Gefahrengebiet auf österreichisch

"Schutzzone" am Karlsplatz

 In Wien wird im Moment viel über die Proteste, die Polizeigewalt und die Gefahrengebiete in Hamburg diskutiert. Dabei wird aber gerne übersehen, dass die Polizei auch hier ein sehr ähnliches Mittel bei der Hand hat. Deswegen hier ein kurzer Artikel über die österreichische Version der Gefahrengebiete, den Schutzzonen.

 

Diese wird genauso wie in Hamburg, von der Sicherheitsbehörde errichtet. Die Polizei hat dort das Recht, Menschen rein auf Verdachtsgrundlage („auf Grund bestimmter Tatsachen“) wegzuweisen und ein Betretungsverbot bis zu 30 Tagen zu verhängen. Im Gesetzestext werden Durchsuchungen nicht erwähnt, in der Praxis ist dies jedoch Gang und Gebe. Betroffene haben keine Möglichkeiten, dagegen zu berufen. Bekannt wurden Fälle, wo Menschen wegen „unbegründeten Stehenbleibens“ weggewiesen wurde.

 

Betroffen sind davon vor allem Drogenkonsument*innen. Als Vorwand für dieses Gesetz musste der Schutz der Kinder herhalten. Das brachte eine praktische Einschränkung mit sich. Schutzzonen dürfen „nur“ 150 Meter rund um Schulen, Kindergärten, Horte, etc. errichtet werden.

 

2005 wurden sie als §36a des Sicherheitspolizeigesetzes eingeführt. Die Verschärfung des SPG 2011 sowie des Wiener Landessicherheitsgesetzes 2010 betrafen die Schutzzonen nicht direkt, gaben aber der Polizei generell mehr Möglichkeiten für Wegweisungen, Betretungsverbote, etc.

 

Die bekannteste Schutzzone ist der Karlsplatz. Hier war sie ein wichtiger Baustein zur Vertreibung von Junkies. Aber auch in der verschlafenen Kleinstadt Zwettel gab/gibt(?) es sie. Dort wurde die Einführung mit einem simplen „Vorsicht ist besser als Nachsicht!“ begründet. Leider konnte ich keine Übersicht, wo sich aktuell „Schutzzonen“ befinden, finden.

 

Auch Widerstand gegen die Errichtungen gab es. Getragen wurde es vor allem von der Straßenzeitung „Augustin“ im Rahmen der F13-Aktionstage. Die Libertäre Initiative Sozial Arbeitender (LISA-FAS) machte einige Aktionen gegen die „Säuberung“ des Karlsplatzes, unter anderem ein Straßenfest am 17.Juli 2010.

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ganz so einfach ist es rechtlich nicht:
- es braucht Jugendliche
- es gibt eine Maximalgröße
- es braucht ein "Objekt"

- sie treten spätestens nach 6 monaten außer kraft

- Zwangsgeswalt zur durchsetzung des Betretungsverbotes ist unzulässig

 

  • Schutzzone

    § 36a. (1) Die Sicherheitsbehörde kann einen bestimmten Ort, an dem überwiegend minderjährige Menschen in besonderem Ausmaß von auch nicht unmittelbar gegen sie gerichteten strafbaren Handlungen nach dem Strafgesetzbuch, dem Verbotsgesetz oder gerichtlich strafbaren Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz bedroht sind mit Verordnung zur Schutzzone erklären. Die Schutzzone umfasst ein Schutzobjekt, insbesondere Schulen, Kindergärten und Kindertagesheime sowie einen genau zu bezeichnenden Bereich im Umkreis von höchstens 150m um dieses Schutzobjekt und ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen Schutzes festzulegen.

    (2) Verordnungen nach Abs. 1 haben die genaue Bezeichnung der Schutzzone in ihrem örtlichen und zeitlichen Umfang und den Tag ihres In-Kraft-Tretens zu enthalten. Ihre Wirksamkeit ist auf bestimmte Zeiträume einzuschränken, wenn dies die Gewährleistung eines wirksamen Schutzes nicht beeinträchtigt. Sie sind auf eine Weise kundzumachen, die geeignet erscheint, einen möglichst weiten Kreis potentiell Betroffener zu erreichen. Sie sind aufzuheben, sobald eine Gefährdung nicht mehr zu befürchten ist, und treten jedenfalls sechs Monate nach ihrem Wirksamwerden außer Kraft.

    (3) Im Bereich einer Schutzzone nach Abs. 1 sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Menschen, von dem auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen vorangegangener gefährlicher Angriffe, anzunehmen ist, dass er strafbare Handlungen nach dem Strafgesetzbuch, dem Verbotsgesetz oder gerichtlich strafbare Handlungen nach dem Suchtmittelgesetz begehen werde, aus der Schutzzone wegzuweisen und ihm das Betreten der Schutzzone zu verbieten. Dem Betroffenen ist die Dauer dieses Betretungsverbotes bekannt zu geben. Die Ausübung von Zwangsgewalt zur Durchsetzung dieses Betretungsverbotes ist unzulässig. Kann er berechtigte Interessen für die Notwendigkeit des Betretens der Schutzzone glaubhaft machen, ist darauf entsprechend Bedacht zu nehmen.

    (4) Die Anordnung eines Betretungsverbotes ist der Sicherheitsbehörde unverzüglich zur Kenntnis zu bringen und von dieser binnen 48 Stunden zu überprüfen. Liegen die Voraussetzungen für die Anordnung des Betretungsverbotes nicht mehr vor, so hat die Sicherheitsbehörde dieses dem Betroffenen gegenüber unverzüglich aufzuheben und ihm die Aufhebung mitzuteilen. Das Betretungsverbot endet jedenfalls mit Ablauf des 30. Tages nach seiner Anordnung.

danke für das posten des gesetzestext. dennoch sind deine einwände großteils falsch:

  • der karlsplatz ist beispielwiese viel länger als 6 monate schutzzone. der trick dabei: nach ablauf der frist erlässt die polizei einfach eine neue.
  • im weiter oben verlinkten text über die schutzzone in innsbruck ist das schützenswerte objekt ein spielplatz. es sollte klar sein, dass hier der vermeintliche kinderschutz nur ein vorwand für kontrolle ist.
  • was bei dem bericht tatsächlich fehlt, ist das strafmass: bis zu 500,-€ oder 2 wochen ersatzknast. das steht im §84 SPG. und da wird auch wird das mit der zwangsgewalt mal gleich wieder relativiert:

(2) Von der Festnahme eines Menschen, der bei einer Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1(Anm. da steht u.a. das mit der schutzzone drinnen) auf frischer Tat betreten wurde und der trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht (§ 35 Z 3 VStG), haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes abzusehen, wenn weiteres gleichartiges strafbares Handeln durch Anwendung eines oder beider gelinderer Mittel nach § 81 Abs. 3 verhindert werden kann.

abgesehen davon, dass sich die polizei dank gewaltmonopols gar nicht um die eigenen gesetze scheren braucht, gibt es genug andere paragraphen, die sollte wer nachfragen (macht eh selten wer, es gaht ja nur um junkies), zwangsgewalt rechtfertigen würden....