Neonazistische Aktivitäten und antifaschistischer „Widerstand“ in der Region Pirmasens/Zweibrücken – Eine subjektive Einschätzung
„Neonazistrukturen verfolgen die Strategie, sich im ländlichen Raum festzusetzen, um von hier aus die Städte zu erobern. Antifaschistische Strukturen in Städten mit einer starken Linken, [….], müssen sich diesem Phänomen zuwenden. Sei es aus Solidarität mit den vom rechten Terror Betroffenen oder als strategischer Schritt, um den Neonazistrukturen ihr »ruhiges Hinterland« zu nehmen“[1].
Soviel zur Theorie vieler antifaschistischer Gruppen. Die Praxis allerdings sieht leider etwas anders aus, vor allem im Raum Pirmasens/Zweibrücken. So weiten die Neonazis der NPD, der Republikaner und des „Nationalen Widerstands“ in der Region ihre Aktivitäten zunehmend aus. Die NPD hatte das Potential in der recht wirtschaftsschwachen Region erkannt und schickte den Neonazi Sascha Wagner vor einiger Zeit nach Pirmasens um eine neue Landeszentrale der NPD zu errichten. Wagner, der schon in einigen Teilen Deutschlands tätig war, begann neue neonazistische Strukturen aufzubauen und neue Mitglieder zu werben und heranzuziehen. So zeigt er sich auch immer wieder gern im Stadion des Oberligisten FK 03 Pirmasens um dort neue Gesinnungsgenossen zu finden und in das politische Geschäft mit einzubeziehen. Erfolgreich war dies zum Beispiel bei dem Neonazi (und Ex-Punk) Pascal Wilzius, der regelmäßiger Gast im Stadion des FK 03 Pirmasens ist und dieses Jahr für die NPD zur Verbandsgemeinderatswahl antrat. Das Amt des Kreisvorsitzenden hat Wagner mittlerweile an Markus Walter abgetreten.
Aber nicht nur die NPD ist tätig, auch die rechtsextreme Partei Die Republikaner betreibt bisher recht erfolgreich Politik in Pirmasens. Da die Parteien aber (glücklicherweise) zumindest bei Wahlen eher konkurrieren verlieren die Republikaner zunehmend an Boden gegenüber der NPD. Der Vorsitzende der Partei Andreas Burkhardt ist ein absolut überzeugter Nazi und nähert sich immer mehr dem Jargon der NPD. Gerüchten zufolge nahm er auch schon an von NPD angebotenen Seminaren teil und auch mit Sascha Wagner scheint den Faschisten einiges zu verbinden, da es schon einige gemeinsame öffentliche Auftritte gab. Des Weiteren ist er wegen Volksverhetzung verurteilt, weil er eine Flüchtlingsfamilie als „Zigeunerfamilie mit parasitärem Verhalten“ bezeichnet hatte.
Beim „Nationalen Widerstand Zweibrücken“ handelt es sich um eine recht aktive informelle Vereinigung von Neonazis verschiedenen Alters aus dem näheren Umkreis. Laut des rheinland-pfälzischen Verfassungsschutzes umfasst die Gruppe circa 15 bis 20 Personen. Die „Kameradschaft“ tritt auch immer wieder bundesweit auf Veranstaltungen von Rechtsextremen in Erscheinung, wie zum Beispiel dem alljährlichen geschichtsrevisionistischen Ritual in Dresden. Am auffälligsten tritt dabei die Person Detlef Walk in Erscheinung. Er gilt als cholerisch und gewalttätig.
Die Gruppen sind eng miteinander verwoben und dank den früheren Tätigkeiten von Sascha Wagner auch bundesweit vernetzt. Aber nicht nur innerhalb Deutschlands bestehen Netzwerke, sondern auch internationale Kontakte werden gepflegt. So nehmen an den Veranstaltungen der Nazis auch Personen aus Frankreich (Front National), Belgien (Vlaams Belang) und Faschisten aus Spanien teil.
