Rom: Räumung von 200 BesetzerInnen

Rom: Räumung von 200 BesetzerInnen

Heute Vormittag trafen etwa 100 Riotcops vor einem besetzten Haus im Stadtteil Montagnola ein, um das Gebäude zu räumen. Es folgten Auseinandersetzungen mit mindestens acht Verletzten.

 

Die BeamtInnen gingen bei der Räumung des von obdachlosen Familien besetzten Hauses äußerst rücksichtslos vor. Insbesondere die UnterstützerInnen der BesetzerInnen, die mit ihren Körpern die Straße vor dem Eingang versperrten, wurden immer wieder mit Knüppeln traktiert. Auch Paolo Di Vetta, der Sprecher des "Movimento di Lotta per la Casa" wurde dabei verletzt. Einer Frau wurden die Beine gebrochen. Mindestens drei Krankenwägen mussten Verletzte abtransportieren. Die BesetzerInnen, darunter viele MigrantInnen, die auf dem "freien" Wohnungsmarkt keine Chancen haben, verschanzten sich unterdessen auf dem Dach. Sie hatten das seit fast zehn Jahren leer stehende Gebäude in der letzten Woche besetzt.

 

Verantwortlich für das Vorgehen der Bullen ist die PD (Partito Democratico), die derzeit sowohl den Bürgermeister Roms, als auch den Premierminister Italiens stellt. Gegen die neoliberale Politik der italienischen "Sozialdemokraten" formiert sich in Italien massiver Widerstand. Vor einigen Wochen wurde der Abschiebeknast in Rom von hunderten AntirassistInnen attackiert. Und am vergangenen Wochenende gab es in der italienischen Hauptstadt Ausschreitungen bei einer regierungskritischen Demonstration. Doch der vorläufige Höhepunkt der regierungskritischen Mobilisierungen ist für den 11. Juli 2014 in Turin vorgesehen. Dort will die Regierung Renzi den Gastgeber für Angela Merkel und den EU Gipfel zum Thema Jugendarbeitslosigkeit spielen. Bereits jetzt wird für die Proteste landesweit mobilisiert.

 

Fotostrecke: http://roma.repubblica.it/cronaca/2014/04/16/foto/montagnola_tafferugli_durante_lo_sgombero_del_palazzo_occupato-83760577/1/#1

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Bei diesem Video sieht man deutlich wie rücksichtslos und brutal die Bullen gegen die Aktivisten vorgehen:

 

http://www.youtube.com/watch?v=aHNPcgGgjIA

http://static.youreporter.it/player/ext/videotopic.phtml?vkey=b220d5ab5d172979c12dc40ea106639a

 

Fotoserie zur gleichen situation hier: http://www.youreporter.it/gallerie/Manifestante_a_terra_manganellato_la_foto-sequenza/pag-1

 

weitere clips hier:

 

http://www.youreporter.it/video-foto/Sgombero_alla_Montagnola_scontri_e_cariche

 

Wichtig: die Polizeigewalt ist eine Erscheinungsform von etwas, das weit umfassender ist. Sämtliche "Gewalten" gehen in Italien seit einiger Zeit ganz genau so "brutal" und "rücksichtslos" vor. Der Angriff auf die vielerorts in Italien kämpfenden Menschen hat einen sehr erheblichen Schärfegrad erreicht. Noch wichtiger: die Standhaftigkeit und die Konsequenz der Kämpfenden sind angesichts der Schärfe der gegen sie nicht erst seit letzten Samstag laufenden Angriffe wirklich sehr beeindruckend. Die nächsten Wochen und Monate werden den Kämpfenden viel Kraft abverlangen. Viele, sehr viele Tausend geben schon eine ganze Weile eine Menge her und stecken dafür auch sehr viel ein. Sie werden Masse, deshalb werden sie auch so hart angegangen. Es sind wichtige Prozesse im Gang, die ganz klar mit allen Mitteln unterbunden werden sollen. Weiter wichtig: Niemand hält sich damit auf, sich wegen der Gewalt zu beklagen, weil jeder weiß, dass mit ihr zu rechnen ist. Sie gehört zur Gegenseite. Sie ist Teil von ihr, und sie ist brutal. Die Ziele, die Beweggründe, die Forderungen, der Unmut, die Not, die Vielfalt, die (entstehende) Masse. Das macht die Gegenseite wild. Den Grad der Repression aufmerksam zu registrieren und zu kritisieren, wo immer es möglich ist, ist von entsprechend großer Bedeutung. Das Augenmerk auf die  Substanz dieser Kämpfe und der Prozesse innerhalb der selben zu richten wird aber noch entscheidender und das Solidarischste, was überhaupt getan werden kann. Wer "erlebnis-" oder "feindorientiert" auf Turin schielt, als hääte es die lange Wegstrecke davor nicht gegeben und als läge bis dahin nichts mehr dazwischen, sollte sich das ganz besonders gut merken: Solidarische inhaltliche Aufmerksamkeit üben wird sehr, sehr wichtig sein. 

