politik der Staaten) würde die Krise auf die Lohnabhängigen "abgewälzt". Die problematische politische Perspektive, die aus solch einer falschen Analyse entspringt: "Das Kapital soll die Krise selbst bezahlen!", "Banken/Reichtum besteuern!" etc.
Was hier als antikapitalistischer Aufruf daher kommt, ist in Wahrheit sozialdemokratische Wahlwerbung für die Linkspartei.
Der üblich Inhalt
Ja gut ist ja allseits bekannt welche Ausrichtung die ALB hat. Ob Junge Welt oder Linkspartei, auch mal Stalinisten Fähnchen (und zumindest bis vor etwa zehn Jahren Stalinbüsten zum Verkauf am Friedhof) auf dem LL- Gedenkmarsch, das ist für die ALB und ARAB kein Problem.
Wobei mich, bei manchen von deren Texten, das Gefühl von Fremdschämen ereilt.
Den Schmetterlingen die Flügel abreißen!
Ja, meine Kritik kommt teilweise parapolitisch rüber. Die Schmetterlinge waren kein Fauxpas, sondern halt der Ausdruck einer im Grunde, wie anonym 01:26 richtig feststellt, sozialdemokratischen Linie. AAB/ALB hat sich seit Beginn als linker Flügel der PDS/WASG/Linkspartei verstanden und dementsprechend agiert und so sind meine Ewartungen auch nur negativ. Manchmal haben sie es gar geschafft rechts von der Parlamentspartei zu stehen, wie z.B. in der Frage des Irakkriegs oder in der Vergewaltigungsdebatte. Was mich bei denen auf die Palme gebracht hat, waren wohl weniger sie selbst, als ihr Einfluss auf die Szene. Jeder wusste natürlich zu sagen: "Ja, AAB/ALB ist inhaltlich low level, finde ich auch nicht gut." Und dabei eiferten sie denen nach, weil die mehr Masse durch Dünschiss hatten.
Die Schmetterlinge sind ja auch bei Weitem nicht die erste Anbiederung an das System. Es sei beispielhaft daran erinnert, dass es die AAB/ALB war, die vor dem Myfest versucht hat, als Projekt "Denk Mai Neu" eben so etwas zu installieren. Das ging sogar der in Bezug auf die AAB/ALB speichelleckenden und pragmatischen Berliner Szene zu weit. Aber es war ihr Projekt und darum verwundert es auch nicht, dass die Antifa sich so schön ins Myfest integrieren lässt und das Myfest im Grunde die 18 Uhr-Demo finanzierte.
Man könnte mit einer guten Portion Fremdscham auf die AAB/ALB zurükschauen und den Lütten Schoten erzählen. Das Problem ist, dass man nichts, aber auch gar nichts, aus diesem Projekt gelernt hat.
Schmetterlinge - die schießen selbst als Zombis trotzdem noch den Vogel ab. Lachen oder Weinen?
berliner szeneloser fangen an zu heulen
am wutschäumenden verbalhass auf die alb äußert sich nur die unbewältigte einsicht der eigenen bedeutungslosigkeit berliner kleinstgruppen und identitätsautonomen. dass sich die peinliche projektion am schlag eines schmetterlings äußert, ist nur zeuge eben dieser erkenntnis.
ansonsten schreibt man stets dieselben langeweiligen demoberichte und aufrufe, die an wochenschauberichte kurz vor kriegsende erinnern.
oder veranstaltet jede woche tresen, auf denen die immergleichen langweiler herumhängen, um sterni zu trinken und sich ihrer szenegesinnung zu vergewissern.
selbst auf die reihe bekommt man nichts, weswegen jede bedeutungs- und vermittlungsarme szenedemo zum erfolg verklärt werden muss, was dann wieder an schmidtke und co. erinnert: wo die realität immer hoffnungsloser erscheint, wird sie einfach verweigert.
ihr seid ein lächerlicher haufen
lame
Haters gonna hate
havanna in kreuzberg
Der Schlag eines Schmetterlings scheint nicht bei allen Leuten einen Hurrican auszulösen...