Ende Februar verschickte die Generalbundesanwaltschaft weitere Briefe, in denen die Adressaten darüber aufgeklärt wurden, dass sie im Rahmen des RAZ-Verfahrens überwacht worden sind. Dieses Mal bezogen sich die Überwachungen auf den Zeitraum von Dezember 2012 bis zum 25. Mai 2013, also knapp 3 Tage nach den Hausdurchsuchungen.
Neben Telefonaten mit einem oder einer der Beschuldigten wird auch teilweise über die Beteiligung an Personenobservationen benachrichtigt, sowie über die Öffnung von Briefen und E-Mails.
Rechtmäßige Überwachung?
Den Adressaten wird darüber hinaus – wie bereits bei der ersten Welle der Briefe – die Möglichkeit eröffnet die Rechtmäßigkeit der Überwachung überprüfen zu lassen.
Bereits bei den ersten Briefen, die Ende Dezember verschickt wurden, haben einige der Betroffenen die Rechtmäßigkeit überprüfen lassen. Die Antworten fielen unterschiedlich aus: Einige bekamen als Antwort den Vermerk, dass die Ermittlungen in dem Verfahren noch andauern und deswegen keine Angaben dazu gemacht werden könnten. Anderen wurde die „Rechtmäßigkeit“ bescheinigt, indem eine allgemeingültige Erklärung – eine Art Kurzversion des Durchsuchungsbeschluss mit der Auflistung aller Aktenbände – abgegeben wurde. Dennoch wurde den Betroffenen die Möglichkeit zu einer Stellungnahme innerhalb von knapp 2 Wochen gegeben.
Allgemein raten wir davon ab eine inhaltliche Begründung oder eine inhaltliche Stellungnahme zu der Überwachung abzugeben, sondern raten dazu das weitere Vorgehen entweder direkt mit uns und/oder mit der Roten Hilfe Ortsgruppe zu besprechen.
Auch wenn die Erfolgschancen nicht gerade groß zu sein scheinen kann es trotz allem nicht schaden die Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen. Dazu genügt ein formloser Brief, der am besten per Einschreiben, an die angegebene Adresse mit Verweis auf das angegebene Aktenzeichen, geschickt werden sollte. (Ein beispielhaftes Schreiben findet ihr unten.)
Was tun?
Diese Briefe zeigen einmal mehr den Umfang der Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen die in dem Fall aufgefahren worden sind und werden. Mit den Briefen soll versucht werden die Betroffenen individuell unter Druck zu setzen und die Beschuldigten zu isolieren. Dennoch ist es kein Grund sich verrückt machen zu lassen. Letztlich beweisen die Briefe nur das was eigentlich ein offenes Geheimnis ist: Überwachung ist alltäglich bei linken AktivistInnen. Umso notwendiger sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, gemeinsam dagegen vorzugehen und dem unsere geschlossene Solidarität entgegenzustellen.
Einen Ansatzpunkt ist die kollektive Auseinandersetzung mit der Situation und die Diskussion der weiteren Schritte. In Stuttgart gibt es kommenden Freitag ab 20 Uhr in der Kolchose Ost einen Solitresen, bei dem es zu Beginn die Möglichkeit gibt sich gemeinsam auszutauschen, offene Fragen zu klären und einen gemeinsamen Umgang damit zu finden. Dazu bekommen alle, die einen solchen Brief bekommen haben, ein Freigetränk.
Falls ihr auch einen solchen Brief bekommen habt, dann meldet euch am besten verschlüsselt bei der Soligruppe (www.soligruppe.blogsport.eu) oder der Roten Hilfe Ortsgruppe mit der Bitte diese Information an uns weiterzuleiten.
Soligruppe zum §129 Verfahren in Berlin, Magdeburg und Stuttgart
www.soligruppe.blogsport.eu
Beispielhaftes Anschreiben:
ABSENDER
Generalbundesanwalt
beim Bundesgerichtshof
Postfach 2720
76014 Karlsruhe
DATUM
Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom XX.XX.XXXX beantrage ich gemäß §101 Abs.7 S.2 StPO die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Kommunikationsüberwachung (und der Observation) mit dem Aktenzeichen XXXX, sowie die Art und Weise ihres Vollzuges.
NAME + UNTERSCHRIFT
Stuttgart: Treffen und Solitresen
Beim Solitresen gibt es zu Beginn die Möglichkeit sich gemeinsam auszutauschen, offene Fragen zu klären und einen gemeinsamen Umgang mit den Briefen zu finden. Dazu bekommen alle, die einen solchen Brief bekommen haben, ein Freigetränk.
Freitag, 07. März 2014 | 20 Uhr
Kolchose Ost
Wagenburgstr. 77
40er Haltestelle Tunnel Ostportal
Einschüchterunsmaßnahmen
Ganz schön erstaunlich, dass die BAW mittlerweile solche Briefe so umfassend verschickt. Die rechtliche Verpflichtung bestand ja schon lange, bisher wurde es aber regelmäßig "vergessen" oder der Brief ist auf dem Post weg "verschwunden" - so zumindest die offiziellen Behauptungen. Im Endeffekt bin ich mir aber unsicher, ob die akutelle Situation besser ist. Breitflächig ist das Umfeld der Leute, gegen die ermittelt wird, betroffen und wird jetzt darüber informiert. Neben Genoss_innen, die damit umgehen können, betrifft dies natürlich auch Arbeitgeber_innen, entfernte Bekannte, Angehörige etc. und kann so auch ein Mittel zur sozialen Stigmatisierung sein... Fände es spannend darüber mal eine Reflexion der Betroffenen zu hören, wie sie diesen neuen Umgang empfinden.
Kurz...
wird da auf der Veranstaltung darauf eingegangen, die in div. Städten demnächst gemacht wird.
War zumindest in Siegen so.