So ist Italien, da kommt die Polizeigewalt noch mit der Gießkanne. Gut erkennbar auch an der Demo letztes Wochenende in Rom (https://linksunten.indymedia.org/de/node/110684). Autonome brechen aus der Demo aus, bewerfen die Polizei mit Böllern und Wurfgeschossen, fliehen dann und als Reaktion wird die gesamte Demo angegriffen, wobei es zu einem gefährlichen Gedränge beim fluchtartigen Rückzug kommt. Die Menschen die am Rand stehen sind dabei dem Geknüppel ohne Fluchtmöglichkeit ausgeliefert. Da die Demo in der völligen Überzahl gegen die Polizei ist, wäre es ihr natürlich möglich gewesen diese wegzudrängen und zu verjagen. Aber so eine massenhafte Entschlossenheit fällt nicht vom Himmel. Stattdessen laufen alle weg und die am Rand und die Langsamen zahlen drauf. Es ist wie bei einem Amoklauf, wenn sich die späteren Opfer anstatt sich einzeln zu verkriechen, gemeinsam auf den Schützen werfen würden, könnte er höchstens ein paar Treffen bevor er überwältigt ist.

 

Eine Möglichkeit zur Abwehr wäre mit Fahnenstangen eine defensive Phalanx zu bilden und die Schlägerbullen so auf Distanz zu halten. Meistens werden aus sicherer Distanz oder im Schutz der Menge die Bullen mit Böllern und Flaschenwürfen provoziert und dann die vorderen Reihen niedergeknüppelt und gepfeffert.

 

Gibt es eigentlich auch Pfeffersprayeinsätze bei Demos in Italien? Ich kenne es nur, dass Tränengasgranaten verschossen werden.

Indymedia ist nicht der Ort für solche Debatten, daher, kein Kommentar zu Deinen taktischen Ausführungen. Eine Bemerkung aber doch: der Artikel über die Demo am 12. April gibt zwar nicht viel her, eine wichtige Aussage steht da aber ziemlich klar: den überwiegenden Teil der Teilnehmer stellten Migranten und - das füge ich hinzu - Menschen in ärgsten sozialen Notlagen aus verschiedensten Altersgruppen und sozialen Zusammenhängen. Hast Du das gecheckt, und checkst Du, was das alles mit sich bringt? Der Kommentar über Dir weist zudem darauf hin, dass es um die Durchsetzung von sehr konkreten Forderungen im Kontext von um so härteren sozialen Auseinandersetzungen ging und immer noch geht. Diese Demo war nicht an ein spezifisches Machteventgebunden und aus verschiedenen Gründen auch nicht primär auf eine militant-offensive Austragung einer Riot-Show ausgerichtet. Sie war eine - nicht bittstellende, sondern ausgesprochen Selbstbewusste Artikulierung von zig wirklich von Not und Ausgrenzung betroffenen. Weißt du welchen Mut jede und jeder Einzelne dieser ganz arg Betroffenen und Ausgeschlossenen aufgebracht hat, um das machen? Am Berliner O-Platz blieb Napuli fast alleine auf dem Baum zurück. Zig Tausend, die sonstwo mehr wagen sind kein Pappenstiel. Wegrennen hin oder her.