Die Aktivitäten der Nazis in der Region sind zahlreich und nehmen zu. Immer wieder gibt es Demonstrationen, Mahnwachen, Gesprächskreise und Konzerte. So gab es zum Beispiel Konzerte der, zum rechtsextremen Spektrum zugeordneten, „Hooligan-Band“ Kategorie C - Hungrige Wölfe in der stillgelegten Disko Hacienda in Niedersimten bei Pirmasens und ein Konzert des Liedermachers und NPD-Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten Frank Rennicke in der Kneipe Pfälzer Stube in Pirmasens. Organisiert wurden die Konzerte jeweils von Sascha Wagner. Laut einem Indymedia-Bericht ist für den 22. August ein weiteres Konzert der Band Kategorie C geplant welches unter Umständen wieder in Pirmasens stattfinden könnte.
http://linksunten.indymedia.org/de/node/9165
Monatlich hält die NPD Mahnwachen zu verschiedenen Themen ab. Regelmäßig finden Demonstrationen statt, zumeist organsiert von NPD und Nationalem Widerstand Zweibrücken. Zuletzt am 8.8(!!!!!).2009 in Zweibrücken. Bei der Demonstration am 8. August trat als Redner Udo Pastörs auf, der mittlerweile auch gemerkt hat, dass sich sein braunes Gedankengut in der Region recht ungestört verbreiten lässt.
Nicht nur, dass von behördlicher Seite erwartungsgemäß den Neonazis keine Steine in den Weg gelegt werden, sie bekommen teilweise hervorragende Demostrecken durch die Innenstadt und Fußgängerzonen der beiden Städte, auch die Bevölkerung akzeptiert die Märsche zunehmend, so ernteten die Redner auf der Demo in Zweibrücken teilweise Applaus von umstehenden Passanten. Obwohl die Bereitschaft zur Gewalt von den Nazis aus der Region durchaus vorhanden ist, was der Angriff auf Gewerkschafter bei der Rückfahrt vom „Trauermarsch“ aus Dresden beweist, gibt es nur recht wenige Übergriffe von Rechten. Aber es findet eine zunehmende Akzeptanz in der Bevölkerung statt was sich immer wieder in Wahlerfolgen von rechtsextremen Parteien ausdrückt. So sitzen die Republikaner schon länger im Stadtrat in Pirmasens und seit den Stadtratswahlen vom 7.6. diesen Jahres sind sogar beide Nazi-Parteien im Stadtrat vertreten. Als Problem scheint die Pirmasenser Stadtführung diese Entwicklung des Rechtsextremismus nicht zu erkennen und führt ihre fragwürdige Erinnerungskultur weiter fort. So wird die Verlegung von Stolpersteinen immer noch erfolgreich von den Verantwortlichen der Stadt blockiert.
Aber nicht nur, dass die Personen von denen man nichts zu erwarten hat nichts gegen diese neonazistischen Aktivitäten unternehmen, auch von sonst recht aktiven Leuten ist bei Veranstaltungen in Pirmasens oder Zweibrücken nichts zu sehen. Bei den Demonstrationen finden sich nur selten Antifaschisten aus umliegenden Städten ein und auch eine Mobilisierung zu Gegenveranstaltungen findet so gut wie nicht statt. Die Vernetzung der Gruppen in die Region ist mehr als bescheiden und so gut wie nicht vorhanden. Der einzige „Widerstand“ geht vom bürgerlichen Lager bestehend aus SPD und Grünen aus, das sich immer wieder weit ab von den Demostrecken zu Mahnwachen zusammenfindet und sich gegenseitig bekräftigt wie sehr sie doch alle gegen Nazis sind. In den darauffolgenden Tagen feiern sich allein den lokalen Medien, auch wenn die Faschisten mal wieder ungestört durch die komplette Innenstadt marschiert sind. Ein paar einzelne lokale Antifaschisten die immer wieder vergeblich versuchen sich den Nazis in den Weg zu stellen werden von Polizei recht einfach aus dem Weg geräumt und finden wenn überhaupt nur durch negative Berichterstattung Eingang in die lokalen Medien. Taktik oder Strategie von antifaschistischer Seite einen Aufmarsch aktiv zu stören oder gar zu verhindern sind nicht vorhanden, wobei die Quantität der Antifaschisten ihr übriges tut. Während die Nazis sogar international vernetzt sind, sind antifaschistische Netzwerke so gut wie nicht existent und eine schlagkräftige Mobilisierung antifaschistischer Kräfte findet nicht statt. So können die Faschisten immer wieder ungestört ihre kompletten Aufmärsche durchziehen.
Was bleibt ist die traurige Erkenntnis, dass es dieses ruhige Hinterland wohl doch gibt und zwar in der Region Pirmasens/Zweibrücken! Wenn sich an dieser Situation nicht recht chnell was verändert besteht die Gefahr, dass die Nazis in das Alltagsleben der Region integriert werden und ihren Einfluss weiter ausweiten!
[1] http://www.nadir.org/nadir/periodika/aib/archiv/diskussion/79.php