Bußgeld nach Sitzblockade: Kargida-Gegnerin zieht vor Gericht

Erstveröffentlicht: 
17.11.2015

Karlsruhe (Ramona Holdenried) - Seit einigen Monaten demonstriert "Widerstand Karlsruhe" - früher unter dem Namen Kargida- in Karlsruhe. Zeitgleich rufen Pegida-Gegner regelmäßig zu Gegendemonstrationen auf. Auf einer dieser Demonstrationen hatten 17 Personen im März versucht, die Kargida-Kundgebung mit einer Sitzblockade zu verhindern und erhielten Bußgeldbescheide von Polizei und Stadt. Eine von ihnen wollte das nicht hinnehmen und zog vor Gericht.

Es ist der 31. März dieses Jahres: "Widerstand Karlsruhe", ein Karlsruher Ableger der islamfeindlichen Bewegung Pegida, nennt sich zu diesem Zeitpunkt noch "Kargida". Für 19.30 Uhr hatten sie ihre Kundgebung angemeldet, ihren Aufzug startet Kargida mit rund 120 Teilnehmern. Ebenfalls vor Ort sind an diesem Dienstag etwa 200 Gegendemonstranten, die gegen Kargida protestieren.

In der Amalienstraße wollen etwa 17 Personen ihren Protest gegen Kargida durch eine Sitzblockade zum Ausdruck bringen. "Und zwar durch friedliches Sitzen", werden sie mehrere Monate später in einer Pressemitteilung erklären. Die Polizei bittet die Gegendemonstranten nach eigenen Angaben, aufzustehen und den Platz zu räumen. Gegen 19.55 Uhr twittert sie dann: "Die Personen sind wiederholten Aufforderungen nicht nachgekommen, mussten weggetragen werden - verlief alles friedlich."

Demonstranten fechten Bußgeldbescheide an

Eine dieser Gegendemonstranten ist Anete Wellhöfer. Für sie und viele andere hat die Gegendemonstration Ende März noch ein Nachspiel. Schätzungsweise 100 Ermittlungsverfahren wurden gegen die Demonstranten eingeleitet, bestätigt ein Sprecher des "Karlsruher Netzwerks gegen rechts" auf Nachfrage von ka-news.

Die Liste der angeblichen Tatbestände ist lang- und die vorgeworfenen Vergehen sehr unterschiedlich. Nach Aussage des Netzwerk-Sprechers geht es um das Nichtbefolgen von Platzverweisen, Verstöße gegen das Versammlungsgesetz, Verstöße gegen das Vermummungsverbot, grob ungehörige Handlungen, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beleidigung oder in einzelnen Fällen um Körperverletzung.

Die Polizei erließ daraufhin Kostenbescheide von je 93 Euro für das Wegtragen, so das Netzwerk in seiner aktuellen Pressemitteilung. Die Stadt habe zudem Bußgeldbescheide von 223 Euro wegen des Nichtbefolgens eines Platzverweises erlassen- eine Summe, die Anete Wellhöfer und ein weiterer Mitdemonstrant so nicht hinnehmen wollen.

So hat das Karlsruher Amtsgericht entschieden

Sie legen Einspruch vor dem Karlsruher Amtsgericht gegen den Bußgeldbescheid der Stadt ein, der erste Verhandlungstag ist für Montag, 16. November angesetzt. Wellhöfer fürchtet, dass durch die Bußgelder ein "völlig falsches Signal" für Demonstranten gesendet werde, die gegen Pegida und ihre Ableger auf die Straße gehen würden. Ihr Vorwurf: "Anstatt das zivilgesellschaftliche Engagement gegen Neonazis und Rassisten zu unterstützen, werden Bürger wegen geringfügiger Verstöße bestraft", teilt sie in einer Rede mit, die ka-news vorliegt.

Zeitgleich demonstrieren Unterstützer in der Nähe des Karlsruher Amtsgerichts. Am Ende ist Wellhöfer mit dem Urteil nicht zufrieden. Das Amtsgericht habe zwar die Bußgelder von 223 Euro auf 50 plus Verfahrenskosten abgemildert, das Verfahren aber nicht eingestellt, heißt es in der Pressemitteilung. Eine Stellungnahme des Amtsgerichts selbst zu diesem Fall steht noch aus.

 

Erneute Demonstrationen am Dienstagabend - das kommt auf Anwohner zu:

Für Dienstagabend, 17. November hat "Widerstand Karlsruhe" (ehemals Pegida) ab 19 Uhr eine Demonstration angemeldet. Kundgebungsort ist dieses Mal der Stephanplatz.

Ab 17 Uhr lädt zudem das Karlsruher "Netzwerk  gegen rechts" zur Gegenkundgebung auf dem Stephanplatz ein. Von 18.30 bis 19.00 Uhr  spielt ein Posaunenchor der Evangelischen Kirche in Karlsruhe auf dem  Stephanplatz, teilt diese in einer Presseerklärung mit. Als Rednern werden der evangelische Dekan Thomas Schalla, Harald Denecken, 1. Bürgermeister a.D. der Stadt Karlsruhe sowie Mesut Palanci ist Vorsitzender des. Dachverbandes islamischer Vereine in Karlsruhe und Umgebung e. V. vom Veranstalter erwartet. "Der Programmpunkt "Tuesday Night Fever" wird angesichts der Ereignisse von Paris ausgeklammert und findet zu einem anderen Zeitpunkt statt", teilt dieser mit.

Mit Verkehrsbeeinträchtigungen ist laut Stadt zu rechnen. Zur Gewährleistung der Versammlungsfreiheit und zum Schutz der Versammlungsteilnehmer wirkt die Polizei auf eine strikte Trennung der jeweiligen Lager hin. Für spezielle Rückfragen steht das Servicecenter von Stadt- und Landkreis Karlsruhe telefonisch unter der Behördennummer 115 zur Verfügung.